TE OGH 1989/1/24 4Ob625/88

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Veröffentlicht am 24.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga P***, Hausbesitzerin, St. Marien, Kimmersdorf 88, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei CP Alwin P*** Gesellschaft mbH, Wels, Wallererstraße 113, vertreten durch Dr. Helmut Werthner, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 360.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Juli 1988, GZ 13 R 58/88-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 25. März 1988, GZ 3 Cg 145/87-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.901,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.081,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Gesellschaft mbH betreibt in Wels den Handel mit Kraftfahrzeugen, den Verleih von Personenkraftwagen und das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe; Geschäftsführer und Inhaber aller Geschäftsanteile ist Alwin P***. Dieser hatte mit der Klägerin am 15. April 1963 die Ehe geschlossen. Mit Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 10. Juli 1985, 3 Cg 345/84 wurde diese Ehe geschieden.

Der am 23. Oktober 1976 verstorbene Vater der Klägerin hatte ihr durch Legat die Liegenschaft EZ 1216 KG Puchberg vermacht. Auf Grund der Amtsurkunde des Bezirksgerichtes Neuhofen an der Krems vom 28. Juni 1977, A 111/76-17, wurde das alleinige Eigentumsrecht der Klägerin an dieser Liegenschaft einverleibt. Im Hinblick auf die zwischen den Eheleuten vereinbarte Gütergemeinschaft wurde die Klägerin in der Folge rechtskräftig verurteilt, in die Einverleibung des Hälfteeigentums Alwin P*** an der genannten Liegenschaft einzuwilligen (Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 20. Oktober 1987, 4 Ob 576/87).

Alwin P*** hatte die Liegenschaft EZ 1216 KG Puchberg bis zum Tod seines Schwiegervaters für die Beklagte gemietet und als Autoabstellplatz verwendet; auch in den folgenden Jahren - zumindest bis 1986 - benützte die Beklagte jedenfalls einen Teil des Grundstücks als Abstellplatz.

Mit der Behauptung, daß ihr die Beklagte trotz gewerblicher Nutzung des Grundstücks noch nie ein Benützungsentgelt gezahlt habe, begehrt die Klägerin von der Beklagten das auf ihre Liegenschaftshälfte entfallende Nutzungsentgelt für die Zeit von Februar 1984 bis einschließlich Februar 1987 (S. 24) in der Höhe von S 360.000,-- sA (S. 29). Die Klägerin habe mit ihrem Ehemann nicht vereinbart, daß das Grundstück lediglich gegen Ersatz der Betriebskosten genutzt werden könne; sie habe nur im Hinblick auf die Ehe kein Nutzungsentgelt verlangt. Da diese "Geschäftsgrundlage" mit der Scheidung weggefallen sei, müsse die Beklagte das ortsübliche Nützungsentgelt zahlen (S. 18 und 23).

