TE OGH 1989/1/10 4Ob607/88

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Veröffentlicht am 10.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Harold S***, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 8, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W*** & Co GmbH, Wies, Altenmarkt 143, wider die beklagten Parteien 1.) Z*** V*** GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Wolfgang R***, St. Magdalen, Chemiestraße 2, dieser vertreten durch Dr. Michael Michor, Rechtsanwalt in Villach,

2.) Ing. Wilhelm P***, Kaufmann, 4, Ave. des Citronniers, Le Mirabell, Res 805 Monte Carlo (Fürstentum Monaco), vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, 3.) Dr. Josef P***, Chemiker, Villach, Grünschacherweg 50, vertreten durch Dr. Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, 4.) Dipl.Ing. Klaus K***, Angestellter, Baden, Welzergasse 3, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen

S 10,000.000,-- s.A. infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 22. Juni 1988, GZ 2 R 120/88-31, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11. März 1988, GZ 30 Cg 298/87-21, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Über das Vermögen der W*** & Co Gesellschaft mbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin), eines im Jahre 1976 gegründeten Maschinenbauunternehmens, wurde am 16. Juli 1987 vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Die im Jahre 1984 gegründete erstbeklagte GmbH hatte zum Zweck der Errichtung und Inbetriebnahme ihres Zellstoffwerkes in St. Magdalen bei Villach mit der Gemeinschuldnerin zahlreiche Verträge über die Lieferung und Montage von Industrieanlagen abgeschlossen. Teile der zur Lieferung und Aufstellung übernommenen Werkleistungen sind noch nicht fertiggestellt; eine Entwässerungsanlage, eine sog. "Faserlinie", eine Kocherei und eine Eindampfanlage wurden aber bereits geliefert.

Alleiniger Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war der gleichnamige Sohn des Zweitbeklagten, Mag. Wilhelm P***. Der Drittbeklagte war seit 15. Mai 1985, der Viertbeklagte seit 8. Jänner 1987 Geschäftsführer der Erstbeklagten.

Der Masseverwalter begehrt die solidarische Verurteilung der vier Beklagten zur Zahlung von S 10,000.000,-- und brachte dazu im wesentlichen vor:

Sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Erstbeklagte hätten zu einer "ineinander verschachtelten" Firmengruppe (bestehend ferner aus S*** M*** Ltd., P*** Beteiligungs-GesmbH, V***

I*** Anlagenplanungs-GesmbH, A.H. L***-GesmbH, V*** C*** Anlagenplanungs-GesmbH, P*** Fabriksanlagen-PlanungsgesmbH, C*** M***,

I***-S*** GesmbH und Lotte P*** GesmbH) gehört, in der der Zweitbeklagte die wesentlichen Entscheidungen getroffen habe. Der Zweitbeklagte, aber auch die Geschäftsführer der Erstbeklagten, also der Dritt- und der Viertbeklagte, hätten der Gemeinschuldnerin beim Abschluß der Werkverträge über die zu errichtenden Industrieanlagen nicht kostendeckende Preise "vorgegeben" ("aufoktroyiert"), was zur finanziellen Aushöhlung der Gemeinschuldnerin, zur Vermögensverschleuderung und schließlich zum Konkurs geführt habe. Bei dieser Geschäftspraxis hätten auch der Dritt- und der Viertbeklagte grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt. Der Zweitbeklagte sei zwar nicht formell Geschäftsführer der Erstbeklagten gewesen, habe jedoch tatsächlich die Geschäftsführung innegehabt und sei auch für die Geschäftsabwicklung zwischen der Erstbeklagten und der Gemeinschuldnerin verantwortlich gewesen, zumal er die gesamte Geschäftstätigkeit und Gebarung der Gemeinschuldnerin überwacht habe. Sein Sohn, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, habe sich noch vor der Eröffnung des Konkurses ins Ausland abgesetzt.

Allein beim Auftrag der Gemeinschuldnerin zur Errichtung der Entwässerungsanlage und der "Faserlinie" habe die Differenz zwischen der Preisvorgabe und dem tatsächlichem Aufwand S 41,988.426,-- betragen.

