TE OGH 1989/1/18 1Ob510/89

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Veröffentlicht am 18.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Kodek und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ernst K***, Rechtsanwalt, Wien 15, Mariahilferstraße 135, wider die beklagten Parteien 1.) Alexander P*** jun., Dachdeckergeselle, Wien 14., Dreihausgasse 28-30/2/3, 2.) Alexander P*** sen., Zeitungszusteller, Horn, Raabser Straße 26, 3.) Irmgard F***, Angestellte, Horn, Zwettler Straße 20, alle vertreten durch DDr. Walter Barfuß, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 232.976,66 s.A. (Revisionsinteresse S 72.937,26 s.A.) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30. Juni 1988, GZ 13 R 288/87-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. September 1987, GZ 13 Cg 5/86-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sich sich gegen die drittbeklagte Partei richtet, zurückgewiesen; im übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie - unter Einschluß der nicht bekämpften Teile - wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 16.000,--, die erst- und die zweitbeklagte Partei darüber hinaus S 128.194,72 jeweils samt 4 % Zinsen seit 1. August 1985 und die erst- und die zweitbeklagte Partei weiters die mit S 23.236,91 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 992,54 Umsatzsteuer und S 12.318,92 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Die klagende Partei ist schuldig, der drittbeklagten Partei die mit S 9.452,30 bestimmten Verfahrenskosten (darin S 859,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte wurde am 11. August 1980 wegen Verdachts des Verbrechens nach § 6 SGG in vorläufige Verwahrung genommen. Nach seiner Einlieferung in das Gefangenenhaus des Kreisgerichtes Krems an der Donau wurde über ihn am 14. August 1980 die Untersuchungshaft verhängt. Er bekannte sich vor dem Untersuchungsrichter schuldig, nahm die Verhängung der Untersuchungshaft beschwerdelos zur Kenntnis und erklärte, daß seine Angaben bei der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich richtig seien und er diese Angaben vor Unterfertigung durchgelesen habe.

Als der Zweitbeklagte, der Vater des Erstbeklagten, von dessen Verhaftung erfuhr, wandte er sich an den Kläger, den ihm seine Schwiegertochter genannt hatte. Dieser hielt mit ihm zwischen 8. und 15. September 1980 zwei Konferenzen ab. Anschließend unterschrieb der Zweitbeklagte ein Schriftstück, womit er den Kläger ersuchte, die Verteidigung seines Sohnes zu übernehmen, und sich zur Zahlung der Verteidigungskosten verpflichtete. Der Kläger forderte eine Anzahlung von S 10.000,-- und erklärte, seine Tätigkeit erst nach deren Einlangen aufzunehmen. Nach Überweisung der Anzahlung fuhr der Kläger am 19. September 1980 mit seinem PKW zum Erstbeklagten in das Gefangenenhaus in Krems an der Donau und ließ sich von diesem eine Strafvollmacht unterschreiben. Darin verpflichtete sich der Erstbeklagte unter anderem auch, Verdienst und Barauslagen des Klägers zu zahlen, deren Verrechnung die jeweils gültigen "Autonomen Honorar-Richtlinien" (AHR) zugrundezulegen seien.

Am 30. September 1980 langte beim Kreisgericht Krems an der Donau ein Schriftsatz des Klägers ein, mit dem er die Vollmacht vorlegte und die Übermittlung einer Aktenabschrift beantragte. Noch am selben Tag teilte ihm der Untersuchungsrichter fernmündlich mit, daß er den Akt einsehen könne. Am 10. Oktober 1980 fuhr der Kläger nach Krems an der Donau und sprach dort nach Einholung einer Sprecherlaubnis mit dem Erstbeklagten und in der Folge auch mit dem Zweitbeklagten. Am selben Tag nahm er auch an der von 8.36 Uhr bis 8.50 Uhr und - nach Beratung - von 9.00 Uhr bis 9.15 Uhr dauernden Haftprüfungsverhandlung teil. Nach Rücksprache mit dem Kläger meldete der Erstbeklagte in der Haftprüfungsverhandlung die Beschwerde gegen den Beschluß, mit dem die Fortsetzung der Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr verfügt worden war, an. Am 21. Oktober 1980 führte der Kläger die Beschwerde aus, der das Oberlandesgericht Wien nicht Folge gab. Nach Kundmachung der Anklageschrift wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 2 SGG, des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 2 SGG und des Vergehens der Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a,

