TE OGH 1989/1/10 10ObS330/88

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Veröffentlicht am 10.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinrich Basalka (Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois S***,

Lagerleiter, 2722 Winzendorf, Hauptstraße 100, vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. August 1988, GZ 33 Rs 114/88-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21. Jänner 1988, GZ 4 Cgs 1747/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab Anfallstag die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der (am 13. Mai 1934 geborene) Kläger leidet seit Jahren an einer chronischen Bronchitis. Die Lungenfunktion zeigt gering pathologische Werte im Sinn einer Obstruktion vorwiegend der kleinen Luftwege, die medikamentös gut beinflußbar ist. Er ist trotzdem für die Arbeiten sämtlicher Schweregrade in allen Körperhaltungen im Freien und in geschlossenen Räumen für die volle Arbeitszeit geeignet.

Von interner Seite ist er in der Lage, alle leichten bis mittelschweren Arbeiten ohne Einschränkung der Körperhaltung mit den üblichen Arbeitspausen durchzuführen. Er leidet an einem Leberschaden, Unterblutdruck und zeitweisen Herzschmerzen. Aus orthopädischer Sicht bestehen bei dem verbraucht wirkenden Kläger eine funktionelle unbedeutende Bewegungseinschränkung des rechten Daumens ohne wesentliche Gebrauchsminderung der rechten Hand und eine Sprunggelenksarthrose mit mäßiger Bewegungseinschränkung ohne Entzündungszeichen. Aus orthopädischer Sicht ist der Kläger für alle leichten und mittelschweren Arbeiten vorwiegend im Sitzen, bis zu einem Drittel der Arbeitszeit auch im Gehen und Stehen, bei den normalen Arbeitszeiten und üblichen Unterbrechungen geeignet. Ausgeschlossen ist das Heben und Tragen von Lasten über 20 kg sowie die Verrichtung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Beim Kläger besteht "also" ein Sprunggelenksleiden, woraus sich eine Einschränkung der Gehleistung bloß auf ein Drittel der Tagesleistung ergibt.

Der Kläger arbeitete vom 1. August 1966 bis 27. Juli 1975 als Maurer und anschließend vom 2. August 1976 bis 3. Juli 1983 als Lagerhalter. Seit dieser Zeit geht er keiner Beschäftigung mehr nach. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger keinen Berufsschutz habe und sich daher auf zahlreiche Berufe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse, weshalb die Klage abzuweisen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Das Erstgericht habe mit Recht den Berufsschutz des Klägers verneint und diesen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen. Auf seine Tätigkeit als (angelernter) Maurer komme es nicht an, weil er im "Beobachtungszeitraum" überwiegend als Lagerhalter beschäftigt gewesen sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Das Urteil des Erstgerichtes leidet in mehrfacher Hinsicht an Feststellungsmängeln. Um beurteilen zu können, ob der Versicherte Anspruch auf eine Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit hat, ist es notwendig, das sogenannte Leistungskalkül des Versicherten, also das Ausmaß seiner Arbeitsfähigkeit (vgl. § 255 Abs 1 und § 273 Abs 1 ASVG), festzustellen. Dazu genügt es nicht, wie dies das Erstgericht getan hat, den Inhalt der eingeholten Sachverständigengutachten wiederzugeben. Es muß unter Berücksichtigung aller Gutachten festgestellt werden, in welchen Punkten und in welchem Maß die Arbeitsfähigkeit des Versicherten gegenüber der eines gesunden Versicherten eingeschränkt ist. Dies ist dem Urteil des Erstgerichtes nicht eindeutig zu entnehmen, weil aus den von ihm eingeholten Sachverständigengutachten und den darauf gegründeten Feststellungen ein verschiedenes Leistungskalkül hervorgeht. Auf Grund des Leistungskalküls des Versicherten ist dann zu prüfen, ob er imstande ist, die von ihm zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit weiterhin auszuüben, ohne daß damit eine ins Gewicht fallende Gefahr der Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes verbunden ist. In diesem Fall ist er weder invalid im Sinn des § 255 ASVG noch berufsunfähig im Sinn des § 273 ASVG (vgl. SSV-NF 1/37, 1/68). Erst wenn feststeht, daß der Versicherte die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit nicht mehr in der angeführten Weise ausüben kann, muß geprüft werden, ob für ihn eine andere Berufstätigkeit in Betracht kommt, wobei der Kreis dieser Berufstätigkeit davon abhängt, welcher der im § 255 oder § 273 ASVG festgelegten Tatbestände für den Eintritt des Versicherungsfalles maßgebend ist.