Aus der vom Masseverwalter in Auftrag gegebenen internen Überprüfung der Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin ergebe sich eine Forderung gegen die Erstbeklagte in der Höhe von S 192,370.526,90.

Vor der Konkurseröffnung habe die

Gemeinschuldnerin bereits Rechnungen

über insgesamt (nicht aufgeschlüsselt)   S 151,734.704,93

gelegt, so daß der Masse ein Betrag

von                                      S 344,105.231,83

abzüglich der Zahlungen der Erstbe-

klagten von                              S 255,480.275,40

sohin ein Rest von                       S  88,624.956,43,

zustehe.

Der Kläger stützte seine Forderung, deren Ausdehnung er sich vorbehalte, in erster Linie auf die erbrachten Lieferungen und Leistungen ("Zahlungsansprüche"), in zweiter Linie auf berechtigte Nachforderungen ("Schadenersatz"), da die Gemeinschuldnerin von den Weisungen der Erstbeklagten als "Konzernmutter" abhängig gewesen sei, und erst subsidiär auf §§ 27 ff KO, da er die unrichtigen Preisvorgaben, durch die die Gläubiger der Gemeinschuldnerin benachteiligt worden seien, anfechte.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte wendete ein, daß das Vorbringen des Klägers unschlüssig sei; aus den in den Schriftsätzen des Klägers aufgelisteten Rechnungen gehe nicht hervor, welche Werkverträge ihnen zugrunde lägen und welche konkreten Rechtsgeschäfte angefochten würden. Die in Rechnung gestellten Beträge seien überhöht, die Lieferungen und Leistungen nicht zur Gänze und nicht ordnungsgemäß erbracht worden. Das Entgelt sei mangels ordnungsgemäßer Lieferung und vollständiger Abrechnung nicht fällig. Außerdem sei für den bedungenen Haftrücklaß, mindestens jedoch für S 35,000.000,--, Stundung vereinbart worden, bis die Produktion im Zellstoffwerk ordnungsgemäß laufe und der Betrieb einen Überschuß erwirtschafte. Der Zweitbeklagte wendete ein, daß er keine Geschäftsanteile am österreichischen Unternehmen habe. Er habe lediglich seine Erfahrungen, insbesondere in den technischen Belangen des zu errichtenden Zellstoffwerkes, zur Verfügung gestellt. Die S*** M*** Ltd. habe namhafte Beträge in die Errichtung des Zellstoffwerkes investiert und ihn beauftragt, für die Fertigstellung des Werkes zu sorgen. Die S*** M*** Ltd. sei zwar Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin gewesen und Eigentümerin der Lotte P*** GesmbH und der P*** BeteiligungsgesmbH, jedoch an den anderen vom Kläger genannten Firmen nicht beteiligt. Der Drittbeklagte berief sich ebenfalls auf die Unschlüssigkeit der Klage und brachte vor, daß er keine Geschäftsanteile der vom Kläger aufgezählten Unternehmen habe und - mit Ausnahme der Erstbeklagten - auch keinen Einfluß auf deren Geschäftsführung ausgeübt habe; insbesondere habe er keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin ausgeübt. Er habe mit der Gemeinschuldnerin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung keine Rechtsgeschäfte abgeschlossen.

Der Viertbeklagte brachte vor, daß er zu 20 % Gesellschafter der I*** GmbH sei; sonst habe er keine Geschäftsanteile an den vom Kläger genannten Firmen. Die Werkverträge zwischen der Gemeinschuldnerin und der Erstbeklagten seien zu Fixpreisen abgeschlossen worden, was im Anlagenbau üblich sei. Die Gemeinschuldnerin habe entweder Anbote gelegt oder Anbote der Erstbeklagten angenommen. Meist seien den einzelnen Geschäftsabschlüssen Ausschreibungen vorausgegangen. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten gewesen, zu überprüfen, ob die Abschlüsse für die Gemeinschuldnerin kostendeckend waren; dieser sei es freigestanden, die Übernahme angeblich nicht kostendeckender Aufträge abzulehnen.

Außerdem machten die Beklagten eine Reihe von Gegenforderungen aus Überzahlungen und aus dem Titel des Schadenersatzes wegen verspäteter Fertigstellung des Zellstoffwerkes, sowie Aufwendungen für die Behebung von Mängeln geltend.

