TE OGH 1989/1/12 6Ob732/88

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Veröffentlicht am 12.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 7.Oktober 1982 verstorbenen Peter B***, Gastwirt, in der Oskar-Pirlo-Straße 11, 6330 Kufstein, wohnhaft gewesen, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Manfrid Lirk, Rechtsanwalt in Braunau, wider die beklagte Partei Helga W***, Hausfrau, Roßbacherstraße 5, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 283.198,20 S sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1988, GZ 3 a R 269/88-72, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 11. März 1988, GZ 2 C 2641/87-66, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Vertrag vom 8. März 1977 verpachtete die Beklagte Peter B***, der die vorliegende Klage eingebracht hatte, aber während des erstinstanzlichen Verfahrens - am 7.Oktober 1982

(ON 17) - verstorben ist, das ihr gehörige Gastgewerbeunternehmen "Cafe N***" mit dem Standort Kufstein, Oskar-Pirlo-Straße 11, zur Weiterführung als gastronomischen Betrieb einschließlich der im ersten Stock gelegenen Wohnung gegen einen monatlichen wertgesicherten Zins von 10.500 S. Die Punkte VII., VIII. und XI. der der Echtheit und Richtigkeit nach außer Streit gestellten (ON 5, S 3 = AS 23) Vertragsurkunde haben nachstehenden Wortlaut:

" VII.

Der Pächter verpflichtet sich, die Kosten der Installation einer zentralen Ölheizung für Parterre und 1. Stock (voraussichtlich 180.000 S), eines kompletten Bades im 1. Stock (voraussichtlich 30.000 S), der Wärmeisolierung der Außenwände hinsichtlich der Ostseite des 1. Stockes (lediglich Innenseite - voraussichtlich 10.000 S), sowie die Kosten der elektrischen Installationen (voraussichtlich 50.000 S) und der Neuerrichtung der Klosettanlage sowie Installation der zugehörigen sanitären Abflüsse (voraussichtlich 30.000 S) zu übernehmen. Art und Umfang dieser Arbeiten ist unter Berücksichtigung der einvernehmlich vorgenommenen Kostenansätze zwischen den Vertragsteilen abzustimmen. Desgleichen die Vergabe im Hinblick auf die Bestangebote. Der Pächter erklärt, Mehrkosten bis zu 20 % zu übernehmen. Sollte dieser Kostenansatz insgesamt jedoch um mehr als 20 % überschritten werden, so ist zwischen den Vertragsteilen Übereinstimmung zu erzielen, inwieweit ein noch teurerer Ausbau vorgenommen wird. Falls keine Einigung zustandekommt, sind die Arbeiten entsprechend zu reduzieren.

VIII.

Die Verpächterin verpflichtet sich, dem Pächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses die unter Punkt VII. dieses Vertrages erwähnten Ausbaukosten unter Berücksichtigung der Ab- und Benützung während der Pachtdauer abzulösen ....

XI.

Der Pächter bestätigt, daß er den Pachtgegenstand samt vorhandenem Inventar ordnungsgemäß übernommen hat. Nach Beendigung des Pachtverhältnisses hat er den Pachtgegenstand wiederum in ordentlichem und ohne weitere Maßnahmen benützungsfähigem Zustand zurückzustellen. Soweit über die Bestimmungen des Punktes VII. dieses Vertrages hinausgehende bauliche Änderungen vorgenommen werden sollen, dürfen diese nur mit Zustimmung der Verpächterin erfolgen und gehen diese entschädigungslos in das Eigentum der Verpächterin über ...."

Die klagende Partei begehrte im ersten Rechtsgang die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von zuletzt 451.508,84 S als Ersatz der von Peter B*** auf das Pachtobjekt gemachten Aufwendungen, die ihm die Beklagte auf Grund der bestandenen vertraglichen Beziehungen zu erstatten habe.

