Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A***, Gastwirt, 5771 Leogang, Rain 6, vertreten durch DDr.Manfred König, Rechtsanwalt in Saalfelden, wider die beklagten Parteien 1./ Mag.Arch.Alfred P***, Architekt, 5020 Salzburg, Nonntaler-Hauptstraße 20, 2./ Mag.Arch.Gerhard Z***, Architekt, 5020 Salzburg, Heinrich-Klienertstraße 1, beide vertreten durch Dr.Karl Margreiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 553.276,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1.März 1988, GZ 2 R 275/87-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2.Juli 1987, GZ 13 Cg 262/84-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen; die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer des Hotels K*** in Leogang. Im Jahre 1974 ließ er als Zubau zu seinem Hotel ein Hallenbad errichten. Am 22.9.1983 wurde anläßlich der Besichtigung eines am Dach des Hallenbades aufgetretenen Schneedruckschadens festgestellt, daß die Dachkonstruktion, insbesondere die Holzschalung und die Sparrenpfetten, mangels Anbringung einer sogenannten Dampfsperre vermorscht und mit Wasser vollgesogen waren. Dies machte eine sofortige Sperre des Hallenbades und eine Erneuerung der Dachkonstruktion notwendig.
Der Kläger bezifferte den Sanierungsaufwand (Kosten für die Abtragung des alten und Errichtung eines neuen Daches inklusive Eigenleistungen des Klägers und seiner Ehefrau) sowie seinen durch die vorzeitige Einstellung des Hotelbetriebes entstandenen Verdienstentgang zuletzt mit insgesamt S 553.276,--. Diesen Betrag forderte er von den beiden Beklagten mit der Begründung, sie seien für den entstandenen Schaden verantwortlich, da sie in seinem Auftrag die Planung des Hallenbades vorgenommen und auch die Bauleitung und Bauaufsicht innegehabt hätten.
Die Beklagten wendeten ein, die von ihnen erstellten Pläne seien fachlich einwandfrei gewesen. Dem Kläger, der den Zubau von Fachfirmen errichten habe lassen, die Herstellung des Hallenbaddaches aber in Eigenregie übernommen habe, sei die von ihnen vorgeschlagene Dachkonstruktion zu aufwendig erschienen. Er habe sich nicht an die Planung gehalten, sondern eine andere Bauausführung gewählt. Zwar hätten die Prozeßparteien mit Vertrag vom 7.1.1972 vereinbart, daß den Beklagten die Oberleitung der Bauausführung, das heißt, die Überwachung der Herstellung des Bauvorhabens in künstlerischer, technischer und geschäftlicher Hinsicht obliege und der Kläger (nur) teilweise die örtliche Bauaufsicht übernehme. Diese Vereinbarung sei aber hinsichtlich des Hallenbaddaches schlüssig dahin abgeändert worden, daß dem Kläger für diesen Bauabschnitt die Oberleitung zugekommen sei. Die Beklagten seien daher für die von ihren Plänen abweichende, vom Kläger selbst vorgenommene Ausführung des Daches bzw die daraus resultierenden Schäden nicht haftbar zu machen. Da sie ihre Leistungen 1975 abgeschlossen hätten, sei die Klagsforderung im übrigen jedenfalls verjährt.