Hier ergibt sich aus dem Pensionsakt, daß der Kläger

Versicherungszeiten zunächst in der P*** DER

A*** und sodann in der P*** DER A***

erwarb, wobei er unbestritten zur beklagten P*** DER A*** gemäß § 245 Abs 3 ASVG leistungszugehörig und die beklagte Partei daher gemäß § 246 ASVG leistungszuständig ist. Hat der Versicherte Versicherungsmonate in mehreren Zweigen der Pensionsversicherung erworben, so kommen für ihn gemäß § 245 Abs 1 ASVG die Leistungen des Zweiges in Betracht, dem er leistungszugehörig ist. Es wären dies hier also die Leistungen aus der P*** DER A***, für die beim

Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit § 273 ASVG maßgebend ist.

Es ist anzunehmen, daß der Gesetzgeber beim § 245 Abs 1 ASVG davon ausging, der Versicherte habe die gemäß den nachfolgenden Absätzen 2 bis 4 für die Leistungszugehörigkeit zu berücksichtigenden Beitragszeiten auf Grund einer Beschäftigung erworben, die gemäß den §§ 13 bis 15 ASVG die Versicherungszugehörigkeit zu dem Zweig der Pensionsversicherung begründet, in dem sie vorliegen. Es sind aber Fälle denkbar, in denen dies nicht zutrifft, weil der Versicherte eine Beschäftigung ausgeübt hat, die die Zugehörigkeit zu einem anderen Zweig der Pensionsversicherung als jenem begründet hätte, in dem die Pflichtversicherung angenommen wurde. Das Gesetz enthält für diese Fälle keine ausdrückliche Regelung. Da sich kein Anhaltspunkt dafür ergibt, daß dies beabsichtigt war, liegt eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch Analogie zu schließen ist (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rz 2 und 3 zu § 7; Koziol-Welser8 I 23 ff; SZ 57/194 ua).

Ergibt sich, daß der Versicherte bei richtiger Beurteilung der von ihm ausgeübten Beschäftigung Versicherungszeiten aus anderen Zweigen der Pensionsversicherung als jenen erworben hat, die der Beurteilung der Leistungszugehörigkeit zugrundegelegt wurden, oder daß sie in einem anderen Verhältnis vorliegen, als bei der Beurteilung der Leistungszugehörigkeit angenommen wurde, und hätte die richtige Zuordnung der Versicherungszeiten zu einer Änderung der Leistungszugehörigkeit geführt, so sind auf den Anspruch des Versicherten auf Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit jene Bestimmungen analog anzuwenden, die anzuwenden wären, wenn die Versicherungszugehörigkeit und damit auch die Leistungszugehörigkeit von vornherein richtig beurteilt worden wäre. Ist also ein Versicherter zur P*** DER A*** leistungszugehörig, gehen aber die bei der Feststellung der Leistungszugehörigkeit berücksichtigten Versicherungszeiten überwiegend auf eine Beschäftigung zurück, die gemäß § 13 ASVG die Zugehörigkeit zur P*** DER A*** begründet hätte,

so hat er zwar gemäß § 245 Abs 1 iVm § 271 Abs 1 ASVG Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension. Die Voraussetzungen dafür, ob er berufsunfähig ist, sind aber nicht nach § 273 ASVG zu beurteilen, sondern es ist hierauf § 255 ASVG analog anzuwenden. Umgekehrt ist der Anspruch eines Versicherten auf Invaliditätspension nach § 273 ASVG zu beurteilen, wenn die für die Leistungszugehörigkeit zur P*** DER A*** maßgebenden

