TE OGH 1988/12/20 2Ob69/88

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Veröffentlicht am 20.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ANGLO-E*** Versicherungs-AG, 1015 Wien, Kärntner Ring 12, vertreten durch Dr. Christian Prem und Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Alfred K***, Pensionist, 1030 Wien, Erdbergstraße 26/1/8, vertreten durch Dr. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 464.870,89 s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Februar 1988, GZ 17 R 306/87-30, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 31. August 1987, GZ 29 Cg 747/85-26, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere

Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Am 25. Dezember 1980 ereignete sich auf der Westautobahn bei Amstetten in Richtung Salzburg ein Verkehrsunfall, an dem eine Vielzahl von Fahrzeugen beteiligt war. Der Beklagte lenkte zu diesem Zeitpunkt den PKW Ford Taunus, KZ Nr. W 5.262, seine Gattin Emma war Mitfahrerin im Fahrzeug.

Die Klägerin war zum Unfallszeitpunkt Haftpflichtversicherer des von Manfred R*** gelenkten PKW's Fiat 132, KZ Nr. N 474.030; welcher hinter dem Beklagten fuhr. Sie erbrachte in ihrer Eigenschaft als Haftpflichtversicherer an die Ehegattin des Beklagten Leistungen von insgesamt S 464.870,89 und begehrt nunmehr den Ersatz derselben vom Beklagten mit dem Vorbringen, diesen treffe am Unfall das Alleinverschulden, da er infolge Unaufmerksamkeit und zu hoher Geschwindigkeit mit etwa 50 km/h auf das von Roland S*** gelenkte Fahrzeug aufgefahren sei, so daß der Versicherungsnehmer der Klägerin infolge der Bremswegverkürzung den Unfall nicht habe vermeiden können.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und führte aus, das Alleinverschulden treffe den Versicherungsnehmer der Klägerin, der auf das bereits kollisionsfrei zum Stillstand gebrachte Fahrzeug des Beklagten aufgefahren sei. Darüber hinaus habe die Klägerin auf einen Regreß verzichtet. Sie habe ausdrücklich erklärt, nur dann Regreß zu nehmen, wenn sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung des Beklagten ergeben sollte. Der Beklagte sei jedoch im Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Amstetten rechtskräftig freigesprochen worden. Darüber hinaus wendete der Beklagte Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es von folgenden für das Revisionsverfahren noch wesentlichen Feststellungen ausging, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Über den Massenverkehrsunfall wurde ein sehr umfangreicher Strafakt angelegt, den die Klägerin sowohl zu Beginn der Verhandlungen mit dem Ehepaar K*** als auch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen (mit dem Beklagten am 18. Februar 1982, mit seiner Ehefrau am 18. Juni 1982) nur in Fragmenten einsehen konnte, so daß daraus die Verschuldensfrage nicht abschließend beurteilt werden konnte. Die Klägerin hatte jedoch den Eindruck, daß ein Verschulden ihres Versicherungsnehmers nicht ausgeschlossen werden könne, wobei die Quote völlig unbestimmt war. Sie erörterte mit dem Beklagten, daß eine Rückzahlungsvereinbarung für den Fall abgeschlossen werden sollte, daß sich seine Haftung ergebe. In einem Telefonat mit dem Beklagtenvertreter wurde diesem dementsprechend mitgeteilt, man müsse sich eine Rückforderung vorbehalten. Der Beklagtenvertreter ersuchte um einen schriftlichen Vorschlag, der ihm von der Klägerin in Form des Schreibens vom 25. Jänner 1982, Beilage ./C, übermittelt wurde. Darin heißt es unter anderem:

"Zum Grundsätzlichen:

Wir sind bereit, die Liquidierung der Ansprüche Ihrer Mandanten auf Basis Haftung unseres Versicherungsnehmers R*** vorzunehmen, sofern uns eine von Ihren Mandanten unterfertigte Rückzahlungsvereinbarung für den Fall einer im Rahmen des Strafverfahrens festgestellten Mithaftung des Fahrzeuglenkers Alfred K*** zugeht.

Für die Erklärung schlagen wir folgenden Wortlaut vor:

"Die Liquitierung der Ansprüche Alfred und Emma K*** erfolgt auf Basis Haftung Manfred R***. Sollte sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung des Herrn Alfred K*** ergeben, so verpflichten wir uns, der ANGLO-E*** Versicherungs-AG den daraus resultierenden Entschädigungsanteil zu refundieren."

