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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art12 Abs7 idF 31998L0061;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 99/03/0366 B 29. Jänner 2003 * EuGH-Entscheidung: EuGH 61999CJ0462 22. Mai 2003Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Telekom Austria Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Cerha Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 16. Dezember 1998, Zl Z 9/98-21, betreffend Zusammenschaltung (mitbeteiligte Partei: TelePassport Telekommunikationsdienstleistungen GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Franz J. Kohlbacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 3/11), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt A. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Im Spruchpunkt A. "Zusammenschaltungsanordnung" des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 41 Abs 3 TKG iVm § 111 TKG die Zusammenschaltung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der mitbeteiligten Partei mit dem öffentlichen Telekommunikationsnetz der Beschwerdeführerin (im Folgenden auch "TA" genannt) angeordnet. Unter den Bestimmungen dieser Anordnung führen die Beschwerdeführerin und die mitbeteiligte Partei die Zusammenschaltung gegen Entgelt durch. Die Entgelte für die Inanspruchnahme des Netzes der Beschwerdeführerin (Zusammenschaltungsentgelte) sind in den Anhängen - die einen integrierenden Bestandteil der Zusammenschaltung bilden - geregelt.
In diesem Zusammenhang enthält der bekämpfte Bescheid folgende Anhänge:
"Anhang 6
Entgelte für V3, V4, V5 und V6
Die Zusammenschaltungsentgelte betragen tageszeitunabhängig
und verkehrsvolumensunabhängig
Für den Gesprächstyp V3 (laut Anhang 5)
0,25 ATS/min, exklusive Umsatzsteuer
Für den Gesprächstyp V4 (laut Anhang 5)
0,33 ATS/min, exklusive Umsatzsteuer
Für den Gesprächstyp V5 (laut Anhang 5)
0,053 ATS/min, exklusive Umsatzsteuer
Für den Gesprächstyp V6 (laut Anhang 5)
0,104 ATS/min, exklusive Umsatzsteuer
..."
"Anhang 12
Regelungen betreffend Verbindungsnetzbetreiber
...
Für die Gesprächsoriginierung verrechnet die TA dem Zusammenschaltungspartner eines der nachstehenden Entgelte:
Gesprächstyp
ATS/min, exkl. USt.
Originierung V10
(1 HVSt Durchgang)
0,28
Originierung V11
(2 HVSt Durchgänge)
0,55
Originierender Transit V12
(1 HVSt Durchgang)
0,053
Originierender Transit V13
(2 HVSt Durchgänge)
0,104
..."
"Anhang 13
Regelungen betreffend ISDN
Die kommerziellen und sonstigen Bedingungen der Zusammenschaltung des TA-Netzes mit dem Partnernetz finden
-
auf den Sprachtelefondienst für analoge Teilnehmer ... sowie
-
auf ISDN-Dienste und -Leistungsmerkmale für ISDN-Teilnehmer (volltransparente Nutzung der 64 kbit/s-Kapazität - Trägerdienst '64 kbit/s unrestricted'), ....
in gleicher Weise Anwendung."
In Spruchpunkt B. "Weitere Anordnungen" wurden gemäß § 83 Abs 2 und 3 TKG für die Beschwerdeführerin und die mitbeteiligte Partei Informationspflichten festgelegt.
Zum festgestellten Sacherhalt wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheids insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Auf Antrag der Citykom Austria Telekommunikation GmbH, der Connect Austria Gesellschaft für Telekommunikation GmbH, der max.mobil Telekommunikation Service GmbH, der tele.ring Telekom Service GmbH und der UTA Telekom AG traf die Telekom-Control-Kommission am 9.3.1998 im Verfahren Z 1/97 gemäß § 41 Abs 3 TKG eine Zusammenschaltungsanordnung, in der (im wesentlichen) über die Höhe der Zusammenschaltungsentgelte für die Terminierung von Gesprächen (Gesprächstypen V3 und V4) im Netz der Telekom Austria AG bzw in den Netzen der Antragsteller Citykom, tele.ring und UTA sowie für den Transit von Gesprächen (Gesprächstypen V5 und V6) durch das Netz der Telekom Austria bzw der genannten Antragsteller entschieden wurde.
...
