Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Peter G***, geboren am 27. Mai 1938 in Graz, Lithograph, Ziegelstraße 19 s, 8045 Graz, vertreten durch Dr. Werner Achtschin, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte und widerklagende Partei Walburga G***, geboren am 6. November 1942 in Graz, Inhaberin eines Tanzstudios, Ziegelstraße 19 s, 8045 Graz, vertreten durch Dr. Erich Allmer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19. Mai 1988, GZ 6 R 58, 59/88-38, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19. November 1987, GZ 6 Cg 175, 349/87-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.823,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 154,43 Umsatzsteuer und S 1.125,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Antrag der klagenden Partei, das Revisionsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des von ihr zu 6 Cg 319/88 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz eingeleiteten Wiederaufnahmsverfahrens zu unterbrechen, wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und Widerbeklagte (im folgenden kurz Kläger) und die Beklagte und Widerklägerin (im folgenden kurz Beklagte) schlossen am 6. Juli 1962 vor dem Standesamt Graz die beiderseits erste Ehe. Dieser Ehe entstammen die Kinder Susanne und Paul, die beide bereits volljährig sind, und der am 10. Juni 1972 geborene Georg. Ein weiteres Kind, Ursula, ist bereits im Kleinkindalter verstorben. Der Kläger begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Er brachte vor, die Ehe sei - sehe man von vorübergehenden ehewidrigen Beziehungen der Beklagten, die er ihr jedoch verziehen habe, ab - solange harmonisch verlaufen, bis die Beklagte 1983 mit erheblichem finanziellen Aufwand ein "Dance Studio" eröffnet habe. Für das defizitäre Studio habe die Beklagte sogar Unterhaltszahlungen des Klägers zur Abdeckung der Geschäftsschulden verwendet. Sie habe es trotz seiner Aufforderung abgelehnt, den Betrieb einzustellen. Mit ihrer zunehmenden finanziellen Anspannung habe sich auch das Eheleben zum schlechteren gewendet. Die Beklagte sei im November 1984 aus dem ehelichen Schlafzimmer ausgezogen, nachdem der Kläger die Erfüllung einer weit überhöhten Unterhaltsforderung abgelehnt habe, dorthin trotz aller Bemühungen des Klägers nicht mehr zurückgekehrt und verweigere ihm seither den ehelichen Verkehr. Anfang 1986 habe sie es abgelehnt, mit dem Kläger gemeinsam auf Urlaub zu fahren. Als er daraufhin den Campinganhänger verkauft habe, habe die Beklagte die Fahrzeugpapiere an sich genommen, sodaß er polizeiliche Hilfe in Anspruch habe nehmen müssen. Den Polizeibeamten habe sie fälschlich berichtet, der Kläger habe versucht, sie umzubringen. Die Beklagte habe seine Wäsche sowie den Haushalt vernachlässigt. Sie versuche auch, die Kinder in die ehelichen Auseinandersetzungen hineinzuziehen. Erst nach Einbringung seiner Scheidungsklage habe sie wieder die Wäsche des Klägers zu versorgen und die Wohnung zu reinigen begonnen. Bis dahin sei sie oftmals erst nach Mitternacht nach Hause gekommen. In den Jahren 1985 und 1986 sei sie wiederholt über die ganze Nacht ausgeblieben. Im Jänner 1985 habe sie drei Wochen lang überhaupt außer Haus gewohnt. Seit Einleitung des Scheidungsverfahrens komme die Beklagte zwar um etwa 21 Uhr nach Hause, verlasse aber nach Versorgung der Kinder häufig die Wohnung wieder. Am 25. März 1987 habe sie in Begleitung zweier Männer ein Lokal in Graz aufgesucht. In einen der beiden Begleiter habe sie sich eingehängt. Die Nacht zum 23. April 1987 habe sie mit einem anderen Mann - zum Teil in einem PKW - verbracht. In der Nacht zum 25. April 1987 habe sie mit einem anderen Mann zahlreiche Lokale besucht und diesen Mann sodann knapp nach Mitternacht am Burgring umarmt und minutenlang geküßt. Das habe sich in der Nacht zum 1. Mai 1987 wiederholt. Auch in der Nacht zum 23. Mai 1987 sei die Beklagte mit diesem Mann zusammen gewesen. Im Sommer 1987 habe sie den Kläger, als er sie im Krankenhaus besucht habe, vor anderen Patienten schreiend gefragt, was er wolle, habe ihm vorgeworfen, daß er sie vernichten wolle, und die Krankenschwester gerufen, damit ihn diese zum Verlassen des Zimmers veranlasse. Durch das schuldhafte Verhalten der Beklagten sei die Ehe spätestens seit Ende 1984 unheilbar zerrüttet. Die Beklagte erhob Widerklage, mit der sie die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Klägers begehrte. Sie brachte vor, der Kläger habe sich schon vor acht Jahren von ihr abgewandt, verweigere ihr den ehelichen Verkehr, habe sie aus dem Schlafzimmer hinausgeworfen und alle ihre Versuche, dorthin zurückzukehren, verhindert. Er sei allein auf Urlaub gefahren. Er nehme an den gemeinsamen Mahlzeiten nicht teil und lasse seine Wäsche von seiner Mutter waschen und bügeln. Er versuche ständig, den Geschäftsgang des Tanzstudios der Beklagten zu stören. Er habe bei Gericht die Schließung des Studios beantragt. Er habe vertrauliche Informationen der Beklagten über ihre finanzielle Lage der Bank weitergegeben.
