TE OGH 1988/12/20 10ObS168/88

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Veröffentlicht am 20.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Prohaska (Arbeitgeber) und Günter Eberhard (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Oleg B***, Pensionist, 1030 Wien, Landstraßer Gürtel 29/8, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1021 Wien, Friedrich

Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung von Versicherungszeiten infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Jänner 1988, GZ 32 Rs 242/87-57, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Mai 1987, GZ 16 Cgs 97/83-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei die Zeit vom 1. Jänner 1939 bis 31. Oktober 1940 als Versicherungsmonate leistungssteigernd zu berücksichtigen, wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 2. März 1983 stellte die beklagte Partei auf Grund des Antrages des Klägers vom 29. September 1982 für diesen zum 1. Dezember 1982 in der österreichischen Pensionsversicherung 460 anrechenbare, für die Leistungsbemessung zählende Versicherungsmonate fest, darunter für die Zeit von November 1934 bis Juni 1936 24 höhere Schule 18 Monate Pauschalabgeltung (§ 229 Abs. 3 ASVG) und für die Zeit von Jänner 1943 bis Februar 1945 26 Monate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten.

Unter Bezugnahme auf eine Vorsprache des Versicherten vom 16. März 1983 teilte ihm die beklagte Partei mit Schreiben vom 7. April 1983 mit, daß auf Grund eines Erlasses des Präsidiums des "höheren" Sowjets vom 28. Oktober 1940 eine Rentenversicherung erst ab 10. November 1940 möglich gewesen sei, die Zeit vom 10. November 1940 bis 13. März 1941 als Beitragszeit nach dem ARÜG festgestellt werde, eine Vormerkung der Zeit vom 1. Jänner 1939 bis 9. November 1940 aber nicht möglich sei.

In der gegen den Bescheid vom 2. März 1983 rechtzeitig erhobenen Klage behauptete der Kläger, er habe bei der beklagten Partei seinerzeit die Vormerkung seiner in Riga vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 erworbenen Dienstzeit beantragt, weil er als Vertragsangestellter der Staatstypographie ab seiner Einstellung am 1. November 1937 Beiträge zum Pensionsfonds geleistet habe. Er sei volksdeutscher Umsiedler aus Lettland. Er begehrte daher, auch die Zeit vom 1. Jänner 1939 bis 9. November 1940 als Beitragszeit für seine Pensionsversicherung anzuerkennen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete ein, mit ihrem Bescheid vom 3. Juni 1983 auf Grund des Antrages des Klägers vom 29. September 1982 für die Zeit von November 1934 bis März 1983 469 anrechenbare Versicherungsmonate festgestellt zu haben. Die Zeit vom 1. Jänner 1939 bis 9. November 1940, in der der Kläger Beamter (Rechnungsführer) in der Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets in Riga gewesen sei, sei nicht festgestellt worden. Der Kläger sei vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Staatstypographie Lettlands und später zur Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets der Lettischen SSR gestanden. Für die Zeit vor dem 10. November 1940 sei im Baltikum weder eine Nachversicherung noch eine Feststellung von ARÜG-Beitragszeiten möglich, weil keine gleichwertigen Versorgungs- bzw. Pensionssysteme gegolten hätten.

Während des Verfahrens teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit, daß sie auf Grund einer vom Kläger vorgelegten Bestätigung der Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets der Lettischen SSR vom 14. März 1941, wonach der Kläger in dieser Druckerei (früher Staatstypographie) vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 als Rechnungsführer gearbeitet hat, für die Zeit vom 1. November 1937 bis 9. November 1940 eine glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit und ab 10. November 1940 bis 13. März 1941 eine glaubhaft gemachte Beitragszeit nach dem Fremdrentengesetz anerkannt habe.

