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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des DDr. F S in W, vertreten durch Spohn/Richter & Partner Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Salztorgasse 2, gegen den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 6. Juni 2003 war der Wiener Linien GmbH & Co KG die Inanspruchnahme von Grundstücken des Beschwerdeführers durch zwangsweise Einräumung von näher bezeichneten Dienstbarkeiten gemäß § 17 Abs 1 EisbEG bewilligt worden.
Am 10. August 2004 erging gegenüber dem Beschwerdeführer ein Bescheid, der als bescheiderlassende Behörde das "AMT DER WIENER LANDESREGIERUNG, Magistratsabteilung 64, Rechtliche Bau-, Energie- , Eisenbahn- und Luftfahrtangelegenheiten" nennt und unter der Geschäftszahl des Enteignungsverfahrens (MA 64-EE21/8/2004) den Vollzug des genannten Enteignungsbescheides sowie die zwangsweise Einweisung der Wiener Linien GmbH & Co KG in den physischen Besitz des enteigneten Grundstücks in einem näher bezeichneten Umfang bewilligt und als Termin für die Besitzeinweisung den 13. August 2004 festlegt. In der Begründung wird unter anderem Folgendes ausgeführt:
"Gemäß § 35 Abs 1 EisbEG setzt der zwangsweise Vollzug der Enteignung einen rechtskräftigen Enteignungsbescheid voraus und steht der Bezirksverwaltungsbehörde zu. ... Da die formalen Voraussetzungen für die Bewilligung des Vollzuges der Enteignung gegeben sind, war vom Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde der Vollzug der Enteignung zu bewilligen und der Tag der Einweisung in den physischen Besitz der enteigneten Flächen festzusetzen."
Dieser Bescheid enthält die Fertigungsklauseln: "Für den Landeshauptmann: Mag. Freytag".
Mit Bescheid vom 11. August 2004 berichtigte der "MAGISTRAT DER STADT WIEN, Magistratsabteilung 64, Rechtliche Bau-, Energie-, Eisenbahn- und Luftfahrtangelegenheiten" den eben genannten Bescheid dahin, dass der Kopf "MAGISTRAT DER STADT WIEN, Magistratsabteilung 64, ..." ... und die Fertigungsklausel "Für den Abteilungsleiter" zu lauten habe. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Berichtigung einer Fertigungsklausel bzw Behördenbezeichnung dann zulässig sei, wenn aus dem Bescheid und auf Grund des zur Anwendung kommenden Gesetzes für den Bescheidadressaten die bescheiderlassende Behörde klar erkennbar sei. Da im gegenständlichen Bescheid sowohl bei der Zitierung des § 35 EisbEG als auch im letzten Absatz der Begründung auf die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde hingewiesen worden sei, sei die Unrichtigkeit im Zusammenhang mit dem Umstand, dass es sich um eine Vollstreckungsverfügung handle, klar erkennbar gewesen.
Gegen den Bescheid vom 10. August 2004 erhob der Beschwerdeführer Berufung, gerichtet an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 64, in der er unter anderem die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde monierte: Zur Vollstreckung des Enteignungsbescheides sei gemäß § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 3 Abs 3 VVG die Bezirksverwaltungsbehörde, hier also der Magistrat der Stadt Wien, zuständig. Der angefochtene Bescheid sei aber - aus Briefkopf und Fertigungsklausel unschwer erkennbar - dem Landeshauptmann zuzurechnen und schon deshalb rechtswidrig.
Über diese Berufung wurde - der Aktenlage nach - bislang nicht entschieden.
Hingegen hat die mittels Devolutionsantrages des Beschwerdeführers angerufene belangte Behörde über die Berufung gegen den Berichtigungsbescheid vom 11. August 2004 mit Bescheid vom 19. August 2005 dahin entschieden, dass die Berufung abgewiesen wurde.
In der nun vorliegenden Säumnisbeschwerde gemäß Art 132 B-VG rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde über seine Berufung gegen den Bescheid vom 10. August 2004 nicht entschieden habe. Er beantragt die Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst dahin, dem angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid auf Grund wesentlicher Verfahrensmängel und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Säumnis mangels Entscheidungspflicht verneint. Zur Entscheidung über die Berufung gegen den erstinstanzlichen, dem Magistrat der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnenden Bescheid sei vielmehr der Landeshauptmann zuständig; gegen dessen allfällige Säumnis sei ein Devolutionsantrag nicht erhoben worden.
Gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als oberste Behörde im Sinn dieser Bestimmung bezeichnet. Die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art 132 B-VG setzt voraus, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine falsche Bezeichnung der belangten Behörde bei Erhebung der Säumnisbeschwerde nicht verbesserungsfähig (vgl den hg Beschluss vom 31. März 2005, Zl 2004/03/0046, mwN).
Zu prüfen ist daher, ob die belangte Behörde verpflichtet war, über die Berufung des Beschwerdeführers zu entscheiden.
Angelpunkt für die Ansicht des Beschwerdeführers, der mit Berufung bekämpfte erstinstanzliche Bescheid sei dem Landeshauptmann zuzurechnen, weshalb die belangte Behörde zur Entscheidung über die Berufung zuständig sei, ist die Fertigungsklausel in Verbindung mit dem "Kopf" des Bescheides, jeweils in der unberichtigten Fassung. Die spätere Berichtigung dieses Bescheides sei nach Meinung des Beschwerdeführers unzulässig gewesen.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass die von ihm gegen den Berichtigungsbescheid erhobene Berufung mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. August 2005 abgewiesen wurde.
Der - nach Abweisung der Berufung durch den Bescheid der belangten Behörde vom 19. August 2005 in Rechtskraft erwachsene - Berichtigungsbescheid vom 11. August 2004 bildet mit dem berichtigten Bescheid vom 10. August 2004 eine Einheit (vgl die in Walter/Thienel, aaO, unter E 253 ff zu § 62 AVG zitierte hg Judikatur). Damit ist klargestellt, dass bescheiderlassende Behörde der Magistrat der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde war. Damit war die belangte Behörde nicht zur Entscheidung über die Berufung gegen diesen Bescheid zuständig, weshalb keine Säumnis im Sinne des § 27 Abs 1 VwGG vorliegt.
Daraus folgt, dass die Beschwerde gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 18. Oktober 2005
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005030129.X00Im RIS seit
13.01.2006