Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz W*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Schöffengericht vom 11.Oktober 1988, GZ 10 c Vr 1197/85-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Schuldberufung werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Strafberufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sowie über dessen Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der ehemalige Spediteur Franz W*** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Juli und August 1984 einen Betrag von 8,623.687,28 S, den er zur Bezahlung von Eingangsabgaben für Verzollungen erhalten hat, vereinbarungswidrig zur Abdeckung von Firmenverbindlichkeiten der konkursreifen Firma Franz W*** GesmbH verwendet.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO geltend.
Soweit er im Rahmen seiner Mängelrüge darauf pocht, daß im Zweifel seiner Schlußverantwortung, den Verrechnungsmodus nach § 214 BAO nicht gekannt zu haben, hätte geglaubt werden sollen, macht er keinen formellen Begründungsmangel geltend. Das Gericht stützte unter Widerlegung dieser Verantwortung seine gegenteiligen Feststellungen auf die Art der verwendeten Zahlscheine, auf das ursprüngliche Geständnis des Angeklagten und auf eine in der Hauptverhandlung abgelegte Zeugenaussage (US 50). Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber für ihn sprechende Argumente, welche die Tatrichter keineswegs übergangen haben, höher gewertet wissen will, argumentiert er im Sinne einer von ihm angemeldeten (ON 63), in der Kollegialgerichtsbarkeit jedoch unzulässigen Schuldberufung (s. § 283 StPO).
Außerdem ist es unentscheidend, worauf erbrachte Zahlungen vom Zollamt angerechnet wurden, genug daran, daß die übergebenen Gelder, durch den Angeklagten widmungswidrig für die W*** GesmbH, anstatt zur Abdeckung ganz konkret bestimmter Eingangsabgaben verwendet wurden. Daß aber die Beträge nur zur Bezahlung von Eingangsabgaben zur Verfügung gestellt waren und daß der Angeklagte auch darum wußte, konstatierten die Tatrichter auf Grund des allgemeinen Erfahrungs- und Wissensstandes des Angeklagten (US 43 f), der Aussagen und der vorgelegten Unterlagen von informierten Vertretern der geschädigten Firmen als Zeugen und seines ursprünglich vollen Geständnisses (US 52 f). Aus den Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen konnten die Erstrichter nichts Gegenteiliges ableiten (US 53). Wenn aus dem letztgenannten Umstand der Beschwerdeführer nun für sich reklamiert, daß auch die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen nicht gegen seine zuletzt abgelegte leugnende Verantwortung, zur Umwidmung berechtigt gewesen zu sein, sprechen, übergeht er die eben genannten (zahlreichen) Beweismittel die seine zuletzt aufgestellte Behauptung widerlegen, worunter aber die Spediteurbedingungen nicht fallen. Soweit in der Mängelrüge die aussichtslose wirtschaftliche Situation der W*** GesmbH im Tatzeitraum und zuvor breit erörtert werden, ist dies für den Schuldspruch weitgehend unentscheidend; genug, daß dem Angeklagten schon im Zeitpunkt der widmungswidrigen Verwendung der Gelder für die konkursreife W*** GesmbH keinerlei Mittel im Sinn eines präsenten Deckungsfonds zur Verfügung standen. Nicht relevant ist insbesondere, ob die Hausbank des Angeklagten die Zahlungsunfähigkeit der W*** GesmbH verspätet erkannt hat. Beweisanträge dazu sind - wie überhaupt im gesamten Nichtigkeitsverfahren (somit auch zur Rechtsrüge) - als Neuerungen unzulässig und daher unbeachtlich.
Die Rechtsrüge, die einen Irrtum des Angeklagten reklamiert, entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Sie geht nämlich nicht von den getroffenen Urteilsfeststellungen aus, sondern versucht erneut, dem leugnenden Teil der Einlassung des Angeklagten und insbesondere seinem zuletzt behaupteten Nichterkennen der hoffnungslosen Überschuldung der Firma W*** GesmbH im Deliktszeitraum und einer irrtümlichen Annahme erlaubter Umwidmung der zugeflossenen Beträge, zum Durchbruch zu verhelfen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach Z 1 der zitierten Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Dieses Schicksal traf auch die bereits erwähnte unzulässige Schuldberufung des Angeklagten.
Gemäß § 285 i StPO hat über die Strafberufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten aber auch über dessen Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.
Anmerkung
E16753European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00003.89.0131.000Dokumentnummer
JJT_19890131_OGH0002_0150OS00003_8900000_000