TE OGH 1989/2/7 2Ob597/88

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Veröffentlicht am 07.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf R***, Kaufmann in D-7433 Dettingen, Königsbergerstraße 3, vertreten durch Dr. Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei Maximilian S***, Kaufmann, 6291 Fieberbrunn, Reitliftweg 19, vertreten durch Dr. Franz Wallentin und Dr. Josef Thaler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wegen Abtretung eines Geschäftsanteiles (Streitwert S 350.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. April 1988, GZ 3 R 100/88-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Dezember 1987, GZ 7 Cg 222/87-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichts aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Kläger stellte das mit S 350.000 bewertete Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, seinen Geschäftsanteil an der N***-R*** Gesellschaft m.b.H. an eine vom Kläger namhaft zu machende österreichische Person - Helmut P*** - abzutreten, so daß mit der Rechtswirksamkeit des Urteils diese Person Gesellschafter der genannten Gesellschaft m.b.H. sei (Pkt 1 des Begehrens); weiters strebte der Kläger die urteilsmäßige Verpflichtung des Beklagten an, sämtliche zur handelsrechtlichen und grundbücherlichen Durchführung sowie zur Erfüllung der Treuhandvereinbarung notwendigen Erklärungen in der jeweils erforderlichen Form abzugeben bzw. zu unterschreiben, wobei anfallende Kosten und Gebühren nicht vom Beklagten zu tragen seien (Pkt 2 des Begehrens).

Hiezu brachte der Kläger im wesentlichen vor, daß der Beklagte nur als Treuhänder die klagsgegenständlichen Geschäftsanteile halte und sich mit Vereinbarung vom 10. Jänner 1984 verpflichtet habe, diese jederzeit an den Kläger selbst oder eine von diesem namhaft zu machende Person zu übertragen. Der Beklagte verweigere dies nunmehr. Er habe gedroht, die Gesellschaft aufzulösen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die Treuhandvereinbarung und der Gesellschaftsvertrag seien nicht rechtsgültig zustandegekommen. Es handle sich bei diesen Verträgen um Scheingeschäfte, die der Umgehung des Salzburger Grundverkehrsgesetzes dienen sollten. Alle Vereinbarungen seien daher nichtig. Es sei dem Kläger als deutschem Staatsbürger bei diesen Verträgen nur darum gegangen, sich das Eigentum an der Liegenschaft EZ 183 KG Aigen zu verschaffen. Im übrigen sei der Kläger seiner in diesen Verträgen übernommenen Verpflichtung, nämlich Marmor und Granit vom Beklagten zu beziehen, nicht nachgekommen, so daß sich der Beklagte auch aus diesem Grunde nicht mehr an die getroffene Vereinbarung halten müsse.

Der Kläger bestritt und replizierte, daß er sich nicht verpflichtet habe, vom Beklagten Waren zu beziehen. Vielmehr habe sich der Beklagte bereit erklärt, dem Kläger bei der Gründung eines Unternehmens solange behilflich zu sein, bis ein geeigneter Partner in Österreich gefunden werde. Auch eine Umgehung des Salzburger Grundverkehrsgesetzes sei nicht beabsichtigt gewesen, da der vom Beklagten als Treuhänder übernommene Geschäftsanteil später einem österreichischen Partner übertragen werden sollte. Es sei geplant gewesen, das Grundstück als Betriebsliegenschaft der Gesellschaft zu verwenden. Das einschlägige Grundverkehrsgesetz verlange die Genehmigung des Erwerbes eines Grundstückes durch eine Gesellschaft m.b.H. auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, Geschäftsführer dieser Gesellschaft ein Ausländer sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Am 10. Jänner 1984 errichteten die Streitteile einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung der "N***-R***

Gesellschaft m.b.H." mit dem Sitz in Strobl u.a. mit folgenden Vertragsbedingungen:

"Gegenstand dieses Unternehmens ist die Gewinnung von und der Handel mit Natursteinen aller Art. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt S 500.000 und wird von den Gesellschaftern eingebracht und übernommen wie folgt:

1.) Maximilian S*** (= der Beklagte) übernimmt eine

Stammeinlage von                       S 350.000

und leistet darauf

a) eine Bareinlage im Betrage von      S 175.000 und

b) eine Sacheinlage im einvernehm-

   lich festgestellten Wert von        S 175.000.