Der Kläger erwiderte, schon der erste der Pläne der Beklagten (Nr.104) sei technisch unrichtig ausgeführt, da er keine Querdurchlüftung vorsehe. Die Änderung der Ausführung des Daches sei mit dem Erstbeklagten ausführlich besprochen und einvernehmlich durchgeführt worden. Dem Verjährungseinwand begegnete der Kläger mit dem Hinweis, es handle sich um versteckte Mängel, die erst 1983 bekannt geworden seien.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte den im einzelnen aus den S.4-15 der Urteilsausfertigung (AS 184 ff) ersichtlichen Sachverhalt fest, der im wesentlichen wie folgt zusammengefaßt werden kann:
Die Beklagten bildeten im Jahre 1972 eine Arbeitsgemeinschaft; sie nahmen gemeinsam Aufträge entgegen. Der Erstbeklagte, der bereits das Hotel des Klägers geplant hatte, wurde von diesem auch mit der Planung des Hallenbades beauftragt. In dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag vom 7.1.1972 wurde unter anderem den Beklagten die Oberleitung der Bauführung, das heißt die Überwachung der Herstellung des Bauvorhabens in künstlerischer, technischer und geschäftlicher Hinsicht, übertragen. Weiters wurde vereinbart, daß die örtliche Bauaufsicht teilweise vom Auftraggeber übernommen werde, und zwar die Kontrolle für die Abrechnung, erforderliche Aufmessungen, Führung des Baubuches und die direkte Verhandlungstätigkeit mit den Firmen bezüglich Einhaltung der Termine. Die Tätigkeit des Architekten für Arbeiten der örtlichen Bauaufsicht werde nach dem tatsächlichen Aufwand an Zeit und Fahrtspesen vergütet. Die Beklagten erstellten zunächst diverse Pläne, insbesondere den Plan Nr.104, einen Polierplan, Schnitt A-A, M 1:50, datiert vom 24.4.1974, betreffend den gesamten Baukörper. Der Aufbau der Dachkonstruktion über dem Hallenbad wird in diesem Plan wie folgt angegeben: Bramac Dacheindeckung, Lattung, Schalung, Pfettensparren, Streuschalung, 10 cm Avatekt E-Platten mit aufkaschierter 3 mm BFR-Bahn, Lattung und überlugte Schalung. Auf dem Plan Nr.104 ist eine Dampfsperre vorgesehen. Im Prinzip ist die Möglichkeit einer Querdurchlüftung vorhanden, jedoch nur in geringem Ausmaß. Die Arbeiten wurden vorerst planmäßig ausgeführt. Für die Maurerarbeiten war die Firma Matthäus O*** in Leogang zuständig. Mit der Hallendachkonstruktion hatte diese Firma hingegen nichts zu tun. Am 31.Juli 1974 erklärte der Kläger dem Erstbeklagten anläßlich eines Baustellenbesuches, daß er das Hallenbaddach nicht plangemäß ausführen könne, weil die vom Erstbeklagten vorgesehene Ausführung zu aufwendig und zu kompliziert sei. Daraufhin setzte der Erstbeklagte dem Kläger auseinander, wie wichtig die planmäßige Anbringung einer Streuschalung und Isolierung sei. Der Kläger erwiderte, daß er sich bei einer von ihm ausgedachten Ausführung der Streuschalung ca. 1500 Spezialschrauben erspare. Es müsse genügen, wenn man die Isolierung direkt neben den Pfetten anbringe; eine Dampfsperre werde ohnehin durch die über der Dachschalung vorgesehene Flämmpappe erreicht. Der Erstbeklagte wies mehrfach daraufhin, daß damit der erwünschte Effekt nicht erzielt werden könne. Er erklärte dem Kläger, daß er bei einem Abgehen von seinem Plan für die ordnungsgemäße Durchführung und das Funktionieren der Dachkonstruktion keine Verantwortung mehr übernehmen könne. Einige Zeit nach diesem Gespräch teilte der Kläger dem Erstbeklagten mit, man habe ihm ein besonderes Isoliermaterial empfohlen, das der Erstbeklagte bestellen solle. Er möge ihm ausrechnen, wieviel gebraucht werde, und dann die Bestellung aufgeben. Über Auftrag des Erstbeklagten fertigte dessen damaliger Techniker Wolfgang K*** hierauf den Plan Nr.118 über die Deckenausbildung an. Es handelt sich um einen Detailplan M 1:100, der vom 29.7.1974 datiert ist. In diesem Plan ist der Aufbau der Dachkonstruktion wie folgt angegeben: Betonziegel, Lattung 30/50, Konterlattung, glasvliesbewehrte V 42 Flämmpappe, geflämmt, Rauhschalung 24 mm, Pfettensparren, zwischen den Pfettensparren Polyurethan Isolierschaumplatten 10 cm stark, Sparschalung 24 mm und überluckte