TE OGH 1989/1/25 3Ob12/89

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Veröffentlicht am 25.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*** B*** AN DER M***

reg. Genossenschaft mbH, Bruck an der Mur, Mittergasse 18, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik und Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, und anderer betreibender Parteien, wider die verpflichtete Partei Gertrude K***, Hausfrau, Kapfenberg, Johann Böhm-Straße 42/9, vertreten durch den Sachwalter Franz T***, Volksschuldirektor iR, Bruck an der Mur, Wüstenrotstraße 15, wegen S 172.271,-- sA und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses der Ö*** Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH, Graz, Schillerplatz 4, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg und Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 24. März 1988, GZ R 702/87-60, in der Fassung des Beschlusses vom 17. September 1988, GZ R 581/88-66, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 30. Juli 1987, GZ E 82/84-55, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Bei der am 30. Mai 1985 durchgeführten Versteigerung eines Liegenschaftsanteiles der Verpflichteten, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist, und eines weiteren Liegenschaftsanteils wurde ein Meistbot von zusammen S 445.354,-- erzielt. Vor Anberaumung der Meistbotsverteilungstagsatzung meldete die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, welche die Liegenschaften verwaltet, zur Verteilung des Meistbots eine Forderung von S 55.982,-- an und begehrte die Zuweisung vor den Hypothekargläubigern. Sie brachte vor, das es sich um den die Verpflichtete treffenden Anteil an den Instandhaltungs-, Heiz- und Liftkosten sowie an den sonstigen Betriebsausgaben und an dem ihr für die Verwaltung zu zahlenden Entgelt handle. Dieser Aufwand habe die Verschlechterung der von der Versteigerung betroffenen Liegenschaften abgewendet und eine Erhöhung des Wertes bewirkt. Der Anmeldung waren drei Urkunden in unbeglaubigter Ablichtung angeschlossen, die eine Aufstellung über die geltend gemachten Aufwendungen enthielten und von denen zwei handschriftlich hergestellt und eine offensichtlich von einem Computer ausgedruckt waren.

Zur Tagsatzung zur Verteilung des Meistbots wurde die Verwalterin der Liegenschaft nicht geladen und sie nahmen daran auch nicht teil. Der von ihr angemeldete Anspruch wurde in der Tagsatzung nicht erwähnt. Im Meistbotsverteilungsbeschluß verfügte das Erstgericht Zuweisungen aus der Verteilungsmasse an einen bevorrechteten Gläubiger für öffentliche Abgaben und an zwei Hypothekargläubiger. Die Anmeldung der Verwalterin der Liegenschaft wurde nicht erwähnt.

Das Rekursgericht gab dem von der Verwalterin der Liegenschaft gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß erhobenen Rekurs nicht Folge. Es sei iSd E MietSlg 37.832 nicht notwendig gewesen, die Rekurswerberin zur Meistbotsverteilungstagsatzung zu laden, weil sie nur obligatorische Ansprüche angemeldet habe. Durch die Urkunden, die sie vorgelegt habe, seien die angemeldeten Ansprüche nicht nachgewiesen worden. Überdies handle es sich bloß um unbeglaubigte Ablichtungen, deren Vorlage gemäß § 210 Abs. 1 EO nicht ausreichend sei.