38 Abs. 1 lit. a FinStrG verzichtete der Angeklagte auf einen Einspruch. Zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 4. März 1981 erschien der Kläger als Verteidiger, nachdem er noch vor deren Beginn nach Einholung einer Sprecherlaubnis mit dem Erstbeklagten Rücksprache gepflogen hatte. Die Hauptverhandlung dauerte an diesem Tag von 9.05 Uhr bis 16.30 Uhr mit Unterbrechungen von insgesamt zweieinhalb Stunden. Der Staatsanwalt hatte inzwischen die Anklage auf das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB sowie auf die Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB und der versuchten Begünstigung nach den §§ 15 und 299 StGB ausgedehnt, weil der Erstbeklagte seine zunächst geständige Verantwortung ab Dezember 1980 durch die Behauptung, er sei von den Gendarmeriebeamten zur Erzwingung eines Geständnisses und durch die Wiederholung dieser Behauptung bei Zeugenvernehmungen in anderen Verfahren abgeändert habe. Am folgenden Tag wurde die Hauptverhandlung - nach ergänzender Besprechung zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten - um 8.40 Uhr fortgesetzt, von 9.50 Uhr bis 10.10 Uhr unterbrochen und schließlich um 11.20 Uhr auf den 18. März 1981 vertagt. An diesem Tag dauerte sie - mit einer Unterbrechung von zehn Minuten - von 14.00 Uhr bis

16.45 Uhr; von 17.35 Uhr bis 18.00 Uhr währte die Urteilsverkündung. Abgesehen vom Inverkehrsetzen von 100 Gramm Heroin und der darauf bezug habenden Abgabenhehlerei wurde der Erstbeklagte im Sinne der Anklage schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, einer Geldstrafe von S 250.000,-- und einer Verfallsersatzstrafe von S 1,270.000,-- verurteilt; die Vorhaft vom 11. August 1980 bis 18. März 1981 wurde angerechnet. Der Erstbeklagte meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an; der Kläger führte die angemeldeten Rechtsmittel für ihn am 20. Juli 1981 aus. Nach öffentlichem Gerichtstag am 29. April 1982 gab der Oberste Gerichtshof der Nichtigkeitsbeschwerde des Erstbeklagten teilweise Folge und hob das Schöffenurteil im Umfang des Schuldspruches wegen des Vergehens der versuchten Begünstigung, im Ausspruch über die Tatbegehung als Mitglied einer Bande sowie hinsichtlich der Qualifizierung der Verleumdung als Verbrechen auf. Die letztgenannte Tat wurde vom Obersten Gerichtshof als Vergehen qualifiziert. Im übrigen wurde die Strafsache im Umfang der Aufhebung wegen Begünstigung, Bandenqualifikation und des Ausspruches über die Freiheitsstrafe zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Darüber hinaus wurde die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen und der Berufung, soweit sie nicht zurückgewiesen wurde, in diesem Umfang nicht Folge gegeben. Nach der am 2. Juni 1982 von 13.50 Uhr bis 14.45 Uhr in Gegenwart des Klägers als Verteidigers durchgeführten, jedoch schon für 13.30 Uhr anberaumt gewesenen Hauptverhandlung wurde das Urteil in der Zeit von 15.15 Uhr bis 15.35 Uhr dahin verkündet, daß der Erstbeklagte vom Vorwurf des Vergehens der versuchten Begünstigung freigesprochen, im übrigen aber - unter Ausschaltung der Bandenqualifikation - zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt wurde. Der Erstbeklagte bat sich Erdenkzeit aus. Nach Besprechung mit dem Kläger unterfertigte er eine Erklärung, daß er die Anmeldung der Nichtkeitsbeschwerde und Berufung wünsche. Der Kläger meldete dementsprechend beide Rechtsmittel an, führte sie aus und begehrte darin auch die Ausschaltung der Bandenqualifikation, obwohl dies bereits im angefochtenen Urteil geschehen war. Der Oberste Gerichtshof wies die Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mangels prozeßordnungsgemäß ausgeführten Nichtigkeitsgrundes zurück und leitete den Akt zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zu, das die Freiheitsstrafe nach der in der Dauer von 11.30 Uhr bis 12.00 Uhr durchgeführten Berufungsverhandlung am 27. Oktober 1982 auf 33 Monate herabsetzte. An diesem Tag wurde der Erstbeklagte in Strafhaft übernommen. Am 16. Dezember 1982 wurde er infolge Begnadigung anläßlich der Weihnachtsamnestie auf freien Fuß gesetzt (Strafrest vier Monate und 25 Tage); der Kläger hatte für ihn am 19. November 1982 die bedingte Entlassung beantragt.

