Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Februar 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burianek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst B*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG, § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29.November 1988, GZ 6 a Vr 8.264/88-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG (Punkt B des Urteilssatzes), soweit dieser auch den Zeitraum von Ende 1986 bis Dezember 1987 umfaßt, sowie demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst B*** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG, § 15 StGB (A) und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG (B) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider
A) von Frühjahr 1988 bis 25.August 1988 Suchtgifte in einer
großen Menge in Verkehr gesetzt (insgesamt 535 Gramm Haschisch und 40 LSD-Trips) bzw. in Verkehr zu setzen versucht (220 Gramm Haschisch); und
B) von Ende 1986 bis 25.August 1988 ein Suchtgift (Haschisch)
wiederholt erworben und besessen.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er als Aktenwidrigkeit (Z 5) geltend macht, das Erstgericht habe sich bei der Begründung des Ausspruchs über den Beginn seines Rückfalles durch neuerlichen, fortgesetzten Haschischkonsum (ab Ende 1986) zu Unrecht auf sein "volles und umfassendes Geständnis" berufen (US 6), weil er darnach nicht schon "unmittelbar nach seiner letzten einschlägigen Verurteilung" vom 14.November 1986 (US 5), sondern erst zwei Wochen nach seiner Entlassung aus der Strafhaft, "also Anfang 1988 wieder angefangen habe" (S 344 oben). Diesen Begründungsmangel releviert der Beschwerdeführer nach dem Wortlaut seiner Ausführungen zwar nur dahin, daß solcherart für die "Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsachen unrichtig beurteilt worden" seien (Z 11 zweiter Anwendungsfall), der Sache nach macht er ihn aber in Wahrheit gegen den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG (B) geltend, soweit dieser auch den Zeitraum von Ende 1986 bis Dezember 1987 umfaßt, besteht doch dessen Tatsachensubstrat in eben jenem neuerlichen, wiederholten Drogenmißbrauch, in Ansehung dessen der Angeklagte den (schuldspruchmäßigen) Anfangszeitpunkt bemängelt.
Rechtliche Beurteilung
Diesem kommt aber hier - anders als der Begehungszeit einer ansonsten umfänglich eindeutig individualisierten, wenn auch in mehreren Angriffen begangenen Tat (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 E 31 zu § 262 und E 18 zu § 281 Abs. 1 Z 5) - entscheidende Bedeutung zu, weil vorliegendenfalls die Gesamtmenge des für den Eigenbedarf erworbenen und besessenen Suchtgifts nicht feststeht und daher der Tatzeitraum einziges - eine abermalige Verfolgung wegen derselben Tat ausschließendes - Abgrenzungskriterium ist.
Insofern ist aber die Beschwerde begründet, weil sich in Übereinstimmung mit der im Urteil aktenwidrig zitierten Verantwortung des Angeklagten aus der Strafregisterauskunft (S 13 f) ergibt, daß er seit seiner am 14.November 1986 rechtskräftig gewordenen Verurteilung wegen § 16 Abs. 1 SGG zu AZ 6 U 2.103/86 des Strafbezirksgerichtes Wien (bei der zwar von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen worden war) in unmittelbarer Aufeinanderfolge zu mehreren anderen Verfahren zumindest mehr als 10 Monate, wahrscheinlich aber (vgl. die infolge Fehlens eines Vollzugsdatums vermutlich unvollständige Eintragung Punkt 8) durchgehend bis 15. Dezember 1987 in Strafhaft angehalten worden sein dürfte. Damit ließe sich aber der dem Angeklagten auch für den Deliktszeitraum Ende 1986 bis Dezember 1987 angelastete wiederholte Erwerb und Besitz von Haschisch nicht vereinbaren, soll doch die Tat nach den Urteilsgründen ersichtlich auf freiem Fuße begangen worden sein. In Ansehung dieses Tatzeitraumes ist daher der bekämpfte Schuldspruch wegen Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG mangelhaft begründet (Z 5). Ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war demnach - nach Anhörung der Generalprokuratur - in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten spruchgemäß zu erkennen (§ 285 e StPO). Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht durch Einsichtnahme in die in Frage kommenden Vorstrafakten die genauen Haftzeiten des Angeklagten zu überprüfen und danach den Deliktszeitraum des Suchtgiftvergehens festzustellen haben. Die Berufung des Angeklagten ist durch die Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos geworden.
Anmerkung
E16504European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00008.89.0201.000Dokumentnummer
JJT_19890201_OGH0002_0140OS00008_8900000_000