Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Egermann als Richter in der Pflegschaftssache des mj. Harald P***, geboren am 2.Jänner 1973, infolge Revisionsrekurses des besonderen Sachwalters Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten, Jugendhilfe, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 30.November 1988, GZ R 644/88-79, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15.November 1988, GZ 2 P 133/85-74, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der am 2.Jänner 1973 geborene Harald P*** ist ein eheliches Kind des Ignaz und der Josefa P***. Die Ehe der Eltern ist geschieden. Die Elternrechte stehen der Mutter zu. Der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten wurde zum besonderen Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche bestellt. Der Vater war zuletzt mit Beschluß des Pflegschaftsgerichtes zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.075,-- für dieses Kind verpflichtet.
Infolge eines am 14.Oktober 1988 beim Erstgericht eingelangten Unterhaltsherabsetzungsantrages des Vaters setzte das Erstgericht antragsgemäß die vom Vater zu erbringenden monatlichen Unterhaltsleistungen für den mj. Harald ab 1.September 1988 auf S 600,-- herab.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des besonderen Sachwalters gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Es bejahte die Zulässigkeit einer Unterhaltsherabsetzung für vor Antragstellung liegende Zeiträume im wesentlichen mit der Begründung, daß die bisherige Rechtsprechung, nach der die Vorschrift des § 1418 ABGB einer solchen Vorgangsweise entgegenstehe, im Hinblick auf die in EvBl. 1988/123 (= JBl. 1988,
586) veröffentlichte Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes, nach der Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden könnten, nicht mehr aufrechterhalten werden könne.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der vom Vater für den mj. Harald zu leistende Unterhalt erst mit Wirkung vom 1. November 1988 auf S 600,-- monatlich herabgesetzt werde. Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Wohl steht der im § 14 Abs. 2 AußStrG bezüglich der Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche normierte Rechtsmittelausschluß der Zulässigkeit des vorliegenden Revisionsrekurses nicht entgegen, weil die Frage, ob der Unterhalt rückwirkend herabgesetzt werden kann, nicht die Unterhaltsbemessung betrifft (EFSlg. 41.743, 49.901). Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG ist aber gegen bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof zulässig. Das Vorliegen der Rechtsmittelgründe der Nichtigkeit oder der Aktenwidrigkeit wird nicht behauptet.
Eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg. 44.642, 49.930, 52.757 uva). Die allein im Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters relevierte Frage, ob die Unterhaltsverpflichtung des Vaters rückwirkend aufgehoben oder eingeschränkt werden durfte, ist ebensowenig wie die Frage, ob Alimente auch über den Antragstag hinaus rückwirkend auferlegt werden können, im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, und zwar weder im § 1418 ABGB noch in den Vorschriften des § 1431 ABGB und des § 35 EO, auf die im Revisionsrekurs hingewiesen wird (EFSlg. 10.846, 12.715, 12.716, 23.656, 47.226, 52.766 ua). Mangels ausdrücklicher Regelung dieser Frage durch das Gesetz kann somit in ihrer Lösung durch die Vorinstanzen keine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG liegen.
Mangels Vorliegens eines in dieser Gesetzesstelle normierten Rechtsmittelgrundes ist daher der vorliegende außerordentliche Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E16529European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00508.89.0207.000Dokumentnummer
JJT_19890207_OGH0002_0020OB00508_8900000_000