Trotz eines Einkommens von monatlich S 26.000,-- habe er ihr für den fünfköpfigen Haushalt lediglich S 7.000,-- (einschließlich S 4.000,- - Familienbeihilfe) und ab November 1984 nur mehr S 2.000,-- als monatliches Wirtschaftsgeld zur Verfügung gestellt. Ab April 1985 habe er seine Zahlungen überhaupt eingestellt, sodaß die Beklagte die gerichtliche Unterhaltsfestsetzung habe erwirken müssen. Während der Kläger die Familie in jeder Hinsicht kurz gehalten habe, leiste er sich eine aufwendige Kakteenzucht und eine Modelleisenbahn. Der Kläger habe den Kindern die Benützung von Garten und Terrasse verboten, weil er diese für seine Kakteen beansprucht habe. Er habe die Beklagte praktisch täglich beleidigt. Er sei von übertriebener Ordnungssucht beherrscht. Er habe die Beklagte auch verschiedentlich schikaniert.
So habe er die Heizung abgestellt, obwohl der Arzt der Beklagten wegen Fiebers Wärme empfohlen habe. In einen der Beklagten von ihrer Mutter geschenkten Teppich habe er ein Loch geschnitten und ihr kurz nach dem Tod ihres Vaters einen Zettel mit ironischem Text auf den Tisch gelegt. Der Kläger habe ihr stets Traude S*** als Vorbild vor Augen gehalten und immer nur diese verehrt. Als die Beklagte und diese Frau gleichzeitig schwanger gewesen seien, habe er sich nur um Traude S*** gekümmert und mit deren Familie die Geburt des Kindes gefeiert, statt die Beklagte am Tage der Geburt ihres Kindes zu besuchen. Er habe auch die Kinder gegen die Beklagte aufzuhetzen versucht. Während ihres dreiwöchigen Krankenhausaufenthaltes wegen einer schweren Unterleibsoperation im Spätsommer 1987 habe der Kläger sich um den jüngeren Sohn überhaupt nicht gekümmert. Trotz ihrer schweren Erkrankung habe er die Beklagte erst am vierten Tag besucht und dabei ein Verhalten an den Tag gelegt, daß sie einen lebensbedrohlichen Nervenzusammenbruch erlitten habe. Durch dieses Verhalten des Klägers sei die Ehe spätestens seit Ende 1984 unheilbar zerrüttet.
Das Erstgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Ehe aus gleichteiligem Verschulden der Streitteile geschieden werde. Es stellte nach Beweiswiederholung - unter Einbeziehung der erstinstanzlichen Feststellungen - nachstehenden Sachverhalt fest:
Die Ehe war für die Beklagte von Beginn an durch das Gefühl belastet, der Kläger habe sie "in der Hand". Der Kläger hielt die Beklagte auch schon von der Eheschließung an finanziell äußerst kurz, weil er der Meinung war, daß auf eine bessere Wohnung gespart werden müsse. Der Kläger hatte zum Geld eine andere Beziehung als die Beklagte. Vor allem mied er Schulden. Tatsächlich erwarben die Streitteile bald ein Reihenhaus in Andritz. Es wurde 1969 bezogen. Die Beklagte verfügte nie über eigenes Geld, auch nicht über ein Taschengeld. Der Kläger verbot ihr, allein Einkäufe zu machen. So mußte sie ihn bei jedem Kleidungsstück fragen und durfte nur gemeinsam mit ihm einkaufen gehen. Er war in solchen Belangen äußerst kleinlich. Er erlaubte der Beklagten auch nur selten, Freundinnen einzuladen. 1970 schnitt er ein Loch in einen Wandteppich der Beklagten, ohne ihre Zustimmung einzuholen, nur um ihn an einen Schalter anzupassen.