Der Kläger verzeichnete für die Verteidigung des Erstbeklagten ein Honorar von S 215.244,-- zuzüglich 8 % Umsatzsteuer (S 17.219,52) und der Barauslagen von S 1.703,-- (Gesamtbetrag daher S 234.166,52). Im Honorar ist neben der Verdienstsumme und einem Erfolgszuschlag auch der Einheitssatz für die verrechneten Leistungen im Gesamtbetrag von S 67.731,50 zuzüglich 8 % Umsatzsteuer (Gesamtbetrag daher S 73.150,02) enthalten. Für am 19. September 1980, 10. Oktober 1980, 4. März 1981, 5. März 1981, 12. November 1981 und 2. Juni 1982 abgehaltene Besprechungen mit dem im Gefangenenhaus in Krems an der Donau in Haft befindlichen Erstbeklagten verrechnete der Kläger jeweils Kosten nach TP 7 Abs. 2 RAT im Gesamtbetrag von S 21.643,-- zuzüglich 8 % Umsatzsteuer (Gesamtbetrag daher S 23.374,44). Die Wartezeiten am 4. März 1981, 5. März 1981, 18. März 1981, 29. April 1982 und 2. Juni 1982 verrechnete der Kläger jeweils zur Gänze und nicht erst jeweils nach Ablauf einer halben Stunde.

Mit am 23. September 1985 eingebrachter Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung seines Honorars einschließlich seiner Auslagen im Gesamtbetrag von S 232.976,66.

Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, der Zweitbeklagte habe bei der Kontaktaufnahme betont, daß er nur über sehr geringe Mittel verfüge. Daraufhin habe der Kläger die Verteidigungskosten mit rund S 30.000,-- beziffert und eine Vorauszahlung etwa des halben Betrages verlangt; dies sei auch geschehen. Die Kosten der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung habe der Kläger mit etwa S 10.000,-- angegeben. Das Auftragsverhältnis sei schon vor Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung im zweiten Rechtsgang im Juni 1982 beendet gewesen, sodaß auch Verjährung vorliege. Auch der Höhe nach bestritten die Beklagten das Begehren.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, die Zahlungsverpflichtung des Erstbeklagten beruhe auf schriftlichem Bevollmächtigungsvertrag, dem die beiden anderen Beklagten beigetreten seien. Verjährung liege nicht vor, weil die Kostenverrechnung erst ab 27. Oktober 1982 möglich geworden sei.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren gegen alle drei Beklagten mit S 16.000,-- und gegen den Erst- und Zweitbeklagten darüber hinaus auch noch mit S 61.719,10 jeweils samt 4 % Zinsen seit 1. August 1985 statt und wies das Mehrbegehren gegen die Drittbeklagte von S 216.976,66 und gegen den Erst- und Zweitbeklagten von S 155.257,56 jeweils samt 8 3/4 % Zinsen seit 1. August 1985 und weitere 4 3/4 % Zinsen aus S 77.719,10 - nicht aber auch ausdrücklich das Mehrbegehren gegen die Drittbeklagte von 4 3/4 % Zinsen aus S 16.000,-- seit 1. August 1985 - ab. Es führte - soweit für die Erledigung der außerordentlichen Revision des Klägers von Bedeutung - aus, nach § 10 Abs. 3 AHR sei die Anwendung der Bestimmungen über den Einheitssatz gemäß § 23 RATG zulässig. Demnach könne anstelle aller unter die TP 5, 6 und 8 fallenden Nebenleistungen und des Ersatzes für die Postgebühren im Inland ein Einheitssatz verrechnet werden, doch stehe es dem Rechtsanwalt frei, der vertretenen Partei gegenüber die einzelnen Leistungen gesondert zu verrechnen. In diesem Fall dürfe aber der Einheitssatz nicht zusätzlich verrechnet werden. Der Kläger habe die Besprechungen mit dem Beklagten, vor allem jene mit dem Erstbeklagten nach Einholung einer Sprecherlaubnis, überwiegend gesondert verrechnet, obwohl es sich dabei um Leistungen nach TP 8 RAT handle. Er habe sich somit für die Einzelverrechnung entschieden und könne deshalb - selbst wenn sich bei Anwendung des Einheitssatzes höhere Beträge ergeben - weder für seine Hauptleistungen nach TP 4 RAT bzw. den entsprechenden Bestimmungen der AHR noch für die unter TP 8 fallenden Leistungen oder gar für Wartezeiten zusätzlich den Einheitssatz verrechnen, weil § 23 Abs 1 RATG den Einheitssatz hiefür nicht vorsehe. Demnach sei ein Betrag von S 63.238,50 zuzüglich 8 % Umsatzsteuer, insgesamt von S 68.297,58, aus dem Zuspruch zu eliminieren. Außerdem habe das Erstgericht zu Unrecht alle verzeichneten Wartezeiten anerkannt. Nach dem Rechtsanwaltstarif und den analog anzuwendenden Bestimmungen der AHR gebühre dieser Aufwand erst nach Ablauf einer halben Stunde. Daher stehe dem Kläger der Zuspruch der Kosten für die Wartezeiten anläßlich der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 5. März 1981, des Gerichtstages beim Obersten Gerichtshof am 29. April 1982 und der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Wien am 28. Oktober 1982 überhaupt nicht zu, wogegen Wartezeiten anläßlich der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht am 18. März 1981 und am 2. Juni 1982 nur in der Dauer einer halben Stunde abzugelten seien. Das auf Wartezeiten gegründete Begehren verringere sich deshalb um S 4.296,-- zuzüglich 8 % Umsatzsteuer, insgesamt daher um S 4.639,68. Höhere als die gesetzlichen Zinsen gebührten dem Kläger nur dann, wenn die Beklagten am Zahlungsverzug grobes Verschulden treffe. Das sei zu verneinen, weil der Kläger sein Honorar zunächst längere Zeit hindurch nicht eingefordert, dann aber mit weit überhöhten Beträgen begehrt habe. Liege den Beklagten grobes Verschulden nicht zur Last, sei es unerheblich, welche Kreditzinsen der Kläger zu tragen habe. Daher seien nur gesetzliche Zinsen von 4 % gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist gerechtfertigt.

Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist, soweit sie gegen die Drittbeklagte gerichtet ist, unzulässig, im übrigen aber zulässig, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes, soweit überblickbar, zu den hier aufgeworfenen Kostenfragen fehlt, und auch teilweise berechtigt.

Von der Drittbeklagten begehrt der Kläger im Revisionsverfahren lediglich 4 3/4 % aus S 16.000,-- seit 1. August 1985 (insoweit war das Mehrbegehren vom Berufungsgericht - wie schon

erwähnt - versehentlich gar nicht ausdrücklich abgewiesen worden) und läßt die Abweisung des Mehrbegehrens gegen sie im übrigen ausdrücklich unbekämpft. Da der Beschwerdegegenstand, wird lediglich der Zinsenausspruch bekämpft, S 15.000,-- nicht übersteigt und auch bei Solidarhaftung der Beklagten trotz materieller Streitgenossenschaft gemäß § 11 Z 1 ZPO eine Zusammenrechnung im Sinne des § 55 JN nicht in Betracht kommt (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 261), ist die Revision im Verfahren gegen die Drittbeklagte schon zufolge § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen.