Die Beklagte wendete ein, nach dem Pachtvertrag gebühre der klagenden Partei lediglich eine Investitionsablöse von insgesamt 300.000 S. Peter B*** habe es verabsäumt, mit der Beklagten die notwendigen Arbeiten abzusprechen, und habe auch deren Zustimmung zu Mehrarbeiten nicht eingeholt. Ihre zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderungen an geschuldeten und durch das schuldhafte Verhalten Peter B*** entgangenen Pachtzinsen sowie an aufgelaufenen Betriebskosten überstiegen überdies den eingeklagten Betrag. Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Mehrbegehren von 168.310,64 S sA ab. Während dieser Ausspruch in Rechtskraft erwuchs, hob das Berufungsgericht den stattgebenden Teil (283.198,20 S sA) auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem (restlichen) Klagebegehren neuerlich statt. Es stellte fest, Peter B*** habe am Pachtobjekt Elektroinstallationen durchgeführt, denen zunächst ein Wert von 90.851,76 S und beim Auszug des Pächters immer noch ein Zeitwert von 82.902,23 S beizumessen gewesen sei. Außerdem habe er Sanitär- und Heizungsinstallationen mit einem Aufwand von 279.968,40 S vorgenommen, deren Zeitwert nach der ihm anzulastenden Abnützung mit 251.961,56 S anzusetzen sei. Zu den Heizungs- und Sanitärinstallationen kämen Eigenleistungen hinzu, die mit 17.520 S und unter Bedachtnahme auf ihre Abnützung mit 15.768 S zu bewerten seien. Die von Peter B*** in Auftrag gegebenen Baumeisterarbeiten repräsentierten einen Zeitwert von 103.584,33 S, die von Peter B*** selbst durchgeführten Arbeiten für die Wärmeisolierung an der Innenseite der Außenwände im ersten Stock einschließlich des Materials 3.682,80 S. Für weiteres Material habe der Pächter einen Betrag von 170.682,76 S ausgelegt; dessen Zeitwert habe sich bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses auf 128.012,07 S verringert. Als Stundenaufwand für die Verarbeitung dieses Materials sei schließlich ein Zeitwert von 27.188,10 S zu ermitteln, sodaß der Pächter Aufwendungen getätigt habe, die bei Auflösung des Pachtverhältnisses insgesamt mit 613.099,09 S zuzüglich der Umsatzsteuer zu bewerten gewesen seien. 60 % dieser Aufwände hätten sich für das Pachtobjekt werterhöhend ausgewirkt, somit 367.859,45 S zuzüglich der Umsatzsteuer (insgesamt 441.431,33 S). Sämtliche Arbeiten des Pächters seien "notwendig, nützlich und teilweise durch die Baubehörde vorgeschrieben" gewesen, "wobei sich dann weitere Arbeiten als notwendige Folgearbeiten herausgestellt" hätten. So seien "insbesondere" die Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallationen, die Baumeisterarbeiten und die Wärmeisolierung "notwendige und nützliche Arbeiten in einer normalen und durchschnittlichen Ausführung" gewesen. Notwendige Folgearbeiten seien Tapezierung, Verfliesung, Anschlüsse, Färbelung und Verglasung gewesen. Die Herstellung einer Kühlzelle anstelle mehrerer Kühlschränke sei eine "sinnvolle Investition und für die Führung des Gastgewerbebetriebes nützlich" gewesen.