Untersichtschalung. Nach diesem Plan besteht zwischen der Wärmedämmung und der Schalung auf den Pfettensparren ein Luftraum von 12 cm. Eine Dampfsperre ist auf diesem Plan nicht eingezeichnet. Wäre dieser Plan ausgeführt worden, so hätte man jedoch zwischen den Pfettensparren Zug um Zug Wärmedämmplatten einschieben können. Bei der Ausführung des Hallendaches hielt sich der Kläger aber an keinen der von den Beklagten erstellten Pläne. Vom 15.8. bis 9.9.1974 befanden sich die beiden Beklagten auf Urlaub. Bei seinem letzten Besuch auf der Baustelle vor dem Urlaub am 7.8.1974 traf der Erstbeklagte den Kläger nicht an. Zu diesem Zeitpunkt war die Decke des Daches noch nicht montiert. Als er nach dem Urlaub die Baustelle am 19.9. wiederum besuchte, war die Decke bereits fertig montiert. Der Erstbeklagte erkundigte sich beim Kläger, wie er die Dachkonstruktion tatsächlich durchführen habe lassen. Nachdem ihm dieser geantwortet hatte, daß er es so gemacht habe, wie er (gemeint der Kläger) es vorgesehen habe, erklärte der Erstbeklagte sofort, daß es da zu Schwierigkeiten kommen werde. Bereits im Jänner oder Februar 1975 drang auch tatsächlich Wasser ein und es kam zu einer massiven Eiszapfenbildung, die für den Erstbeklagten Hinweis dafür war, daß warme Luft in die Dachkonstruktion eingedrungen war. Der Kläger meinte, daß die warme Luft bei den Leimbindern eindringe, und erklärte, er werde diese "abstopfen". In der Folge war das gute Verhältnis zwischen den Streitteilen ungetrübt. In der Honorarnote vom 16.7.1975 stellte der Erstbeklagte für die örtliche Bauaufsicht beim Hallenbadbau inklusive Reisekosten dem Kläger S 62.979,15 in Rechnung. In der Anlage der Rechnung sind 31 Baustellenbesuche vom 4.2.1974 bis 20.5.1975 angeführt. Für die Zeit von Juni bis
September 1974 finden sich folgende Eintragungen: 24.6.1974
Baustelle: Holz für Dachkonstruktion, Offerte einholen. 9.7.1974:
Baustellenbesuch, Hallenbad. 31.7.1974: A*** Baustelle (Fotos gemacht) Firma B*** will eine Ausschreibung machen wegen
Wärmerückgewinnung. 7.8.1974: Baubesuch: Kein Geld von A***. 19.9.1974: Baustellenbesuch.
In seiner rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts gelangte das Erstgericht zur Ansicht, die Klagsforderung bestehe nicht zu Recht. Der Erstrichter führte im wesentlichen aus, die Beklagten hätten auch für die Dachkonstruktion ordnungsgemäße Planunterlagen erstellt; der Kläger habe aber erklärt, er werde sich hinsichtlich des Dachaufbaues nicht an diese Pläne halten. Die Beklagten wären dem Kläger für die aus der dann tatsächlich abweichend von den Plänen vorgenommenen Ausführung des Daches resultierenden Schäden dann verantwortlich, wenn sie ihn angesichts dieser Erklärung im Sinne des § 1168a ABGB nicht entsprechend gewarnt hätten. Seiner Warnpflicht genüge der Werkunternehmern dann, wenn er dem Bauherrn klar vor Augen führe, daß die gewünschte Ausführung das Mißlingen des Werkes zur Folge haben könne. Nun habe der Erstbeklagte den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ein Abweichen von seinen Plänen zu größten Schwierigkeiten und Schäden führen werde. Mehrfach habe der Erstbeklagte gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht, daß er jede Verantwortung ablehne, falls man die vom Kläger ins Auge gefaßte, von der Planung der Beklagten abweichende Ausführung des Daches wählen sollte. Im Hinblick auf seine eindringlichen Warnungen habe der Erstbeklagte zunächst davon ausgehen können, daß man sich an seine Pläne halten werde. Während des Baues seien die Beklagten auf Urlaub gewesen und hätten daher keine Möglichkeit gehabt, einzugreifen. Als der Erstbeklagte nach Fertigstellung des Daches erfahren habe, daß das Dach nicht plangemäß errichtet worden war, habe er den Kläger nochmals auf die möglichen Folgen hingewiesen. Der Erstbeklagte sei daher seiner Warnpflicht nachgekommen. Sein ausdrücklicher Hinweis, bei Nichteinhalten seiner Pläne jegliche Verantwortung abzulehnen, habe ihn auch seiner Verpflichtung zur Überwachung des Bauvorhabens in technischer Hinsicht entbunden.
Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Berufung des Klägers, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, und gab dem Rechtsmittel im übrigen nicht Folge. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. In Erledigung der Rechtsrüge der Berufung führte das Berufungsgericht aus, der Kläger erkläre zwar, vom festgestellten Sachverhalt auszugehen, tue dies aber nicht, sondern behaupte lediglich, der Erstbeklagte habe nicht bewiesen, den Kläger gewarnt zu haben; er habe dem Kläger gegenüber niemals geäußert, daß ein Abgehen von den Plänen das Mißlingen des Werkes zur Folge haben könne. Die Rechtsrüge beziehe sich demnach nur auf den Fall geänderter Feststellungen. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts sei sie nicht ausgeführt, weshalb auf rechtliche Belange nicht mehr einzugehen gewesen sei. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der "unrichtigen Lösung einer wichtigen Rechtsfrage" mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird die Aufhebung der Entscheidung und die Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht beantragt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Unter dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft der Kläger die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Rechtsrüge des Klägers in seiner Berufung beziehe sich nur auf den Fall geänderter Feststellungen bzw sei sie nicht auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes ausgeführt, es sei daher auf die rechtlichen Belange nicht einzugehen. Der Kläger habe in seiner Rechtsrüge nämlich ausgeführt, die Warnung gemäß § 1168a ABGB müsse erkennen lassen, daß die Befolgung der Anweisung des Bestellers das "Mißlingen" des Werkes zur Folge haben könnte, was der Erstbeklagte dem Kläger gegenüber jedoch niemals geäußert habe. Aus den Feststellungen des Ersturteiles ergebe sich nun eindeutig, daß von einem "Mißlingen" (im wahrsten Sinne des Wortes) niemals die Rede war. Die Feststellungen des Erstgerichtes hinsichtlich der Warnungen des Erstbeklagten gegenüber dem Kläger lauteten nämlich wie folgt:
"Daraufhin setzte der Erstbeklagte dem Kläger auseinander, wie wichtig die Anbringung einer Streuschalung und wie die Isolierung laut Plan anzubringen sei. ....Der Erstbeklagte wies mehrfach darauf hin, daß damit der erwünschte Effekt nicht erzielt werden könne. Gleichzeitig erklärte er dem Kläger, daß er für die ordnungsgemäße Durchführung und das Funktionieren der Dachkonstruktion bei einem Abgehen von seinem Plan keine Verantwortung mehr übernehmen könne" (Ersturteil Seite 9). "In der Folge erkundigte sich dann der Erstbeklagte beim Kläger wie er die Dachkonstruktion tatsächlich durchführen habe lassen; nachdem dieser ihm geantwortet hatte, daß er es so gemacht habe, wie er es vorgesehen habe, erklärte der Erstbeklagte sofort, daß es da zu Schwierigkeiten kommen werde" (Ersturteil Seite 8). "Der Erstbeklagte hat den Kläger auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ein Abweichen von den von ihm erstellten Plänen zu größten Schwierigkeiten und Schäden führen würde. Der Erstbeklagte hat dies deshalb so eindringlich getan, weil er sich schon anläßlich der Planung mit der Problematik von Hallendachkonstruktionen auseinandersetzte und sich zudem für die Planung aus diesem Grund einer Fachfirma aus Kärnten bedient hatte. Er hat auch dem Kläger gegenüber mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß er jede Verantwortung für den Fall, daß sich dieser nicht an seine Planunterlagen halten sollte und die von ihm in Erwägung gezogene Ausführung des Daches wählen werde, ablehnt" (Ersturteil Seite 20). "Das Gericht vermeint daher, daß der Erstbeklagte seiner Warnpflicht nachgekommen ist und daß er durch den ausdrücklichen Hinweis, für den Fall der Nichteinhaltung der vorgegebenen Pläne jegliche Verantwortung abzulehnen, auch von seiner ursprünglich aufgrund des Vertrages zwischen den Streitteilen übernommenen Verpflichtung einer Überwachung der Herstellung des Bauvorhabens in technischer Hinsicht entbunden wurde" (Ersturteil Seite 21). Aus diesen erstgerichtlichen Feststellungen ergebe sich somit eindeutig, daß der Erstbeklagte dem Kläger gegenüber niemals das "Mißlingen" des Werkes vor Augen geführt habe, sondern lediglich vom Ablehnen der Verantwortung, Aufkommen von Schwierigkeiten und eventuellem Eintritt von Schäden gesprochen habe. Diese Äußerungen des Erstbeklagten seien aber bestenfalls Schutzbehauptungen, keinesfalls aber ausreichende Warnungen. Das Berufungsgericht habe sich daher zu Unrecht nicht mit der Rechtsrüge des Klägers auseinandergesetzt. Dieser Umstand führe nun aber dazu, daß eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache nicht gegeben sei. Gerade dem Hinweis auf das "Mißlingen" des Werkes (im wahrsten Sinne des Wortes) komme erhebliche Bedeutung zu. Dieser Hinweis habe nämlich eine ganz andere, viel stärkere Warnfunktion als der bloße Hinweis auf das Ablehnen von Verantwortung, das Aufkommen von Schwierigkeiten und der mögliche Eintritt von Schäden. Diesem Umstand habe auch die Rechtsprechung insoweit Rechnung getragen, als sie verlange, daß die dem Besteller zugehende Warnung durch den Unternehmer erkennen lassen müsse, daß die beanstandeten Umstände das "Mißlingen" des Werkes zur Folge haben könnten. Da es das Berufungsgericht somit unterlassen habe, sich mit der Rechtsrüge überhaupt auseinanderzusetzen, habe es sein Verfahren mit Mangelhaftigkeit behaftet. Die Ausführungen zum Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens unterstellte der Kläger auch dem Anfechtungsgrund der "unrichtigen Lösung einer wichtigen Rechtsfrage".
