TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/18 2005/03/0063

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Veröffentlicht am 18.10.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
WaffG 1996 §22 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs1;
WaffG 1996 §25;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffV 02te 1998 §5 Abs1;
WaffV 02te 1998 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. J T in Z, vertreten durch Thaler & Huber Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Dorfplatz 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 8. September 2003, Zl Wa 4618-17/03, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer war auf Grund seines Antrages vom 7. Dezember 1988 am 31. März 1989 eine Waffenbesitzkarte für zwei Faustfeuerwaffen ausgestellt worden.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2003 entzog die Bezirkshauptmannschaft Schwaz dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 6 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), in Verbindung mit § 5 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), die Waffenbesitzkarte. Der Beschwerdeführer habe keinen Nachweis über den sachgemäßen Umgang mit Waffen erbracht, obwohl er schon anlässlich einer Überprüfung am 7. Mai 2003 zur Beibringung eines solchen Nachweises binnen vier Wochen aufgefordert worden sei. Die seinerzeitige Ablegung der Jagdprüfung ändere nichts an der Verpflichtung, "einen Waffenführerschein zu absolvieren", zumal der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer gültigen Tiroler Jagdkarte sei. Auch wenn er entsprechend seinen eigenen Ausführungen kein Interesse daran habe, Schusswaffen zu führen oder zu verwahren, bestehe die genannte Verpflichtung. Da der Beschwerdeführer auch eine zuletzt eingeräumte Nachfrist fruchtlos verstreichen habe lassen und keinen Nachweis über die Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen erbracht habe, sei die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich gewesen, was zum Entzug der Waffenbesitzkarte habe führen müssen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen. Anlässlich einer Überprüfung gemäß § 25 WaffG habe sich die Behörde davon zu überzeugen, ob ein bestimmter Mensch voraussichtlich mit Schusswaffen sachgemäß umgehen werde. § 5 Abs 2 der 2. WaffV enthalte einen demonstrativen Katalog von Beweismitteln für die Erbringung des Nachweises des sachgemäßen Umganges mit Schusswaffen, wobei die Bestätigung nicht älter als sechs Monate sein dürfe. Abgesehen vom Nachweis ständigen Gebrauchs als Dienst-, Jagd- oder Sportwaffe durch Vorlage eines Dienstausweises bzw einer gültigen Jagdkarte komme insbesondere die Bestätigung über die Teilnahme an einer Schulung bei einem (Waffen-)Gewerbetreibenden in Betracht. Der Umstand, dass der Betroffene im Zeitpunkt der waffenrechtlichen Überprüfung keine Waffe besitze, entbinde ihn nicht vom Nachweis im Sinne des § 5 der 2. WaffV, weil eine Waffenbesitzkarte kraft Gesetzes zum Erwerb und Besitz genehmigungspflichtiger Schusswaffen berechtige und es unerheblich sei, in welchem Umfang der Berechtigte von seinem Recht Gebrauch mache. Es sei deshalb auch nicht entscheidend, dass der Beschwerdeführer kein persönliches Interesse an Schusswaffen habe, sie vielmehr nur fallweise im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt zu verwahren habe. Da der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keinen Nachweis über seine Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen vorgelegt habe und durch die Ablegung der Jagdprüfung im Jahr 1975 der erforderliche Nachweis nicht erbracht werden könne, sei die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes - die Fähigkeit zu sachgemäßem Umgang mit Schusswaffen - nicht möglich gewesen, was zum Entzug der Waffenbesitzkarte gemäß § 25 Abs 3 WaffG habe führen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (WaffG), sowie der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), lauten:

WaffG:

"Verlässlichkeit

§ 8. (1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

1.

Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2.

mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

              3.              Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

...

(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verlässlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anlässlich der Überprüfung seiner Verlässlichkeit weigert, der Behörde

1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;

2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, dass er die Waffen sicher verwahrt.

...

Überprüfung der Verlässlichkeit

§ 25. (1) Die Behörde hat die Verlässlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen, wenn seit der Ausstellung der Urkunde oder der letzten Überprüfung fünf Jahre vergangen sind.

(2) Die Behörde hat außerdem die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Sofern sich diese Anhaltspunkte auf einen der in § 8 Abs. 2 genannten Gründe oder darauf beziehen, dass der Betroffene dazu neigen könnte, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden, ist die Behörde zu einem entsprechenden Vorgehen gemäß § 8 Abs. 7 ermächtigt.

(3) Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, so hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen."

2. WaffV:

"Sachgemäßer Umgang mit Waffen

§ 5. (1) Im Verfahren zur Ausstellung einer waffenrechtlichen Urkunde hat sich die Behörde davon zu überzeugen, ob der Antragsteller voraussichtlich mit Schusswaffen sachgemäß umgehen wird; dasselbe gilt anlässlich einer Überprüfung der Verlässlichkeit (§ 25 WaffG).

(2) Als Beweismittel für die Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen kommt neben dem Nachweis ständigen Gebrauches als Dienst-, Jagd- oder Sportwaffe insbesondere die Bestätigung eines Gewerbetreibenden in Betracht, der zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen berechtigt ist, wonach der Betroffene auch im - praktischen - Umgang mit (seinen) Waffen innerhalb des letzten halben Jahres geschult wurde."

Der angefochtene Bescheid stützt sich in der Begründung der fehlenden waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf § 8 Abs 6 erster Satz WaffG, weil der Beschwerdeführer keinen dem § 5 Abs 2 der 2. WaffV entsprechenden Nachweis für seine Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen vorgelegt habe.