Die Stellungnahme von Emma K*** zu diesem Schreiben war die, daß wenn sie Geld erhalte, sie es sicher haben wolle. Am 18. Februar 1982 kam es in der Kanzlei des Beklagtenvertreters zu einer Besprechnung, an der dieser, der Dienstnehmer der Klägerin L*** sowie der Beklagte und seine Ehefrau teilnahmen. Hinsichtlich des Beklagten kam es bald zu einer Einigung über S 90.000. Das Schwergewicht der Besprechung lag bei den Ansprüchen von Emma K***. Diese erklärte vehement und unmißverständlich, im Falle einer Einigung könne man von ihr nichts zurückverlangen. Die Eheleute leben im gemeinsamen Haushalt, der Beklagte ist berufstätig, seine Frau nicht; sie versorgt den Haushalt. Dies war durch diese Gespräche dem Zeugen L*** bekannt. Die Forderung von Emma K*** belief sich zunächst auf S 500.000. Diese wurde eingehend erörtert, ohne daß eine Einigung erzielt worden wäre. Letztlich wurde mit dem Beklagten die Vereinbarung Beilage ./A geschlossen, die ursprünglich den Text enthielt, daß die Liquidierung der Ansprüche Alfred und Emma K*** auf Basis der Haftung Manfred R*** erfolge. Sollte sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung von Alfred K*** ergeben, so verpflichten wir (also Alfred und Emma K***) uns, der A***-E*** Versicherungs-AG den daraus resultierenden Entschädigungsanteil zu refundieren. Da es zu einer Einigung mit der Frau des Beklagten nicht kam, wurden die Worte "und Emma" gestrichen und die Worte "wir uns" verbessert in "ich mich". Weder bei dieser Besprechung noch in der Folge wurde zwischen der Klägerin und den Eheleuten K*** erörtert, was zu geschehen habe, wenn sich eine Mithaftung des Beklagten nicht im Rahmen des Strafverfahrens, sondern anderswie oder anderswo ergeben sollte. Diese Frage wurde ebensowenig erörtert wie die Frage möglicher Ausgleichsansprüche gegen den Beklagten (wie sie hier geltend gemacht werden). Zu diesem ganzen Komplex gibt es nur das Schreiben Beilage ./C, worüber hinsichtlich der Formulierung, die dann in das Beiblatt zu Beilage ./A übernommen wurde, nicht verhandelt wurde. Wäre bei dieser Besprechung eine Einigung über die Ansprüche von Frau K*** der Höhe nach erzielt worden, hätte es seitens des Zeugen L*** gegen eine Unterfertigung des Beiblattes zu Beilage ./A in der ursprünglichen Fassung durch die Eheleute K*** keinerlei Bedenken gegeben. L*** ist der Meinung, auch dies hätte die Ausgleichsansprüche nicht berührt (wobei aber, wie festgestellt, darüber nicht gesprochen wurde). Die Streichung in der Erklärung Beilage ./A erfolgte durch den Beklagten deshalb, weil erörtert wurde, die Ansprüche seiner Frau seien ein "vollkommen anderer Bereich". Hätte man sich bei dieser Besprechung hinsichtlich der Ansprüche seiner Ehegattin geeinigt, wären dennoch diese bezüglichen Streichungen erfolgt, weil eben diese Ansprüche ein "anderer Bereich" wären. Aus der Sicht des Beklagten war das Ziel der Verhandlung bezüglich seiner Frau, daß beider Ansprüche endgültig bereinigt werden sollten, ohne daß man, sei es von ihr, sei es von ihm, etwas zurückfordern könne. Aus der Sicht des Beklagtenvertreters und von Emma K*** wäre weder am 18. Februar noch je in der Folge ein Vergleich über beider Ansprüche zustande gekommen, wenn die Möglichkeit einer Rückforderung (sei es von ihr, sei es vom Beklagten) offen geblieben wäre, auch nicht bei einer "interessanten Höhe". In weiterer Folge, also nach dem 18. Februar, ging es bei den Besprechungen nur mehr um die Höhe der Ansprüche von Emma K***. Es kam im Juni 1982 zu einer Besprechung, an der neben dem Beklagtenvertreter und dem Ehepaar K*** auch die Dienstnehmer der Klägerin L*** und dessen damalige Vorgesetzte Erika S*** teilnahmen. Gegenstand dieser Besprechung war nur mehr die Höhe der Ansprüche von Emma K***, wobei letztlich eine Einigung über S 450.000 erzielt wurde. Die Frage, ob und von wem dieser Betrag unter welchen Umständen rückgefordert werden könnte, kam dabei überhaupt nicht zur Sprache. Für Erika S*** hätte keinerlei Grund bestanden, auf Ausgleichsansprüche (wie hier geltend gemacht) zu verzichten, wäre diese Frage zur Sprache gekommen. Andererseits wäre in einem solchen Fall ein Vergleich nicht zustande gekommen. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß zwischen der Klägerin und dem Beklagten zumindest stillschweigend eine Vereinbarung dahin zustande gekommen sei, daß sie auf die Rückforderung verzichte, insbesonders da wirtschaftlich gesehen kein wesentlicher Unterschied darin bestehe, ob die Klägerin den geleisteten Betrag vom Beklagten oder von dessen Ehegattin zurückverlange. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, bei der vorliegenden Konstellation auf die Möglichkeit einer Rückforderung (Ausgleichsansprüche) ausdrücklich hinzuweisen.

