Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Müller und Dr. Bernhard Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei Ö*** G*** FÜR D*** G*** DER P***, Wien 1., Deutschmeisterplatz 2, und die G*** M***-B***-E***, Wien 4., Plößlgasse 15, wider den Antragsgegner F*** DER B*** UND E***
I***, Wien 1., Goethegasse 3, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Antrag, festzustellen, daß den ehemaligen Mitarbeitern der V*** A*** AG, auf die der in der Begründung wiedergegebene Sachverhalt zutrifft, eine monatliche Pensionszahlung in der Höhe zusteht, wie sie bis zum 31. Oktober 1987 zur Auszahlung gelangt ist, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller (richtig: Ö*** G***
für die beiden im Verfahren auftretenden Fachgewerkschaften der Privatangestellten und Metall-Bergbau-Energie; Floretta-Strasser, ArbVG 1025) ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer iS des § 4 Abs 2 ArbVG. Die Kollektivvertragsfähigkeit wurde ihm vom Obereinigungsamt im Jahr 1957 zuerkannt; diese Zuerkennung gilt gemäß § 165 ArbVG auch nach dem Inkrafttreten des Arbeitsverfassungsgesetzes weiter (siehe 14 Ob A 501/87, 14 Ob A 502/87; 9 Ob A 504/87). Der Antragsgegner ist eine zur gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber berufene Körperschaft iS des § 4 Abs 1 ArbVG. Beide Parteien sind daher iS des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des gegenständlichen besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.
Der Antragsteller führt zur Begründung seines aus dem Spruch ersichtlichen Feststellungsantrages aus, daß zwischen ihm und Mitgliedsunternehmen des Antragsgegners (nämlich der V*** A*** AG und deren Tochtergesellschaften) die - mehr als drei Arbeitnehmer betreffende - Frage strittig geworden ist, ob ehemaligen Mitarbeitern trotz einer durch Betriebsvereinbarung vom Dezember 1987 beschlossenen Einstellung der bisher gezahlten Treuepensionen weiterhin ein Anspruch auf diesen Bezug zusteht. Der Antragsteller stützt seinen Antrag (in Verbindung mit den vorgelegten Urkunden) auf folgenden Sachverhalt (§ 54 Abs 4 ASGG):
Mit einem an die Unternehmensleitungen und die Arbeiter- und Angestelltenbetriebsräte der verstaatlichten Betriebe gerichteten Rundschreiben vom 8. Dezember 1953 (Beilage 1) gab der Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Betriebe Richtlinien zur Gewährung betrieblicher Alterszuschüsse in der verstaatlichten Industrie bekannt; diese Empfehlung war die Grundlage für die spätere Gewährung betrieblicher Pensionsleistungen. Im Bereich der (damaligen) V*** AG wurden daraufhin mit Rundschreiben der öffentlichen Verwaltung vom 10. Februar 1954 Nr. A 10/1954 (Beilage 2) "Richtlinien für die Gewährung von betrieblichen Zuschüssen an Arbeiter zu ihren Invalidenrenten" erlassen, die unter anderem Regelungen über den Personenkreis, die erforderliche Dienstzeit, die Höhe des Zuschusses und die Kinderzulage sowie den Wirksamkeitsbeginn enthielten. Punkt 5. dieser Richtlinien lautet:
"5. Freiwilligkeit der betrieblichen Leistung Die Gewährung und Auszahlung der betrieblichen Rentenzuschüsse erfolgt gegen jederzeitigen Widerruf und ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches. Die jederzeitige Änderung der Regelung, insbesondere bei Verbesserung der sozialversicherungsrechtlichen Rentenleistungen, bleibt vorbehalten." Mit dem - an die "Männer und Frauen der V***!" gerichteten -
Rundschreiben vom 30. September 1957 Nr. A 16/1957 (Beilage 3) gaben die öffentliche Verwaltung der V***, deren Zentralbetriebsrat sowie die Angestellten- und Arbeiterbetriebsräte des Werkes Liezen und der Hütte Krems Verbesserungen der betrieblichen Rentenzuschüsse (Treuepensionen) für Arbeiter und Angestellte bekannt. Dieses Schreiben enthält wiederum die Klausel: "Auf die Zahlung des Rentenzuschusses besteht kein Rechtsanspruch. Eine durch die jeweiligen Betriebsverhältnisse oder durch Änderung des Lohn- oder Gehaltsniveaus bedingte Revision dieser Ruhegeld-Einrichtung bleibt vorbehalten." Mit Vorstandsbeschluß vom 2. Jänner 1962 (Beilage 4) wurde die künftige automatische Anpassung der Treuepension (bis 1966) bewilligt.