In einer Ergänzung dieses Beschlusses sprach das Rekursgericht aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil es sich bei der Frage der Anmeldung einer Forderung im Meistbotsverteilungsverfahren und deren Mängel um keine Frage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts von erheblicher Bedeutung handle.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Verwalterin der Liegenschaft gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin macht zutreffend geltend, daß eine Rechtsprechung zur Frage fehlt, in welcher Form Ansprüche der im § 216 Abs. 1 Z 1 EO genannten Art zur Meistbotsverteilung angemeldet werden müssen. Der Lösung dieser Frage kommt deshalb entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes eine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zu. Überdies fehlt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier ebenfalls bedeutsamen Frage, ob der Oberste Gerichtshof im Rekursverfahren eine Nichtigkeit, die das Rekursgericht nicht als gegeben ansah, wahrnehmen kann. Die Rekurswerberin hat zur Meistbotsverteilung Auslagen angemeldet, die nach ihrem Vorbringen eine Verschlechterung der von der Versteigerung betroffenen Liegenschaften abgewendet oder deren Wert erhöht haben. Schon aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 58/160 ergibt sich, daß solchen Auslagen ein Vorzugsrecht nach § 216 Abs. 1 Z 1 EO zukommen kann, allerdings nur, soweit sie während des Versteigerungsverfahrens gemacht wurden. Die Rekurswerberin war als Verwalterin der Liegenschaft auch berechtigt, die Auslagen im eigenen Namen anzumelden (vgl. MietSlg. 37.625 mwN). Nach § 210 EO sind die zum Nachweis angemeldeter Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich dieselben nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Meistbotsverteilungstagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen. Die Urkunden, welche die Rekurswerberin ihrer Anmeldung beischloß, waren zum Nachweis der angemeldeten Ansprüche nicht geeignet, weil sie nur eine Zusammenstellung der Auslagen, aber keinen Nachweis dafür enthielten, daß diese Auslagen tatsächlich gemacht wurden. Dies gilt auch für den Computerausdruck, der als Rechnungslegung gegenüber den Wohnungseigentümern gedient haben könnte. Die Richtigkeit der Rechnungslegung kann aber nur auf Grund der Belege geprüft werden, weshalb etwa § 17 Abs. 1 Z 1 WEG und § 19 Abs. 1 WGG vorschreiben, daß der Verwalter Einsicht in die Belege zu gewähren hat. Es ist im übrigen gemäß § 115 Abs. 2 EO auch der Zwangsverwalter verpflichtet, bei der Rechnungslegung dem Gericht die Belege vorzulegen. Werden Verwaltungskosten im Sinn des § 216 Abs. 1 Z 1 EO angemeldet, so müssen daher die Belege hiezu, die sich nicht schon bei Gericht befinden, also vor allem Rechnungen und Zahlungsnachweise, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Dem Rekursgericht ist somit darin beizupflichten, daß die der Anmeldung der Rekurswerberin beigeschlossenen Urkunden zum Nachweis der angemeldeten Ansprüche nicht geeignet waren. Die Rekurswerberin hätte die erforderlichen Urkunden gemäß § 210 EO noch in der Meistbotsverteilungstagsatzung vorlegen können. Sie wurde hiezu aber nicht geladen und nahm daran auch nicht teil. Das Unterbleiben der Ladung machte sie schon in ihrem Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß als Nichtigkeit geltend. Das Rekursgericht kam jedoch unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes MietSlg 37.832 = nun SZ 58/160 zur Ansicht, daß keine Nichtigkeit vorliege.

Aus § 519 Abs. 1 Z 2 ZPO ergibt sich für das Berufungsverfahren, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes, womit die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wird, nicht angefochten werden kann (MietSlg 38/41 mwN uva). Es besteht kein Grund, in den durch die ZPO geregelten Verfahren eine Nichtigkeit im Rekursverfahren anders als im Berufungsverfahren zu behandeln. Der gebotene Analogieschluß (vgl. Fasching, LB RZ 1969) führt daher dazu, daß der Oberste Gerichtshof in diesem Verfahren auf Grund eines Rekurses ebenfalls eine Nichtigkeit, die das Gericht zweiter Instanz nicht als gegeben ansah, nicht mehr wahrnehmen kann. Dies gilt im besonderen auch für das Exekutionsverfahren, weil auch dort gemäß § 78 EO für den Rekurs die Bestimmungen der ZPO mit den aus der EO sich ergebenden, in den behandelten Zusammenhang jedoch nicht wesentlichen Besonderheiten maßgebend sind.

Da das Rekursgericht hier zur Ansicht gelangte, daß das Unterbleiben der Ladung der Rekurswerberin keine Nichtigkeit bilde, kann und muß nicht geprüft werden, ob die in der Entscheidung SZ 58/160 vertretene Rechtsansicht, auf die sich das Rekursgericht stützte, aufrecht zu erhalten ist.

Für den Fall, daß die Urkunden nicht vorliegen, die zum Nachweis von zur Meistbotsverteilung angemeldeten Ansprüchen erforderlich sind, schreibt § 210 EO zwingend vor, daß diese Ansprüche bei der Verteilung nur insoweit berücksichtigt werden dürfen, als sie aus dem Grundbuch sowie den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen. Auf das Fehlen der erforderlichen Urkunden ist daher von Amts wegen Bedacht zu nehmen, ohne daß ein Widerspruch erhoben werden muß (vgl. Heller-Berger-Stix II 1600; EvBl. 1976/82; der aus ZBl. 1937/42 hervorgehenden abweichenden Ansicht kann nicht gefolgt werden, weil sie mit dem Gesetz nicht im Einklang steht). Es ergibt sich hier aber weder aus dem Grundbuch noch aus den Exekutionsakten, daß der Rekurswerberin die von ihr angemeldeten Ansprüche zustehen. Sie hätte daher die zum Nachweis der Ansprüche geeigneten Urkunden vorlegen müssen. Da sie dies unterließ, haben die Vorinstanzen mit Recht eine Zuweisung aus der Verteilungsmasse abgelehnt. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 78 EO iVm § 40 und § 50 ZPO.

Anmerkung

E16558

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00012.89.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19890125_OGH0002_0030OB00012_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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