Zwischen Peter B*** und der Beklagten sei es in bezug auf den Anfall höherer als der nach dem Vertrag voraussichtlichen Kosten "weder im positiven Sinne noch im negativen Sinne" zu einer ausdrücklichen Einigung gekommen, die Beklagte sei jedoch während der Umbauarbeiten immer wieder im Pachtobjekt zugegen und über Art und Umfang dieser Arbeiten auf dem laufenden gewesen; sie habe sich nie dagegen ausgesprochen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 23.Oktober 1980 sei Peter B*** zur Räumung des Pachtobjektes verurteilt worden, weil er mit der Zahlung des Pachtzinses in Rückstand geraten sei. Mit Oktober 1980 habe er das Pachtobjekt auch tatsächlich geräumt. In der Folge habe die Beklagte einen Immobilienmakler mit der Vermittlung eines neuen Pachtinteressenten beauftragt. Sie habe sich dabei vorgestellt, vom neuen Pächter neben dem Pachtzins eine Kaution von 250.000 S, "dann" von 150.000 S zu verlangen. Wegen dieser Forderung habe sich der Vermittler um den Auftrag nicht "sonderlich" angenommen, so daß das Pachtobjekt erst wieder mit November 1981 habe verpachtet werden können.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, bis zu einem Betrag von 300.000 S schulde die Beklagte der klagenden Partei die Erstattung der Investitionen auf Grund des Pachtvertrages, darüber hinaus aus nützlicher Geschäftsführung gemäß § 1037 ABGB. 60 % dieser Investitionen seien werterhöhend gewesen und hätten der Beklagten zum klaren und überwiegenden Vorteil gereicht. Unter Abzug der außer Streit gestellten bzw. anerkannten Gegenforderungen bestehe die eingeklagte Forderung somit in Höhe von 283.198,20 S zu Recht. Weitere Gegenforderungen seien nicht anzuerkennen, weil es sich die Beklagte infolge ihrer überhöhten Kautionsforderung selbst zuzuschreiben habe, daß erst derart spät ein neuer Pächter gefunden worden sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und fügte einen Rechtskraftvorbehalt bei. Es führte aus, nach den klaren vertraglichen Bestimmungen sei die Ablöseverpflichtung der Beklagten mit 300.000 S begrenzt. Von einer konkludenten Zustimmung der Beklagten zur Überschreitung des vertraglichen Investitionsrahmens könne keine Rede sein. Eine ausdrückliche Einigung sei nicht festgestellt. Aus der laufenden Information der Beklagten über den Fortschritt der Arbeiten Peter B*** könne nicht darauf geschlossen werden, daß sie über die Aufwandshöhe aufgeklärt worden wäre und Überschreitungen zugestimmt hätte. Schon deshalb könne eine konkludente Einigung im Sinne des § 863 ABGB nicht angenommen werden. Der Pächter hätte vielmehr das Einvernehmen mit der Beklagten suchen bzw. sie um Zustimmung zu den Kostenüberschreitungen angehen müssen. Das gelte auch für Arbeiten auf Grund behördlicher Auflagen. Bei Einverständnis der Beklagten hätte eine Vertragsergänzung vorgenommen werden müssen; andernfalls wäre auch die Rückabwicklung des Pachtverhältnisses denkbar gewesen. Angesichts der vertraglichen Regelung könnten die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht angewendet werden. Die Anwendung dieser Regeln komme nicht einmal zur Erfüllung lückenhafter Verträge in Betracht. Die eingeklagte Forderung könne daher 300.000 S nicht übersteigen. Investitionen in dieser Höhe seien aber überdies nur unter Bedachtnahme auf die Abnützung während der Pachtzeit abzulösen. Das Pachtverhältnis habe dreieinhalb Jahre gedauert. Der Abschlag für die Abnützung sei als Mittelwert der vom Sachverständigen für die einzelnen Investitionen in unterschiedlichen Hundertsätzen ermittelten Abwertung gemäß § 273 ZPO mit 10 % festzusetzen. Die klagende Partei könne daher nur eine Investitionsablöse von 270.000 S in Anspruch nehmen; in diesem Betrag sei auch die Umsatzsteuer enthalten, wie sich aus einem Vergleich mit Punkt IV. des Pachtvertrages ergebe.