Am 15. Dezember 1970 kam es zu einer Zusammenfassung aller bisherigen Regelungen in "Richtlinien über die Gewährung einer Treuepension und der davon abgeleiteten Werksleistungen unter Einbeziehungen aller Kommentare, Auslegungen und Änderungen bis einschließlich 31. Dezember 1970" (Beilage 5). Punkt 4. Gemeinsame Bestimmungen lit. a lautet:
Die Treuepension ebenso wie die Witwen-Treuepension und die Kinderzulage ist eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung des Werkes, auf die kein Rechtsanspruch gegeben ist, die aber...... voraussetzt" (es folgen Zuerkennungsvoraussetzungen). Nach Pkt VI dieser Richtlinien ist die Treuepension bei Tod des Treuepensionisten, bei Entzug der Invaliditätspension, bei Verurteilung in einem Strafverfahren nach individueller Prüfung und bei grober Vernachlässigung der im Treuepensionsbescheid festgelegten, vom Treuepensionisten übernommenen Verpflichtungen einzustellen.
Alle diese Pensionsregelungen erfolgten somit entweder durch Rundschreiben des Vorstandes oder durch Richtlinien, die in ihrem gesamten Umfang, also einschließlich der Widerrufsklausel, "offenbar" nur den mit der Berechnung betrauten Personen bekannt waren. Der ganz überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer wurden diese Rundschreiben und Richtlinien weder ausgehändigt noch allgemein, etwa durch Aushang am Schwarzen Brett, kundgemacht, so daß sie im Detail keine Kenntnis hatten. In Betriebszeitungen und Verlautbarungen des Betriebsrates wurden nur die Anspruchsvoraussetzungen und der Berechnungsmechanismus erklärt und erläutert und die jeweils angepaßten Tabellen veröffentlicht. Auf den Widerrufsvorbehalt und den Umstand, daß kein Rechtsanspruch bestand, wurde nie hingewiesen.
Mit Wirkung ab 30. Dezember 1974 wurden die Zuschußpensionen mit Betriebsvereinbarung (§ 97 Abs 1 Z 18 ArbVG) vom Dezember 1974 geregelt (Beilage 6). Von geringfügigen Änderungen abgesehen, blieb es bei der seit 31. Dezember 1970 geltenden Regelung. Pkt XII der Betriebsvereinbarung lautet:
"Den Dienstnehmern wird ab dem Zeitpunkt, ab dem sie 10 effektive Dienstjahre im Konzern verbracht haben, oder die ..... (anrechenbare) Vordienstzeit mindestens 10 Jahre beträgt (Pkt II.2), ein Rechtsanspruch auf die sich aus diesen Richtlinien ergebenden Pensionsleistungen eingeräumt.
Das Unternehmen behält sich vor, die Zuschußleistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn a) die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so verschlechtert hat, daß ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann; diese ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Unternehmen durch mehr als drei aufeinanderfolgende Jahre hindurch erhebliche, nicht auf die Inanspruchnahme steuerlicher Investitionsbegünstigungen zurückzuführende Verluste in der Handelsbilanz ausweist oder b) die rechtliche, insbesondere die steuerliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen (Bildung von Pensionsrückstellungen) vom Unternehmen gemacht wurden oder zu machen sind, sich so wesentlich ändert, daß dem Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann." Die V*** A*** AG hat bis in die späten Siebzigerjahre Werbeaktionen durchgeführt, um Arbeitnehmer, insbesondere qualifizierte Facharbeiter und Angestellte, anzuwerben. Bei diesen Werbeaktionen standen die gebotenen Sozialleistungen, besonders die Treuepension, im Vordergrund. Die Arbeitnehmer wurden in Zusätzen zu den Lohn- und Gehaltsabrechnungen aufgefordert, neue Mitarbeiter für die V*** A*** AG unter Hinweis auf die Sozialleistungen anzuwerben. Mit Betriebsvereinbarung vom Oktober 1982 (Beilage 7) wurden die Anspruchsvoraussetzungen für die Pensionszuschüsse in bezug auf die Bemessungsgrundlage (Berücksichtigung von Überstunden) und die Anwartschaftszeiten verschlechtert. Mit Betriebsvereinbarung vom Dezember 1984 (Beilage 8) wurden "alle betrieblichen Pensionszuschüsse, die derzeit zur Auszahlung gelangen und auf Grund von generellen Richtlinien gewährt werden (mit Ausnahme der unter Pkt 2 angeführten Pensionszuschüsse) um 25 % gekürzt. Der Kürzungs- und Widerrufsvorbehalt der Betriebsvereinbarung vom Dezember 1974 (Pkt XII Beilage 6) wurde in Pkt XI der neuen Betriebsvereinbarung wieder aufgenommen; es wurde aber vereinbart, "daß über die Anwendung der Bestimmung gemäß Pkt XI der Richtlinien frühestens ab 1. Dezember 1988 mit Bilanzwirksamkeit 1988
entschieden wird".
Mit Betriebsvereinbarung vom November 1987 wurden die Pensionszusagen und Pensionsleistungen des Unternehmens mit 30. November 1988 unwiderruflich eingestellt, alle "auf Statut beruhenden Pensionszuschüsse" ab 1. Dezember 1987 auf ein Drittel des bisherigen Betrages gekürzt und diese gekürzten Pensionszuschüsse durch eine einmalige Entschädigungsleistung in Höhe von 50 % des versicherungsmathematisch errechneten Barwertes abgegolten (Beilage 9). Der Abfindungsbetrag wurde den betroffenen Personen noch im Dezember 1987 überwiesen.