Versicherungszeiten überwiegend auf eine Beschäftigung zurückgehen, die gemäß § 14 ASVG seine Zugehörigkeit zur P*** DER A*** begründete (ähnlich schon SSV-NF 2/57, 2/60, 2/71 ua). Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Lösung der Frage, welchem Versicherungszweig eine Tätigkeit zuzuordnen ist, auf deren Inhalt an. Eine hierüber zwischen dem Versicherten und seinem Arbeitgeber getroffene Vereinbarung ist daher nicht bindend. Dies gilt insbesondere auch für die Lösung der Frage, ob das Beschäftigungsverhältnis des Versicherten durch eines der im § 14 Abs 1 Z 1 und 2 ASVG angeführten Berufsgesetze geregelt ist und seine Tätigkeit daher die Zugehörigkeit zur P*** DER A*** begründet.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu allerdings in seinem Erkenntnis Slg 5.966/A die Auffassung, daß die die Versicherungszugehörigkeit regelnde öffentlich-rechtliche Norm des § 14 Abs 1 Z 1 ASVG auf einen zivilrechtlichen Tatbestand abstelle. Dieser sei aber nicht nur dann erfüllt, wenn die Regelung des Beschäftigungsverhältnisses durch eines der angeführten Gesetze schon nach den Bestimmungen über das Anwendungsgebiet dieses Gesetzes gegeben ist, sondern auch, wenn sie auf einer zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer abgeschlossenen Vereinbarung beruht, derzufolge auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich das Angestelltengesetz anzuwenden ist. Er beruft sich dabei auf seine Erkenntnis Slg 17.586/A, in dem zu der auf denselben Tatbestand abgestellten Bestimmung des § 1 Abs 1 letzter Satz AngVG 1926 BGBl. 388 idF der 2. Nov. BGBl. 1928/201 die Auffassung vertreten wurde, daß die Verwaltungsbehörde nicht selbständig zu untersuchen habe, ob das Dienstverhältnis dem Angestellten- (Schauspieler-, Gutsangestellten-) Gesetz zu unterstellen wäre, sondern eine Versicherungspflicht nach dieser Gesetzesstelle nur dann annehmen dürfe, wenn dies entweder durch ein gerichtliches Urteil festgestellt oder wenn wenigstens aus den unbestrittenen Abmachungen der Parteien zweifelsfrei erweislich ist, daß der Angestellte in dienstrechtlicher Hinsicht nach einem dieser Standesgesetze behandelt wird. Die Regelung des Dienstverhältnisses durch eines dieser Gesetze sei daher für die Behörde eine Tatbestands- und nicht eine Rechtsfrage (vgl. die in den Amtlichen Nachrichten des BMJ 1933, 281 veröffentlichten Entscheidungsgründe). Diese Ansicht haben der Verwaltungsgerichtshof und später der Bundesgerichtshof zum § 1 Abs 1 letzter Satz AngVG und zum im wesentlichen gleichlautenden § 223 Abs 1 letzter Satz GSVG 1938 BGBl. 1 in mehreren Erkenntnissen wiederholt (VwGH Slg 17.593/A; Zl. 402/70; Zl. 1683/72; Zl. 1685/72; BGH Slg 438/A, 611/A und 1484/A). Zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG (Slg 5.966/A) hat schon Krejci kritisch Stellung genommen und ist in einer eingehenden Untersuchung (Arbeitsvertrag und Versicherungszugehörigkeit, VersRSch 1966, 91 und 121) zu dem Ergebnis gekommen, im ASVG fänden sich sowohl Elemente, die tätigkeitsbezogene, als auch solche, die vertragsinhaltsbezogene Abgrenzungskriterien der Versicherungszugehörigkeit zur P*** DER A*** böten, wobei die Elemente der Tätigkeitsbezogenheit überwiegend seien und die historische Interpretation des § 14 ASVG keine Anhaltspunkte für einen vertragsinhaltsbezogenen Angestelltenbegriff des Sozialversicherungsrechtes ergebe. Abgelehnt wurde die angeführte Rechtsprechung von Tomandl (Entscheidungsbesprechung in ZAS 1971, 28). Schrammel (Der "Angestellte ex contractu" im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, ZAS 1973, 163) schloß sich ebenfalls der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht voll an. Er kam zu dem Ergebnis, daß als Angestellte die Versicherten anzusehen seien, die im Arbeitsvertragsrecht Angestellte ex lege sind, weiters aber auch die Arbeitnehmer, die vertragsmäßig nach den Vorschriften des AngG behandelt werden, eine entsprechende Fachausbildung aufweisen und entsprechend dieser Ausbildung im Betrieb verwendet werden. Messiner hat allerdings in einer Erwiderung zum Aufsatz Schrammels (Kontroverse um die "Angestellten ex contractu" im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1974, 17) die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebilligt, wobei er sich vor allem auf die Entstehungsgeschichte der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen beruft.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes lassen zwar, die Worte "wenn ihr Beschäftigungsverhältnis durch das Angestelltengesetz ..., Gutsangestelltengesetz ... oder Schauspielergesetz ... geregelt ist" sowohl die Auslegung zu, daß es auf den Inhalt der Tätigkeit ankommt, sie könne aber auch dahin verstanden werden, daß die Vereinbarung der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend ist, weil hiefür wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit (vgl. hiezu Koziol-Welser I8 192) die Geltung dieser Gesetze vereinbart werden kann (ähnlich Schrammel aaO 168 und insoweit übereinstimmend auch Messiner aaO 18). Das gleiche muß für die im § 14 Abs 1 Z 2 enthaltenen Worte "wenn ihr Beschäftigungsverhältnis durch das Vertragsbedienstetengesetz ... geregelt ist" gelten. Durch die historische Auslegung ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes für die hier zu lösende Frage nichts zu gewinnen. Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung mag für das AngVG ihre Berechtigung haben, weil zur Zeit der Geltung dieses Gesetzes für Arbeiter keine Pensionsversicherung bestand (vgl. Art III Abs 2 ArbVG BGBl. 1927/125; Lederer, Grundriß des österreichischen Sozialrechtes8 35 f; Hofmeister, Ein Jahrhundert Sozialversicherung in Österreich 199 ff) und es daher den Parteien des Arbeitsverhältnisses überlassen bleiben konnte, ob sie den Versicherungsschutz für Angestellte, der mit der Verpflichtung der Entrichtung von Beiträgen verbunden war, in Anspruch nehmen wollen. Dies entsprach auch der Absicht des Gesetzgebers (vgl. den AB zur zweiten AngVG Nov. 186 BlgNR 3.GP 6). Diese Verhältnisse treffen aber auf das ASVG nicht mehr zu, weil in der Pensionsversicherung nunmehr die Versicherungspflicht und die Leistungen für Arbeiter und Angestellte gleich und nur die Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs verschieden sind. Aus den Unterschieden in Beitrags- und Leistungsrecht in der Krankenversicherung und - bis zur

