TE OGH 1988/12/15 12Os157/88

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Veröffentlicht am 15.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Dezember 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hermann M*** wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30.Mai 1988, GZ 5 a Vr 4828/86-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 45-jährige Kaufmann Hermann M*** des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er Anfang Dezember 1984 in Wien eine falsche Urkunde, nämlich eine fingierte Reparaturrechnung der Firma R*** AG-Z*** im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem er sie seinem Dienstgeber, der Firma N***, zum Beweis eines Unfallschadens in der Höhe von 19.406,60 sfr an dem ihm überlassenen Dienstwagen vorlegte. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen lag der Tathandlung eine von der Firma R*** AG-Z*** anläßlich der Reparatur eines geringfügigen Fahrzeugschadens ausgestellte Rechnung zugrunde, deren Betrag über Ersuchen des Angeklagten - bei weitem - überhöht beziffert worden war. Die Strafbarkeit der - unter Anklage gestellten - betrügerischen Schädigung der Dienstgeberfirma wurde vom Erstgericht wegen Vorliegens tätiger Reue gemäß § 167 StGB verneint.

Das angefochtene Urteil enthält überdies einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch.

Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Im Sinn der Beschwerdeargumentation trifft es nämlich zu, daß der in Rede stehende Deliktsfall des § 223 Abs. 2 StGB nur durch den Gebrauch einer falschen (im Sinn von unechten, über die Identität des Ausstellers täuschenden) oder verfälschten (deren gedanklichen Inhalt ändernden) Urkunde verwirklicht werden kann. Der Gebrauch einer - wie im vorliegenden Fall - echten Urkunde mit unwahrem Inhalt ist demgegenüber nicht als Urkundenfälschung im angeführten Sinn zu beurteilen (vgl Leukauf-Steininger2 RN 26; Kienapfel im WK Rz 152, Foregger-Serini4 Erl. II, Mayerhofer-Rieder2 EGr 1 jeweis zu § 223 StGB). Der bekämpfte Schuldspruch ist demnach, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedarf, schon mangels Vorliegens eines tauglichen Deliktsobjektes mit dem geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund behaftet, ohne daß allerdings, dem Beschwerdestandpunkt zuwider, sogleich mit Freispruch des Angeklagten vorgegangen werden könnte. Eine echte Urkunde unwahren Inhalts stellt nämlich ein Beweismittel im Sinn des § 293 Abs. 1 StGB dar (vgl EvBl 1988/29 = LSK 1987/87), weshalb im konkreten Fall über den Rahmen des Beschwerdevorbringens hinaus zu prüfen ist, ob der (in diese Richtung bisher nicht befragte) Angeklagte bei der von ihm veranlaßten Herstellung der urteilsgegenständlichen "Lugurkunde" mit (zumindest bedingtem, vgl Leukauf-Steininger2 RN 10 zu § 293 StGB) Vorsatz handelte, diese in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zu gebrauchen. Da der Angeklagte vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich darauf hinwies, sich durch "innerbetriebliche Differenzen" veranlaßt gesehen zu haben, um die Ausstellung einer überhöhten Rechnung anzusuchen (AS 198), er kurze Zeit später seinen Dienstgeber auf Zahlung von 1,592.757,50 S klagte (vgl ON 63 d.A) und sich zudem in der Hauptverhandlung wiederholt dahingehend verantwortete, eine "steuerschonende Auszahlung" eines ihm zugestandenen Geldbetrages angestrebt zu haben (AS 253, 255, 260, 305 ff), kann vorweg nicht ausgeschlossen werden, daß sich sein Vorsatz auf eine dem § 293 Abs. 1 StGB entsprechende Verwendung der urteilsgegenständlichen Urkunde erstreckte. Die zur abschließenden rechtlichen Beurteilung des Tatverhaltens auch in der erörterten Richtung erforderlichen Tatsachenfeststellungen sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, weshalb sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung (vor dem nunmehr zuständigen Einzelrichter - § 13 Abs. 2 StPO) zur bezüglichen Verfahrenserneuerung bzw -ergänzung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat. Es war daher über die Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E16117

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00157.88.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19881215_OGH0002_0120OS00157_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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