Die Voraussetzungen für den Widerruf der Pensionszuschüsse nach Pkt XII (XI) der jeweiligen Betriebsvereinbarungen (Beilagen 6, 7 und 8) liegen vor, weil die V*** A*** AG in den letzten drei Jahren negativ bilanziert hat.
Der Feststellungsantrag bezieht sich auf folgende Arbeitnehmer der V*** A*** AG:
Ehemalige Arbeitnehmer der V*** A*** AG, die im Jahr 1958 oder später eingetreten sind und ihr Dienstverhältnis nach dem Jahre 1974 - und damit nach der ersten Regelung der Pensionszuschüsse durch Betriebsvereinbarung im Sinn des ArbVG - beendeten. Diesen Arbeitnehmern war teilweise bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages bekannt, daß es in der V*** A*** AG als Sozialleistung eine Pension gibt, teilweise erfuhren sie davon nach Abschluß des Arbeitsvertrages durch Fachvorgesetzte, Arbeitskollegen und vor allem von der Belegschaftsvertretung. Einzelheiten waren ihnen nicht bekannt. Diesen Informationen konnten sie aber entnehmen, daß die Höhe der Pensionsleistung nach der Dauer der Dienstzeit und der Höhe des Einkommens gestaffelt ist. In dem bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis ausgefolgten Dienstzetteln war ein Hinweis "auf eine allenfalls einzelvertragliche Pensionszusage" nicht enthalten. Die betrieblichen Regelungen über die Pensionsleistung (Beilagen 1 bis 5) wurden den Arbeitnehmern im einzelnen nicht bekannt gegeben. Informationen über die Pensionsleistung erhielten die Arbeitnehmer vor allem aus Betriebszeitungen und Betriebsratsmitteilungen; im wesentlichen wurden dabei die jeweils angepaßten Tabellen veröffentlicht. Hinweise auf Widerruflichkeit oder fehlenden Rechtsanspruch gab es nicht. Daß Betriebspensionen bezahlt wurden und daß jeder Arbeitnehmer, der in Pension ging, eine Pensionszahlung erhielt (gemeint wohl: wenn er die Anwartschaftszeiten erfüllte), war den Arbeitnehmern bekannt. Die zu erwartende Treuepension wurde bei Gehalts- und Lohnverhandlungen und als Grund für das Verbleiben im Unternehmen ins Treffen geführt. Die von der V*** A*** AG gewährte Betriebspension hatte große Publizität. Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erhielten die - hier betroffenen - Arbeitnehmer ein formularmäßig ausgefertigtes Schreiben der V*** A*** AG, in welchem unter Hinweis auf die "einschlägigen Richtlinien" die Höhe des Pensionszuschusses mitgeteilt wurde und in welchem es heißt: "Diesen V*** Alpine-Pensionszuschuß - der während des Abfertigungszeitraumes ruht - überweisen wir...." Ein Hinweis auf die Widerruflichkeit fehlte. Weiters erhielten die Arbeitnehmer eine Bestätigung zur Vorlage bei der Pensionsversicherungsanstalt (Beilage 13), in welcher ein Pensionszuschuß mit Rechtsanspruch bestätigt wurde. Die Kürzung des Pensionszuschusses im Jahre 1984 um 25 % unter Berufung auf Pkt XII (gemäß Betriebsvereinbarung Beilage 8) haben die Dienstnehmer widerspruchslos zur Kenntnis genommen, ebenso die Aussetzung der Valorisierung in den Jahren 1982, 1983 und 1984.
Der Antragsteller vertritt die Rechtsansicht, daß dem im Antrag umschriebenen Personenkreis auf Grund der Betriebsübung und des Verhaltens des Arbeitgebers ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf die gewährte Firmenpension zustehe. Die ausgeschiedenen Arbeitnehmer hätten das Verhalten des Arbeitgebers bis zum Jahr 1974 - bis zum Abschluß der Betriebsvereinbarung - nach den gesamten geschilderten Umständen nur als uneingeschränkte Verpflichtung zur unwiderrufbaren Pensionsleistung verstehen können. Die dadurch entstandenen einzelvertraglichen Ansprüche hätten durch die ab 1974 geschlossenen Betriebsvereinbarungen nicht mehr beseitigt werden können, da die Betriebsvereinbarungen bessere einzelvertragliche Ansprüche nicht hätten außer Kraft setzen können und die nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Unternehmen und der Belegschaftsvertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zudem auch keine Rechtswirkung für nicht mehr im Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter hätten erzeugen können. Die Textierung des Zuerkennungsschreibens lasse keinen Hinweis darauf zu, daß das Unternehmen an der bestehenden Rechtssituation etwas habe ändern wollen. Durch den Hinweis auf den Rechtsanspruch seien die Arbeitnehmer vielmehr nur in ihrem Vertrauen in die Beständigkeit des bereits einzelvertraglich bestehenden Anspruches bestärkt worden.
Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Feststellungsantrages. Die Pensionszuschüsse seien bis 1974 erst bei Ende des jeweiligen Arbeitsverhältnisses durch Einzelvereinbarung zugestanden worden. In diesem Zuerkennungsschreiben sei die jederzeitige Widerruflichkeit des Pensionszuschusses einwandfrei vereinbart worden. Zum Rechtsgrund der verpflichtenden Betriebsübung, sei vom Antragsteller kein Sachverhalt behauptet worden, aus dem ein auf die Arbeitnehmer als Adressaten abzielendes Erklärungsverhalten des Unternehmens abgeleitet werden könnte. Eine "betriebliche Anscheinsübung" als Verpflichtungsgrund sei der österreichischen Rechtsordnung unbekannt. Wenn sich die Betroffenen über die Einzelheiten der Pensionsregelung nicht informiert hätten, müßten sie diese vollinhaltlich gegen sich gelten lassen. Ein redlicher Beobachter hätte aus dem Verhalten des Arbeitgebers nur den Schluß ziehen können, daß im Detail geregelte Pensionszuschußleistungen existieren und daß ausscheidende Mitarbeiter Zuerkennungsschreiben erhalten, in denen die Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Leistung festgehalten wird. Ein unwiderruflicher Anspruch auf einen Pensionszuschuß sei vor 1974 nicht entstanden; die Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer seien in Übereinstimmung mit dem Inhalt dieser Betriebsvereinbarung zu beurteilen. Der Inhalt der hier angefertigten Zuerkennungsschreiben nehme ausdrücklich auf diese Betriebsvereinbarung, deren Text zuvor den betroffenen Arbeitnehmern ausgefolgt worden sei, Bezug. Auf diese Weise sei klar zum Ausdruck gebracht worden, daß sich dieses Zuerkennungsschreiben, wie auch die zum Zweck der Vorlage bei der Pensionsversicherungsanstalt übergebene Bestätigung unmittelbar auf die Betriebsvereinbarung beziehen und der dort erwähnte Begriff "Rechtsanspruch" nur im Sinn der Bestimmungen der Betriebsvereinbarung zu verstehen sei. Bei dieser Begriffsbildung sei das Unternehmen lediglich der maßgebenden steuerrechtlichen, von der Finanzverwaltung festgeschriebenen Rechtsauffassung gefolgt, wonach einerseits für die Zulässigkeit entsprechender Rückstellungen das Vorhandensein von Rechtsansprüchen der Arbeitnehmer auf die Pensionsleistung Voraussetzung ist, andererseits aber gleichzeitig erklärt wurde, daß gewisse eingeschränkte Widerrufsvorbehalte der Leistung den steuerrechtlich erforderlichen "Rechtsanspruchscharakter" nicht nehmen würden. Die gemäß § 54 Abs 3 Z 2 ASGG zur Äußerung aufgeforderte Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft erklärte, sich den Ausführungen des Fachverbandes der Bergwerke und eisenerzeugende Industrie anzuschließen.
Rechtliche Beurteilung
Der Feststellungsantrag ist nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der Antrag in den Wirkungsbereich des Antragstellers (§ 54 Abs 2 ASGG) fällt. Dieses Tatbestandsmerkmal ist so wie im § 54 Abs 1 ASGG im Sinne des persönlichen Wirkungsbereiches, hier also mitgliederbezogen, zu verstehen. Der Wirkungsbereich der einzelnen Fachgewerkschaften erstreckt sich aber nicht nur auf ihre Mitglieder, sondern auch auf nicht kollektivvertragsangehörige Arbeitnehmer eines kollektivvertragsangehörigen Arbeitgebers (§ 12 ArbVG; RdW 1986, 53). Der Wirkungsbereich des Antragstellers erfaßt in diesem weiteren Rahmen, ebenso wie nach § 54 Abs 1 ASGG, nicht nur aktive Arbeitnehmer, sondern auch Personen, die zu einem kollektivvertragsangehörigen Arbeitgeber früher in einem Arbeitsverhältnis gestanden sind (§ 51 Abs 1 ASGG), also im Zeitpunkt der Antragstellung bereits Pensionisten waren, wenn das Verfahren zumindest Nachwirkungen aus dem seinerzeitigen Arbeitsverhältnis betrifft (Gamerith, Die besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG, DRdA 1988, 303 !307 ; aM Eypeltauer, Das besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG JBl 1987, 490 !493 ). Der mit der Schaffung des § 54 ASGG verfolgte Gesetzeszweck, durch die Testverfahren eine streitvermindernde Wirkung auf die Ansprüche der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erzielen, trifft ganz besonders auch für die Klärung von Streitfragen zu, die betriebliche Ruhegeldzahlungen an ehemalige Arbeitnehmer betreffen; es entspricht daher der Absicht des Gesetzgebers, das besondere Feststellungsverfahren auch für solche Rechtsfragen zuzulassen. Gemäß § 54 Abs 4 ASGG ist über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhaltes zu entscheiden. Dazu gehören auch jene Fakten, die den vom Antragsteller zur Unterstützung seines Vorbringens vorgelegten Urkunden im Rahmen dieses Vorbringens zweifelsfrei zu entnehmen sind. Aus der vom Antragsteller auf diese Weise behaupteten Entwicklung der betrieblichen Pensionsleistungen in der V*** A*** AG und einigen Tochtergesellschaften (im folgenden