Dem hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen entgegen, er habe ohnehin die Jagdprüfung abgelegt und sei im Zuge deren Vorbreitung auch im Umgang mit Waffen geschult worden. Dazu komme, dass er - abgesehen von der allfälligen Verwahrung von Waffen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt - kein Interesse an Waffen habe, sodass die Fähigkeit zum sachgemäßen Umgang nur an dieser Art der Verwendung (bloße Verwahrung) zu messen sei. Mangels sonstiger Verwendung der Waffen sei eine Bestätigung über den sachgemäßen Umgang mit Waffen nicht erforderlich.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:

§ 5 Abs 1 der 2. WaffV verpflichtet die Behörde, sich sowohl im Verfahren zur Ausstellung einer waffenrechtlichen Urkunde als auch anlässlich einer Überprüfung der Verlässlichkeit gemäß § 25 WaffG davon zu überzeugen, ob der Antragsteller voraussichtlich mit Schusswaffen sachgemäß umgehen wird.

Hiefür kommt gemäß § 5 Abs 2 der 2. WaffV neben dem Nachweis ständigen Gebrauchs als Dienst-, Jagd- oder Sportwaffe die Schulungsbestätigung eines Gewerbetreibenden, der zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen berechtigt ist, als Beweismittel in Betracht. Damit erwähnt diese Bestimmung neben der Erbringung eines Schulungsnachweises durch einen näher bezeichneten Gewerbetreibenden jedenfalls auch die Möglichkeit zur Berufung auf bestimmte andere Beweismittel für die Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen (vgl hiezu das hg Erkenntnis vom 12. Juni 2003, Zl 2000/20/0560). Dabei schließt der Wortlaut dieser Bestimmung (arg "insbesondere") neben den ausdrücklich genannten Beweismitteln weitere Beweismittel für den Nachweis der Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen nicht aus.

Was die Frage angeht, ob der Betroffene - wie die belangte Behörde annimmt - zur Vorlage dieser Beweismittel verpflichtet ist und ihn solcherart eine Mitwirkungspflicht iS der obigen Rechtsprechung trifft, ist zunächst auf die in § 5 Abs 1 der

2. WaffV enthaltene Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Prüfung zu verweisen. Gegenstand dieser Prüfung ist nicht das Vorliegen einer Bestätigung, sondern die tatsächliche Befähigung des Betroffenen zum sachgemäßen Umgang mit Schusswaffen. In diesem Zusammenhang kann die Behörde den Betroffenen zur Vorlage geeigneter Nachweise bzw Bestätigungen auffordern, die über das Vorliegen dieser Befähigung Aufschluss geben können (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0014).

Nach dieser Rechtslage kann die Weigerung des Betroffenen, entsprechende Nachweise oder Bestätigungen vorzulegen, nur dann gemäß § 8 Abs 6 erster Satz WaffG als Verletzung seiner Mitwirkungsverpflichtung angesehen werden, wenn die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes ohne diese Nachweise oder Bestätigungen nicht möglich ist. Da die tatsächliche Befähigung des Betroffenen zum sachgemäßen Umgang mit Schusswaffen eine Tatsache darstellt, die in der Person des Betroffenen gelegen ist und deren Kenntnis sich die Behörde nicht ohne dessen Mitwirkung verschaffen kann, ist diesfalls der Betroffene selbst zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot verpflichtet (vgl allgemein die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 556, E 126 f zu § 39 AVG wiedergegebene hg Rechtsprechung).

Vor diesem Hintergrund ist zunächst klarzustellen, dass nicht nur durch den von der belangten Behörde vermissten "Waffenführerschein" (Schulungsnachweis eines Waffengewerbebetreibenden) der erforderliche Nachweis im Sinne des § 5 Abs 2 der 2. WaffV erbracht werden kann, sondern grundsätzlich durch jedes taugliche Beweismittel. Die dazu vom Beschwerdeführer aufgezeigte Schulung im Rahmen der Vorbereitung auf die (im Jahr 1975 abgelegte) Jagdprüfung war allerdings schon im Hinblick auf das in § 5 Abs 1 der 2. WaffV angeführte Erfordernis einer Schulung innerhalb des letzten halben Jahres unzureichend.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren, abgesehen vom unzureichenden Hinweis auf die seinerzeit abgelegte Jagdprüfung, kein Vorbringen und Beweisanbot erstattet, er sei trotz Nichtbeibringung eines Schulungsnachweises zum sachgemäßen Umgang mit Waffen in der Lage. Der von ihm hervorgehobene Umstand, er habe selbst kein Interesse an Waffen, benötige die Waffenbesitzkarte vielmehr nur für die aus standesrechtlichen Gründen erforderliche Verwahrung von Waffen, die ihm von Mandanten im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt übergeben würden, kann die vom Gesetz geforderte Qualifikation des Inhabers einer Waffenbesitzkarte nicht mindern: Die belangte Behörde hat zutreffend dargestellt, dass der durch die Waffenbesitzkarte im Sinne des § 22 Abs 1 WaffG Berechtigte durch eine bloß eingeschränkte Verwendung der Waffe nicht von seiner Verpflichtung, im Sinne des § 5 Abs 1 der 2. WaffV den sachgemäßen Umgang nachzuweisen, entbunden wird. Auch der Inhaber einer Waffenbesitzkarte, der im Zeitpunkt einer Überprüfung gemäß § 25 Abs 1 WaffG gar keine Waffe besitzt, hat seine waffenrechtliche Verlässlichkeit im Sinne des § 5 Abs 1 der 2. WaffV nachzuweisen.

Zu Recht konnte die belangte Behörde daher die Entziehung der Waffenbesitzkarte auf § 8 Abs 6 erster Satz WaffG stützen.

Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 18. Oktober 2005

Schlagworte

Grundsatz der Unbeschränktheit Beweismittel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005030063.X00

Im RIS seit

15.11.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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