Die ersten drei Jahre nach der Eheschließung war die Beklagte noch als Assistentin an der Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Graz tätig. Von 1965 bis 1972 gebar sie die ehelichen Kinder. Sie versorgte von nun an die Kinder und führte den Haushalt. Ihre Tätigkeit war deshalb sehr erschwert, weil das 1968 geborene zweite Kind, das im Alter von viereinhalb Jahren starb, schwerst behindert war und von der Beklagten oftmals von Andritz in das Landeskrankenhaus Graz zur Behandlung gebracht werden mußte. Dies mußte sie zu Fuß erledigen, weil sie keinen Führerschein hatte. Der Kläger wehrte sich lange Zeit aus finanziellen Gründen dagegen, daß die Klägerin den Führerschein erwarb. In all diesen Jahren erwies sich die Beklagte als tüchtige Hausfrau, die sich um ihre Kinder kümmerte und auch selbst nähte und strickte. Die Streitteile waren viel zu Hause, zumal der Kläger nur ungern ausging und auch allein das Haus kaum verließ. In der Freizeit widmete er sich vielmehr seinen Hobbys, der Kakteenzucht und einer Modelleisenbahn; letztere nahm sehr viel Platz in Anspruch und erforderte auch einen beträchtlichen Aufwand. Die Beheizung des Glashauses für die Kakteen verursachte zusätzliche Stromkosten von jährlich etwa S 4.000,--; allerdings erzielte der Kläger aus dem Verkauf von Kakteen einen jährlichen Ertrag von S 4.000,-- bis S 5.000,--.
1978 nahm die Beklagte vorübergehend Beziehungen zu einem anderen Mann auf, brach das Verhältnis jedoch wieder ab und versöhnte sich mit dem Kläger. Von nun an häuften sich die gemeinsamen Unternehmungen der Eheleute, so besuchten sie miteinander einen Ehepaartanzkurs. Ihre Beziehungen zueinander blieben jedoch vor allem deshalb weiter gespannt, weil der Kläger der Beklagten außer der Familienbeihilfe (monatlich rund S 4.000,--) bloß ein monatliches Wirtschaftsgeld von S 3.000,-- zur Verfügung stellte, womit sie nur bei größter Sparsamkeit das Auslangen finden konnte. Ab etwa 1982 war die Beklagte nicht mehr bereit, das Verhalten des Klägers, der sich auch hinsichtlich Ordnung und Reinlichkeit in der Wohnung übertrieben penibel zeigte, weiter hinzunehmen. Sie setzte den Besuch eines Sprachkurses durch und bildete sich auch tänzerisch aus. Sie bestand die Lenkerprüfung und eröffnete im Sommer 1982 gegen den Willen des Klägers ein Tanzstudio in der Bürgergasse in Graz, worin sie ein Mittel zur Selbstbestätigung und fortan ihren primären Lebensinhalt erblickte. In diesem Studio arbeitete sie täglich von 16 bis etwa 22 Uhr; teilweise begann sie dort aber auch schon um 10 Uhr und war dann nur zu Mittag zu Hause, um das Essen zuzubereiten. Seither versorgte sie den Haushalt nur mehr eingeschränkt, sodaß der Kläger für sein Abendessen selbst sorgen mußte. Die Beklagte kam häufig auch nicht sogleich nach Betriebsschluß im Studio, sondern erst spät nachts, bisweilen sogar erst in den Morgenstunden nach Hause, weil sie noch Lokale aufsuchte. Im Sommer 1984 verlegte die Beklagte ihre Dance Studio in eine ehemalige Arztwohnung am Glockenspielplatz, was aber Investitionen von rund S 300.000,-- nötig machte. Dieser Geldbedarf rief weitere Spannung zwischen den Streitteilen hervor, weil der Kläger, der sich von vornherein gegen das Studio gestellt hatte, auf keinen Fall Schulden machen wollte. Um aber eine Belastung der der Beklagten zugeschriebenen Liegenschaftshälfte zu vermeiden, übernahm er - entsprechend anwaltlichem Rat - dennoch die persönliche Haftung für den von ihr aufgenommenen Kredit von etwa S 300.000,--. Aus diesem Kredit wurde der Kläger als Bürge infolge Umschuldung nicht in Anspruch genommen, obwohl sich der Studiobetrieb nach den beiden ersten Jahren infolge der relativ hohen Investitionen und eines ab 1985 fallenden Umsatzes bis an den Rand der Insolvenz defizitär entwickelte.
