Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Fa. Rudolf R*** & Sohn, 1060 Wien, Mariahilferstraße 5, vertreten durch Dr. Hans Rant und Dr. Kurt Freyler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Herbert T***, Kaufmann,
2380 Perchtoldsdorf, Tannenweg 4, vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, wegen S 75.600,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Juni 1988, GZ 12 R 62/88-18, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Dezember 1987, GZ 13 Cg 231/86-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin betreibt das Immobilienmaklergewerbe. Der Beklagte wandte sich im April 1975 an die Klägerin und unterfertigte einen Vermittlungsauftrag über den Ankauf einer Villa im 13., 18. oder 19. Bezirk in Cottagelage, zirka 150 bis 200 m2 groß, mit Schwimmbad. Die Klägerin bot ihm in der Folge bis Juli 1976 verschiedene Objekte, darunter auch ein solches in Perchtoldsdorf, an, doch sagten diese dem Beklagten nicht zu.
Am 24. November 1976 besichtigte der Beklagte mit Helmut S***, einem Angestellten der Klägerin, die in Perchtoldsdorf - Tirolerhofsiedlung, Tannenweg 4, in der Höhenlage von Perchtoldsdorf gelegene Villa auf der im Alleineigentum des Karl M*** stehenden, 1199 m2 großen Liegenschaft EZ 6288 KG Perchtoldsdorf. Die Villa samt Garage für zwei PKW und einem Swimming-Pool im Garten bestand aus einem Wohnkeller mit Heiz- und Tankraum, einem WC und zwei Kellerräumen, im Parterre aus einer großen Diele, einer Wohnküche mit 21 m2, zwei Zimmern (ein Bügelzimmer, ein Fremdenzimmer mit Duschbad und WC), einem Eßzimmer mit 70 m2 und einer Terrasse, sowie im ersten Stock aus einem großen Schlafzimmer samt begehbarer Garderobe mit 45 m2, zwei Kinderzimmern und zwei Bädern. Dieses Objekt bot die Klägerin dem Beklagten am 25. November 1976 auch schriftlich zum Ankauf an, wobei ein Kaufpreis von S 5,000.000,-- und eine Vermittlungsprovision von brutto S 177.000,-- angegeben wurden. Ab diesem Zeitpunkt setzte sich der Beklagte mit der Klägerin nicht mehr in Verbindung. Er schloß mit dem ihm persönlich bekannten Karl M*** am 3. Dezember 1976 den Kaufvertrag über den Ankauf der Liegenschaft um S 2,100.000,-- ab. Die Liegenschaft wurde ihm auch übergeben. Der Kaufvertrag wurde in der Folge aber nicht verbüchert, vielmehr blieb der Verkäufer weiterhin bücherlicher Eigentümer und es wurde jeweils eine Jahr für Jahr verlängerte Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung im Grundbuch angemerkt. Erst im Frühjahr 1986 erfolgte die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten, welcher der Klägerin auch vom seinerseitigen Abschluß des Kaufvertrages keine Mitteilung gemacht hatte; diesbezüglich gab es für die Klägerin nur Gerüchte. Für sie stand erst im April 1986 aufgrund der Eigentumseinverleibung des Beklagten fest, daß dieser die Liegenschaft gekauft hat. Auf entsprechendes Schreiben und Mahnungen der Klägerin reagierte der Beklagte nicht.
Mit ihrer am 3. September 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der ihr für die Vermittlung des Ankaufes dieser Liegenschaft zustehenden Provision von letztlich S 75.600,-- s.A.
Soweit für das vorliegende Revisionsverfahren noch von Interesse, erhob der Beklagte dagegen unter anderem den Einwand der Verjährung. Er behauptete, der Klägerin sei bereits Anfang 1977 bekannt gewesen, daß er das Objekt gekauft habe (ON 5, AS 23). Hiezu brachte die Klägerin vor, sie habe bereits im Mai 1977 vermutet, daß der Beklagte das Haus gekauft habe und an ihn ein Schreiben gerichtet, mit dem sie auf die dadurch fällig gewordene Provision verwiesen habe. Der Beklagte habe sich aber auch daraufhin mit ihr nicht in Verbindung gesetzt. Die Klägerin habe erst anläßlich einer Grundbuchseinsicht im April 1986 von dem bereits am 3. Dezember 1976 abgeschlossenen Kaufvertrag Kenntnis erhalten. Der Beklagte habe eine frühere Kenntnisnahme der Klägerin davon durch die immer wieder erneuerten Rangordnungen arglistig verhindert (ON 5, AS 23).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache zur Gänze statt. Es traf im wesentlichen die eingangs wieder gegebenen Tatsachenfeststellungen und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht, daß dem Verjährungseinwand des Beklagten keine Berechtigung zukomme. Die langjährige Unkenntnis der Klägerin vom Abschluß des Kaufvertrages sei nämlich auf ein arglistiges Verhalten des Beklagten zurückzuführen. Dieser habe sein Eigentumsrecht erst 10 Jahre später verbüchern lassen und auf das Schreiben der Klägerin im Jahre 1977 nicht geantwortet.
Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Beklagten den stattgebenden Teil des Ersturteiles (Punkt 1) des Berufungsurteiles), änderte dieses aber in teilweiser Stattgebung der Berufung der Klägerin in seinem die Zinsen betreffenden abweislichen Teil ab und sprach der Klägerin auch 4 % Zinsen aus S 75.600,-- vom 4. Dezember 1976 bis 3. Dezember 1986 zu (Punkt 2) des Berufungsurteiles). Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die Revision gegen den bestätigenden Teil seiner Entscheidung (Punkt 1) zulässig sei. Es übernahm die dargestellten Feststellungen des Erstgerichtes und traf seinerseits nach ergänzender Beweisaufnahme noch folgende weitere Feststellung:
Ende September 1977 übermittelte die Klägerin dem Beklagten ein Schreiben folgenden Inhaltes:
"Perchtoldsdorf, Tirolerhofsiedlung, Tannenweg 4.
Sehr geehrter Herr Ing. T***!
Wie wir nunmehr in Erfahrung bringen konnten, haben Sie die oben
angeführte Liegenschaft bereits bezogen.
Wir ersuchen Sie daher zwecks Regelung unseres Provisionsanspruches um ehebaldige Kontaktaufnahme mit unserer Kanzlei und verbleiben inzwischen mit vorzüglicher
Hochachtung ......".
Die Bestätigung des Ersturteiles begründete das Berufungsgericht damit, daß die Provisionsforderung der Klägerin schon deshalb nicht verjährt sei, weil sie ihren Anspruch mit dem Schreiben vom 29. September 1977 gegenüber dem Beklagten angemeldet habe. Da dieser das Schreiben nicht beantwortet habe, sei nach der gemäß § 29 Abs 1 HVG anzuwendenden Bestimmung des § 17 Abs 3 HVG eine Hemmung der Verjährung eingetreten, die bis zur Klagseinbringung angedauert habe.
Die Revision des Beklagten, mit der inhaltlich der Anfechtungsgrund des § 503 Abs 4 Z 4 ZPO geltend gemacht wird, richtet sich ausdrücklich gegen den gesamten Inhalt des Berufungsurteiles, ficht daher auch den abändernden Teil dieser Entscheidung (Punkt 2) an. Der Beklagte stellt den Antrag auf Abänderung des Berufungsurteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise wird dessen Aufhebung beantragt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision gegen den bestätigenden Teil der Berufungsentscheidung ist im Gegensatz zur Meinung der Klägerin gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, weil zur Frage der Anwendbarkeit des § 17 Abs 3 HVG auf den Provisionsanspruch eines Immobilienmaklers eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.
Dies betrifft auch die gleichzeitig gegen den abändernden Teil der Berufungsentscheidung erhobene Revision. Zwar ist hier nicht der Geldwert des bekämpften Zinsenzuspruches maßgeblich, weil der Beschwerdegegenstand an Geld einer solchen Nebenforderung gleich Null ist. Nebenforderungen bleiben nämlich auch nach der Zivilverfahrens-Novelle 1983 bei der Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes wie bisher gemäß § 54 Abs 2 JN (in Verbindung mit § 55 Abs 4 JN) unberücksichtigt (Petrasch in ÖJZ 1983, 173 und ÖJZ 1985, 294). Doch ist ausnahmsweise eine Teilabänderung bis S 15.000,-- für jene Partei anfechtbar, die - wie
hier - gleichzeitig eine Teilbestätigung über S 60.000,-- bekämpft, sofern die mehreren Ansprüche im Sinne des § 55 JN zusammenzurechnen sind (Petrasch in ÖJZ 1983, 174 und ÖJZ 1985, 294). Dies muß auch dann gelten, wenn mehrere selbständige Ansprüche gar nicht vorliegen, wenn also zugleich sowohl die erfolgte Teilbestätigung der Hauptforderung als auch die Teilabänderung der Nebenforderungen bekämpft wird, weil letztere im Verhältnis zur Hauptforderung akzessorisch sind. Nur dann, wenn mit der Revision lediglich der Zuspruch oder die Aberkennung von Zinsen bekämpft würde, wäre dies ohne Rücksicht auf deren wirklichen Geldwert unzulässig (Petrasch in ÖJZ 1985, 294).