Bei der Beurteilung der zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderungen sei zu erwägen, daß der Pächter bis zur Zustellung der erfolgreichen Räumungsklage den Pachtzins einschließlich der Betriebskosten zu bezahlen und danach bis zur tatsächlichen Räumung des Pachtobjektes im Oktober 1980 Benützungsentgelt in Höhe des vereinbarten Zinses zu entrichten gehabt hätte. Außerdem habe die klagende Partei das Benützungsentgelt auch über die Räumung hinaus bis zur tatsächlichen Weiterverpachtung im November 1981 zu leisten, weil es zur Auflösung des Pachtverhältnisses aus dem Verschulden des Pächters infolge Pachtzinsrückständen gekommen sei. Hätte Peter B*** bei Auflösung des Pachtverhältnisses (Februar oder März 1980) selbst gekündigt, wäre die Aufkündigung unter Bedachtnahme auf die vereinbarte Kündigungsfrist von zwölf Monaten frühestens zum 31. Dezember 1981 wirksam gewesen. Dann hätte er den Pachtzins bis dahin weiterzahlen müssen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Benützungsentgelt ab Räumung beruhe auf Schadenersatzrecht. Der Beklagten sei nämlich durch die Nichtverpachtung ein Schaden in Höhe des zuletzt vereinbarten Pachtzinses entstanden. Soweit die Beklagte allerdings für diesen Zeitraum anteilige Betriebskosten verlange, müsse sie den Beweis antreten, daß ihr trotz der mangelnden Benützung des Lokales solche Kosten erwachsen seien. Dagegen treffe die Beweislast in bezug auf die replizierte Verletzung der Schadensminderungspflicht die klagende Partei. In diesem Zusammenhang sei auch die Beweisrüge berechtigt, die die Feststellung bemängle, die Beklagte habe sich vorgestellt, vom neuen Pächter eine Kaution von 250.000 S und dann von 150.000 S zu verlangen. In dieser Form sei die Feststellung sicher nicht richtig. Nach Aussage des als Zeugen vernommenen Immobilienmaklers sei sie im Jahre 1979 bei ihm mit höheren Kautionsvorstellungen erschienen, habe aber schon damals über dessen Anraten eine Kaution von 150.000 S als ausreichend akzeptiert. Eine solche Sicherheitsleistung sei im Gastgewerbe durchaus üblich und tolerierbar. Das Beweisverfahren habe somit keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung der die Beklagte treffenden Schadensminderungspflicht erbracht.

Dennoch erweise sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif. Die Beklagte habe entgangene Pachtzinse vom Februar 1980 bis Oktober 1981 in der Höhe von 270.780,76 S zur Aufrechnung eingewendet, die klagende Partei habe solche nur im Betrag von 70.000 S anerkannt. Vom Erstgericht sei weder die Höhe des jeweils aufgewerteten Pachtzinses noch die Frage erörtert worden, in welcher Höhe Peter B*** Pachtzinszahlungen erbracht und warum er für die Monate März bis Oktober 1980 nur einen Betrag von 70.000 S anerkannt habe. Insoweit werde das Verfahren nach Erörterung mit den Parteien zu ergänzen sein. Das Erstgericht werde auch einen von der Beklagten angebotenen Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen haben, daß die Elektroinstallationen deshalb über den Kostenvoranschlag hinausgehende Aufwendungen erfordert hätten, weil Peter B*** immer wieder Änderungsaufträge erteilt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes von der klagenden Partei erhobene Rekurs ist nur im Ergebnis nicht berechtigt.

Soweit die Rechtsmittelwerberin als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt, daß das Gericht zweiter Instanz vom erstgerichtlichen Urteilssachverhalt abweichende Feststellungen über die von der Beklagten im Pachtvertrag übernommene Verpflichtung zur Ablöse der vom Pächter getätigten Investitionen ohne Beweiswiederholung bzw. -ergänzung getroffen habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht die auf die Investitionen des Pächters und deren Ablöse durch die Verpächterin bezug habenden Bestimmungen des Pachtvertrages lediglich in etwas weiterem Umfang als das Erstgericht wiedergegeben hat. Dazu war es berechtigt, weil die Parteien die Echtheit und die Richtigkeit der Vertragsurkunde (Beilage B) - wie schon erwähnt - außer Streit gestellt haben. Im übrigen hat auch das Erstgericht Feststellungen über den Inhalt der vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und Peter B*** nicht auf Grund der Aussage der als Zeugin vernommenen Witwe nach dem Pächter, Rosemarie B***, sondern ausschließlich auf Grund des vorgelegten Vertrages getroffen. Die Auslegung von Willenserklärungen lediglich auf Grund vorgelegter Urkunden ist rechtliche Beurteilung.