Die beklagte Partei wendete unter Berufung auf die Dienstanweisung 22/53 der Landesversicherungsanstalt Oberfranken-Mittelfranken vom 7. Juni 1953 und die Amtlichen Nachrichten für Reichsversicherung II S 358 noch ein, die Versicherungspflicht nach der deutschen Besetzung habe für Arbeiter und Angestellte mit 1. Juli 1943 begonnen.

Am 5. November 1985 bescheinigte das Staatliche Historische Zentralarchiv der Lettischen SSR in Riga, in seinen Unterlagenscheine auf, daß der Kläger vom 1. November 1937 bis 30. Juli 1938 als Hilfsangestellter in der Staatsdruckerei beschäftigt gewesen sei und als Mitarbeiter eines Staatsunternehmens mit festgesetztem Monatslohn Beiträge an den Pensionsfonds des Ministeriums für Volkswohlfahrt in der Höhe von 6 % des erhaltenen Lohnes entrichtet habe.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab. Es nahm als außer Streit gestellt an, daß der Kläger vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Staatstypographie Lettlands und später zur Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets der Lettischen SSR gestanden sei und stellte fest, daß der Kläger vom 1. November 1937 bis 30. Juli 1938 als Hilfsangestellter in der Staatsdruckerei beschäftigt war und als Mitarbeiter eines Staatsunternehmens mit festgesetztem Monatslohn Beiträge an den Pensionsfonds des Ministeriums für Volkswohlfahrt von 6 % des erhaltenen Lohnes entrichtete. Die österreichische Botschaft habe mit Schreiben vom 13. Jänner 1986 mitgeteilt, daß sich laut Auskunft der zuständigen sowjetischen Stelle im erwähnten Archiv kein Nachweis einer Beschäftigung des Klägers bei der Staatsdruckerei der Lettischen SSR in der Zeit vom 31. Juli 1938 bis Juli 1940 und bei der Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets der Lettischen SSR von August 1940 bis März 1941 gefunden habe.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht damals aus, das einer gesetzlichen Rentenversicherung entsprechende Versicherungssystem sei erst durch Erlaß des Präsidiums des "Höheren" Sowjets vom 28. November 1940 ab 10. November 1940 eingeführt worden. Die durch Gesetz vom 31. Juli 1931 (in Lettland) eingeführte Pensionsversicherung, auf Grund der der Kläger Beiträge an den Pensionsfonds des Ministeriums für Volkswohlfahrt entrichtet habe, könne nicht als gesetzliche Rentenversicherung iS des ARÜG angesehen werden, weil es sich dabei um ein System zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehandelt habe. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen ersten Berufung des Klägers statt, hob das damalige erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Prozeßentscheidend sei, welchem Absatz des § 6 ARÜG die vom Kläger in dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit zu unterstellen sei. Unter Absatz 1 fielen nur Zeiten im Rahmen einer bestehenden Sozialversicherung in Lettland, nicht aber Beiträge öffentlich Bediensteter an einen besonderen Pensions- und Versorgungsfonds. Nach Abs. 2 seien nicht als Versicherungszeiten geltende Zeiten einer Beschäftigung vor dem 27. November 1961 bei der Feststellung der Pension in der österreichischen Pensionsversicherung nach den jeweiligen österreichischen Vorschriften in gleicher Weise wie in Österreich zurückgelegte Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, für die nach den jeweils in Geltung gestandenen Vorschriften keine Pensionsversicherung bestanden habe. Beschäftigungszeiten, für die Versicherungspflicht in der ausländischen Rentenversicherung nur deshalb nicht bestanden habe, weil durch eine dienstrechtliche Versorgungseinrichtung für die Versicherungsfälle der Invalidität (Berufsunfähigkeit), des Alters und des Todes vergesorgt gewesen sei, würden nach Abs. 3 bei der Feststellung der Rentenansprüche in der österreichischen Pensionsversicherung der Angestellten als Beitragszeiten gelten. Ob die vom Kläger im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zurückgelegten Beschäftigungszeiten als solche nach § 6 Abs. 2 oder Abs. 3 ARÜG zu beurteilen seien, könne mangels ausreichender Feststellungen über das damals geltende Versicherungssystem Lettlands nicht abschließend beurteilt werden. Habe es in Lettland keine Versicherungspflicht für eine Beschäftigung gleicher Art in der Privatwirtschaft gegeben, so sei die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit nach § 6 Abs. 2 ARÜG als Ersatzzeit zu berücksichtigen und bei der Bemessung der Leistung nach § 229 Abs. 3 ASVG einzubeziehen. Damit würde aber eine Nachversicherung nach § 531 Abs. 1 ASVG ausscheiden, weil diese nur zum Tragen komme, wenn die fragliche versicherungsfreie Zeit nicht ohnedies als Ersatzzeit zu berücksichtigen sei. Darum werde der Kläger auch zu einer Präzisierung seines Begehrens auf Feststellung der strittigen Zeit ausschließlich als Beitragszeit oder nur als Versicherungszeit schlechthin anzuleiten sein.