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 29 Abs 1 HVG in Verbindung mit § 17 Abs 1 HVG verjährt der Provisionsanspruch des Immobilienmaklers in drei Jahren, wobei der Makler die Provision gemäß § 29 Abs 2 HVG ohne Verzug abzurechnen hat, nachdem er den unbedingten Anspruch darauf im Sinne des § 6 Abs 2 HVG erworben hat. Der unbedingte Anspruch auf die Provision ist gemäß dem ausdrücklich genannten § 6 Abs 2 HVG dann erworben, wenn das vermittelte Geschäft abgeschlossen worden ist (Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 554), im vorliegenden Fall daher am 3. Dezember 1976. Hiezu wurde bereits ausgesprochen, daß sich der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist des Provisionsanspruches eines Immobilienmaklers mangels einer abweichenden Parteienvereinbarung - wie hier - nach § 17 Abs 2 HVG richtet und nicht etwa nach dem allgemeinen Grundsatz, daß die Verjährung einer Schuldforderung erst mit der objektiven Möglichkeit zu klagen, das heißt in der Regel mit der Fälligkeit, beginnt. Die Verjährungsfrist beginnt daher erst mit dem Schluß des Jahres zu laufen, in dem der die Verjährung auslösende Umstand eingetreten ist (MietSlg 30.625, 35.709; 6 Ob 683/87). Das Berufungsgericht hat aber auch zutreffend erkannt, daß gemäß § 29 Abs 1 HVG der gesamte § 17 HVG - also auch dessen Abs 3 - anwendbar ist (Lewisch in ImmZ. 1963, 164). Danach ist aber die Verjährung des Provisionsanspruches eines Immobilienmaklers, der diesen beim Geschäftsherrn angemeldet hat, bis zum Einlangen einer schriftlichen Antwort des Geschäftsherrn gehemmt. Es handelt sich dabei um eine Fortlaufshemmung (vgl. dazu Koziol-Welser, Grundriß8, I, 179), bei der der Lauf der Verjährungsfrist ruht und ab Beendigung des Hemmungsgrundes die restliche Zeit verstreichen muß, damit Verjährung eintritt (Jabornegg aaO 424). Da diese Fortlaufshemmung stets zur Anwendung kommen muß, wenn der Provisionsanspruch bei dem Geschäftsherrn angemeldet worden ist und eine schriftliche Stellungnahme des letzteren fehlt (Jabornegg aaO 425), braucht auch nicht mehr geprüft zu werden, ob die Verjährung dann, wenn der Immobilienmakler vom Geschäftsabschluß keine Kenntnis erhalten hat und deshalb seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Abrechnung über die Provision nicht nachkommen konnte, nicht etwa erst vor dem Schluß jenes Kalenderjahres beginnen kann, in welchem er vom Geschäftsabschluß Kenntnis erlangt hat (vgl. Lewisch aaO 165). Selbst wenn man nämlich zugunsten des Beklagten annähme, daß die dreijährige Verjährungsfrist im vorliegenden Fall mit Ablauf des 31. Dezember 1976 begonnen hätte, so hat die Klägerin ihren Provisionsanspruch doch jedenfalls Ende September 1977 - also noch vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist - beim Beklagten angemeldet. Damit war ab diesem Zeitpunkt der Fortlauf der Verjährungsfrist gehemmt und diese Hemmung zum Zeitpunkt der Klagseinbringung noch aufrecht, weil der Beklagte bis dahin keine schriftliche Antwort gegeben hatte.
Das Berufungsgericht hat daher zutreffend erkannt, daß die dreijährige Verjährungsfrist am 3. September 1986 noch keinesfalls abgelaufen war. Soweit sich der Beklagte im übrigen gegen die ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes wendet, so übersieht er, daß Tatsachenfeststellungen, wenn sie nicht mit den Gesetzen der Logik und Erfahrung in einem unvereinbaren Gegensatz stehen, nicht revisibel sind (EFSlg 52.240 uva).
Da der Beklagte die Rechtsrüge nur zur Frage der Verjährung der Hauptforderung ausgeführt hat, zur Abänderung des Ersturteiles in Ansehung des Zinsenzuspruches aber nicht mehr Stellung nimmt und diese mit keinerlei gesonderten Argumenten bekämpft, ist auf die Berechtigung des Zuspruches der Nebenforderung durch das Berufungsgericht nicht mehr einzugehen (vgl. EvBl 1985/154 mwN). Der Revision mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch für die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E16375European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00697.88.0112.000Dokumentnummer
JJT_19890112_OGH0002_0060OB00697_8800000_000