Soweit sich die Revision gegen den Erst- und den Zweitbeklagten richtet, bekämpft der Kläger die Abweisung des Mehrbegehrens lediglich insoweit als das Berufungsgericht den Einheitssatz für sämtliche Leistungen aberkannte, Kosten für die Wartezeit erst jeweils nach Ablauf einer halben Stunde zubilligte und nur die gesetzlichen Verzugszinsen (statt der begehrten 8 3/4 %) zugesprochen hat. In diesem Umfang kommt der Revision teilweise Berechtigung zu.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, der Kläger habe sich durch die gesonderte Verrechnung der Besprechungen mit dem Erstbeklagten für die Einzelverrechnung entschieden, weil die Besprechungen nach TP 8 RAT zu entlohnen seien und ein Einheitssatz nur anstelle der unter TP 5, 6 und 8 RAT fallenden Nebenleistungen verrechnet werden dürfe. Diesen Ausführungen hält der Kläger entgegen, bei den Besprechungen mit dem Erstbeklagten im Gefangenenhaus in Krems an der Donau handle es sich um Geschäfte außerhalb der Rechtsanwaltskanzlei, die nicht nach TP 8, sondern nach TP 7 Abs. 2 RAT zu entlohnen seien. Die Lösung der Frage, wie die genannten Leistungen des Klägers abzugelten sind, setzt jedoch eine differenziertere Beurteilung dieser Leistungen voraus. Der Kostenansatz nach TP 7 RAT bezieht sich deren Wortlaut nach zwar ganz allgemein auf alle Geschäfte des Rechtsanwaltes außerhalb seiner Kanzlei, doch werden auch die nach den TP 2, 3 und 4 RAT zu honorierenden Leistungen (Tagsatzungen, mündliche Verhandlungen und Hauptverhandlungen) schon ihrer Art nach stets außerhalb der Rechtsanwaltskanzlei verrichtet, ohne daß sie deshalb schon (auch) TP 7 RAT zu unterstellen wären. Nach TP 8 RAT sind Besprechungen aller Art, auch solche im Fernsprechweg, zu entlohnen, ohne daß unterschieden würde, ob die Besprechung in oder außerhalb der Kanzlei des Rechtsanwaltes abgehalten wird. Beim Kostenansatz der TP 8 RAT handelt es sich - ebenso wie bei den TP 2, 3 und 4 RAT - somit in Wahrheit gegenüber der TP 7 RAT im die speziellere Norm. Daraus folgt, daß dieser Kostenansatz nur auf jene Geschäfte des Rechtsanwaltes Anwendung findet, die nicht schon nach einer anderen Tarifpost des Rechtsanwaltstarifes zu entlohnen sind und außerhalb der Kanzlei vorgenommen werden. Soweit Geschäfte des Rechtsanwaltes, die nicht nach TP 7 RAT abzugelten sind, außerhalb der Kanzlei vorzunehmen sind, sieht - worauf die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend hinweisen - TP 9 RAT ohnedies je nach Lage des Falles Reise-, Verpflegs- und Übernachtungskosten sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis vor. Diese Tarifpost wäre wohl ihres Anwendungsbereiches entkleidet, wenn alle Geschäfte außerhalb der Kanzlei des Rechtsanwaltes nach TP 7 RAT abzugelten wären.