Im Herbst 1984 kam es zwischen den Streitteilen wegen des Wirtschaftsgeldes zunehmend zu Unstimmigkeiten. Die Beklagte forderte durch einen Anwalt ein höheres Wirtschaftsgeld, was der Kläger jedoch nach Rücksprache mit seinem Anwalt ablehnte. Der Kläger verdiente damals monatlich etwa S 26.000,-- netto. Er bestritt die gesamten Kosten des Hauses (Annuitäten und Betriebskosten) von monatlich S 5.800,--. Nachdem die Beklagte ihren Geburtstag im Dance Studio bis in die Morgenstunden des 6. November 1984 gefeiert hatte, erklärte ihr der Kläger, daß er nicht mehr als bisher zahlen würde. Daraufhin zog die "Klägerin" (richtig: Beklagte) aus dem ehelichen Schlafzimmer aus und kehrte dorthin fortan nicht mehr zurück. Sie schlief bis zum Frühjahr 1986 in einem Kinderzimmer und zog sodann in den Keller, wo sie seither nächtigt. Den Auszug der Beklagten aus dem gemeinsamen Schlafzimmer empfanden beide Ehegatten als tiefgreifende Entzweiung und Zerrüttung der Ehe. Seit damals gibt es zwischen den Ehegatten keine geschlechtlichen Beziehungen mehr, die im übrigen schon damals "kein Thema" mehr waren, weil keiner von ihnen mehr auf dem ehelichen Verkehr bestand.
Von da an betrachteten die Streitteile die Ehe "praktisch" als gescheitert. Sie sprachen nur mehr über das Notwendigste. Die Beklagte kam häufiger als bisher erst spät nachts nach Hause. Ab Mai 1985 verwehrte ihr der Kläger jedwedes Wirtschaftsgeld, weil er befürchtete, daß sie das Geld für das Dance Studio verwenden würde. Er kaufte das Nötige selbst ein.
Die Beklagte brachte deshalb im Juni 1985 beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz (33 C 91/85) eine Unterhaltsklage ein, das den Kläger mit Urteil vom 23. Jänner 1986 - unter Bedachtnahme auf Unterhaltsleistungen von monatlich S 6.500,-- für die beiden Söhne Paul und Georg - ab 1. Juli 1985 zu einem monatlichen Unterhalt von S 4.000,-- an die Beklagte verhielt. Ab 1. Juli 1985 bezog die Beklagte auch die Familienbeihilfe selbst. Seither verlangte die Beklagte, der Kläger solle dafür zahlen, daß sie für ihn koche, was dieser jedoch ablehnte. Er ißt seit etwa Anfang 1986 abends bei seiner Mutter. Das Mittagessen nimmt er im Betrieb ein, wogegen er sich das Frühstück selbst zubereitet.
Zu Pfingsten 1985 fuhren die Streitteile das letzte Mal gemeinsam weg. Sie kampierten zwei Tage am Neusiedler See. Ab Sommer 1985 war die Beklagte nicht mehr bereit, gemeinsam mit dem Kläger auf Urlaub zu fahren. Im Jahre 1986 verlor der Kläger die Möglichkeit, den Zeltanhänger unterzubringen, weshalb er ihn verkaufte. Die Beklagte, die sich gegen diesen Verkauf gewandt hatte, nahm die Fahrzeugpapiere an sich und verweigerte deren Herausgabe. Erst nach polizeilicher Intervention fand sie sich bereit, die Fahrzeugpapiere gegen Zahlung des halben Verkaufserlöses des Zeltanhängers bei einem Rechtsanwalt zu deponieren.
Seit dem Frühjahr 1986 dachte der Kläger an Scheidung, weil ihm die Situation ausweglos schien. Vom 14. Juli bis 2. oder 3. August 1986 weilte die Beklagte mit beiden Söhnen auf Urlaub.
Damals stellte der Kläger fest, daß sich die Lokomotiven seiner Modelleisenbahnanlage nicht mehr am gewohnte Platz befanden, und vermutete einen Bosheitsakt oder Geldschwierigkeiten der Beklagten. Dies war für den Kläger Anlaß zur Einbringung der Scheidungsklage. Tatsächlich hatte die Beklagte die Lokomotiven, in Nylonsäcken verpackt, auf den Dachboden geräumt, wo sie der Kläger später fand. Nach Einleitung des Scheidungsverfahrens kam die Beklagte vorübergehend abends gleich nach Betriebsschluß gegen 21 Uhr nach Hause und versorgte die Kinder. Auch der Kläger änderte nun sein Verhalten insofern, daß er nicht mehr so wie früher herumliegende Sachen in übertriebener Ordnungssucht wegwarf.
Der immer weiter schwindende Kontakt zwischen den Streitteilen führte so zu einer gewissen Entspannung. Bis etwa Mai 1987 beleidigte der Kläger die Beklagte vor allem im Zusammenhang ihrer finanziellen Auseinandersetzungen immer wieder mit Bemerkungen wie "Du hast nichts geleistet", "Ohne mich kannst du nicht leben", "Du bist verrückt" und "Ich werde dich ruinieren".