32. ASVG Nov. BGBl. 1976/704 - im Beitragsrecht der Unfallversicherung läßt sich ein sicherer Anhaltspunkt für die Auslegung nicht gewinnen (vgl. hiezu die mit diesem Ergebnis im Einklang stehenden Ausführungen von Krejci aaO 126 f und Schrammel aaO 168 f einerseits und Messiner 20 andererseits). Zu prüfen ist schließlich auch noch der Zweck der Regelung. Daß sich dabei aus dem Bereich der Kranken- und Unfallversicherung kein eindeutiges Ergebnis erzielen läßt, wurde schon gesagt. Im Bereich der Pensionsversicherung spricht der Zweck der Regelung aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes deutlich dafür, daß es auf den Inhalt der Tätigkeit und nicht auf die Vereinbarung der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses ankommt. Es läßt sich nämlich kein sachlicher Grund dafür finden, daß die Parteien darauf Einfluß haben sollen, von welchen Voraussetzungen der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit abhängt. Da weder die wörtliche noch die historische Auslegung entgegenstehen, führen diese Überlegungen dazu, daß nach § 14 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz und Z 2 ASVG der Inhalt der Tätigkeit und nicht die Vereinbarung der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses entscheidend ist. Dazu kommt noch, daß sich ein zusätzliches, wenn auch möglicherweise nicht allein tragendes (so Schrammel aaO 168 unter Hinweis auf § 14 Abs 3 ASVG) Argument aus dem zweiten Halbsatz des § 14 Abs 1 Z 1 ASVG gewinnen läßt, weil bei diesem Tatbestand eindeutig auf den Inhalt der Dienstleistung abgestellt ist. Schließlich ist noch auf die Ausführungen Schrammels (Der pensionsversicherungsrechtliche Schutz im Falle geminderter Leistungsfähigkeit in: Tommandl, Die Minderung der Leistungsfähigkeit im Recht der Sozialversicherung 71 sowie Entscheidungsbesprechung in ZAS 1981, 74 ff) hinzuweisen, dessen Argumenten sich der Oberste Gerichtshof weitgehend anschließt. Auch Teschner !in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 3. ErgLfg 368 vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien die Ansicht, der Anspruch eines Pensionswerbers, der trotz seiner Versicherung als Angestellter Arbeitertätigkeiten verrichtet hat, sei nach dem Invaliditätsbegriff des § 255 ASVG zu beurteilen.