Im fortgesetzten Verfahren modifizierte der Kläger sein Begehren dahin, daß die beklagte Partei schuldig sei, ihm die Zeit vom 1. Jänner 1939 bis 31. Oktober 1940 als Versicherungsmonate leistungssteigernd zu berücksichtigen.

Nunmehr wurde außer Streit gestellt, daß der Kläger vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 als Rechnungsführer in der Druckerei des Präsidenten des Obersten Sowjets der Lettischen SSR arbeitete.

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem modifizierten

Klagebegehren statt.

Es stellte im wesentlichen fest:

Nach den Pensionsgesetzen für Lettland vom 31. Juli 1931 hatten Anspruch auf Zahlungen aus dem staatlichen Pensionsfonds nur die im Staats- und Kommunaldienst und bei staatlichen autonomen Unternehmen beschäftigten Personen. Ferner waren freiberufliche Wissenschafter, Schriftsteller, Künstler und die besoldeten Beschäftigten der Land-, Vieh- und Milchwirtschaftsorganisationen, Konsumgenossenschaften und Krankenkassen sowie deren Vereinigungen pensionsberechtigt. Sämtliche Personen waren verpflichtet, einen prozentuell vom Gehalt festgesetzten Beitrag an den staatlichen Pensionsfonds zu zahlen, der bei Staatsbeamten von der Anstellungsbehörde vom Monatsgehalt abgezogen und mit einer behördlichen Zuzahlung direkt an den Pensionsfonds abgeführt wurde. Eine staatliche Sozialversicherung für den vom Pensionsgesetz nicht betroffenen Personenkreis und Arbeiter bei privatwirtschaftlichen Betrieben und Unternehmen, an denen der Staat nicht beteiligt war, gab es nicht. Die größeren Unternehmen hatten eigene Pensionskassen, deren Mittel aus Beiträgen der Beschäftigten und betrieblichen Rücklagen aufgebracht wurden. Die Beschäftigten kleinerer Betriebe, Handwerker, Kaufleute und freiberuflich Schaffende waren meist in ihrem berufsgenossenschaftlichen Verband gegen Invalidität und Unfall versichert. So gab es einen eigenen Verband der deutschen Angestellten in Lettland. Der Kläger war vom 1. November 1937 bis 13. März 1941 als Hilfsangestellter in der Staatsdruckerei beschäftigt. Sein Aufgabenbereich lag in der Rechnungsführung der lettischen Staatstypographie und nachmaligen Druckerei des Präsidiums des Obersten Sowjets. Mit auf § 92 der Konstitution der Lettischen SSR fußendem Erlaß des Präsidiums des "höheren" Sowjets der Lettischen SSR vom 28. November 1940 wurde die allgemeine Sozialversicherung für Arbeiter und Angestellte eingeführt. Daraus folgerte das Erstgericht rechtlich, daß für Bedienstete des Staates, zu denen auch der Kläger gehört habe, dienstrechtliche Versorgungseinrichtungen für die Versicherungsfälle der Invalidität, des Alters und des Todes bestanden hätten, und daß es (bis zum im vorigen Absatz erwähnten Erlaß) keine Versicherungspflicht für eine Beschäftigung gleicher Art in der Privatwirtschaft gegeben habe. Daher sei die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit nach § 6 Abs. 2 ARÜG als Ersatzzeit (Versicherungszeit) zu berücksichtigen und bei der Bemessung der Leistung einzubeziehen.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes seiner Entscheidung 30.000 S übersteigt.