Auf Antrag der tele.ring Telekom Service GmbH & Co KG, der Telekabel Wien GmbH, der Citykom Austria Telekommunikation GmbH und der UTA Telekom AG traf die Telekom-Control-Kommission am 5.10.1998 und am 29.10.1998 in den Verfahren Z 1/98, Z 3/98, Z 4/98 und Z 5/98 gemäß § 41 Abs 3 TKG Zusammenschaltungsanordnungen, in denen (abgesehen von der Höhe der Entgelte für die Gesprächstypen V3 bis V6) die Bedingungen der Zusammenschaltung, einschließlich der Gesprächszuführung zum Verbindungsnetzbetreiber, der Nutzung des Trägerdienstes 64 kbit/s unrestricted, des Zugangs zu tariffreien Diensten und Notrufdiensten, sowie die Höhe der relevanten Zusammenschaltungsentgelte festgelegt wurden."
Die beschwerdeführende Partei sei - wie schon im Bescheid Zl Z 1/97 vom 9. März 1997 angenommen und mittlerweile im rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 1998, Zl M 1/98, gemäß § 33 Abs 4 TKG festgestellt worden sei - ein marktbeherrschendes Unternehmen auf dem Markt der öffentlichen Sprachtelefonie über ein festes Netz.
Die Kosten der Beschwerdeführerin für die Gesprächstypen V3, V4, V5, V10, V11, V12 und V13, berechnet nach der FL-LRAIC-Methode, ergäben sich "aus dem Gutachten der Amtssachverständigen samt dessen Anhang aus den Verfahren Z 1/98, Z 3/98, Z 4/98 und
Z 5/98". Die Anordnung betreffend diese Verkehrstypen stimme ua mit der in den Zusammenschaltungsanordnungen Zlen Z 1/98, Zl Z 3/98 und Zl Z 5/98 getroffenen Regelung überein. Angesichts des Prinzips der Nichtdiskriminierung, das in § 34 TKG angeordnet sei und sich auch auf Art 3 Abs 1 der Richtlinie 90/387/EWG ergebe, sei die belangte Behörde jedenfalls bei der Zusammenschaltung mit dem Netz eines marktbeherrschenden Unternehmens - wie der Beschwerdeführerin - verpflichtet, für gleiche Zusammenschaltungsleistungen die selben Entgelte festzulegen, wie sie - kostenorientiert - bereits mit Wirkung gegenüber anderen Marktteilnehmern festgelegt worden seien. Dies gelte auch für alle anderen Bedingungen der Zusammenschaltung. Das Entgelt hinsichtlich der Zusammenschaltungsleistungen V3 bis V6 sei daher in der selben Höhe festgelegt worden, wie es in den Bescheiden Zl Z 1/97 und Zl Z 3/98 gegenüber anderen Netzbetreibern festgelegt worden sei. In diesem Sinne seien auch die Gesprächstypen V10 bis V13 in Übereinstimmung mit den entsprechenden Entgelten in den Zusammenschaltungsanordnungen Zl 1/98, Zl 3/98, Zl Z 4/98 und Zl Z 5/98 kostenorientiert festgelegt worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art 144 Abs 3 B-VG abtrat (Beschlüsse vom 8. Juni und vom 23. August 1999, B 200/99).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehrte die beschwerdeführende Partei die Aufhebung des angefochtenen Bescheids wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdepunkte wurden wie folgt ausgeführt:
"Der angefochtene Bescheid verletzt die Telekom Austria in ihrem Recht auf eine Entscheidung durch die zuständige Behörde. Der Bescheid verletzt die Telekom Austria weiters in ihrem Recht auf Durchführung eines eigenständigen Ermittlungsverfahrens und Anhörung durch die Behörde sowie in ihrem Recht darauf, daß von früheren Zusammenschaltungsanordnung abweichende, aber sachlich gerechtfertigte Regelungen nicht als diskriminierend beurteilt werden. Der angefochtene Bescheid verletzt die Telekom Austria auch in ihrem Recht auf kostenorientierte Festlegung von Zusammenschaltungsentgelten. Darüber hinaus verletzt der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf, daß nur Zusammenschaltungsleistungen, nicht aber sonstige Telekommunikationsdienste, in einer Zusammenschaltungsanordnung gemäß § 41 Abs 3 TKG angeordnet werden. Der Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin weiters in ihrem Recht auf kostenorientierte Festlegung von Entgelten für ISDN-Leistungen, den Zugang zum Verbindungsnetzbetreiber und originierenden Transit. Der angefochtene Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin auch in ihrem durch die gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte gewährleisteten Erwerbsfreiheits- und Eigentumsrecht, daß ihr für die erwähnten Dienste nicht-kostendeckende Entgelte nicht vorgeschrieben werden sowie im gemeinschaftsrechtlichen Recht daruf, nicht zur Unterstützung ihrer Wettbewerber durch nichtkostendeckende Preise verhalten zu werden. Sodann verletzt der bekämpfte Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtanwendung einer gesetzlich nicht normierten Beweislastregel zu ihrem Nachteil betreffend die Entgeltbestimmung für Transitleistungen. Der Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin weiters in ihrem Recht darauf, daß ihr eine gesetzlich nicht gedeckte Abrechnungsregel für Transitleistungen nicht auferlegt werde sowie hinsichtlich des Zugangs zum Verbindungsnetzbetreiber in ihrem Recht darauf, daß ihr die Verwendung des sog 'Single-Stage-Verfahrens' nicht auferlegt werde. Schließlich verletzt der Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, die Freischaltung des Zusammenschaltungspartners nicht unverzüglich vornehmen zu müssen. Letztlich verletzt der bekämpfte Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nicht-Vorschreibung gesetzlich nicht bestehender Auskunftsverpflichtungen."