Die im Rekurs behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, auch sonst nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Dagegen kann dem Gericht zweiter Instanz bei seiner Auslegung der Punkte VII., VIII. und XI. des Pachtvertrages nicht gefolgt werden. Im Punkt VII. verpflichtete sich der Pächter, die Kosten der Installation einer zentralen Ölheizung eines Bades, der Wärmeisolierung, der elektrischen Installationen, der Neuerrichtung einer Klosettanlage und der Installation der dazugehörigen sanitären Abflüsse in näher beschriebenem Umfang und in einer "voraussichtlichen" Höhe und darüberhinaus Mehrkosten bis zu 20 % zu übernehmen. Bei Überschreitung auch dieser Mehrkosten war zwischen den Vertragsteilen das Einvernehmen darüber herzustellen, inwieweit ein noch teurerer Ausbau vorgenommen werden sollte. Mangels Einigung waren die Arbeiten entsprechend zu reduzieren. Im Punkt VIII. hingegen verpflichtete sich die Verpächterin, dem Pächter diese Investitionen bei Beendigung des Bestandverhältnisses unter Bedachtnahme auf die durch die Benützung und Abnützung bewirkte Abwertung abzulösen. Im Punkt XI. wurde schließlich festgehalten, daß über die Bestimmungen des Punktes VII. hinausgehende bauliche Änderungen nur mit Zustimmung der Verpächterin erfolgen dürfen und solche entschädigungslos in deren Eigentum übergehen. Schon unter Bedachtnahme auf diese Gliederung der Vertragsbestimmungen und deren Zusammenhang sind diese - entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung - so zu verstehen, daß die im Punkt VII. aufgezählten, näher umschriebenen und für die Aufnahme des Gastgewerbebetriebes möglicherweise notwendigen Aufwendungen des Pächters auf das Bestandobjekt in diesem und in den folgenden Punkten VIII. bis X. abschließend geregelt werden sollten, wogegen andere - im Vertrag etwas undeutlich mit "über die Bestimmungen des Punktes VII. hinausgehend" umschriebene - bauliche Änderungen ebenfalls auf Kosten des Pächters nur mit Zustimmung der Verpächterin vorgenommen werden durften. Am deutlichsten kommt die Abgrenzung aber in den Folgen zum Ausdruck: Hatte die Verpächterin die im Punkt VII. beschriebenen Investitionen nach näher geregelten Modalitäten abzulösen und waren solche Arbeiten, wenn die Vertragsteile über die Mehrkosten keine Einigung erzielen konnten, zu reduzieren, so gingen alle übrigen, nicht im Punkt VII. genannten Aufwendungen bei Auflösung des Pachtverhältnisses jedenfalls entschädigungslos ins Eigentum der Verpächterin über. Soweit demnach die von der klagenden Partei geltend gemachten Aufwendungen ihrer Art nach zu den im Punkt VII. angeführten Aufwendungen zu rechnen sind (was zumindest bei der Installation eines Kühlraumes und teilweise auch bei Baumeisterarbeiten zweifelhaft sein könnte), ist somit zunächst zu prüfen, ob sie die dort festgelegte Höhe der Kosten überschritten haben: Bis zur Höhe von 300.000 S hatte sie die Beklagte - nach Maßgabe der festgelegten Abwertung - jedenfalls abzulösen, Mehrkosten von 60.000 S (= 20 %) hat die klagende Partei nach der insoweit eindeutigen Vertragsregelung selbst zu tragen. Darüber hinausgehende Mehrkosten blieben hingegen einer erst zu erzielenden Einigung zwischen den Vertragsteilen vorbehalten. War diese nicht zu erreichen, hätten die Arbeiten "entsprechend" (was immer darunter zu verstehen ist) reduziert werden sollen. Eine solche Übereinstimmung wurde nach den erstinstanzlichen Feststellungen - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend dargelegt hat - nicht erzielt: Eine ausdrückliche Einigung konnte das Erstgericht nicht feststellen. Für die Annahme einer konkludenten Zustimmung der Beklagten zu den Mehrkosten reichen Feststellungen darüber, daß sie sich laufend an Ort und Stelle über den Baufortschritt informiert hat, schon deshalb nicht aus, weil ihr trotzdem die Entwicklung der Kostenlage als nicht fachkundiger Person verborgen geblieben sein konnte. Das Erstgericht hat nicht festgestellt, daß die Beklagte von Peter B*** auch darüber aufgeklärt worden wäre oder gar einer solchen Kostenentwicklung zugestimmt hätte. Aus den erstinstanzlichen Feststellungen kann somit nicht einmal darauf geschlossen werden, daß der Pächter die Beklagte um die im Vertrag vorgesehene Einigung angegangen wäre.