Es wiederholte die im Aufhebungsbeschluß vertretene Rechtsansicht, daß die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit nach § 6 Abs. 2 ARÜG als Ersatzzeit zu berücksichtigen und bei der Bemessung der Leistung nach § 229 Abs. 3 ASVG einzubeziehen sei. Nach der erstzitierten Gesetzesstelle seien Zeiten iS des § 1 Abs. 1 Z 1 lit. b ARÜG, soweit im Abs. 3 nichts anderes bestimmt werde, bei der Feststellung der Rente in der österreichischen Pensionsversicherung nach den jeweiligen österreichischen Vorschriften in gleicher Weise zu berücksichtigen wie auf österreichischem Gebiet zurückgelegte Zeiten iS des § 1 Abs. 1 Z 1 lit. b, für die nach den jeweils in Geltung gestandenen österreichischen Vorschriften keine Pensions(Renten)versicherung bestanden habe. Damit seien Versicherte mit ausländischen Versicherungszeiten nicht besser gestellt als solche, die sich nur in Österreich aufgehalten hätten.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die nach § 46 Abs. 4 ASGG (SSV-NF 1/18) ohne die Beschränkungen des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist berechtigt. Das Auslandsrenten-Übernahmegesetz (ARÜG) BGBl. 1961/290 idgF regelt nach seinem § 1 Abs. 1 Z 1 unbeschadet zwischenstaatlicher Vereinbarungen, ob und inwieweit in der österreichischen Pensions(Renten)versicherung zu berücksichtigen sind

a) ... Versicherungszeiten, die vor dem 27. November 1961 in Rentenversicherungen anderer Staaten (§ 1 Abs. 3) nach dem Recht dieser Staaten erworben worden sind,

b) nicht als Versicherungszeiten nach lit. a geltende Zeiten einer Beschäftigung zu berücksichtigen sind, die vor dem 27. November 1961 in Gebieten anderer Staaten (§ 1 Abs. 3, u.a. in solchen Gebieten, die am 31. Dezember 1937 zum Territorium Lettlands gehört haben) zurückgelegt worden sind, und vor diesem Zeitpunkt zurückgelegte sonstige Zeiten.

Die Regelung nach § 1 ARÜG gilt nach § 2 Abs. 1 lit. a leg.cit. für einen Personenkreis, dem der Kläger angehört.

"Versicherungszeiten" iS des § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a ARÜG sind Zeiten, die nach den die Versicherung im fremden Staat regelnden Vorschriften durch Beiträge erworben wurden (MGA ASVG N 4, 41. ErgLfg. 103 FN 2; so auch OLG Wien 11.1.1983 SVSlg. 28.566). Unter "Rentenversicherungen" iS der zit. Gesetzesstelle sind nur Sozialversicherungen zu verstehen (MGA ASVG aaO FN 4). Zu den nicht als "Versicherungszeiten" nach lit. a der zit. Gesetzesstelle geltenden Zeiten einer Beschäftigung zählen auch die nicht rentenversicherten Zeiten einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst (OLG Wien 3.4.1968 SVSlg. 19.533).

Nach den Feststellungen handelt es sich bei den klagegegenständlichen Zeiten schon deshalb nicht um Versicherungszeiten iS des § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a ARÜG, weil nicht festgestellt werden konnte, daß diese Zeiten durch Beiträge erworben wurden.