auch kurz: Arbeitgeber) ergibt sich, daß die Pensionszusagen vom Jahre 1954 an bis zur ersten bereits unter die Bestimmungen der §§ 29 ff ArbVG fallenden Betriebsvereinbarung vom Dezember 1974 stets in Form von "Rundschreiben" und "Richtlinien", zuerst von der öffentlichen Verwaltung und dann von der Unternehmensleitung des Konzerns, also durch (zunächst) einseitige Erklärungen des Arbeitgebers erfolgten (vgl. etwa Arb 10.434). Eine - rechtlich relevante - Beteiligung von Belegschaftsvertretern am Zustandekommen und der Abänderung (Verbesserung) der seit 1954 bestehenden Pensionsrichtlinien, etwa durch den Abschluß von mit normativer Wirkung ausgestatteten Betriebsvereinbarungen iS des § 14 Abs 2 Z 1 BRG oder (mangels Vorliegens der dort normierten Voraussetzungen) von sogenannten "freien Betriebsvereinbarungen" (wie etwa im Fall 4 Ob 110/81) wurde vom Antragsteller für die Zeit bis Dezember 1974 nicht behauptet. Als rechtliche Grundlage einer Betriebspension werden in der Lehre (Eichinger, Rechtsgrundlagen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung, in Runggaldier-Steindl, Handbuch zur betrieblichen Altersversorgung 85 !90 ff ) der Einzelvertrag, die - gelegentlich als Auslobung gedeutete - Betriebsübung, das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, die Betriebsvereinbarung sowie der Kollektivvertrag genannt. Runggaldier (Möglichkeiten und Grenzen der Verschlechterung betrieblicher Ruhegeldordnungen aaO 157 individualrechtlichen Zusage, der Betriebsvereinbarung und des Kollektivvertrages. Von diesen Entstehungsgründen scheiden daher Betriebsvereinbarung und Kollektivvertrag auf der Grundlage des für den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhaltes für die Zeit vor Wirksamkeitsbeginn der Betriebsvereinbarung 1974 von vorneherein aus. Auch ein die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes begründender Sachverhalt wurde nicht behauptet.
Der Erwerb des behaupteten individualrechtlichen Anspruchs der vom Feststellungsantrag betroffenen Arbeitnehmer vor dem Jahr 1974 ist aber weder unter dem Gesichtspunkt eines Einzelarbeitsvertrages noch unter dem der betrieblichen Übung begründet.
Für das Zustandekommen eines Vertrages über Pensionsleistungen ist ein den Bestimmtheitserfordernissen eines Vertrages (§ 869 ABGB) entsprechendes Anbot des Arbeitgebers (etwa in Form einer Pensionsordnung) und dessen Annahme durch die einzelnen Arbeitnehmer erforderlich. Ist die zu erbringende Leistung völlig unbestimmt, so kommt der Vertrag nicht zustande (Koziol-Welser, Grundriß I8 204 f; Runggaldier aaO 160).
Nach dem hier maßgeblichen Sachverhalt hat der Arbeitgeber in Richtlinien und Rundschreiben Pensionszusagen gemacht, die jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs standen und "ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches" erfolgten. Der Inhalt dieser Pensionszusage war jedenfalls derart festgesetzt, daß er dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB entsprochen hat. Unter der - hier aus noch darzulegenden Gründen allerdings nicht vorliegenden - Voraussetzung des Anbots durch den Arbeitgeber und der (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Annahme dieses Anbots durch den (durch die) Arbeitnehmer wäre eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien der Einzelarbeitsverträge entstanden, die allerdings im Hinblick auf den Widerrufsvorbehalt jederzeit vom Arbeitgeber hätte widerrufen werden können.
Der vom Antragsteller behauptete, für den Obersten Gerichtshof bindende Sachverhalt erlaubt jedoch die Annahme des Zustandekommens einer solchen Vereinbarung nicht. Daß die Annahme durch die dem hier maßgeblichen Personenkreis angehörenden Arbeitnehmer ausdrücklich erfolgt wäre, wurde gar nicht vorgebracht. Der Antragsteller meint vielmehr (sieht man von der noch zu erörternden Betriebsübung ab), die betreffenden Arbeitnehmer hätten das Erklärungsverhalten des Arbeitgebers nur als uneingeschränkte Übernahme der Verpflichtung zur Pensionsleistung verstehen können. Zu einem derartigen Erklärungsverhalten wurde aber nur vorgebracht, daß der Arbeitgeber die erwähnten Rundschreiben und Richtlinien erlassen habe, die in ihrem gesamten Umfang, also einschließlich der Widerrufsklausel, offenbar nur den mit der Berechnung betrauten Personen bekannt gewesen seien; dem ganz überwiegenden Teil der Arbeitnehmer seien sie weder ausgehändigt noch allgemein kundgemacht worden, sodaß sie im Detail keine Kenntnis erhalten hätten. Hingegen seien in Betriebszeitungen und Verlautbarungen des Betriebsrates nur die Anspruchsvoraussetzungen und der Berechnungsmodus erklärt und die jeweils angepaßten Tabellen veröffentlicht worden, ohne daß auf den Widerrufsvorbehalt und den fehlenden Rechtsanspruch hingewiesen worden wäre.
