Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DZ, Aktiengesellschaft für Unternehmensverwaltungen, Schottenfeldgasse 8, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*** Lack & Farbtechnik Gesellschaft mbH, Küchlerstraße 2, 6804 Feldkirch-Altenstadt, vertreten durch Dr. Rolf Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Unzulässigkeit der Exekutionsführung (Streitwert 100.000 S), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 2.November 1988, GZ R 743/88-16, womit ihre Berufung gegen das Anerkenntnisurteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 20.April 1988, GZ 7 C 12/88w-6, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Unternehmensverwaltungsgesellschaft erhob mittels Klage Widerspruch gegen die zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der beklagten Partei von 4.306,08 S sA bei der verpflichteten O-Müll ... Gesellschaft mbH vollzogene Fahrnisexekution. Die dort gepfändeten beiden Kompaktierungspressen seien Eigentum der klagenden Partei, die diese Maschinen gekauft und übernommen habe.
In der Verhandlungstagsatzung am 25. Feber 1988 schränkte sie ihr Exszindierungsbegehren ein. Sie verlangte nur mehr die Unzulässigkeitserklärung der Exekution auf eine zu 7 E 2318/87 des Erstgerichtes gepfändete Kompaktierungspresse.
Die beklagte Partei trat zunächst dem Klagebegehren entgegen. Die klagende Partei habe sie zur Exekutionseinstellung nicht aufgefordert und das behauptete Eigentum nicht nachgewiesen. Die klagende Partei legte nur die Ablichtung einer Rechnung vom 1. Juli 1986 vor, wonach sie von der O-Müll GmbH Anlagevermögen, darunter vier Kompaktierungspressen um540.000 S übernommen habe. Erst in der Verhandlungstagsatzung am 20.April 1988 wies die klagende Partei eine Zahlungsbestätigung vom 18.März 1988 über 540.000 S vor, worauf die beklagte Partei erklärte, das Klagebegehren anzuerkennen und die betroffene Exekution zu 7 E 11721/87 einzustellen.
Der Richter des Erstgerichtes verkündete, ohne daß ein darauf gerichteter Antrag der klagenden Partei im Verhandlungsprotokoll festgehalten wäre, das Urteil nach dem Anerkenntnis der beklagten Partei, daß die Vornahme der Exekution auf den Pfandgegenstand unzulässig sei, und verpflichtete die klagende Partei (anscheinend iSd § 45 ZPO) zum Kostenersatz.
Das Berufungsgericht wies die Berufung der klagenden Partei, die sich nur gegen die Fällung des Anerkenntnisurteils ohne Antrag wehrte, mangels Beschwer zurück und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der klagenden Partei ist nach § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Eine allgemeine Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Ist der Rechtsmittelwerber durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert, so fehlt es an der Anfechtungsbefugnis; denn es ist nicht Sache des Rechtsmittelgerichtes, rein theoretische Fragen zu behandeln (Heller-Berger-Stix 648; JBl. 1961, 605 ua). Das Prozeßziel des Klägers war und ist darauf gerichtet, eine gerichtliche Entscheidung zu erreichen, die dem gestellten Urteilsantrag stattgibt. Dieses Ziel hat die klagende Partei erreicht, wenn das Erstgericht dem wegen ihres Eigentumsrechtes erhobenen Widerspruch nach § 37 EO voll stattgab und die Exekution auf die gepfändete Kompaktierungspresse für unzulässig erklärte. Als Folge dieser Entscheidung ist die Exekution auf den Pfandgegenstand nach § 37 Abs. 4 EO einzustellen.
Wenn der Beklagte den gegen ihn erhobenen Anspruch anerkennt, ist nach § 395 ZPO auf Antrag des Klägers dem Anerkenntnis gemäß durch Urteil zu entscheiden. Das Anerkenntnis beendet den Prozeß nicht, bildet aber die Grundlage des Anerkenntnisurteils. Ohne Antrag des Klägers darf ein solches Urteil nicht ergehen. Die Entscheidung mit Anerkenntnisurteil ohne Antrag des Klägers bildet einen Verfahrensmangel (Fasching III 610 und ZPR Rz 1319; EvBl. 1986/31). Fasching weist aber darauf hin, daß dieser Antrag des Klägers inhaltlich eine Bekräftigung des schon mit der Klage vorgetragenen Antrags auf Fällung eines Urteiles darstellt und eigentlich überflüssig ist (ZPR Rz 1319). Er verneint auch eine Beschwer des Klägers, wenn dessen Antrag auf Fällung des Anerkenntnisurteiles unbeachtet blieb und nach sachlicher Prüfung ein stattgebendes Urteil erging, weil der Kläger den mit der Klage begehrten Erfolg erzielt hat (ZPR Rz 1320). Gleiches muß aber auch gelten, wenn nach dem Anerkenntnis des Beklagten das Urteil ohne Antrag des Klägers und daher entgegen der Vorschrift des § 395 ZPO gefällt wird. Denn auch damit hat der Kläger, wenn der Beklagte keine Berufung erhebt, sein Prozeßziel endgültig erreicht. Diesem Ergebnis entspricht auch die Ansicht, gegen ein Anerkenntnisurteil stehe in der Hauptsache nur dem Beklagten die Berufung offen (Fasching III 611 Anm. 9).
Das Berufungsgericht hat somit zutreffend eine Beschwer der klagenden Partei durch das ihrem Exszindierungsbegehren voll stattgebende, von der Beklagten Partei unangefochten gebliebene "Anerkenntnisurteil" vermißt und die Berufung zurückgewiesen. Die nach § 45 ZPO ergangene Kostenentscheidung des Erstgerichtes war selbständig anfechtbar und hat daher mit der Beschwer durch die Entscheidung in der Hauptsache nichts zu tun.
Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
Anmerkung
E16211European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00201.88.0118.000Dokumentnummer
JJT_19890118_OGH0002_0030OB00201_8800000_000