TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/18 2003/01/0020

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Veröffentlicht am 18.10.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §19 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des R (vormals M) in S, geboren 1980, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den am 29. Juli 2002 verkündeten und am 3. Dezember 2002 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 211.360/20-VIII/23/02, betreffend §§ 7 und 8 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches gemäß § 7 AsylG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und hinsichtlich seines Ausspruches gemäß § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien (nunmehr Serbien und Montenegro), stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am 21. Juni 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 22. Juni 1999 die Gewährung von Asyl.

Mit Bescheid vom 31. August 2000 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab und sprach aus, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG zulässig sei.

Mit am 11. Juli 2001 verkündetem (am 16. Oktober 2001 schriftlich ausgefertigtem) Bescheid wies die belangte Behörde mit Spruchpunkt I. die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31. August 2000 gemäß § 7 AsylG ab, stellte mit Spruchpunkt II. gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulässig sei und erteilte dem Beschwerdeführer mit Spruchpunkt III. gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer ausschließlich im Umfang des Spruchpunktes I. Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; die Spruchpunkte II., und III. des genannten Bescheides blieben unbekämpft.

Auf Grund dieser Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Juni 2002, Zl. 2001/01/0526, den Bescheid vom 11. Juli 2001 hinsichtlich seines Ausspruches gemäß § 7 AsylG (Spruchpunkt I.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich der maßgebenden Erwägungen für diese Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen.

Mit dem (als Ersatzbescheid ergangenen) angefochtenen Bescheid vom 29. Juli 2002 (schriftlich ausgefertigt am 3. Dezember 2002) wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31. August 2000 "gemäß §§ 7, 8 AsylG" ab.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer macht - unter Vorlage seines am 26. Juli 2002 per Telefax der belangten Behörde übermittelten Schreibens und eines Befundberichtes des Landeskrankenhauses St. Johanns-Spital (Landesklinik für Lungenkrankheiten) vom 14. August 2002 - geltend, er habe sich von 22. Juli bis 7. August 2002 wegen offener TBC ("TBC li. OL") in stationärer Behandlung dieser Krankenanstalt befunden und zeitgerecht sein Fernbleiben von der für 29. Juli 2002 festgesetzten Verhandlung der belangten Behörde mitgeteilt. Diese Verhandlung hätte daher auf einen späteren Termin verlegt werden müssen und nicht in seiner Abwesenheit durchgeführt werden dürfen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer einen wesentlichen Verfahrensmangel auf. Die belangte Behörde hat darüber im angefochtenen Bescheid nur festgestellt, der Beschwerdeführer sei zur mündlichen Berufungsverhandlung nicht erschienen. Dass er am 26. Juli 2002 - wie dies dem vorgelegten Sendebericht und der auf der Faxkopie befindlichen Eingangsstampiglie des unabhängigen Bundesasylsenates zu entnehmen ist - sein Fernbleiben von der Verhandlung am 29. Juli 2002 mit seinem stationären Krankenhausaufenthalt (also mit Krankheit) entschuldigte und mit der Beifügung, der Termin sei ihm "sehr wichtig", ausdrücklich um Anberaumung eines neuen Termins in etwa drei bis vier Wochen ersuchte, wird im angefochtenen Bescheid nicht einmal erwähnt. Da der Beschwerdeführer durch Krankheit vom Erscheinen zur Verhandlung am 29. Juli 2002 abgehalten wurde, war sein Fernbleiben von dieser Verhandlung aber gerechtfertigt (vgl. § 19 Abs. 3 AVG). Die belangte Behörde hätte daher nicht in seiner Abwesenheit verhandeln dürfen bzw. hätte sie die Verhandlung auf einen späteren Termin verlegen müssen, und sie durfte daher auch nicht unterstellen, dass das mit Schreiben vom 5. Juli 2002 übermittelte Ermittlungsergebnis "unwidersprochen blieb", weil der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung dazu Stellung hätte nehmen können und nach dem Inhalt seines Entschuldigungsschreibens erkennbar auch wollen.

Der im angefochtenen Bescheid auf Grund des (nach dem ersten Rechtsgang) fortgesetzten Verfahrens festgestellte Sachverhalt beruht somit auf einem mangelhaften Verfahren. Schon von daher kann die Beweiswürdigung der belangten Behörde der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht standhalten.

Im Übrigen ist gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das den Bruder des Beschwerdeführers betreffende hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2004, Zl. 2003/01/0017, zu verweisen.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid in seinem § 7 AsylG betreffenden Ausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Hinsichtlich des (mit dem angefochtenen Bescheid auch erfolgten) Ausspruches gemäß § 8 AsylG hat die belangte Behörde die (Teil-)Rechtskraft des Spruchpunktes II. ihres Bescheides vom 11. Juli 2001 (schriftlich ausgefertigt am 16. Oktober 2001) nicht beachtet und über diese somit rechtskräftig entschiedene "Sache" des Refoulementausspruches nochmals entschieden. In diesem Umfang fehlte der belangten Behörde die Zuständigkeit, weshalb der angefochtene Bescheid in seinem § 8 AsylG betreffenden Ausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben war (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 2003/01/0017).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 18. Oktober 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003010020.X00

Im RIS seit

16.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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