Dieser Sachverhalt reicht jedoch für ein die Annahme eines Vertragsanbotes ermöglichendes Erklärungsverhalten des Arbeitgebers nicht aus. Die Richtlinien und Rundschreiben blieben nach dem hier maßgeblichen Vorbringen dem "ganz überwiegenden Teil der Arbeitnehmer" unbekannt und konnten daher nicht den Gegenstand eines von den Arbeitnehmern angenommenen Erklärungsverhaltens des Arbeitgebers bilden. (In diesem Zusammenhang sei nur kurz erwähnt, daß nach dem Sachverhaltsvorbringen in den Parallelverfahren 9 Ob A 504 und 505/88 das Rundschreiben vom 30.9.1957 "An die Männer und Frauen der V***!" den damals beschäftigten Arbeitnehmern zugegangen ist. Da der Oberste Gerichtshof gemäß § 54 Abs 4 ASGG seiner Entscheidung den behaupteten Sachverhalt zugrundezulegen hat, in diesem Verfahren aber ein entsprechendes Vorbringen für die hier betroffenen - später eingetretenen - Arbeitnehmer nicht erstattet wurde, ist davon auszugehen, daß dem "ganz überwiegenden Teil" der Arbeitnehmer diese Richtlinien und das Rundschreiben mit den darin erklärten Widerrufsvorbehalten nicht bekannt waren). Soweit hingegen den übrigen ("mit der Berechnung betrauten") Arbeitnehmern diese Schriftstücke vollinhaltlich zur Kenntnis gelangt waren, umfaßte diese Kenntnis notwendigerweise auch den Widerrufsvorbehalt, so daß eine Vereinbarung nur in den Grenzen dieses Widerrufsvorbehaltes entstehen konnte. Für diesen kleinen, aber vom Antrag ebenfalls umfaßten Personenkreis besteht daher schon aus diesem Grund ein auf den Erwerb eines unwiderruflichen Anspruches vor dem Jahr 1974 gegründeter Feststellungsanspruch nicht zu Recht.
Ebensowenig kann für den Antragsteller aus den Verlautbarungen des Betriebsrates über eine Pension und aus dem Fehlen eines Hinweises auf einen Widerrufsvorbehalt etwas gewonnen werden. Verlautbarungen des Betriebsrates können nämlich dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers grundsätzlich nicht zugerechnet werden. Daß der Arbeitgeber irgendein Verhalten eingenommen hätte, das aus bestimmten konkreten Gründen ausnahmsweise eine solche Zurechnung doch erlaubt hätte, wurde nicht vorgebracht. Das gleiche gilt - mangels gegenteiligen Vorbringens - für die Veröffentlichungen in der Betriebszeitung und für die vom Antragsteller gleichfalls behaupteten (unvollständigen) Informationen durch Arbeitskollegen und Fachvorgesetzte. (Daß es sich hiebei um Personalsachbearbeiter gehandelt habe, die zum Abschluß von Arbeitsverträgen berechtigt waren, wurde in diesem Verfahren nicht behauptet.) Der Hinweis auf Werbeaktionen, in denen auch auf die Treuepension hingewiesen wurde, versagt gleichfalls, weil einerseits der Arbeitgeber jahrzehntelang allen die Voraussetzungen erfüllenden Arbeitnehmern die versprochenen Pensionsleistungen gewährt und vom Widerrufsvorbehalt nicht Gebrauch gemacht hat, so daß eine Irreführung nicht erfolgt ist, und andererseits eine solche Aktion zur Gewinnung neuer Mitarbeiter kein Erklärungsverhalten des Arbeitgebers ist, das an die im Unternehmen bereits beschäftigten Arbeitnehmer gerichtet ist. Dazu kommt, daß jede Werbemaßnahme ihrem Wesen nach unvollständig ist und daher der Hinweis auf die Treuepension keine Details enthielt, so daß aus dem Fehlen eines Widerrufsvorbehaltes in der Werbung nicht schon mit Grund abgeleitet werden kann, es bestehe ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf derartige Leistungen oder der Arbeitgeber habe ganz auf den in den Richtlinien enthaltenen Widerrufsvorbehalt verzichtet. Es liegt daher auch hier kein rechtlich relevantes Erklärungsverhalten gegenüber solcherart umworbenen und daraufhin in das Unternehmen des Arbeitgebers eingetretenen Arbeitnehmern vor. Aus der vom Arbeitgeber nach dem hier maßgeblichen Sachverhalt eingehaltenen Übung der Gewährung der Pensionsleistung im Einzelfall kann ebenfalls kein zwingender Schluß auf ein Erklärungsverhalten in Richtung einer uneingeschränkten Pensionsleistung gezogen werden. Daß in Gewährungsschreiben vor dem Jahr 1974 vom Vorbehalt der Freiwilligkeit und Widerruflichkeit abgegangen worden wäre, wurde nicht vorgebracht.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß für den hier maßgeblichen Personenkreis eine (schlüssige) vertragliche Vereinbarung über einen (unwiderrufbaren) Pensionsanspruch vor dem Jahr 1974 nicht zustandegekommen ist.