Herr Maximilian S*** übergibt und bringt in die

Gesellschaft in Anrechnung auf die von ihm übernommene Stammeinlage

als Sacheinlage die lastenfreie Liegenschaft EZ 183 KG Aigen,

bestehend aus den Grundstücken .... ein ...

Herr Maximilian S*** erteilt seine ausdrückliche

Einwilligung, daß auf Grund dieses Vertrages das Eigentumsrecht ob

der Liegenschaft EZ 183 KG Aigen, bestehend aus ... für die

N***-R*** Gesellschaft m.b.H. nach deren Registrierung

grundbücherlich einverleibt werden kann.

Herr Maximilian S*** haftet dafür,...

2.) Herr Rudolf R***, geboren am 30.3.1941, übernimmt eine

Stammeinlage von             S 150.000

und zahlt darauf den Teilbetrag von    S  75.000

bar ein.

Herr Rudolf R*** bringt die Gewerbeberechtigung des Handelsgewerbes, eingeschränkt auf den Großhandel mit Natursteinen

in Standort Strobl, ein.

...

Zum Geschäftsführer wird längstens für die Dauer seines Gesellschaftsverhältnisses Herr Rudolf R*** bestellt.

....".

Mit Kaufvertrag vom 2. November 1983 hatte der Beklagte die im Gesellschaftsvertrag angeführte Liegenschaft EZ 183 KG Aigen erworben. Eine Verbücherung dieses Vertrages erfolgte bislang weder zugunsten des Beklagten noch zugunsten der N***-R*** Gesellschaft m.b.H.

Zugleich mit dem Gesellschaftsvertrag, nämlich am 10. Jänner 1984, trafen die Streitteile u.a. folgende Vereinbarung:

"Herr Maximilian S*** hat von Herrn Josef B*** die Liegenschaft EZ 183 KG Aigen Wohnhaus Nr.118 in Aigen gekauft. Die Vertragsparteien errichten eine Gesellschaft m.b.H. unter der Firma "N***-R*** Ges.m.b.H.".

In diese Gesellschaft bringt Herr Maximilian S*** die Liegenschaft EZ 183 KG Aigen ein. Einvernehmlich festgestellt wird, daß Herr Maximilian S*** die Liegenschaft EZ 183 KG Aigen nur als Treuhänder für Herrn Rudolf R*** gekauft hat und auch nur Treuhänder-Gesellschafter der N***-R*** Ges.m.b.H. ist. Herr S*** hat sich verpflichtet, die Liegenschaft EZ 183 KG Aigen über Verlangen des Herrn R*** jederzeit an diesen oder eine von ihm namhaft zu machende Person zu übertragen.- Dasselbe gilt für den Gesellschaftsanteil an der

N***-R*** Ges.m.b.H.

Herr Rudolf R*** verpflichtet sich seinerseits, den Kaufpreis für die EZ 183 KG Aigen samt allen Kosten und Gebühren zu bezahlen und alle Zahlungen für die Gründung der Gesellschaft ausschließlich zu leisten und Herrn Maximilian S*** in Ansehung aller damit zusammenhängenden Zahlungen klag- und schadlos zu halten. Maximilian S*** treffen weder für den Hauskauf noch als Gesellschafter irgendwelche Zahlungsverpflichtungen. Wenn derartige Forderungen an Herrn S*** herangetragen werden, sind diese ausschließlich von Herrn R*** zu befriedigen."

Diese Vereinbarung vom 10. Jänner 1984 wurde nicht in Form eines Notariatsaktes geschlossen.