Obgleich somit eine Einigung der Vertragsteile über die Tragung der Mehrkosten (über 20 % des Grundbetrages hinaus), mit deren Beweis die klagende Partei, die den Investitionsersatz begehrt, belastet ist, nicht erwiesen ist, kann das über den Grundbetrag hinausgehende Aufwandsersatzbegehren nicht schon deshalb als nicht berechtigt erkannt werden. Die klagende Partei hat schon im Verfahren erster Instanz (ON 20, S 1 = AS 101; ON 34, S 2 f = AS 252 f; ON 45, S 2 f = AS 338 f) vorgebracht,

daß - zumindest - ein Teil der geltend gemachten Aufwendungen Investitionen gewesen seien, die notwendig gewesen seien, um das Pachtobjekt überhaupt brauchbar zu machen, vor allem aber, um die gewerbebehördliche Betriebsanlagegenehmigung zu erwirken; die Vereinbarung des Verzichtes auf den Ersatz solcher Aufwendungen des Bestandnehmers bzw. deren Nichtzuerkennung wären sittenwidrig. Tatsächlich hat das Berufungsgericht die Frage, ob und inwieweit Aufwendungen des Bestandnehmers ersatzfähig sind, fälschlich aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1035 ff ABGB) beurteilt. In Wahrheit kommt, soweit die Vertragsteile nichts anderes vereinbart haben, die Aufwandsersatzregel des § 1097 ABGB zur Anwendung. Danach wird der Bestandnehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt, wenn er nötige Ausbesserungen dem Bestandgeber nicht anzeigt, sondern einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036 ABGB) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037 ABGB) gemacht hat. Da der Bestandnehmer seine Aufwendungen im allgemeinen nicht in der Absicht, ein Anliegen des Bestandgebers zu fördern, sondern im eigenen Interesse vornimmt, kann sich die im § 1097 ABGB enthaltene Verweisung auf die §§ 1036 f ABGB nur auf den Umfang des Ersatzanspruches erstrecken; es handelt sich dabei um einen Fall der angewandten Geschäftsführung (SZ 57/71 und 167 uva). Die Bestimmung des § 1097 ABGB ist allerdings abdingbar; deshalb kann auch vereinbart werden, daß der Bestandnehmer die Sache erst auf seine Kosten brauchbar zu machen hat (vgl. Würth in Rummel, ABGB, § 1096 Rz 1 und 4; § 1097 Rz 3 mwN). Eine Regelung über die Tragung des Aufwandersatzes enthält auch Punkt VII. des Pachtvertrages, allerdings - soweit die Kostentragung nicht eindeutig einem der beiden Vertragsteile überbürdet wurde - nur dahin, daß eine Einigung über diese anzustreben sei und andernfalls die Arbeiten entsprechend zu reduzieren seien. Soweit im fortgesetzten Verfahren festgestellt werden sollte, daß die Aufwendungen Peter B*** nicht nur höhere Kosten als 300.000 S zuzüglich 20 % der allein von ihm zu übernehmenden Mehrkosten verursacht haben und diese zusätzlichen Mehraufwendungen notwendig waren, um die gewerbebehördliche Betriebsanlagegenehmigung zu erwirken und darüber hinaus auch im örtlichen Wettbewerb bestehen zu können (auf welchen Umstand im übrigen auch die Vertragsteile im Punkt IX. Bedacht genommen haben!), kam - wollten die Streitteile, was ihnen gewiß zu unterstellen ist, den Vertragszweck verwirklichen - eine Reduktion der Arbeiten naturgemäß nicht in Betracht. Anhaltspunkte, daß diese Umstände von den Vertragsteilen vor oder bei Abschluß des Vertrages erörtert worden wären, liegen, soweit dies nach den bisherigen Verfahrensergebnissen beurteilt werden kann, nicht vor; vielmehr bedarf es insofern ergänzender Vertragsauslegung. Unter Bedachtnahme auf die übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Vertragszweckes ist daher zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (SZ 