Die Parteien stellten außer Streit, daß der Zweitbeklagte bei keiner der vom Kläger genannten Firmen eingetragener Geschäftsführer war und daß der Drittbeklagte mit der Gemeinschuldnerin keine Rechtsgeschäfte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hat.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Schlüssigkeit ab. Der Kläger sei seiner Verpflichtung, die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu substantiieren, (trotz mehrmaliger Verbesserungsaufträge) nicht nachgekommen. Er hätte die einzelnen Forderungen aus den abgeschlossenen Werkverträgen und die darauf einzeln erfolgten Zahlungen genau anführen und beziffern müssen. Da er zum Inhalt der verschiedenen Verträge nichts vorgebracht habe, fehle es auch an einer Grundlage der behaupteten Berechtigung einer Verrechnung von Mehrbeträgen und der hilfsweise geltend gemachten Anfechtungstatbestände. Auch wenn der Kläger einen weit geringeren Betrag als den behaupteten Anspruch eingeklagt habe, entbinde ihn dies nicht von der Verpflichtung, "den Anspruch nach Grund und Höhe einwandfrei von Rechnung auf Lieferung bzw. Leistung und Vertrag rückbeziehbar aufzuschlüsseln". Da der Kläger trotz Aufforderung zur Verdeutlichung und Ergänzung seines Tatsachenvorbringens keine ausreichenden rechtserzeugenden Tatsachen vorgebracht habe, sei das Klagebegehren mangels Schlüssigkeit abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache an das Prozeßgericht erster Instanz zur Verhandlung und Urteilsfällung zurück. Es war der Ansicht, daß die von den Beklagten eingewendete (örtliche und funktionelle) Unzuständigkeit durch Fällung einer Sachentscheidung schlüssig bejaht habe und die Beklagten im Berufungsverfahren die Einrede der Unzuständigkeit nicht mehr aufgegriffen hätten. Ob die ausschließliche Zuständigkeit des Konkursgerichtes für Anfechtungsklagen von Amts wegen beachtet werden müßte, könne auf sich beruhen, weil der Masseverwalter weder ein auf Anfechtung beruhendes Leistungsbegehren gestellt noch das für eine Anfechtungsklage unabdingbare Rechtsgestaltungsbegehren auf Unwirksamerklärung bestimmt bezeichneter Rechtshandlungen gegenüber den Konkursgläubigern erhoben habe. Eine Klage, die überhaupt kein Klagebegehren enthalte, könne aber, sofern ein Verbesserungsauftrag erfolglos geblieben sei, nur - als zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung ungeeignet - zurückgestellt, nicht aber abgewiesen werden. Das (nicht gestellte Anfechtungs-)Klagebegehren sei daher nicht wegen Unschlüssigkeit der Klage abzuweisen gewesen. Das Vorbringen des Klägers zum primären Klagegrund der Werklohnforderung sei - jedenfalls soweit es die Erstbeklagte betreffe - schlüssig. Aus diesem Vorbringen gehe hervor, daß der Masse schon nach den vereinbarten Preisen aus den vom 28. Februar bis 31. Juli 1988 von der Gemeinschuldnerin erbrachten Leistungen ein Betrag von rund 16 Millionen S und auf Grund aller bisher erbrachten Leistungen ein Werklohn von rund 89 Millionen S zustehe. Der Kläger müsse nicht jede einzelne Forderung den einzelnen Zahlungen der Erstbeklagten gegenüberstellen, eine entsprechende Widmung der Zahlung behaupten und daher die einzelnen auf jede Rechnung geleisteten Zahlungen genau anführen. Seiner Verpflichtung, den Anspruch nach Grund und Höhe "einwandfrei von Rechnung und Lieferung bzw. Leistung und Vertrag rückbeziehbar aufzuschlüsseln", sei der Kläger zumindest im Umfang der derzeitigen Klagesumme nachgekommen.