Diese Zeiten sind daher als Zeiten iS der lit. b der zit. Gesetzesstelle nach § 6 Abs. 2 ARÜG, soweit in dessen Abs. 3 nichts anderes bestimmt wird, bei der Feststellung der Rente in der österreichischen Pensions(Renten)versicherung nach den jeweiligen österreichischen Rechtsvorschriften in der gleichen Weise zu berücksichtigen wie auf österreichischem Gebiet zurückgelegte Zeiten iS des § 1 Abs. 1 Z 1 lit. b, für die nach den jeweils in Geltung gestandenen österreichischen Vorschriften keine Pensions(Renten)versicherung bestanden hat.

Nach § 6 Abs. 3 ARÜG gelten Zeiten nach Abs. 2 leg.cit., für welche die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung des anderen Staates nur aus dem Grund nicht bestanden hat, weil durch eine dienstrechtliche Versorgungseinrichtung für die Versicherungsfälle der Invalidität (Berufsunfähigkeit), des Alters und des Todes bereits vorgesorgt war, bei der Feststellung der Rentenansprüche in der österreichischen Pensions(Renten)versicherung als Zeiten iS des Abs. 1.

Der zit. Abs. 3 bestimmt jedoch für den vorliegenden Fall nichts anderes, weil für die klagegegenständlichen Zeiten die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung Lettlands nicht nur aus dem Grunde nicht bestand, weil durch eine dienstrechtliche Versorgungseinrichtung für die Versicherungsfälle der Invalidität (Berufsunfähigkeit), des Alters und des Todes bereits vorgesorgt war, sondern deshalb, weil für diese Tätigkeiten in Lettland - abgesehen von dem nach den lettischen Pensionsgesetzen vom 31. Juli 1931 versicherten Personenkreis im Staats- und Kommunaldienst sowie bei staatlichen autonomen Unternehmen sowie bestimmter Freiberufler und besoldeter Beschäftigter bei bestimmten Organisationen - überhaupt noch keine Versicherungspflicht bestand (OLG Wien 30.10.1970 SSV 10/114 = SVSlg. 21.129; OLG Wien 27.6.1975 SVSlg. 24.006).

Die klagegegenständlichen, in Lettland zurückgelegten Beschäftigungszeiten wären daher nach § 6 Abs. 2 ARÜG bei der Feststellung der Pension in der österreichischen Pensionsversicherung dann als Ersatzzeiten zu berücksichtigen, wenn sie bei Zurücklegung in Österreich als Ersatzzeiten gelten würden.

Davon kann aber keine Rede sein, weil nach § 229 Abs. 1 Z 2 ASVG

in der Pensionsversicherung der Angestellten nur die vor dem

1. Jänner 1939 gelegenen Zeiten einer solchen Beschäftigung (unter

bestimmten Voraussetzungen) als Ersatzzeiten gelten (ähnlich

OLG Wien 30.10.1970 SSV 10/114 = SVSlg. 21.129; OLG Wien 20.1.1971

SSV 11/2 = SVSlg. 21.130 und 22.843; OLG Wien 17.6.1971 SSV 11/55

= SVSlg. 21.131 und 22.844).

Zu den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung ist zu sagen, daß sich das anläßlich der Verhandlungen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit den Art. 17 und 18 des Finanz- und Ausgleichsvertrages erzielte Einvernehmen im hier interessierenden Zusammenhang darauf bezog, daß die Republik Österreich durch eine gesetzliche Regelung Vorsorge treffen werde, daß die Beschäftigungszeiten und sonstigen Zeiten so behandelt werden als wären sie im Gebiet der Republik Österreich zurückgelegt worden (Notenwechsel zwischen dem Österreichischen Botschafter in Bonn und dem Bundesminister des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland vom 27. November 1961 BGBl. 1962/283 S 1812 f). Dem ist die Republik Österreich durch das ARÜG nachgekommen.

Der Revision war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern.

Anmerkung

E16450

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00168.88.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19881220_OGH0002_010OBS00168_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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