Die Vorinstanzen haben die Gesetzesstelle, nach der sie die Frage gelöst haben, ob der Kläger Anspruch auf eine Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit hat, nicht ausdrücklich angeführt, sie haben aber offensichtlich § 255 Abs 3 ASVG angewendet. Dies wäre nach dem Gesagten aber nur richtig, wenn die für die Leistungszugehörigkeit des Klägers maßgebende Beschäftigung nach § 13 ASVG die Zugehörigkeit zur P*** DER A*** begründet hätte. Zur Entscheidung

dieser Frage reichen die Feststellungen jedoch nicht aus. Für die Leistungszugehörigkeit des Klägers maßgebend war die Beschäftigung als "Lagerhalter". Ohne den Inhalt dieser Tätigkeit zu kennen, kann nicht gesagt werden, welche Versicherungszugehörigkeit hiedurch begründet wurde.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht in erster Linie das Leistungskalkül des Klägers in dem beschriebenen Sinn festzustellen und dann zu prüfen haben, ob dem Kläger auf Grund dieses Leistungskalküls die Ausübung der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit weiterhin zugemutet werden kann. Wenn dies nicht der Fall ist, werden diejenigen Feststellungen zu treffen sein, die im Sinn des Gesagten für die Beurteilung der Frage notwendig sind, ob der Anspruch des Klägers auf Berufsunfähigkeitspension entsprechend seiner Leistungszugehörigkeit zur P*** DER A*** nach § 273 ASVG zu beurteilen oder ob hiefür § 255 ASVG maßgebend ist. Je nach dem Ergebnis, das die rechtliche Beurteilung dieser Feststellungen bringt, sind sodann weitere Feststellungen zu dem demnach für den Anspruch des Klägers maßgebenden Tatbestand notwendig.

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 2 Abs 1 ASGG iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E17471

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00330.88.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19890110_OGH0002_010OBS00330_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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