Was die solidarische Haftung aller Beklagten für den Einnahmenverlust der Gemeinschuldnerin betreffe, habe der Kläger vorgebracht, daß die vereinbarten Preise für die Entwässerungsanlage und die "Faserlinie" um nahezu 42 Millionen S unter den tatsächlichen Gestehungskosten gelegen seien; es könne damit nicht ausgeschlossen werden, daß ein Schaden von mindestens 10 Millionen S dadurch eingetreten sei, daß das früher florierende Unternehmen durch die Geschäftspraktiken des eigenen Geschäftsführers und des Zweit-, des Dritt- und des Viertbeklagten in die Insolvenz getrieben wurde. Sollten die genannten Personen in bewußtem gemeinsamen Zusammenwirken offensichtlich nicht kostendeckende Werklöhne vereinbart haben, dann wäre ein derartiges deliktisches Verhalten für den Schadenseintritt kausal und die solidarische Haftung sämtlicher Beklagter für den von ihnen gemeinsam verschuldeten Schaden aus §§ 1301 f ABGB und der Verschuldenshaftung juristischer Personen für ihre Organe abzuleiten.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erheben alle vier Beklagten in drei gesonderten Rechtsmitteln Rekurs. Sie beantragen, den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und das klageabweisende Urteil des Erstgerichtes zu bestätigen. Der Masseverwalter beantragt, den Rekursen der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse der Beklagten sind nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Rekurswerber ist das Vorbringen des Klägers zum Klagegrund der Werklohnforderung schlüssig: Der Kläger hat schon im vorbereitenden Schriftsatz vom 22. Oktober 1987 vorgebracht, daß sich aus der Abrechnung der gesamten von der Gemeinschuldnerin für die Erstbeklagte geleisteten Tätigkeit für die Masse ein Saldo von S 88,624.956,43 ergebe. Er hat die für die Auftragskomplexe Holzplatz, Kesselanlage, Entwässerungsanlage, Kocherei und "Faserlinie" erbrachten Leistungen unter Nennung der einzelnen Rechnungssummen aufgeschlüsselt und nach Abzug von Gutschriften in der Höhe von S 10,048.052,40 eine Werklohnforderung von S 192,370.526,90 errechnet, sowie die vor seiner Tätigkeit von der Gemeinschuldnerin gelegte Rechnung mit S 151,734.704,93 beziffert und von der Gesamtsumme die Zahlungen der Erstbeklagten in der Höhe von S 255,480.275,40 abgezogen, woraus sich der oben erwähnte Betrag von S 88,624.946,43 ergab. Infolge Aufforderung des Erstrichters, auch den Betrag von S 151,734.704,93 aufzuschlüsseln, hat der Masseverwalter Rechnungen und Leistungsnachweise über S 296,963.603,54 vorgelegt, diese Forderungen in einem Schriftsatz detailliert angeführt und dazu vorgetragen, daß er von dieser höheren Summe nur den Betrag von S 151,734.704,93 für gerechtfertigt halte und daher bei seiner bisherigen Berechnung bleibe. Damit hat der Kläger die zur Begründung seiner Werklohnforderung notwendigen Tatsachen knapp, aber doch vollständig vorgetragen. Die darauf von der Erstbeklagten geleisteten Zahlungen mußte er nicht im einzelnen mit der jeweiligen Widmung anführen, zumal bei einer ständigen Geschäftsbeziehung der vorliegenden Größenordnung Zahlungen auf den jeweiligen Saldo ohne nähere Widmung durchaus nicht ungewöhnlich sind (auch wenn kein Kontokorrentverhältnis im technischem Sinn vorliegt) und es auch immer wieder zu Rückverrechnungen kommen kann, wie sie der Kläger mit den behaupteten Gutschriften in einem Umfang von über 10 Millionen S vorgetragen hat.

