TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/18 2001/03/0364

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Veröffentlicht am 18.10.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litc;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des SK in G, Deutschland, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. Juli 2001, Zl. uvs- 2001/K2/050-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 18. Dezember 2000 von Deutschland kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG am 18. Dezember 2000 um 21.15 Uhr auf der A 13 an der Hauptmautstelle Schönberg i.St. bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das vom Fahrer gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a und b sowie Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt eine Transitfahrt durchgeführt. Aus dem Akt und der Einvernahme des Meldungslegers ergebe sich einwandfrei, dass der Ecotag funktionsfähig gewesen sei. Es stehe auch fest, dass der Beschwerdeführer sich nur auf die Zusicherung des Frächters verlassen habe und vor der Transitfahrt keine zusätzliche Erkundigung bei der Spedition am Brenner oder in Kiefersfelden durchgeführt habe. Dies sei schon aus seinen Angaben gegenüber dem Meldungsleger ersichtlich. Der Antrag auf Einvernahme des Frächters J.B. zum Beweis dafür, dass dieser dem Beschwerdeführer ausdrücklich zugesichert habe, dass genügend Ökopunkte vorhanden seien, werde abgewiesen. Es habe sich um eine Fahrt im vierten Quartal des Jahres gehandelt, in dem bekanntlich die Ökopunkte knapp seien. Es wäre daher erforderlich gewesen, dass sich der Lenker bei der Spedition Schenker nach einer allfälligen Sperre erkundigt hätte. Der Beschwerdeführer habe daher nicht sorgfältig gehandelt, als er diese Erkundigung unterlassen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer lässt zunächst die Auffassung der belangten Behörde, dass er die im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Transitfahrt durchgeführt habe, unbekämpft. Wenn die belangte Behörde angenommen hat, dass auf dem Boden der (zutreffend) herangezogenen Rechtslage für diese Transitfahrt Ökopunktepflicht bestand, ist dies - entgegen der bloßen Behauptung in der Beschwerde, dass eine solche Pflicht nicht bestanden habe - nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Pflicht nicht gegeben sind. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe "vorsorglich eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und Ökopunkte entwertet bzw. die Abbuchung der Ökopunkte durch das mitgeführte funktionstüchtige Ecotag-Gerät veranlasst", entfernt sich von dem von der belangten Behörde festgestellten und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zu Grunde zu legenden Sachverhalt.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Ecotag-Gerätes einzuholen; daraus hätte sich ergeben, dass am Gerät ein nicht erkennbarer Defekt bestanden habe. Da der Beschwerdeführer aber die Feststellung unbekämpft lässt, dass der Frächter gesperrt gewesen sei, d.h. dass es keine Ökopunkte mehr gegeben habe, kommt es auf die Funktionstauglichkeit des Ecotag nicht mehr an, hätten doch auch bei ordnungsgemäßem Funktionieren des Gerätes keine Ökopunkte abgebucht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0120).

Die Rüge, die belangte Behörde habe es gebilligt, dass der von ihr als Zeuge einvernommene Zollwachbeamte vor seiner Aussage seine Erinnerung durch Einsicht in die von ihm verfasste schriftliche Anzeige genommen und so die Möglichkeit gehabt habe, seine Erinnerung "aufzufrischen", geht schon deswegen fehl, weil es die Beschwerde unterlässt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Weiters bringt der Beschwerdeführer - mit Blick auf die mangelnde Vorwerfbarkeit der Tat - vor, er habe allen ihn treffenden Vorkehrungen und Verpflichtungen entsprechend gehandelt und vor Antritt der Fahrt mit seinem Arbeitgeber Rücksprache gehalten, der ihm versichert habe, dass er die Fahrt ohne rechtliche Komplikationen durchführen könne und genügend Ökopunkte vorhanden seien. Diese Tatsache habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, insbesondere habe sie es außer Acht gelassen, dass es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar gewesen sei, der Auskunft seines Arbeitgebers, dass ausreichend Ökopunkte vorhanden seien, zu misstrauen und weitere Nachforschungen anzustellen.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend: Für die Verwirklichung der vorliegenden Verwaltungsübertretung ist nicht vorsätzliches Verhalten erforderlich, vielmehr reicht hiezu gemäß § 5 Abs. 1 VStG bereits Fahrlässigkeit aus. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, hat sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges bei einer Transitfahrt bereits vor der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs im Falle der Benutzung eines Umweltdatenträgers auf geeignete Weise davon zu überzeugen, dass mit diesem eine automatische Abbuchung von Ökopunkten auch möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0262). Daraus folgt u.a. die Verpflichtung des Lenkers bei beabsichtigter Transitfahrt durch das Gebiet Österreichs, sich bereits vor der Einreise umfassend auch darüber zu informieren, ob nicht etwa mangels gedecktem Ökopunktekonto bzw. Sperre des Frächters eine Abbuchung von Ökopunkten unmöglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/03/0243).

In dem hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2001, Zl. 2000/03/0307, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine solche Sorgfaltsverletzung eines Lenkers eines Lastkraftwagens nicht angenommen werden kann, falls es zutrifft, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit fehlte, unmittelbar vor der Einreise in das Bundesgebiet selbst den Ökopunktestand des in dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug eingebauten Ecotag abzufragen, ihm vor Durchführung der Transitfahrt von seinem Arbeitgeber das Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Ökopunkten (bezüglich den betreffenden Ecotag) bestätigt wurde, und er keinen Grund hatte, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln. Die belangte Behörde hat daher, insoweit sie nähere Feststellungen unterlassen hat, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer an der Zusicherung seines Arbeitgebers (berechtigte) Zweifel hegen sollte, und dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführer eine Sorgfaltsverletzung der besagten Art gesetzt habe, ihren Bescheid - wie dies des Näheren in dem angeführten Erkenntnis Zl. 2000/03/0307 dargelegt wurde - mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis hinzuweisen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im Übrigen ist anzumerken, dass sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich der verhängten Strafe sowie der Kosten des Berufungsverfahrens auch als inhaltlich rechtswidrig erweisen würde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0186).

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. Oktober 2005

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001030364.X00

Im RIS seit

10.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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