Seit Anfang Oktober 1986 kommt die Beklagte häufig sehr spät in der Nacht nach Hause. Vor allem in der Zeit vom 6. Oktober bis 1. November 1987 kam sie häufig erst nach Mitternacht oder sogar erst in den frühen Morgenstunden heim, ohne den Kläger über ihren Aufenthalt aufzuklären.
Am 25. März 1987 verließ die Beklagte das Dance Studio, in zwei Männer eingehängt, um 22.30 Uhr besuchte mit diesen das Lokal "Der Grazer" und kam erst um 3 Uhr morgens nach Hause. Am 22. April 1987 traf sich die Beklagte gegen 21.40 Uhr mit Manfred F***, einem Journalisten der "Kleinen Zeitung", bestieg am Tummelplatz dessen PKW, fuhr mit ihm weg und wurde erst kurz nach Mitternacht zu ihrem gegenüber dem Cafe Promenade in der Erzherzog-Johann-Allee abgestellten PKW zurückgebracht, wo sie sich winkend von ihrem Begleiter verabschiedete. Am 24. Mai 1987 suchte sie, nachdem sie die Ehewohnung verlassen hatte, gegen 22 Uhr das Lokal "Jazz-Keller" in der Bürgergasse auf, verließ das Lokal gegen 23.45 Uhr in Begleitung eines Mannes, mit dem sie zunächst für kurze Zeit das Dance Studio aufsuchte und der sie sodann gleich nach Mitternacht zu ihrem am Burgring abgestellten PKW begleitete, wo sie einander umarmten und ein Dutzend Küsse austauschten. Nach einem Abschiedskuß fuhr die Beklagte gegen 0.20 Uhr weg, stieg jedoch in der Folge wieder aus, ging mit demselben Mann zwischen Dom und Mausoleum Arm in Arm in Richtung Burgring und fuhr sodann gegen 0.33 Uhr allein weg. Am 1. Mai 1987 verließ sie das Lokal "Sirtakistube" in der Bürgergasse um etwa 3.50 Uhr in Begleitung eines Mannes, der sie duzte und den sie mit ihrem PKW zum Geidorfplatz brachte, wo er ausstieg. Die Beklagte fuhr allein weiter. Am 3. Mai 1987 hielt sich die Beklagte bis spät in der Nacht in ihrem Studio auf, besuchte nach Mitternacht die Lokale "Jazz-Keller" und "Sirtakistube" in der Bürgergasse, befand sich, nachdem sie die "Sirtakistube" verlassen hatte, gegen 2.50 Uhr zeitweise in Begleitung eines jungen Mannes auf der Straße und fuhr erst gegen 3 Uhr mit ihrem PKW allein nach Hause. Am 22. Mai 1987 suchte die Beklagte mit jenem Mann, mit dem sie in der Nacht zum 25. April 1987 Zärtlichkeiten und Küsse ausgetauscht hatte - es handelte sich dabei um den Grazer Kaufmann Dr. Klaus Z*** -, gegen 22.30 Uhr das Lokal "Jazz-Keller" in der Bürgergasse und anschließend um 2 Uhr das Lokal "Sirtakistube" auf, verließ das Lokal gegen 2.40 Uhr und ging mit dem Mann Arm in Arm zu ihrem in der Erzherzog-Johann-Allee abgestellten PKW. Diesmal tauschten die beiden keine Zärtlichkeiten aus. Die Beklagte fuhr mit diesem Mann zum Lokal "Reinischkeller", wo sie von etwa 2.50 Uhr bis 4.45 Uhr blieben und von wo die Beklagte ihren Begleiter gegen 5 Uhr in die Mariahilfer Straße brachte. Dr. Klaus Z***, der verheiratet ist, ging in seine Wohnung am Lendkai, wogegen die Beklagte allein weiterfuhr.
Am 24. August 1987 befand sich die Beklagte wegen einer Unterleibsoperation rund drei Wochen in stationärer Pflege des Landeskrankenhauses Graz. Der Kläger wußte anfänglich nicht, warum die Beklagte im Spital war. Er ließ die Beklagte von einem der beiden Söhne fragen, ob er sie besuchen könne, worauf die Beklagte ausrichten ließ, er müsse selbst wissen, was er zu tun habe. Darauf suchte er sie im Krankenhaus auf und brachte ihr Blumen mit. Es kam jedoch zu keinem gedeihlichen Gespräch, vielmehr kamen sie gleich auf ihre ehelichen Probleme zu sprechen. Dem war die Beklagte aber in ihrem durch die Operation geschwächten Zustand nicht gewachsen und brach in Tränen aus, nachdem sie der Kläger in wenig dezenter Weise gefragt hatte, ob sie "unten oder am Bauch" operiert worden sei. Da die Beklagte nicht zu weinen aufhörte, riefen zunächst eine Bettnachbarin und sodann die Beklagte selbst nach der Schwester. Darauf verließ der Kläger das Krankenzimmer. Während dieses Spitalaufenthaltes kümmerte sich der Kläger um den 15-jährigen Sohn nicht in entsprechender Weise.
