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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der R K in L, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 7. September 2004, Zl. RV/0254-L/04, betreffend Haftung für Abgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war Gesellschafterin und seit 9. Juni 1999 alleinige Geschäftsführerin der Cafe E K GmbH. Am 12. November 2001 hat Melanie W die Geschäftsanteile an der GmbH erworben. Seither ist die Beschwerdeführerin nicht mehr Geschäftsführerin der GmbH. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 12. November 2001 wurde die Firma der GmbH auf Cafe E W GmbH geändert.
Mit Bescheid vom 9. Jänner 2003 wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für aushaftende, im Zeitraum vom 15. Juni 2000 bis zum 6. September 2001 fällig gewordene Abgabenschulden der GmbH (nunmehrige Firma: Cafe E W GmbH) im Ausmaß von 11.918,12 EUR herangezogen. In der Bescheidbegründung wurde darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin als ehemalige Geschäftsführerin der GmbH verpflichtet gewesen sei, dafür zu sorgen, dass die Abgabenschulden der Gesellschaft aus deren Mitteln getilgt werden. Da die Beschwerdeführerin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei und die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung dieser Verpflichtung nicht mehr einbringlich seien, sei die Haftung auszusprechen gewesen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, die GmbH sei seinerzeit ausschließlich von dem "mit der Geschäftsabwicklung betrauten Geschäftsführer" geführt worden. Die Beschwerdeführerin sei davon ausgegangen, dass eine ordnungsgemäße Erledigung erfolge, Gegenteiliges habe sich nicht ergeben. Mit Abtretungsvertrag vom 12. November 2001 habe Melanie W die GmbH übernommen. Im Rahmen des Abtretungsvertrages habe es Melanie W übernommen, sämtliche Gesellschafter, somit auch die Beschwerdeführerin, schadlos zu halten und die Verpflichtungen der GmbH abzudecken.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 11. Februar 2004 sei über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet worden. Die GmbH sei mittlerweile aufgelöst. Die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin sei daher unstrittig. Die Beschwerdeführerin sei vom 9. Juni 1999 bis zum 12. November 2001 alleinige Geschäftsführerin der GmbH gewesen. Die Beschwerdeführein habe eingewendet, dass sie zwar rein formell handelsrechtliche Geschäftsführerin gewesen sei, die Abwicklung der Tätigkeit aber durch die tatsächlich mit der Geschäftsführung betrauten Geschäftsführer erfolgt sei. Dieses Vorbringen verhelfe der Berufung nicht zum Erfolg. Ein Geschäftsführer, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter behindert sehe, habe entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen. Mit dem Vorbringen, keinerlei Einfluss auf die operative Tätigkeit der Gesellschaft gehabt zu haben, könne sich die Beschwerdeführerin daher der Verantwortung nicht entziehen. Ihre Untätigkeit gegenüber der GmbH stelle ein schuldhaftes Verhalten dar.
Dem Vorbringen, die nunmehrige Gesellschafterin und Geschäftsführerin Margot W habe sich verpflichtet, sämtliche Steuerschulden der GmbH zu übernehmen, sei entgegen zu halten, dass privatrechtliche Vereinbarungen keinen Einfluss auf das Abgaben- und das Haftungsverfahren hätten.
Die Beschwerdeführerin habe nicht vorgebracht, dass die GmbH seinerzeit nicht über finanzielle Mittel zur Abgabenentrichtung verfügt hätte. Die belangte Behörde gelange daher zur Ansicht, dass die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin auf ein pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten der Beschwerdeführerin zurückzuführen sei.