57/71 mwN). Die Vertragsteile gingen davon aus, daß jene Investitionen, zu deren Vornahme der Pächter nach dem Vertrag verpflichtet war, die ihm die Verpächterin jedoch zu ersetzen hatte, betragsmäßig "voraussichtlich" 300.000 S nicht überschreiten würden, der Pächter 20 % der somit von den Vertragsteilen nicht von vornherein ausgeschlossenen Mehrkosten zu übernehmen habe und darüber hinausgehende Kosten von beiden Teilen nach gütlicher Einigung gemeinsam getragen würden. War zur Erreichung des Vertragszweckes - die gewerbliche Nutzung der Bestandssache durch den Pächter - die für den Fall mangelnder Einigung vorgesehene Reduktion der Arbeiten jedoch nicht möglich, so hatte es nach der Übung des redlichen Verkehrs als vereinbart zu gelten, daß die notwendigen Aufwendungen insgesamt so von den Vertragsteilen endgültig zu tragen sein sollten, wie sie dies für die Investitionen bis zu einem Betrag von 360.000 S (300.000 S + 20 % Mehrkosten) vorgesehen hatten. Demnach hat die Beklagte der klagenden Partei die im Punkt VII. genannten Investitionen bis zu einem von Peter B*** getätigten Aufwand von 300.000 S nach Punkt VIII. abgewertet zu ersetzen. Soweit aber schon die nach dem Gesetz dem Verpächter obliegenden Investitionen diesen Betrag übersteigen, ist der klagenden Partei auch der Mehrbetrag von der Beklagten im gleichen Verhältnis - somit zu fünf Sechstel - zu ersetzen. Anders liegt der Fall indessen bei selbst der Verpächterin nützlichen Aufwendungen des Pächters (§ 1037 ABGB). Solche Investitionen erfordert der Vertragszweck nicht. Zur Beurteilung ihres rechtlichen Schicksals reicht die Regelung im Punkt VII. des Pachtvertrages aus. Sie waren, soweit sie die dort festgesetzten Kosten überschritten, zu unterlassen, wenn eine Einigung zwischen den Vertragsteilen nicht zu erzielen war. Sofern sie der Pächter dennoch vornahm, erfolgten sie entweder überhaupt gegen den Willen der Verpächterin (vgl. § 1040 ABGB) oder sie sind - sofern der Pächter eine Einigung mit der Verpächterin gar nicht gesucht haben sollte - diesen jedenfalls gleichzuhalten, weil er die im Vertrag vor deren Vornahme auf Rechnung der Verpächterin vorgesehene Vorgangsweise dann nicht eingehalten hätte. Nützliche, wenngleich der Art nach den im Punkt VII. genannten Aufwendungen entsprechende Investitionen hat die Beklagte der klagenden Partei somit nicht abzulösen, sofern über die Kostentragung zwischen den Vertragsteilen keine "Übereinstimmung" erzielt wurde.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren somit nach Erörterung mit den Parteien festzustellen haben wird, ob und inwieweit die von der klagenden Partei geltend gemachten Investitionen zu den im Punkt VII. genannten Aufwendungen zu rechnen sind, welche Kosten (einschließlich der Umsatzsteuer) sie erforderten und ob und inwieweit es sich um nach dem Gesetz (§§ 1096 f ABGB) an sich der Verpächterin obliegende Aufwendungen handelt, die zur Erreichung des Vertragszweckes erforderlich waren. Im Punkt VII. umschriebene Investitionen sind bis zum Betrag von 300.000 S entsprechend abgewertet - die Ausführungen des Berufungsgerichtes in dieser Hinsicht sind zu billigen - von der Beklagten zu ersetzen. Soweit notwendige Aufwendungen die im Punkt VII. genannten Beträge (300.000 S und 60.000 S) übersteigen sollten, hat die Beklagte auch den übersteigenden Betrag zu fünf Sechstel Ersatz zu leisten. Weitere Aufwendungen des Peter B*** auf das Pachtobjekt sind hingegen nach dem Vertrag nicht ersatzfähig.