Der Kläger hat jedoch, soweit er neben dem Einheitssatz auch Kosten für die Besprechungen mit dem Erstbeklagten im Gefangenenhaus verzeichnete, am 19. September 1980, 10. Oktober 1980, 4. März 1981, 5. März 1981 und 12. November 1981 jeweils vorher beim Untersuchungsrichter um Erteilung der Sprecherlaubnis angesucht. Dabei handelt es sich um eine Kommission zu Gericht, die schon deshalb erforderlich war, um einen möglichst reibungslosen Ablauf der übernommenen Strafverteidigung zu sichern und zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten zu vermeiden. Da der Kläger bei den Vorsprachen am 10. Oktober 1980, 4. März 1981, 5. März 1981 und 12. November 1981 keinen über die Dauer der Zu- und Abreise zum und vom Kreisgericht Krems an der Donau und die Vorsprache zur Erwirkung der Sprecherlaubnis hinaus gehenden Zeitaufwand verrechnete, sind ihm diese Leistungen aus den schon dargelegten Erwägungen zur Gänze nach TP 7 Abs. 2 RAT abzugelten. Von der Vorsprache und Besprechung am 19. September 1980 entfallen von den verzeichneten neuen halben Stunden fünf halbe Stunden auf die Zu- und Abreise zum Kreisgericht Krems an der Donau sowie auf die Vorsprache bei Gericht, so daß ein Zeitaufwand von fünf halben Stunden nach TP 7 Abs. 2 RAT zu entlohnen ist, wogegen Kosten für den restlichen Zeitaufwand und die Besprechung am 2. Juni 1982, die keine Sprecherlaubnis mehr voraussetzte, als nach TP 8 RAT zu entlohnende Leistungen nicht noch neben dem Einheitssatz zuerkannt werden können.

Das Gericht zweiter Instanz hat dem Kläger den Einheitssatz verwehrt, weil es die Auffassung vertrat, dem Rechtsanwalt gebühre der Einheitssatz überhaupt nicht, wenn er nach TP 5, 6 oder 8 RAT zu entlohnende Leistungen gesondert verrechnet hat. Auch darin kann dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung EvBl 1977/6 ausgesprochen hat, sind für den Fall, daß der Rechtsanwalt sowohl den Einheitssatz verzeichnet als auch die Entlohnung aller oder einzelner damit abgegoltener Nebenleistungen verlangt hat, die Kosten nach dem höheren Ergebnis zuzusprechen. Während auf die nach TP 8 RAT abzugeltenden Leistungen ein Kostenaufwand von S 4.689,36 (einschließlich Umsatzsteuer) entfällt, errechnet sich der Einheitssatz nach Abzug der damit abgegoltenen Leistungen mit S 66.688,38 (einschließlich Umsatzsteuer), so daß dem Kläger der - korrigierte - Einheitssatz gebührt. Das Berufungsgericht hat allerdings statt richtig S 73.150,02 nur den Betrag von S 68.297,58 als Einheitssatz abgezogen, so daß ihm nach Abzug der damit abgegoltenen Leistungen (S 6.461,64) als Einheitssatz nur ein Betrag von S 61.835,94 zuerkannt werden kann.

Aber auch die Wartezeiten durfte der Kläger zur Gänze verrechnen. Gemäß § 10 Abs. 4 AHR, die unbekämpftermaßen der Honorarverrechnung des Klägers zugrunde zu legen sind, kann für das Zuwarten und für das Erscheinen zu einer nicht stattfindenden Verhandlung der Honorarsatz gemäß TP 7 Abs. 2 RAT verrechnet werden. Im Gegensatz zu Anm 2 zu TP 2, Anm 2 zu TP 3 und Anm 1 zu TP 4 RAT findet sich im § 10 Abs. 4 AHR keine Einschränkung der Verrechnung der Wartezeit auf die Zeit des Zuwartens nach Ablauf einer halben Stunde, sodaß der Kläger berechtigt war, jeweils die gesamte Wartezeit in Rechnung zu stellen. Entgegen der Auffassung in der Revisionsbeantwortung kann zur Stützung der Ansicht des Berufungsgerichtes auch die Entscheidung EvBl. 1983/46 nicht ins Treffen geführt werden, weil in dieser Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben wird, daß der Antragsteller selbst lediglich die Abgeltung der Wartezeit nach einer halben Stunde des Zuwartens mit

