TE OGH 1989/1/24 4Ob109/88

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Veröffentlicht am 24.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** A*** Gesellschaft mbH, Hallein, Rifer Hauptstraße 21, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J***'S W*** Gesellschaft mbH, Wien 22., Rennbahnweg 25, vertreten durch Dr.Harald Foglar-Deinhardstein, Dr.Andreas Foglar-Deinhardstein und Dr.Jürgen Brandstätter, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 900.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 8. September 1988, GZ 3 R 157/88-23, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27.Mai 1988, GZ 17 Cg 1/88-10, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, anstelle des Ausspruches des angefochtenen Beschlusses, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 nicht übersteigt, auszusprechen, ob der (gesamte) Wert des Beschwerdegegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000 übersteigt.

Text

Begründung:

Die Beklagte erzeugt und vertreibt (ua) ein Mittel zur Wäschevorbehandlung unter der Bezeichnung "Jubilee-Biospray". Auf dem Gebinde dieses Produktes und in ihrer sonstigen Werbung dafür verwendet die Beklagte die Slogans "Biologisch abbaubar" und "Löst auch hartnäckigste Flecken, zum Beispiel biologische Flecken, wie Obst-, Gras-, Wein- oder Blutflecken".

Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsbegehren beantragt die klagende Mitbewerberin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, beim Vertrieb ihres "Jubilee-Spray"-Flecklösers die Angaben a) "Bio" und "Biologisch abbaubar" sowie b) "Löst auch hartnäckigste Flecken, zum Beispiel biologische Flecken, wie Obst-, Gras-, Wein- oder Blutflecken" zu machen.

Das Erstgericht verbot der Beklagten, beim Vertrieb ihres "Jubilee-Spray"-Flecklösers die Angabe "Bio" zu machen, und wies das Sicherungs-Mehrbegehren ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge und bestätigte die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung; in Stattgebung des Rekurses der Klägerin gab es dem Sicherungsantrag zur Gänze statt. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert der Streitgegenstände, über die es entschieden habe, jeweils S 15.000, nicht jedoch S 300.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Gegen den abändernden Teil dieser Entscheidung wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, in diesem Umfang den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben. Vorauszuschicken ist zunächst, daß im vorliegenden Fall getrennte Aussprüche über die Bewertung und die Zulässigkeit der Anfechtung hinsichtlich der einzelnen Ansprüche nicht erforderlich waren. Gemäß § 500 Abs 2 Satz 2 ZPO sind auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden. Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche sind dabei zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (§ 55 Abs 1 Z 1 JN). In einem tatsächlichen Zusammenhang stehen alle Ansprüche, die aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (Fasching I 345). Mehrere irreführende Angaben eines Kaufmanns über seine Ware, aus denen sich auch mehrere Unterlassungsansprüche ableiten lassen, können örtlich, zeitlich, aber auch inhaltlich zusammenhängen. Ob der Umstand, daß sie im Rahmen einer einzigen Werbemaßnahme - hier durch Angaben auf einer Spray-Dose - gemacht wurden, für sich allein zur Annahme eines tatsächlichen Zusammenhanges ausreicht, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben: Werden nämlich solche Angaben vom Verkehr als einheitliche Werbemaßnahme aufgefaßt, dann ist ein sachlicher Zusammenhang zu bejahen (4 Ob 351/87; 4 Ob 105/88). Eine einheitliche Werbemaßnahme ist aber jedenfalls dann anzunehmen, wenn dabei - wie hier durch Angabe verschiedener Eigenschaften der Ware in bezug auf ihre Abbaubarkeit und ihre Wirkungsweise - inhaltlich in dieselbe Richtung gehende Werbeangaben gemacht wurden.

Rechtliche Beurteilung

Während der Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000 übersteigt, der Bestimmung des § 527 Abs 1 Satz 2 ZPO entspricht, ist ein Ausspruch, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 nicht übersteigt (oder diesen Betrag übersteigt), im Gesetz nicht vorgesehen. Für die Frage, ob gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes der Vollrekurs zulässig ist, kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob der gesamte, nach den Grundsätzen der §§ 54 bis 60 JN zu berechnende Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 500 Abs 2 Satz 2 ZPO), über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000 übersteigt oder nicht. Im Hinblick auf § 528 Abs 2 Satz 1 ZPO iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ist daher der weitere Ausspruch erforderlich, ob der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000 übersteigt (4 Ob 327/84, 4 Ob 412/87 ua; vgl Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff [175 f und 203 f]). Das gilt auch für die Anfechtung von Entscheidungen des Rekursgerichtes im Exekutions- und Sicherungsverfahren (§§ 78, 402 Abs 2 EO; 4 Ob 392/83; 4 Ob 327/84; 4 Ob 412/87). Sollte das Rekursgericht einen S 300.000 übersteigenden Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes annehmen, dann wäre der in seiner Entscheidung derzeit enthaltene Ausspruch über die Zulässigkeit des Grundsatzrekurses (§ 528 Abs 2 iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 3 ZPO) ohne Bedeutung. Dem Rekursgericht war daher in sinngemäßer Anwendung des § 419 ZPO aufzutragen, anstelle seines Ausspruches, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 nicht übersteigt, auszusprechen, ob der gesamte Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt oder nicht.

Anmerkung

E16366

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00109.88.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19890124_OGH0002_0040OB00109_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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