Am 25. Mai 1984 wurde die N***-R***

Gesellschaft m.b.H. laut dem Gesellschaftsvertrag vom 10. Jänner 1984 zu HRB 5.152 in das Handelsregister des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg eingetragen.

Mit Schreiben vom 23. März und 30. April 1987 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagsvertreter mit, daß der Beklagte nicht gewillt sei, die Geschäftsanteile entsprechend der Vereinbarung vom 10. Jänner 1984 an die vom Kläger namhaft gemachte Person zu übertragen. Der Beklagte habe vielmehr die Absicht, die Gesellschaft aufzulösen. Er forderte diesbezüglich den Kläger als Geschäftsführer auf, eine Gesellschafterversammlung zu diesem Zwecke einzuberufen. Mit Schreiben vom 5. April 1987 teilte der Klagsvertreter mit, daß er die persönliche Haftung dafür übernehme, daß dem Beklagten durch die mit der Abtretung des Geschäftsanteils an die vom Kläger namhaft gemachte Person keine Kosten entstünden. Zugleich übersandte der Klagsvertreter dem Beklagtenvertreter den Entwurf eines notariellen Anbots zur Abtretung der Gesellschaftsanteile des Beklagten an der Gesellschaft m.b.H. im Sinne der Treuhandvereinbarung vom 10. Jänner 1984.

Der Beklagtenvertreter erwiderte mit Schreiben vom 7. Mai 1987, daß sein Mandant nicht gewillt sei, diesen Notariatsakt zu unterfertigen. Er stellte weiters in Aussicht, daß der Beklagte nach Ablauf der 14-tägigen Frist selbst eine Gesellschafterversammlung zur Auflösung der Gesellschaft einberufen werde.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß die Treuhandvereinbarung vom 10. Jänner 1984 in Ermangelung des Abschlusses eines Notariatsaktes keinen Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu begründen vermöge, die Abtretung des Geschäftsanteils an der Gesellschaft an eine vom Kläger namhaft zu machende Person durchzusetzen. Dies, weil gemäß § 76 Abs 2 GmbHG sowohl die Übertragung von Gesellschaftsanteilen mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden als auch Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteils des Notariatsaktes bedürften. Alle schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte seien in die Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG einzubeziehen. Die Nichteinhaltung dieser Formvorschrift habe aber die Unwirksamkeit jenes Teils der Vereinbarung zur Folge, in dem sich der Beklagte zur jederzeitigen Übertragung des Geschäftsanteils an den Kläger oder eine namhaft zu machende Person verpflichtet habe. Damit fehle dem Klagebegehren die Rechtsgrundlage.

Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt; ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes billigte es auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt. Der Revisionswerber macht geltend, die Treuhandvereinbarung vom 10. Jänner 1984 sei mangels einer bestimmten hiefür vorgeschriebenen Form rechtswirksam. Dies gelte auch für die in dieser Vereinbarung festgelegte Verpflichtung des Treuhänders zur Abtretung des von ihm gehaltenen Anteils an der GmbH.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Der Oberste Gerichtshof führte in der Entscheidung 8 Ob 565/87, veröffentlicht in RdW 1988, 384 und in GesRZ 1988, 229, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag, folgendes aus: "An der grundsätzlichen Übertragbarkeit des Geschäftsanteils an einer GmbH ist nicht zu zweifeln. Zu prüfen ist jedoch, ob dieses Begehren nicht am Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG scheitere. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung bedarf die Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtgeschäfts unter Lebenden des Notariatsakts; der zweite Satz dieser Norm fordert die gleiche Form für Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteils. Nach überwiegender Judikatur (SZ 7/132; JBl 1925, 174; SZ 8/67; SZ 8/204; NZ 1986, 37; NZ 1988, 20) und Lehre (vgl. Nur Kastner a.a.O. 315; St.Frotz, Die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, SWK 1986/25, 11 (13); P. Bydlinski, Zur Formpflicht bei der Übertragung von GmbH-Anteilen, NZ 1986, 241 (244); Schauer, Worauf bezieht sich das Formgebot bei der Abtretung von GmbH-Anteilen? RdW 1986, 358; aA Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 626) bezieht sich dieses Formgebot nicht nur im zweiten, sondern auch im ersten Satz des § 76 Abs 2 GmbHG sowohl auf das Verfügungs- als auch auf das Verpflichtungsgeschäft. Diesem Standpunkt schließt sich der erkennende Senat - gegen die Entscheidung NZ 1986, 212 - an; die Richtigkeit dieses Standpunktes folgt überdies eindeutig aus den Gesetzesmaterialien: Nach Meinung der Gesetzesverfasser ergab sich bereits aus dem ersten Satz des § 76 Abs 2 GmbHG die Geltung des Formgebotes auch für Verpflichtungen zur künftigen Abtretung von Geschäftsanteilen. Der zweite Satz sollte dies nur mehr - zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten - klarstellen (vgl. Lessiak, Formgebundenheit der Übertragung von GmbH-Anteilen im Treuhandverhältnis?, in GesRZ 1988, 229). Die Frage, ob das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG für die Verpflichtung des Treuhänders gilt, den als Treugut gehaltenen Geschäftsanteil nach Beendigung des Treuhandverhältnisses auf den Treugeber zu übertragen, wird in Judikatur und Lehre uneinheitlich beantwortet. In SZ 8/204 wurde dem Umstand, daß der Herausgabeanspruch auf ein Treuhandverhältnis gestützt wurde, keine Bedeutung beigemessen. In NZ 1988, 20 (= 8 Ob 663/86) hielt zwar der auf Herausgabe der Geschäftsanteile in Anspruch genommene Beklagte diese Anteile nicht als Treuhänder; es wurde dennoch in dieser Entscheidung ausgesprochen, daß auch Vereinbarungen über eine künftige Abtretung von Geschäftsanteilen einer GmbH im Rahmen einer Treuhandvereinbarung der Formvorschrift des § 76 Abs 2 GmbHG unterliegen. In zwei weiteren Entscheidungen (JBl 1925, 174 und HS IV/19) wurde die Möglichkeit, daß ein auf den Treuhandvertrag allein gestützter Herausgabeanspruch nicht dem Formgebot unterliegt, offen gelassen. In der Lehre vertreten Graschopf (Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 100 f) und Kostner (Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung3 140 f) die Meinung, daß auch die Verpflichtung des Treuhänders, künftig den Geschäftsanteil an den Treugeber abzutreten, in Form eines Notariatsaktes begründet werden müsse.

Hingegen vertreten Reich-Rohrwig (a.a.O., Gellis (Kommentar zum

GmbH-Gesetz2 403) und Kastner (Die Treuhand im österreichischen

Recht, JBl 1985, 109, (110 f) die Ansicht, daß sich die

Verpflichtung des Treuhänders zur Rückübertragung des

Geschäftsanteiles an den Treugeber aus dem Gesetz ergebe. Diese

Verpflichtung müsse daher nicht in Notariatsaktsform begründet

werden. Ähnlich ist der Standpunkt der deutschen Judikatur (RGZ 82,

350; RGZ 124, 371; BGHZ 19, 69) und Lehre (Schilling-Zutt, in:

Hachenburg7 § 15 Rn 40, 42 f, Anh. § 15 Rn 52 f; Winter, in: Scholz,

Kommentar zum GmbH-Gesetz7 § 15 Rn 57, 66; Hueck, in:

Baumbach/Hueck, GmbHG14 § 15 Rn 33; Seydel, in: Goutier/Seydel,

GmbH-Gesetz § 15 Rn 7 uva), wonach dann, wenn die

Abtretungsverpflichtung nur "mittelbare" oder "gesetzliche Folge"

einer Vereinbarung sei, die Formpflicht des § 15 Abs 4 dGmbHG nicht

eingreife. Mit dem Problemkreis der Anwendung des § 76 Abs 2 GmbHG

auf die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH im

Treuhandverhältnis setzte sich jüngst Lessiak (Formgebundenheit der

Übertragung von GmbH-Anteilen im Treuhandverhältnis? a.a.O.)

auseinander. Er kam zum Ergebnis, daß die Feststellung, die

Rückübertragungsverpflichtung des Treuhänders ergebe sich aus dem Gesetz, für sich allein nichts über die Anwendbarkeit der Formvorschrift aussage. Sei doch die "aus dem Gesetz" folgende Herausgabepflicht des Treuhänders nur die Folge eines Rechtsgeschäftes: des Treuhandvertrages. Sei aber eine formbedürftige Verpflichtung (die Übertragungsverpflichtung) nur Rechtsfolge eines Vertrages, so führe dies zur Formpflicht für den Vertrag selbst, soweit er diese Pflicht auslöst. Dies gelte grundsätzlich auch für den Treuhandvertrag. Die Auslegung des Formgebotes könne allerdings dazu führen, daß es nach seinem Zweck auf Treuhandverträge keine Anwendung findet. Der einzige in den Gesetzesmaterialien genannte Zweck des § 76 Abs 2 GmbHG sei es, den börsenartigen Handel mit Geschäftsanteilen, die Agiotage, ja überhaupt die Spekulation mit Geschäftsanteilen zu verhindern. Dies entspreche der nahezu einhelligen Judikatur und Literatur zum Formzweck der gegenständlichen Norm. Weitere Formzwecke des § 76 Abs 2 GmbHG seien für die Frage der Geltung des Formgebotes in Treuhandfällen nur kaum von Bedeutung. Lessiak führte weiter aus, daß es der genannte Formzweck geradezu gebiete, die Verpflichtung des Treuhänders, das Treugut (den Geschäftsanteil) nach Beendigung des Treuhandverhältnisses an den Treugeber herauszugeben, nicht mangels Notariatsaktes für unwirksam zu erklären. Während das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG die Formbindung der Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung des Geschäftsanteils bezwecke, sei es gerade für die Treuhand typisch, daß das Treugut dem Treuhänder nur rechtlich, dem Treugeber jedoch wirtschaftlich zugeordnet werde. Verneinte man die Verpflichtung des Treuhänders, das Treugut zurückzuübertragen, so könnte gerade dadurch jene Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung des Geschäftsanteils eintreten, welche § 76 Abs 2 GmbHG nur unter Beachtung des Formgebotes zulassen wolle. Das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG finde daher auf den Treuhandvertrag und die dem Treuhänder daraus typischerweise erwachsenden Verpflichtungen - so etwa für die im Regelfall auch ohne besondere Abrede im Treuhandvertrag aus § 1009 folgende Rückübertragungsverpflichtung des Treugebers - keine Anwendung. Der erkennende Senat schließt sich der in der Entscheidung 8 Ob 565/87 zum Ausdruck gebrachten Auffassung an, daß das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG auf die sich aus dem Treuhandvertrag ergebende Rückübertragungsverpflichtung des Treuhänders keine Anwendung findet. Aufgrund dieser Rechtsansicht kommt aber der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund nicht zu Tragen. Da das Berufungsgericht aufgrund einer vom Revisionsgericht nicht geteilten Auffassung das Klagebegehren schon mangels Erfüllung des Formgebotes des § 76 Abs 2 GmbHG nicht für berechtigt erachtete und sich daher mit den weiteren Einwendungen des Beklagten gegen das Klagebegehren nicht befaßt hat, war eine Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen unumgänglich. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher auf die vom Beklagten gegen das Klagebegehren erhobenen weiteren Einwendungen einzugeben zu haben.

Der Revision war somit Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E16775

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00597.88.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19890207_OGH0002_0020OB00597_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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