Zutreffend hat das Berufungsgericht hingegen die Auffassung vertreten, daß die im Punkt VII. des Pachtvertrages genannten Kostenbeträge auch die Umsatzsteuer einschließen. Nach der Rechtsprechung ist als Kaufpreis mangels entgegenstehenden Handelsbrauches das Entgelt einschließlich der Umsatzsteuer zu verstehen (SZ 48/30; Rummel aaO § 863 Rz 28). Gleiches muß wohl auch für vertragsmäßig begrenzte Investitionsablösen auf Grund von Bestandverträgen gelten. Im übrigen fehlen für die Behauptung der klagenden Partei, daß auch die Beklagte - bei Abschluß des Pachtvertrages - Kaufmann gewesen sei, alle Anhaltspunkte. Der Verpächter eines Handelsgewerbes ist nicht Kaufmann (im Sinne des § 1 HGB). Außerdem hat die klagende Partei auch keinen anderslautenden Handelsbrauch unter Beweis gestellt. Die Beurteilung der zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderungen durch das Gericht zweiter Instanz bekämpft die klagende Partei nur insoweit, als sie gegen die Forderung auf Ersatz entgangener Pachtzinse mit der Verletzung der Schadensminderungspflicht repliziert hat. Solche Verstöße hat der Schädiger zu behaupten und zu beweisen (Reischauer in Rummel aaO § 1304 Rz 44 mwN). Einen solchen Verstoß erblickt die klagende Partei in der Forderung einer (überhöhten) Kaution. Der Beweis der Verletzung der Schadensminderungspflicht umfaßt auch den der Ursächlichkeit für die unterbliebene Schadensminderung. Daß die Beklagte - zumal im Hinblick auf die Erfahrungen mit Peter B*** - eine angemessene Sicherheitsleistung forderte, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, durchaus vertretbar und zu billigen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war Ursache der verzögerten Neuverpachtung, daß der beauftragte Immobilienmakler die Vermittlung nicht sonderlich betrieben habe, weil er sich zufolge der Kautionsforderung der Beklagten keinen Erfolg versprochen habe. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht könnte nur dann angenommen werden, wenn die Beklagte auch für sie erkennbar übertriebene Kautionsforderungen gestellt hätte. Im fortgesetzten Verfahren wird auch die Frage, ob und inwieweit die Beklagte - ihr anlastbar - eine überhöhte Kaution gefordert hat und gerade dieser Umstand für die verzögerte Neuverpachtung ursächlich war, zu prüfen sein. Ferner wird das Erstgericht klarzustellen haben, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte ihre Kautionsforderung von 250.000 S auf 150.000 S reduziert hat (vgl. die undeutliche Feststellung im Ersturteil, ON 66, S 8 = AS 442).

In den übrigen Belangen tritt die klagende Partei der rechtlichen Beurteilung im berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E16252

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00732.88.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19890112_OGH0002_0060OB00732_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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