Das Verlangen des Erstrichters nach weiterer "Schlüssigstellung" liefe darauf hinaus, daß der Kläger schon zur Angabe der Tatsachen, auf die er seinen Anspruch gründet, ein umfangreiches Sachverständigengutachten einholen und zum Gegenstand seiner Klageerzählung machen müßte, was aber das Gesetz nicht verlangt, da die anspruchsbegründenden Tatsachen zwar "im einzelnen", aber nur "kurz und vollständig" anzugeben sind. Soweit aber das Erstgericht die vermeintliche Unschlüssigkeit auf Widersprüche zwischen den vorgelegten Rechnungen und Leistungsnachweisen und der vom Kläger in Anschlag gebrachten Fakturensumme gründet, vermengt es die Frage der Bestimmtheit der Tatsachenbehauptungen mit der Beweiswürdigung. Dem Kläger stand es frei, aus Gründen prozessualer Vorsicht die von der Gemeinschuldnerin vor der Konkurseröffnung gelegten Rechnungen über S 296,963.603,54 in seiner Gesamtabrechnung nur mit S 151,734.704,93 in Anschlag zu bringen.

Schlüssig ist aber auch die zur Begründung derselben Klagesumme

erhobene Anfechtungsklage, soweit sie sich gegen die Erstbeklagte

richtet. Es trifft zwar zu, daß die Erklärung, eine

Konkursanfechtung aus jedwedem Grund ("§§ 27 ff KO") vorzunehmen,

als "salvatorische Klausel" unzureichend (RdW 1987, 124) und eine

Anfechtungsklage, in der nur die Anfechtbarkeit einer bestimmten

Rechtshandlung ohne Sachverhaltsvorbringen zu einem spezifischen

Anfechtungstatbestand behauptet wird, unschlüssig ist

(JBl. 1986, 665). Der Kläger hat sich jedoch ausdrücklich auf § 28

Z 4 KO bezogen und dazu behauptet, daß der Zweitbeklagte seinen

Einfluß auf die Gemeinschuldnerin dazu ausgenützt habe, daß diese zu

nicht kostendeckenden Preisen an die Erstbeklagte lieferte und es

dadurch zur finanziellen "Aushöhlung" der Gemeinschuldnerin und

schließlich zur Insolvenz kam. Der Zweit-, der Dritt- und der

Viertbeklagte hätten in Verfolgung dieser Geschäftspraxis grob

fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt. Damit hat aber der Kläger - sieht man von der bisher nicht ausdrücklich behaupteten Befriedigungstauglichkeit ab - ausreichende Tatsachenbehauptungen zum Anfechtungsgrund des § 28 Z 4 KO aufgestellt, welcher die im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner eingegangenen Kauf-, Tausch- und Lieferungsverträge für anfechtbar erklärt, sofern der andere Teil in dem Geschäft eine die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebung erkannte oder erkennen mußte. Der Masseverwalter hat auch die danach angefochtenen Geschäfte jedenfalls insoweit hinreichend bezeichnet, als er auf die Kalkulation der Aufträge für die Entwässerungsanlage und die "Faserlinie" hinwies und hiebei eine Vermögensverschleuderung im Umfang von rund 42 Millionen S behauptete.

Nach der eingehend begründeten Entscheidung WBl. 1987, 74 (mit zustimmender Anmerkung von Wilhelm) = EvBl. 1987/104 = RdW 1987, 126 (ebenso 7 Ob 707/86), der sich auch der erkennende Senat anschließt, genügt für die Anfechtungsklage schon ein Leistungsbegehren. Auch das Fehlen einer ausdrücklichen Genehmigung zur Erhebung der (Anfechtungs-)Klage (vgl König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, Rz 433, der dort die "Gestattung" nach §§ 90, 114 Abs. 2 KO erwähnt) macht die Klage weder unzulässig noch unschlüssig. Der Masseverwalter ist in seiner Amtsbefugnismitwirkung nach außen grundsätzlich nicht beschränkt. Die von der Erstbeklagten zitierte Entscheidung JBl. 1979, 492 betrifft einen Fall des § 117 KO, bei dem der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Amtsbefugnis des Masseverwalters ausnahmsweise für bestimmte Veräußerungsgeschäfte unterbrochen ist. In der Klageerhebung ist aber der Masseverwalter grundsätzlich frei.

Zur Frage der Schlüssigkeit der Klage gegen den Zweit-, den Dritt- und den Viertbeklagten nehmen die Rechtsmittelwerber nicht mehr Stellung.

Den Rekursen ist daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16577

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00607.88.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19890110_OGH0002_0040OB00607_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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