Zu dem gleichen Ergebnis führt aber die Beurteilung des Sachverhaltes unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung. Die Frage der dogmatischen Grundlage der betrieblichen Übung kann hier auf sich beruhen. Geht man nämlich von der vertragsrechtlichen Deutung, also davon aus, daß die durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen des Arbeitgebers an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete Übung zufolge der gleichfalls schlüssigen (§ 863 ABGB) Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge geworden ist (Spielbüchler, Arbeitsrecht3 I 189 mit abweichender Auffassung zu der die Verbindlichkeit begründenden Verpflichtungsform; Tomandl, Arbeitsrecht I 165 f;
DRdA 1976, 250 = Arb 9427 = ZAS 1977, 102; DRdA 1980, 318
!Kerschner = Arb 9786 = ZAS 1980, 99; DRdA 1981, 42
!Spielbüchler = Arb 9812 = ZAS 1980, 178 !Mayr-Maly ; JBl 1985,
632; Arb 10.434; 9 Ob A 9/87 ua), und nimmt man darüber hinaus auch
noch an, daß eine solche Bindung auch gegenüber jenen Arbeitnehmern
eintritt, die erst später eingestellt werden (DRdA 1982, 191
!Strasser = Arb 9.972 = ZAS 1982, 10 !Tomandl ), dann reicht der
für den Obersten Gerichtshof bindende Sachverhalt für die Annahme
der Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer uneingeschränkten
unwiderrufbaren Pensionsleistung aus den bereits dargelegten, hier
ebenfalls relevanten Gründen nicht aus. Daß die "Betriebsübung"
dahin gegangen wäre, daß vor dem Jahr 1974 Pensionen unwiderruflich
gewährt worden wären, ist nicht Gegenstand des
Sachverhaltsvorbringens. Das Erklärungsverhalten des Arbeitgebers
erlaubt daher die Annahme eines Bindungswillens in bezug auf eine
unwiderrufbare Pensionsleistung nicht.
Spielbüchler (Arbeitsrecht3 I 189; und DRdA 1981, 46) und ihm mit Einschränkungen folgend Tomandl (Arbeitsrecht I 166 ff; ferner Die Rechtswirkungen "freier Betriebsvereinbarungen" in FS Strasser 607, 609, 611) nehmen bei ausdrücklichen oder schlüssigen Zusagen eines Arbeitgebers an einen relativ unbestimmten Personenkreis (nämlich nicht nur an die gegenwärtige, sondern auch die zukünftige Belegschaft) eine nach der sogenannten Versprechenstheorie bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung der Zusage verbindliche Auslobung (§ 860 ABGB) an. Es kommt dann nicht mehr darauf an, daß jeder betroffene Arbeitnehmer dieses Versprechen wenigstens durch Stillschweigen nach Kenntnisnahme annimmt. Der einseitig verbindliche Charakter der Verpflichtungsform der Auslobung ermöglicht es, vom Zufall der Kenntnisnahme abzusehen, um alle Betroffenen gleich zu behandeln. Bei Pensionszusagen und Pensionsgewährungen ermöglicht die Rechtsfigur der Auslobung, den Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme von einer Arbeitgeberzusage schon mit dem Abschluß des Arbeitsvertrages als Anwartschaftsberechtigten und mit der Erbringung der Leistung oder des Erfolges (§ 860 ABGB) als Anspruchsberechtigten zu behandeln.