Infolge Berufung der Klägerin hob das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, gelangte aber zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Die Klägerin habe als Haftpflichtversicherer des nachkommenden Fahrzeuges einerseits die Ansprüche des Beklagten als Lenker und Halter liquidiert, andererseits die von Emma K*** als Insassin. Bei der Liquidierung der letztgenannten Ansprüche habe sie den Bestimmungen der §§ 8 EKHG und 1302 ABGB Rechnung getragen. Sie habe durch diese Zahlungen Ausgleichsansprüche, insbesonders im Sinne des § 11 EKHG, erworben. Nach ständiger Rechtsprechung handle es sich bei diesen Ansprüchen nicht um Schadenersatzforderungen, sondern um Aufwandersatzansprüche ähnlich der Bestimmung des § 1042 ABGB, so daß deren Geltendmachung der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliege. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei daher nicht berechtigt. Die an den Beklagten geleisteten Zahlungen, vereinbart am 18. Februar 1982, Beilage ./A, seien nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Diese Vereinbarung sei nur insofern von Bedeutung, als sie auch Emma K*** umfassen sollte. Nach der ursprünglichen Formulierung sollte sich auch Emma K*** zur Rückzahlung verpflichten, falls sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung des Beklagten ergeben sollte. Daraus und aus dem Schreiben vom 25. Jänner 1982, Beilage ./C, das sich auf beide Eheleute bezog, sei nämlich dem Beklagten und seinem Rechtsvertreter bekannt gewesen, daß die Klägerin nur unter der Voraussetzung zu liquidieren bereit sei, daß sich die Empfänger der Leistung zur Rückzahlung verpflichten, falls sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung des Beklagten ergeben sollte. Dies werde auch durch die Feststellung des Erstgerichtes untermauert, wonach die Klägerin während der gesamten Verhandlungen und auch noch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen den Strafakt nur so bruchstückweise einsehen konnte, daß eine abschließende Beurteilung des Verschuldens nicht möglich gewesen sei. In der Folge seien die Ansprüche von Emma K*** erörtert worden, wobei die Frage von Ausgleichsansprüchen gegen den Beklagten nicht weiter zur Sprache gekommen sei, auch nicht aus Anlaß der Unterfertigung der Vereinbarung vom 18. Juni 1982, Beilage ./B. Hiebei sei insbesonders hervorzuheben, daß Emma K*** der Klägerin gegenüber als Insassin des Fahrzeuges aufgetreten sei, so daß ihr gegenüber weder ein Rückforderungs- noch ein Ausgleichsanspruch entstehen konnte, wenn sich in der Folge ein Mitverschulden des Lenkers, ergeben sollte. Schon aus diesem rechtlichen Grunde sei es weder notwendig noch möglich gewesen, einen allfälligen Rückforderungstatbestand in die mit Emma K*** gesondert getroffene Abfindungsvereinbarung aufzunehmen. Es liege daher keine Erklärung der Klägerin, insbesonders keine schriftliche, darüber vor, daß sie auf die Geltendmachung eines Ausgleichsanspruches gegenüber dem Beklagten als Lenker des Fahrzeuges verzichten werde. Die Ausführungen des Beklagten gingen dahin, daß damals beiden Vertragspartnern die Bestimmung des Art.,IV Abs 1 lit c AKHB bekannt war, wonach Ersatzansprüche, die aus der Verletzung oder Tötung von Angehörigen des ersatzpflichtigen Versicherungsnehmers entstehen, ausgeschlossen seien, wenn diese dem Verletzten zur Zeit des Schadensereignisses kraft Gesetzes unterhaltspflichtig waren und Unterhalt gewährten. (Diese Bestimmung sei vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehoben worden, die Aufhebung sei mit Ablauf des 20. Oktober 1982 in Kraft getreten.) Der Klägerin habe daher bekannt sein müssen, daß ein Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten wirtschaftlich in praktisch gleicher Weise seine Ehegattin treffen werde. Sie habe einerseits durch die Abfindungserklärung Beilage ./B den Eindruck erweckt, die Ansprüche von Emma K*** seien abschließend geregelt, sich aber andererseits vorbehalten, durch Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegen den Beklagten, der diesbezüglich keinen Schutz seines Haftpflichtversicherers genoß, in vollem Umfang der Abfindungsleistung in die Vermögensverhältnisse von Emma K*** einzugreifen.