S 101,-- begehrt hatte und daher ein über diesen Antrag hinausgehender Betrag nicht zugesprochen werden konnte. Daraus folgt, daß der Erst- und der Zweitbeklagte dem Kläger über das vom Berufungsgericht zugesprochene Honorar hinaus noch den vom Gericht zweiter Instanz einschließlich der Umsatzsteuer mit

S 68.297,58 errechneten Einheitssatz abzüglich der damit abgegoltenen Leistung von S 6.461,64 (somit S 61.835,94) und das restliche Honorar für die Wartezeit im Betrag von

S 4.639,68 - insgesamt daher ein Gesamthonorar von S 144.194,72 - zu bezahlen haben.

Dagegen erweist sich die Revision im Zinsenausspruch nicht als berechtigt. Daß dem Kläger höhere als die gesetzlichen Verzugszinsen aus dem Titel des Schadenersatzes nur bei auf grobem Verschulden der Beklagten beruhendem Zahlungsverzug zusteht, bestreitet er nicht; für jenen Sachverhalt, der auf grobes Verschulden der Beklagten schließen läßt, ist er behauptungs- und beweispflichtig. Konkrete darauf hinweisende Tatsachen hat er im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Das Berufungsgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß der Kläger bei Einhebung des Honorars selbst lange Zeit säumig war und im übrigen einen weit überhöhten Betrag geltend gemacht hat. Auch eine auf Verzögerungsabsicht zurückgehende Prozeßführung rechtfertigt nur dann die Annahme groben Verschuldens, wenn der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit die Aussichtslosigkeit der Prozeßführung hätte erkennen können (SZ 51/172 ua). Bei vertretbarer Verkennung der Rechtslage oder Zweifeln an dieser, bei fehlerhafter Einschätzung der Beweislage oder bei unklarer oder fehlerhafter Verrechnung ist dessen grobes Verschulden daher im allgemeinen zu verneinen. Daß die Beklagten aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn und Streitsucht in Zahlungsverzug geraten seien, hat der Kläger nicht behauptet; hiefür fehlen auch Anhaltspunkte. Auch das Prozeßergebnis spricht dagegen. Darüber hinaus kann der Frage nach dem Grad des Verschuldens am Zahlungsverzug auch nicht die Bedeutung einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechtes im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO beigemessen werden.

Der Revision ist daher, soweit sie sich gegen den Erst- und Zweitbeklagten richtet, nur insoweit Folge zu geben, als das Berufungsgericht dem Kläger den Einheitssatz und Teilkosten für die Wartezeiten aberkannt hat.

Die Kostenentscheidung beruht, soweit sie das Verfahren gegen den Erst- und den Zweitbeklagten betrifft, auf § 43 Abs. 1 und 2 und 50 ZPO. Der Kläger ist diesen beiden Beklagten gegenüber im Verfahren erster und zweiter Instanz mit etwa zwei Fünfteln seines Begehrens durchgedrungen, sodaß sie ihm ein Fünftel seiner auf das Verfahren gegen die beiden entfallenden Kosten, demnach zwei Fünfzehntel der im aufgelaufenen erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten und drei Fünftel der Barauslagen (§ 43 Abs. 1 ZPO) zu ersetzen haben. Im Revisionsverfahren ist er diesen beiden Beklagten gegenüber in der Hauptsache nahezu zur Gänze durchgedrungen, so daß ihm auch der Ersatz der gesamten Kosten dieses Verfahrensabschnittes gebührt. Der Drittbeklagten gegenüber ist die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes in Rechtskraft erwachsen, weil die Revision, soweit sie sich gegen die Drittbeklagte richtet, unzulässig ist. Da diese in der Revisionsbeantwortung auf den Grund der Unzulässigkeit nicht hingewiesen hat, hat sie, zumal auch nur mehr ein ganz geringfügiger Teil des Streitinteresses auf sie entfiel, die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Anmerkung

E16763

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00510.89.0118.000

Dokumentnummer

JJT_19890118_OGH0002_0010OB00510_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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