Der Feststellungsanspruch ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht berechtigt. Die Auslobung als einseitige, nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder für einen Erfolg wird durch die öffentliche Bekanntmachung verbindlich (§ 860 erster Satz ABGB). Eine solche Bekanntmachung ist nach dem hier maßgeblichen Sachverhalt (das Rundschreiben vom 30.9.1957 hat ja außer Betracht zu bleiben) nicht erfolgt. Soweit die Bestimmungen über die Pensionsgewährung in Richtlinien und Rundschreiben enthalten waren, wurden sie dem "ganz überwiegenden Teil" der Arbeitnehmer zunächst nicht bekannt; auch ein einer solchen Kundmachung allenfalls gleichzusetzendes Erklärungsverhalten des Arbeitgebers lag aus dem bereits erörterten Gründen nicht vor. Erst durch die öffentliche Kundmachung der - dadurch ohnehin unmittelbar rechtsverbindlichen (§§ 30, 31 ArbVG) - Betriebsvereinbarung vom Dezember 1974 ist auch die Verbindlichkeit (unverändert gebliebener) früherer Bestimmungen über die Pensionsgewährung durch Auslobung eingetreten. Der Rechtsansicht des Antragstellers, daß vor Wirksamwerden der Betriebsvereinbarung 1974 bereits ein Rechtsanspruch (eine Anwartschaft) der hier betroffenen Personen auf Gewährung einer unwiderruflichen Pensionsleistung begründet wurde, kann daher nicht beigetreten werden. Nach dem der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt traten die vom vorliegenden Antrag betroffenen Personen erst nach dem Jahr 1974 in den Ruhestand und waren damit zum Zeitpunkt des Abschlusses der (einen Widerrufsvorbehalt enthaltenden) Betriebsvereinbarung 1974 aktive Arbeitnehmer. Nach den Behauptungen des Antrags wurde diese Betriebsvereinbarung gehörig kundgemacht und überdies allen Mitarbeitern ausgehändigt. Die Betriebsvereinbarung entfaltet daher normative Wirkung. Der Entscheidung ist sohin auch zugrunde zu legen, daß sie allen Betroffenen bekannt war.
Auf dieser Grundlage kann - dies gesteht im übrigen auch der Antragsteller zu - aus dem Inhalt der anläßlich des Übertrittes in den Ruhestand ausgehändigten Schreiben der begehrte Anspruch nicht abgeleitet werden. In den formularmäßig ausgefertigten Schreiben der V***-A*** AG, mit welchen den Arbeitnehmern die Höhe des Pensionszuschusses mitgeteilt wurde, ist ein ausdrücklicher Hinweis auf die "einschlägigen Richtlinien" enthalten und lediglich die zur Vorlage bei der Pensionsversicherungsanstalt bestimmte Bestätigung nimmt auf einen "Pensionszuschuß mit Rechtsanspruch" Bezug. Durch die Einschränkung des die Höhe der Pension bekanntgebenden Schreibens "auf die einschlägigen Richtlinien" wurde der in der Bestätigung enthaltene Begriff des "Rechtsanspruches" - soweit man diesem Begriff allein überhaupt die Bedeutung "unwiderruflicher Rechtsanspruch" unterstellen könnte - relativiert; den Betroffenen mußte klar sein, daß die ihnen zuerkannte Leistung ausschließlich auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung und daher auch unter Vorbehalt der dort vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit gewährt wurde. Schon aus dem Hinweis auf die bestehenden Richtlinien war offenkundig, daß durch die erwähnten Schreiben die Rechtslage nicht gestaltet und abweichend von den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung ein darüber hinausreichender Anspruch unter Ausschluß des Widerrufsvorbehaltes begründet werden sollte. Die Mitteilung beinhaltet vielmehr ausschließlich eine Individualisierung des den Betroffenen auf Grund der Bestimmungen der Betriebsvereinbarung 1974 zustehenden Anspruches in dem durch die Betriebsvereinbarung gezogenen Rahmen und unter Aufrechterhaltung der dort getroffenen Vorbehalte. Es können daher auch aus dem Inhalt der übergebenen Bestätigungen, die zur Vorlage bei der Pensionsversicherungsanstalt dienten und in denen ein Pensionszuschuß "mit Rechtsanspruch" bestätigt wurde, keine weiterreichenden Schlüsse, insbesonders kein Bindungswillen des Arbeitgebers über die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung hinaus abgeleitet werden.
Da die Ansprüche der hier betroffenen Arbeitnehmer auf Gewährung von Pensionszuschüssen bereits auf Grund der Betriebsvereinbarung 1974 widerruflich waren, muß nicht mehr auf die Frage eingegangen werden, ob die erst nach der Pensionierung der betroffenen Arbeitnehmer ab 1982 abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen, mit denen die Pensionsansprüche zunächst gekürzt und schließlich abgefunden wurden, auf die Rechte der Pensionisten einwirken konnten (gegen eine Einwirkung Floretta-Strasser ArbVG 573; Holzer, Strukturfragen des Betriebsvereinbarungsrechtes 53 ff; Krejci, Der Sozialplan 65 ff; Schwarz-Löschnigg Arbeitsrecht3 94, 508;
Grillberger, Drittbegünstigte bei Pensionsvereinbarungen, DRdA 1977, 12 !13 f ; für Einwirkung Tomandl, Arbeitsrecht I 145 f). Die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Widerrufs gemäß Pkt XII lit a dieser Betriebsvereinbarung sind nach dem Vorbringen der antragstellenden Partei eingetreten.
Der Feststellungsantrag ist daher abzuweisen.
Anmerkung
E16048European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00508.88.1214.000Dokumentnummer
JJT_19881214_OGH0002_009OBA00508_8800000_000