Im Rahmen der Ermessensübung werde zunächst auf die schuldhafte Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin verwiesen. Die Beschwerdeführerin sei zur Haftung heranzuziehen, weil nur durch die Geltendmachung der Haftung die Einbringlichkeit der Abgaben gegeben sei. Auch wenn das monatliche Einkommen der Beschwerdeführerin derzeit gering sei, sei im Hinblick auf ihr niedriges Alter dennoch mit der Einbringlichkeit zu rechnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Die Beschwerdeführerin wendet zunächst ein, der Haftungsbescheid beziehe sich auf Abgabenschulden der Cafe E W GmbH, welche mit Abtretungsvertrag vom 12. November 2001 "begründet" worden sei. Da die Beschwerdeführerin niemals Geschäftsführerin der Cafe E W GmbH gewesen sei, könne sie nicht für Abgaben dieser Gesellschaft haften.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass die Cafe E W GmbH nicht erst im Jahr 2001 gegründet worden ist. Im Jahr 2001 ist lediglich die Firma der bereits bestehenden Cafe E K GmbH auf Cafe E W GmbH geändert worden (Generalversammlungsbeschluss vom 12. November 2001). Die Identität einer GmbH erfährt aber durch einen Wechsel des Firmenwortlautes keine Änderung.
Mit dem angefochtenen Bescheid ist die Beschwerdeführerin im Instanzenzug lediglich zu solchen Abgaben zur Haftung herangezogen worden, die in jenem Zeitraum fällig geworden sind, in welchem sie Geschäftsführerin der GmbH gewesen ist. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, es sei nicht erkennbar, für welche konkreten Abgabenschulden die Haftung ausgesprochen worden sei und ob diese rechtskräftig festgestellt worden seien, ist darauf zu verweisen, dass die Abgaben im einzelnen in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Seiten 3 und 4) angeführt sind und dass die Geltendmachung der Haftung nicht voraussetzt, dass die Abgaben vorher "rechtskräftig festgestellt" worden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 2001, 98/14/0142).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2005, 2004/14/0030) ist es Aufgabe des Vertreters darzutun, weshalb er den ihm auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit gewesen ist. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel.
Im Hinblick auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt die Beschwerde mit dem Vorbringen, die belangte Behörde hätte von Amts wegen erheben müssen, aufgrund welcher Umstände die aushaftenden Abgabenbeträge "zustande gekommen" seien, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht auf.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, sie sei bei der Cafe E K GmbH nicht mit den "unmittelbaren Abwicklungs- und Abgabenverpflichtungen" befasst gewesen; diese Tätigkeiten hätten weitere Geschäftsführer bzw. Gesellschafter erbracht. Zudem seien steuerliche Agenden auf den Steuerberater übertragen gewesen.
Hiezu sei darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin von Juni 1999 bis November 2001 alleinige Geschäftsführerin der GmbH gewesen ist, ein Fall der Agendenverteilung unter mehreren handelsrechtlichen Geschäftsführern (vgl. hiezu die bei Ritz, BAO-Kommentar3, Tz 23 zitierte hg Rechtsprechung) sohin nicht vorliegt. Die Betrauung Dritter, insbesondere auch eines Steuerberaters, mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten befreit den Geschäftsführer aber nicht davon, den Dritten zumindest in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass dem Geschäftsführer Steuerrückstände verborgen bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2003, 2001/14/0099). Unterbleibt die Überwachung, liegt eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers vor.
Ob sich Melanie W im November 2001 vertraglich (gegenüber den seinerzeitigen Gesellschaftern der Cafe E K GmbH) verpflichtet hat, die Abgaben der GmbH zu tragen, hat keinen Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Haftungstatbestand des § 9 BAO. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht zu klären, ob der Beschwerdeführerin allenfalls ein zivilrechtlicher Regressanspruch gegenüber Melanie W erwachsen ist.
In der Beschwerde wird schließlich die Ermessensübung der belangten Behörde gerügt und in diesem Zusammenhang auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin verwiesen.
Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte. Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben aufzeigen will, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher Umstand im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht zu berücksichtigen ist.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. 333/2003.
Wien, am 18. Oktober 2005
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004140112.X00Im RIS seit
19.01.2006