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt. Hat das Berufungsgericht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet und deshalb die sachliche Behandlung der Rechtsrüge in der Berufung verweigert, muß dies in der Revision als Mangelhaftigkeit bekämpft werden, ansonsten ist dem Obersten Gerichtshof die sachrechtliche Überprüfung verwehrt (8 Ob 214/83 ua). Da der Kläger in seiner Revision die Unterlassung der sachlichen Behandlung der Rechtsrüge seiner Berufung durch die zweite Instanz unter dem Anfechtungsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO bekämpft hat, hatte das Revisionsgericht zu überprüfen, ob die Rechtsrüge der Berufung tatsächlich der gesetzmäßigen Ausführung entbehrte. Der Kläger hatte in seiner Berufung unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgeführt, selbst wenn man von dem Sachverhalt ausgehe, den das Erstgericht festgestellt habe, müsse die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Rechtsansicht als verfehlt angesehen werden. Die Warnung im Sinne des § 1168a ABGB müsse nämlich erkennen lassen, daß die Befolgung der Anweisung des Bestellers das "Mißlingen" des Werkes zur Folge haben könnte. Diesbezügliches habe der Erstbeklagte dem Kläger gegenüber jedoch niemals geäußert. Auch durch eine Ablehnung der Haftung durch den Werkunternehmer, so wie dies der Erstbeklagte getan habe, werde seine im Gesetz ausdrücklich festgelegte Warnpflicht im Sinne des letzten Satzes des § 1168a ABGB nicht ausgeschlossen. Um sich von der Verantwortung für den eingetretenen Schaden zu befreien, genüge es wie im vorliegenden Fall keineswegs, daß der Unternehmer die Untauglichkeit des beigestellten Stoffes beweise. Er müßte vielmehr auch beweisen, daß er den Besteller gewarnt habe. Dieser Beweis sei dem Erstbeklagten nicht gelungen.
Mit diesen Ausführungen verläßt der Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht die vom Erstgericht festgestellte Tatsachengrundlage, sondern versucht vielmehr darzulegen, daß das vom Erstgericht festgestellte Verhalten des Erstbeklagten nicht zur Erfüllung der den Unternehmer gemäß § 1168a ABGB letzter Satz treffenden Warnpflicht gegenüber dem Besteller hinreiche, weil der Erstbeklagte dem Kläger gegenüber nicht geäußert hätte, daß ein Abgehen von dessen Plänen ein Mißlingen des Werkes zur Folge haben könnte. Die Frage, ob das Verhalten des Unternehmers eine hinreichende Warnung im Sinne des § 1168a ABGB letzter Satz darstellt, ob der Unternehmer also seiner Warnpflicht nach dieser Gesetzesstelle genügt hat oder nicht, ist nicht dem Tatsachenbereich zuzuordnen, sondern ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Das Berufungsgericht hat daher dem Kläger zu Unrecht vorgeworfen, in der Rechtsrüge seiner Berufung nicht von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes ausgegangen zu sein und die Rechtsrüge damit nicht gesetzmäßig ausgeführt zu haben. Dies stellt in der Tat einen Mangel des Berufungsverfahrens dar, der die Aufhebung des Urteiles des Berufungsgerichtes und die Rückverweisung der Rechtssache an die zweite Instanz erfordert, die im fortgesetzten Verfahren die Rechtsrüge der Berufung sachlich zu behandeln haben wird. Unter diesen Umständen konnte einer Erörterung der Frage, ob die in der Verfahrensrüge der Revision geltend gemachten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens auch noch zusätzlich dem von der Revision offenbar bezogenen Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Abs 1 Z 4 ZPO) unterstellt werden kann (so etwa Fasching in Komm.IV 322 und ZP-Recht Rz 1930, gegenteiliger Ansicht die ständige Rechtsprechung: EvBl 1959/283, JBl 1959, 458, 6 Ob 726/84, 4 Ob 553/88 ua) unterbleiben. Der Revision war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E16170European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00560.88.1220.000Dokumentnummer
JJT_19881220_OGH0002_0020OB00560_8800000_000