Dem sei entgegenzuhalten, daß auch der Beklagte anwaltlich vertreten und daher über seine versicherungsrechtliche Stellung sowie die Möglichkeit der Klägerin informiert gewesen sei. Darüber hinaus sei er nicht nur durch das Schreiben vom 25. Jänner 1982, sondern auch durch die zunächst auf beide Ehegatten abgestimmte Rückzahlungsverpflichtung in Beilage ./A auf die Möglichkeit und die Absicht der Klägerin, allenfalls Ausgleichsansprüche geltend zu machen, hingewiesen worden. Außerdem könne aus dem bloßen Stillschweigen der Klägerin über allfällige weitere rechtliche Möglichkeiten nicht darauf geschlossen werden, daß sie auf die Realisierung ihrer Ansprüche verzichten werde. Da sich die schriftliche Formulierung der Rückzahlungsverpflichtung in Beilage ./A nur auf die dem Beklagten geleisteten S 90.000 beziehe, welche nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites seien, erübrige es sich auch, darauf einzugehen, wie die Worte "im Rahmen des Strafverfahrens" zu verstehen seien, nämlich ob damit eine strafrechtliche Verurteilung gemeint war (Formulierung im Schreiben vom 25. Jänner 1982 "im Rahmen des Strafverfahrens festgestellte Mithaftung") oder lediglich die Beweisergebnisse im Strafverfahren nach der Möglichkeit, dieselben vollständig einzusehen. Der Beklagte könne daher dem Anspruch der Klägerin weder einen Verzicht noch die Einrede der Verjährung entgegenhalten, so daß das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren das behauptete Verschulden des Beklagten zu prüfen haben werde.

Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs des Beklagten aus dem den Rechtsmittelausführungen zu entnehmenden Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes. Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte führt aus, mit ihm sei von der Klägerin ein Generalvergleich abgeschlossen worden. Das Wesen des Generalvergleichs liege aber darin, daß sämtliche wie immer Namen habende wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen sind. Einen Vorbehalt hätte die Klägerin wohl im Hinblick auf den Charakter des Vergleichs als Generalvergleich sehr wohl machen müssen. Wären dem Beklagten oder Emma K*** im Zuge der Verhandlungen jemals ein Vorbehalt gemacht worden, der die Klägerin zur Führung der vorliegenden Klage berechtigte, wäre es niemals zu einem Vergleichsabschluß gekommen, da die Absicht der Eheleute K*** dahin gegangen sei, sich mit einem Vergleich endgültig von einer Auseinandersetzung mit der Versicherung zu lösen. Immerhin habe ja auch Emma K*** auf zukünftige Ansprüche verzichtet. Die Klägerin habe in keiner Weise zu erkennen gegeben, daß sie trotz des Generalvergleichs mit dem Beklagten sich Rückforderungsansprüche, Ausgleichsansprüche oder Ansprüche aus welchem Titel immer, vorbehalte, die über die schriftlich fixierten Rückgriffsrechte hinausgehen. Wenn es Absicht und Bestreben der Klägerin gewesen wäre, sich durch Beilage ./A auch den Ausgleichsanspruch vorzubehalten, wenn sich außerhalb des Strafverfahrens das Verschulden des Beklagten ergäbe, dann wäre sie wohl verpflichtet gewesen, einen solchen Vorbehalt in Beilage ./A aufzunehmen. Die Bereinigungswirkung des Vergleichs, der anläßlich der Liquidierung der Schadenersatzansprüche des Beklagten zustande gekommen sei, beziehe sich im Zweifel auf alle diesem Rechtsverhältnis entsprechenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen und umfasse auch solche Ansprüche, an die die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht hatten, an die sie aber denken konnten.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu. Auszugehen ist davon, daß die Klägerin den Klagsanspruch darauf gestützt hat, daß sie in ihrer Eigenschaft als Haftpflichtversicherer an die Ehefrau des Beklagten Leistungen von insgesamt S 464.870,89 ehemals erbracht habe und den Ersatz dieser Aufwendungen vom Beklagten fordere, da diesen an dem Unfall das Alleinverschulden treffe, weil er infolge Unaufmerksamkeit und zu hoher Geschwindigkeit mit etwa 50 km/h auf das von Roland S*** gelenkte Fahrzeug aufgefahren sei, so daß der Versicherungsnehmer der Klägerin infolge der Bremsverkürzung den Unfall nicht hätte vermeiden können. Nach dem Klagsvorbringen ist somit Grundlage des Klagsanspruches keineswegs etwa nur die vom Beklagten in Beilage ./A gegenüber der Klägerin abgegebene Verpflichtungserklärung zur Rückzahlung für den Fall, daß sich im Rahmen des Strafverfahrens eine Mithaftung des Beklagten ergeben sollte, sondern, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, ein aus § 1302 ABGB und den §§ 8 und 11 EKHG abzuleitender Ausgleichsanspruch.