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften seitens der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Mit hg Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl 2003/03/0095, auf welches gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach der auch im Beschwerdefall geltenden Rechtslage (TKG idF vor der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 26/2000) gemäß Art 133 Z 4 B-VG Angelegenheiten, über die die belangte Behörde entschieden hat, nach österreichischem nationalen Recht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen waren und dass sich die vom EuGH mit Urteil vom 22. Mai 2003 (Rechtssache C-462/99) aus Art 5a Abs 3 der Richtlinie 90/387/EWG idF der Richtlinie 97/51/EG abgeleitete Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung nur auf den Schutz der dem einzelnen vom Gemeinschaftsrecht eingeräumten materiellen Rechte, nicht aber auch auf den Schutz bloß im nationalen Recht verankerter individueller Rechte beziehen kann. Daraus folgt, dass auch im Beschwerdefall auf das eine Verletzung lediglich letzterer Rechte betreffende Beschwerdevorbringen nicht einzugehen ist.
2. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts sind folgende Fragen wesentlich:
2.1. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides und der Berechnung der Zusammenschaltungsentgelte auf der Basis der zukunftsorientierten langfristigen durchschnittlichen zusätzlichen Kosten (FL-LRAIC) ist auf die ständige hg Rechtsprechung zu verweisen, der der bekämpfte Bescheid insofern entspricht (vgl etwa das Erkenntnis vom 17. Juni 2004, Zl 2003/03/0097, auf das gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird).
2.2. Aus dem schon genannten hg Erkenntnis vom 17. Juni 2004 ergibt sich ferner, dass auf dem Boden des Art 12 Abs 7 der Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG vom 30. Juni 1997 idF der Richtlinie 98/61/EG vom 24. September 1998 - entgegen der Beschwerde - der Zugang zu ISDN-Diensten vom Begriff der Zusammenschaltung erfasst wird, und weiters auf der Grundlage dieser Bestimmung die im angefochtenen Bescheid sich diesbezüglich für die Beschwerdeführerin ergebenden Verpflichtungen nicht als rechtswidrig zu erkennen sind.
Ebenso unterfällt dem Begriff der Zusammenschaltung - wiederum entgegen der Beschwerde - der von der vorliegenden Zusammenschaltungsanordnung erfasste Zugang zum Verbindungsnetzbetreiber, zumal im ersten Satz des schon genannten Art 12 Abs 7 normiert wird, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen wie die Beschwerdeführerin den Teilnehmern "die Möglichkeit des Zugangs zu vermittelten Diensten jedes zusammengeschalteten Anbieters öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste bieten" muss (vgl das hg Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl 2001/03/0069).
2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 2003, Zl 2003/03/0101, auf das ebenfalls gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass das verwaltungsbehördliche Verfahren zur Festlegung der Gesprächstypen V3, V4, V5 und V6 in wesentlichen Punkten nicht mängelfrei war. Schon aus diesem Grund ist auch der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Gleiches gilt - wie sich aus dem schon zitierten hg Erkenntnis vom 17. Juni 2004 ergibt - hinsichtlich der im bekämpften Bescheid festgelegten Zusammenschaltungsentgelte für die Gesprächstypen V10, V11, V12 und V13.
3. Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Spruchpunkt A. gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Da für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, dass der Spruchpunkt B. des bekämpften Bescheides die beschwerdeführende Partei in aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten individuellen Rechten verletzt, war die Beschwerde in diesem Punkt gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 18. Oktober 2005
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003030117.X00Im RIS seit
11.11.2005Zuletzt aktualisiert am
03.05.2012