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe 2.900 m2 des insgesamt 5.460 m2 großen Grundstücks vom früheren Eigentümer gemietet gehabt. In den letzten Jahren habe der Grund vor allem zum Abstellen von Schrottfahrzeugen und als Parkplatz für die Firmenangehörigen gedient. Zwischen der Klägerin und Alwin P*** sei vereinbart worden, daß die Beklagte ohne schriftlichen Vertrag die Liegenschaft gegen Zahlung der gesamten darauf entfallenden Betriebskosten nutzen könne. Diese Lasten habe die Beklagte tatsächlich während der Nutzungsdauer getragen. Im Jahre 1986 habe sie das Grundstück von den Schrottfahrzeugen geräumt. Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Der von der Klägerin geltend gemachte Verwendungsanspruch setze voraus, daß die Verwendung zum Nutzen eines anderen als des Berechtigten ohne rechtlichen Grund erfolgt; der Anspruch müsse verneint werden, wenn die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund in einem Vertrag oder im Gesetz findet. Ein Miteigentümer, der das gemeinschaftliche Gut über seinen Anteil hinaus (oder sogar allein) gebraucht oder benützt, handle nicht ohne zureichenden Rechtsgrund; dem anderen Miteigentümer stehe es frei, für die Zukunft eine Neuordnung des Gebrauches anzustreben. Alwin P*** habe den Anspruch auf Übereignung des Hälfteanteils an der EZ 1216 KG Puchberg mit dem Tod seines Schwiegervaters erworben. Dieser Anspruch bilde ebenso wie das Miteigentum einen zureichenden Rechtsgrund für die Benützung der gemeinschaftlichen Liegenschaft. Wenngleich Alwin P*** mangels Einverleibung nicht Miteigentümer gewesen sei, fehlten doch die Grundlagen für einen Anspruch nach § 1041 ABGB. Da die Beklagte die Liegenschaft mit Zustimmung Alwin P*** benützt habe, könne auch sie sich auf einen zureichenden Rechtsgrund berufen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Beklagte habe die Liegenschaft mit Zustimmung des Miteigentümers Alwin P*** benützt. In der Überlassung des Gebrauches der Liegenschaft durch Alwin P*** könne ein Bestandvertrag (§ 1090 ABGB) oder eine Bittleihe (§ 974 ABGB) erblickt werden, je nachdem, ob sie gegen Entgelt oder unentgeltlich und gegen jederzeitigen Widerruf erfolgt sei. Auch die Bittleihe sei ein Vertrag, dessen Gegenstand ein Grundstück sein könne. Zwischen Alwin P*** und der Beklagten sei somit ein die Benützung der Liegenschaft rechtfertigendes Vertragsverhältnis zustandegekommen. Als Miteigentümer sei Alwin P*** zur Überlassung des Gebrauches an die Beklagte berechtigt gewesen, weil er damit - ohne daß die Klägerin dagegen Widerspruch erhoben hätte - eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung getroffen habe. Sei aber die Benützung der Liegenschaft durch ein Vertragsverhältnis gerechtfertigt, so könne die Klägerin keinen Anspruch nach § 1041 ABGB erheben.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB steht dem Eigentümer zu, dessen Sache ohne Rechtsgrund zum Nutzen eines anderen verwendet wurde; ein Nutzen, der ungerechtfertigt aus dem einem anderen zugewiesenen Gut gezogen wurde, ist zurückzuerstatten (Koziol-Welser8 I 382; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 3 und 4 zu § 1041). Wer eine fremde Sache ohne Rechtsgrund zu seinem Nutzen verwendet, muß also nach ständiger Rechtsprechung dem Eigentümer ein angemessenes Entgelt zahlen (SZ 26/195; SZ 44/92; SZ 55/37 uva). Kann sich aber der Verwender auf einen Rechtsgrund für die Verwendung - insbesondere ein Vertragsverhältnis mit dem Eigentümer - stützen, dann kann gegen ihn ein Anspruch nach § 1041 ABGB nicht erhoben werden (Rummel aaO Rz 9 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; Koziol-Welser aaO 384).

Die Vorinstanzen haben den Einwand der Beklagten, daß sie die Liegenschaft auf Grund einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer Alwin P*** benützt habe, ungeprüft gelassen. Das schadet aber nicht, weil schon aus den Prozeßbehauptungen der Klägerin selbst hervorgeht, daß die Beklagte ihre Liegenschaft(-shälfte) mit ihrem Wissen und Willen benützt hat. Die Klägerin behauptet mit keinem Wort, daß die Nutzung etwa hinter ihrem Rücken ohne ihr Wissen oder sogar gegen ihren Willen erfolgt wäre; sie spricht vielmehr davon, daß sie im Hinblick auf die Ehe kein Nutzungsentgelt verlangt habe, diese "Geschäftsgrundlage" aber später weggefallen sei. Daraus ergibt sich aber zwingend, daß sie mit der Nutzung einverstanden war und dazu, auch wenn sie nicht ausdrücklich zugestimmt haben sollte, zumindest geschwiegen hat. Nun gilt zwar Stillschweigen nicht schlechthin als Zustimmung, wohl aber dann, wenn der Stillschweigende nach Treu und Glauben, nach der Verkehrssitte oder nach dem Gesetze hätte reden müssen (SZ 55/168 uva). Daß die Klägerin dann, wenn sie die (unentgeltliche) Benützung der Liegenschaft nicht hätte dulden wollen, zu reden gehabt hätte, bedarf wohl keiner näheren Begründung. Hat sie aber der (unentgeltlichen) Nutzung ihrer Liegenschaft durch die Beklagte zumindest schlüssig zugestimmt, dann hat sie mit dieser eine Bittleihe (Prekarium) nach § 974 ABGB geschlossen und ist daher nicht berechtigt, nun im nachhinein ein Benützungsentgelt zu verlangen. Daß sie die Einwilligung in den Gebrauch ihrer Liegenschaft vor oder auch nur während des Zeitraums, für den sie den eingeklagten Betrag verlangt, widerrufen hätte, hat sie in erster Instanz nicht behauptet.

Darauf, ob Alwin P*** trotz fehlender Einverleibung seines Eigentumsrechtes an der Liegenschaftshälfte als Miteigentümer anzusehen ist - wie es das Berufungsgericht getan hat -, ob er Verwaltungsbefugnisse hatte und ob die Überlassung der Liegenschaft zum Gebrauch an die Beklagte zur ordentlichen Verwaltung gehörte, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16574

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00625.88.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19890124_OGH0002_0040OB00625_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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