In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, diesen Feststellungen zufolge hätten beide Streitteile schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG begangen. Der Kläger habe die Zerrüttung der Ehe eingeleitet, in dem er die Beklagte in dem weit übertriebenen Bestreben, die Familie wirtschaftlich abzusichern, vom Beginn an durch viele Jahre derart kurz gehalten habe, daß er selbst seiner Unterhaltspflicht nur unzureichend nachgekommen sei, obwohl er sich durchaus Hobbys geleistet habe. Außerdem habe er der Beklagten lange Zeit hindurch ohne Grund den Führerschein verwehrt, obwohl dies im Hinblick auf die Versorgung insbesondere des behinderten Kindes dringend erforderlich gewesen wäre. Er habe der Beklagten somit nicht nur die Wahrnehmung ihrer Pflichten im Haushalt erschwert, sondern damit die Beklagte auch an der Entfaltung ihrer eigenen Persönlichkeit gehindert und hiedurch die Pflicht zur partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft verletzt. Als weitere Eheverfehlungen des Klägers seien seine übertriebene Ordnungssucht, die soweit gegangen sei, daß er selbst Spielsachen der Kinder und Strickereien der Beklagten weggeworfen habe, die beleidigenden und herabsetzenden Äußerungen der Beklagten gegenüber und vor allem auch sein Verhalten beim Besuch der Beklagten im Krankenhaus im August 1987 zu beurteilen. Aber auch die Beklagte habe maßgeblich zur Zerrüttung der Ehe beigetragen. Ihr, der zwar durchaus einzuräumen sei, daß sie sich durch das schuldhafte Verhalten des Klägers in der Ehe beengt gefühlt habe, sei als schwere Eheverfehlung vor allem zur Last zu legen, daß sie 1982, also zu einer Zeit, als die Ehe noch nicht unheilbar zerrüttet gewesen sei, gegen den Willen des Klägers ihr Dance Studio in Betrieb genommen habe, obwohl dies wegen des damit verbundenen Aufwandes an Zeit und Mühe zwangsläufig zu Lasten des Klägers und der Familie habe gehen müssen. Damit habe sie ihrerseits gegen die Pflicht zur partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft verstoßen, zumal sie ihre arbeitsbedingte Abwesenheit vom Haushalt keineswegs auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt habe, sondern oft erst nach Mitternacht, mitunter sogar erst in den frühen Morgenstunden nach Hause gekommen sei, ohne den Kläger über ihren Verbleib zu informieren. Hiedurch habe die Beklagte das Eheleben stark belastet. Daß der Kläger in dieser Zeit selbst schwere Eheverfehlungen begangen habe, könne das ehewidrige Verhalten der Beklagten nicht rechtfertigen. Als bloße Raktion könne ihr Verhalten nicht beurteilt werden. Auch die Voraussetzungen des § 49 zweiter Satz EheG lägen nicht vor. Eine weitere schwere Eheverfehlung falle der Beklagten dadurch zur Last, daß sie wegen der Weigerung des Klägers, ihr mehr Wirtschaftsgeld zu geben, aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen sei. Damit habe die Beklagte die endgültige Entzweiung der Ehegatten im Sinne einer unheilbaren Zerrüttung der Ehe herbeigeführt. Eheverfehlungen habe die Beklagte auch dadurch begangen, daß sie insbesondere seit Oktober 1986 häufig in der Nacht weggeblieben und nicht selten erst in den frühen Morgenstunden nach Hause gekommen sei. Sie habe in dieser Zeit nachts mit anderen Männern Lokale aufgesucht und sogar Zärtlichkeiten und Küsse ausgetauscht. Die Ehegatten seien aber nicht nur zur ehelichen Treue, sondern auch dazu verpflichtet, alles zu unterlassen, was geeignet sei, den objektiv begründeten Anschein ehewidriger Beziehungen zu erwecken. Gewiß sei die Ehe zu dieser Zeit bereits zerrüttet, das Verhalten der Beklagten aber geeignet gewesen, zur Vertiefung der Zerrüttung beizutragen, sodaß auch dieses ehewidrige Verhalten beachtlich sei. Der Ausspruch überwiegenden Verschuldens sei nur zulässig, wenn die Schuld des einen Ehegatten erheblich schwerer wiege als die des anderen. Das könne im vorliegenden Fall aber für beide Streitteile nicht gesagt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist teilweise berechtigt. Das Rechtsmittel strebt die Änderung des Verschuldensausspruches dahin an, daß die Ehe aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden werde (was allerdings zur Folge hätte, daß sein Scheidungsbegehren abzuweisen wäre), hilfsweise beantragt die Beklagte hingegen den Ausspruch, daß das Verschulden des Klägers überwiege. Der Hauptantrag in der Revision erweist sich nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen schon deshalb als verfehlt, als die Beklagte aus dem Schlafzimmer auszog und fortan zunächst im Kinderzimmer und später gar im Keller nächtigte. Aber auch das ehewidrige Verhalten der Beklagten seit dem Jahre 1985 kann nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, weil die Pflicht zur ehelichen Treue und zur anständigen Begegnung auch noch während des Scheidungsverfahrens zu beachten sind.
