TE OGH 1988/12/21 14Os167/88

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Veröffentlicht am 21.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Burianek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert F*** wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach § 144 f StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 13. September 1988, GZ 20 f Vr 1104/88-78, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Witt jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 11.Oktober 1957 geborene Robert F*** zu A/ - abweichend von der auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB lautenden Anklage (nur) - des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2 StGB, zu B/ des Vergehens der gewerbsmäßigen gleichgeschlechtlichen Unzucht nach § 210 StGB und zu C/ des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG schuldig erkannt. Vom Anklagevorwurf eines weiteren Faktums nach dem Waffengesetz erfolgte nach § 336 StPO ein unangefochten gebliebener Freispruch. Darnach hat der Angeklagte in Wien

A/ in der Zeit von Jänner 1986 bis 25.Jänner 1988 wiederholt Herbert H*** dadurch, daß er ihn oftmals aufsuchte, ihm gegenüber äußerte, er sei ein "homosexuelles Schwein", er werde ihn auspressen wie eine Zitrone und werde ihn dazu bringen, wöchentlich 200 S an ihn zu bezahlen, sich immer wieder mit einem Schlagring bewaffnete, diesen auf den Kopf des Herbert H*** drückte und äußerte, er werde ihn damit auf den Schädel schlagen, wenn er ihm nicht Geld gebe, sowie am 25.Jänner 1988 dadurch, daß er dem Herbert H*** ein Messer gegen den Hals hielt, die Klinge ausfahren ließ und äußerte, er werde ihn abstechen, falls er nicht wieder Geld erhalte, es mache ihm nichts aus, wenn es einen Homosexuellen weniger gebe, durch gefährliche Drohung zu Handlungen, nämlich zur wöchentlichen Übergabe von jeweils 200 S genötigt, die Herbert H*** am Vermögen schädigten, wobei Robert F*** mit dem Vorsatz handelte, sich gewerbsmäßig und durch Fortsetzung dieser Erpressungen längere Zeit hindurch durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern;

B/ in der Zeit von Jänner 1985 bis Jänner 1988 in Wien mit Personen männlichen Geschlechts, nämlich in der Zeit von Jänner 1985 bis 1986 mit Herbert H*** und in der Zeit von Jänner 1985 bis Jänner 1988 mit Robert H***, gewerbsmäßig gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben;

C/ in der Zeit von Jänner 1986 bis 1987 eine verbotene Waffe (§ 11 WaffenG), nämlich einen Schlagring, unbefugt besessen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z 5, 8, 10 a und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich gegen die Abweisung eines in der Hauptverhandlung am 4.August 1988 gestellten Beweisantrages durch den Schwurgerichtshof (S 259 ff). Dieser Antrag wurde jedoch in der neu durchgeführten Hauptverhandlung am 13.September 1988 nicht erneuert, sodaß er nicht zum Gegenstand einer Rüge des erst aufgrund dieser Hauptverhandlung ergangenen Urteils gemacht werden kann (Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr. 30, 31 zu § 281 Z 4). Verfehlt ist es auch, wenn der Beschwerdeführer sowohl in der Rüge der Rechtsbelehrung (Z 8) als auch in der Subsumtionsrüge (Z 12) die Ansicht vertritt, die Qualifikationen des § 145 Abs 2 Z 1 und 2 StGB könnten nicht eintätig zusammentreffen, weil für gewerbsmäßige Begehung die Fortsetzung der Tätigkeit durch längere Zeit typisch sei. Während nämlich die strengere Beurteilung der Tat wegen Gewerbsmäßigkeit auf dieser besonderen schädlichen Neigung des Täters beruht, ist Grund für die Qualifikation nach § 145 Abs 2 Z 2 StGB ebenso wie in den Fällen der Abs 1 und 3 die größere Empfindlichkeit der Tat für deren Opfer. Nur durch die kumulative Anwendung beider Qualifikationen wird daher der volle Unrechtsgehalt der Tat ausgeschöpft (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 16; Zipf in WK, Rz 14; Kienapfel, BT II2, RN 11, jeweils zu § 145); auch aus Foregger-Serini, StGB4, Anm. II zu § 145 StGB kann entgegen der Meinung des Beschwerdeführers eine andere Rechtsmeinung nicht abgeleitet werden.

Gestützt auf § 345 Abs 1 Z 10 a StPO versucht der Beschwerdeführer schließlich Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken, indem er angebliche Widersprüche in den Aussagen des Zeugen Herbert H*** nennt und auf dessen psychische Störungen verweist. Im Hinblick auf das durch seine Befragung in der Hauptverhandlung (S 345 f) ergänzte Gutachten (ON 73) des psychiatrischen Sachverständigen über die Persönlichkeit des Herbert H*** und seine besondere seelische Struktur ergeben sich jedoch gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten Tatsachen - bei Bedachtnahme auf § 258 Abs 2 StPO - keine erheblichen Bedenken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die Vorstrafen wegen Vermögensdelikten sowie den Umstand, daß sich die Erpressungen gegen eine in psychischer Hinsicht erheblich gestörte Person gerichtet hatte. Als mildernd zog es lediglich das Geständnis wegen des Vergehens nach § 210 StGB in Betracht und verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 145 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe und die bedingte Nachsicht eines Teiles derselben anstrebt, ist nicht begründet.

Die Behauptung, der Angeklagte habe Herbert H*** nur selten bedroht und es sei "jedenfalls" nicht wöchentlich zu einer Geldübergabe gekommen, übergeht die konträren, im Wahrspruch getroffenen Feststellungen. Auch daß der Berufungswerber nur eine gravierende Freiheitsstrafe erlitten habe, läßt sich mit den Akten nicht in Einklang bringen; wurde er doch schon vor der von ihm im Rechtsmittel zitierten Abstrafung im Jahre 1980 im Dezember 1978 (unter anderem wegen Diebstahls) zu einer 7-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Hält man hinzu, daß dem Angeklagten durch die zweifache Qualifikation seines Verhaltens in Richtung schwerer Erpressung nach § 145 Abs 2 StGB ein zusätzlicher Erschwerungsgrund in Gestalt verstärkter Tatbestandsmäßigkeit anzulasten ist, dann erweist sich bei dem anzuwendenden, bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge als keineswegs überhöht. Da angesichts des Vorlebens des Angeklagten von einer qualifiziert günstigen Verhaltensprognose im Sinne des § 43 a Abs 4 StGB nicht gesprochen werden kann, kam auch eine teilbedingte Nachsicht der verhängten Strafe nicht in Betracht.

Es mußte daher der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E16735

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00167.88.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19881221_OGH0002_0140OS00167_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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