Dieser Ausgleichsanspruch entsteht nicht schon durch die widerrechtliche Schadenszufügung, sondern erst dann und nur soweit, als der Geschädigte von seinem Recht, von jedem der Solidarschuldner den Ersatz des ganzen Schadens zu verlangen, über den einen dieser Mitschuldner treffenden Anteil hinaus Gebrauch gemacht und dieser Mitschuldner tatsächlich über diesen im Innenverhältnis von ihm zu tragenden Anteil hinaus Ersatz geleistet hat. Erst nach Leistung von Schadenersatz durch einen Gesamtschuldner kommt daher die Regelung des § 11 Abs 1 EKHG über den internen Ausgleich zur Anwendung, wobei für das Ausmaß des Regreßanspruchs die in dieser Gesetzesstelle aufgestellten Kriterien maßgebend sind (vgl. ZVR 1982/142 ua). Streitentscheidend ist somit, da ein ausdrücklicher Verzicht nach den Feststellungen nicht vorliegt, ob das Verhalten der Klägerin als schlüssiger Verzicht auf diesen oben genannten Ausgleichsanspruch zu beurteilen ist. Ein Verzicht kann zwar auch schlüssig erklärt werden. Ob ein solcher schlüssiger Verzicht vorliegt, ist aber mit besonderer Vorsicht zu beurteilen und nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände auf einen ernstlichen Vertragswillen in diese Richtung hinweisen (vgl. SZ 54/83 uva). Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes wurde anläßlich der Erörterung der Ansprüche von Emma K*** die Frage allfälliger Ausgleichsansprüche der Klägerin nicht berührt, und zwar auch nicht anläßlich der Unterfertigung der Vereinbarung Beilage ./B über die Abfindung der Ansprüche der Genannten. Zutreffend hat das Berufungsgericht hervorgehoben, daß Emma K*** der Klägerin gegenüber als Insassin des Fahrzeuges aufgetreten sei, so daß ihr gegenüber weder ein Rückforderungs- noch ein Ausgleichsanspruch entstehen konnte, wenn sich in der Folge ein Mitverschulden des Lenkers, des Fahrzeuges, in dem sie fuhr, nämlich ihres Ehegatten, ergeben sollte. Schon aus diesem Grunde kann in der Nichtaufnahme einer Rückzahlungsverpflichtung in die Beilage ./B bzw. in der Unterlassung eines Hinweises auf die in der Vereinbarung Beilage ./A enthaltene Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten kein Indiz für einen schlüssigen Verzicht der Klägerin auf ihr nach § 1302 ABGB bzw. die §§ 8 und 11 EKHG zustehende Ausgleichsansprüche abgeleitet werden, zumal diese Ansprüche, wie schon ausgeführt, jedenfalls nicht ausschließlich auf die vom Beklagten gegenüber der Klägerin abgegebene Rückzahlungsverpflichtung gestützt werden. Auch aus dem Inhalt der Vereinbarung Beilage ./B, mit der die Ansprüche der Emma K*** gegenüber der Klägerin als Haftpflichtversicherer abgefunden wurden, läßt sich kein Hinweis auf einen Verzicht der Klägerin auf allfällige Ausgleichsansprüche nach den oben genannten Gesetzesstellen ableiten.

Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes zur Prüfung des behaupteten Verschuldens des Beklagten aufgehoben, wobei im fortgesetzten Verfahren allerdings auch das Vorliegen der sonstigen im § 11 Abs 1 EKHG normierten Kriterien für die gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten zu prüfen sein wird. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00069.88.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19881220_OGH0002_0020OB00069_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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