Das Schwergewicht der Ausführungen in der Revision liegt denn auch auf dem Hilfsantrag, mit dem die Beklagte den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers begehrt.
Überwiegendes Verschulden ist nur dann anzunehmen, wenn der graduelle Unterschied des beiderseitigen Verschuldens offenkundig ist (EFSlg. 51.659, 51.660 und 51.661; Schwind in Klang2, I/1, 837), wenn also das Verschulden eines Teiles erheblich schwerer wiegt als das des anderen (EFSlg. 51.658 uva). Für einen solchen Verschuldensausspruch ist es - unter anderem - maßgeblich, wessen Verfehlung Anstoß für alle weiteren Verfehlungen war. Zu beachten ist ferner, auf wessen Verhalten es zurückzuführen ist, daß die Zerrüttung unheilbar wurde (EFSlg. 51.647 uva). Demnach kann es nicht nur auf die Schwere der einzelnen Eheverfehlungen an sich ankommen. Die Prüfung der Frage, ob die Schuld des einen oder des anderen Teiles überwiegt, ist vielmehr vor allem auch darauf zu erstrecken, in welchem Umfang die beiderseitigen Verfehlungen zur Einleitung und schließlich zum Eintritt der Zerrüttung der Ehe beigetragen haben (EFSlg. 51.645 uva). Dabei ist auch der Zusammenhang zwischen den beiderseitigen Eheverfehlungen, insbesondere die gegenseitige Bedingtheit, in die Verschuldensabwägungen miteinzubeziehen (EFSlg. 51.644 uva). Eheverfehlungen, und zwar auch ehewidrige Beziehungen eines Teiles, spielen allerdings bei der Abwägung des beiderseitigen Verschuldens keine entscheidende Rolle mehr, wenn sie erst nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurden (EFSlg. 51.653 und 51.654 uva).
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Zerrüttung der Ehe ausschließlich vom Kläger eingeleitet wurde. Er hat die Beklagte viele Jahre hindurch äußerst kurz gehalten, ihr nicht einmal ein Taschengeld zur Verfügung gestellt und sie selbst bei Einkäufen für ihren persönlichen Bedarf bevormundet. Er hat ihr auch den Erwerb des Führerscheins verwehrt. Während er sich verhältnismäßig aufwendige Hobbys leistete, die zudem viel Platz in Haus und Garten erforderten, stellte er der Beklagten trotz ausreichenden Einkommens außer der Familienbeihilfe ein Wirtschaftsgeld von monatlich bloß S 3.000,-- zur Verfügung, mit dem die Beklagte, was nur zu verständlich erscheint, kaum das Auslangen finden konnte. Trotz dieser Widrigkeiten erwies die Beklagte sich in all diesen Jahren als tüchtige Hausfrau, die sich stets um ihre Kinder kümmerte und den Haushalt von zusätzlichen Kosten entlastete, indem sie selbst nähte und strickte. Da alle Versuche der Beklagten, größere Beträge zur Verfügung gestellt zu erhalten, scheiterten, mußte sie den Kläger bei Gericht auf angemessenen Unterhalt in Anspruch nehmen. In jenem Verfahren wurde der Kläger auch tatsächlich zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 4.000,-- an die Beklagte verurteilt. Vor allem die unzureichende Alimentierung der Beklagten (und im übrigen auch der Kinder) ist ihm
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was das Berufungsgericht nicht deutlich genug herausgestrichen hat
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als besonders schwere Eheverfehlung anzulasten. Der Kläger hat die Beklagte - trotz ihrer beachtenswerten Leistungen für die Familie und den Haushalt - aber auch durch nicht zu rechtfertigende Äußerungen gedemütigt.
Erst ab 1982 - also etwa 20 Jahre nach der Eheschließung - regte sich in der Beklagten Widerstand. Sie wollte ab nun das Verhalten des Klägers nicht mehr hinnehmen und entschloß sich, entgegen dem Willen des Klägers ein Dance Studio zu eröffnen, um sich zu verselbständigen und nicht zuletzt um sich ein eigenes Einkommen zu verschaffen. Bis dahin konnte der Kläger der Beklagten - abgesehen von einem Fehltritt, den er ihr jedoch verziehen hat - nichts vorwerfen. Wie weit es mit den Eheleuten bis zu diesem Entschluß der Beklagten gekommen ist, beweist nicht zuletzt die Tatsache, daß die sexuellen Beziehungen zwischen ihnen für sie "kein Thema" mehr waren (ON 38, S 15 = AS 267). Daß die Beklagte nach einer der zahllosen Auseinandersetzungen über das Wirtschaftsgeld, in deren Verlauf sie der Kläger - wie schon erwähnt - auch laufend demütigte, schließlich aus dem gemeinsamen Schlafzimmer auszog und fortan im Kinderzimmer bzw. im Keller schlief, war - wie die Revision zutreffend hervorhebt - lediglich der Schlußpunkt eines ganz überwiegend vom Kläger verschuldeten Zerrüttungsgeschehens. Maßen die Leute, die sich wegen des zermürbenden, mit den Grundsätzen einer partnerschaftlichen Ehe schwerlich in Einklang zu bringenden Verhaltens des Klägers bereits vollkommen auseinandergelebt hatten, selbst dem ehelichen Verkehr keine Bedeutung mehr bei, so kann ihnen wohl auch am gemeinsamen Schlafzimmer kaum mehr etwas gelegen gewesen sein. Nichts anderes ist den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Streitteile, vom Auszug der Beklagten aus dem gemeinsamen Schlafzimmer an sei die Ehe "praktisch" gescheitert, zu entnehmen.
Dagegen kann der Kläger der Beklagten - sieht man von deren kurzfristigen Verhältnis mit einem anderen Mann ab, das ihr der Kläger jedoch verziehen und das er auch gar nicht als Eheverfehlung geltend gemacht hat - als eheliches Fehlverhalten - wenn überhaupt - nur die Einrichtung ihres Dance Studios, die deshalb erforderlichen Investitionen und die mit dem Betrieb zwangsläufig verbundene weitgehende Abwesenheit von Familie und Haushalt vorwerfen. Diese einem gedeihlichen ehelichen Zusammenleben zugegebenermaßen wenig förderliche Tätigkeit der Beklagten ist aber im engen Zusammenhang mit ihrer Bevormundung durch den Kläger und dessen laufenden Verstößen gegen die Alimentationspflicht zu verstehen, sodaß sie gegenüber den langjährigen schweren Eheverfehlungen des Klägers geradezu in den Hintergrund tritt.
Dessen Verfehlungen haben letzten Endes, wenngleich zunächst nur allmählich und kaum merkbar, die eheliche Gesinnung der Beklagten zerstört.
Es kann deshalb nicht zweifelhaft sein, daß das schuldhafte Fehlverhalten des Klägers die Zerrüttung nicht bloß eingeleitet, sondern auch den ausschlaggebenden Beitrag zur Zerstörung der beiderseitigen ehelichen Gesinnung geleistet hat.
An diesem Ergebnis kann auch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - das an sich ehewidrige Verhalten der Beklagten nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung nichts mehr ändern. Nach ständiger Rechtsprechung spielen nämlich Eheverfehlungen, die erst nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurden, bei der Verschuldensabwägung keine entscheidende Rolle mehr, was selbst für den - bei der Beklagten allerdings nicht festgestellten - Ehebruch gilt (EFSlg. 48.830 uva). Zutreffend weist die Beklagte in der Revision darauf hin, daß die bereits unheilbar gewordene Zerrüttung nicht mehr weiter vertieft werden konnte.
In teilweiser Stattgebung der Revision war das erstinstanzliche Urteil im Verschuldensausspruch wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 43 Abs 1 und Im Berufungsverfahren sind beide Teile nach den Ergebnissen des Revisionsverfahrens nicht durchgedrungen, sodaß die Kosten dieses Verfahrensabschnittes gegeneinander aufzuheben waren. Im Revisionsverfahren ist die Beklagte hingegen mit drei Viertel als obsiegend anzusehen, sodaß ihr der Kläger die halben Kosten dieses Verfahrensabschnittes zu ersetzen hat. Hinsichtlich der Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren sind der Beklagten gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO allerdings drei Viertel zu ersetzen. Der vom Kläger gestellte Antrag, das Revisionsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der von ihm - allerdings nicht aktenkundig gemachten - zu 6 Cg 319/88 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Wiederaufnahmsklage zu unterbrechen, war zurückzuweisen, weil zur Entscheidung über einen solchen Antrag ausschließlich und endgültig das Gericht zuständig ist, das über die Wiederaufnahmsklage zu verhandeln hat (EvBl. 1972/301 ua).
Anmerkung
E15997European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00712.88.1215.000Dokumentnummer
JJT_19881215_OGH0002_0060OB00712_8800000_000