TE OGH 1989/2/7 4Ob123/88

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Veröffentlicht am 07.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adil B*** OHG, Wien 1., Graben 30, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. I*** O*** Handelsgesellschaft mbH, Hall in Tirol,

Löfflerweg 35, 2. Dr. Alliasghar A*** A***, Kaufmann und Geschäftsführer, Innsbruck, Jahnstraße 30, 3. Inge A*** A***, Geschäftsfrau und Geschäftsführerin, Wien 6., Bürgerspitalgasse 26, sämtliche vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert gemäß § 7 RATG S 310.000,-) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. September 1988, GZ 5 R 120/88-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Mai 1988, GZ 19 Cg 11/88-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederherstellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 32.703,60 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 2.063,97 Umsatzsteuer und S 10.000,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte betreiben in ganz Österreich den Handel mit Orientteppichen. Die Erstbeklagte tritt im Geschäftsverkehr unter der Bezeichnung "I*** O*** Handelsgesellschaft mbH" oder auch bloß als "I***

O*** Handelsgesellschaft" auf; der Zweit- und die Drittbeklagte sind ihre alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer.

Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, binnen 4 Wochen in Ansehung der Erstbeklagten das Führen des Firmenbestandteils "Iranische" zu unterlassen und in Erfüllung dieser Unterlassungsverpflichtung die Firma der Erstbeklagten dahin zu ändern, daß dieser Firmenbestandteil zu entfallen habe; außerdem verlangt sie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in 3 Tageszeitungen. Der Firmenwortlaut der Erstbeklagten sei zur Irreführung über ihre geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere über ihre Beteiligungsverhältnisse, ihre Größe und ihre Bedeutung geeiinet. Da Geschäftsgegenstand der Erstbeklagten vor allem der Import von Orientteppichen aus dem Iran und der Handel damit sei, ließe sich zwar der Standpunkt vertreten, daß der Firmenbestandteil "Iranische" - auf das Wort ""Orientteppiche" bezogen - dem § 5 GmbHG enspreche. In gleicher Weise könne jedoch das Wort "Iranische" auch auf den weiteren Firmenbestandteil "Handelsgesellschaft" bezogen werden; das erwecke dann beim angesprochenen Publikum den irreführenden Eindruck, es handle sich bei der Erstbeklagten um ein Tochterunternehmen eines staatlichen iranischen Handelsunternehmens oder eines iranischen Unternehmens mit einem für den Iran besonderen Umfang oder einer besonderen Bedeutung. Diese Mehrdeutigkeit des Firmenwortlautes hätten die Beklagten zu vertreten. Daß sie damit die Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geradezu bezweckten, ergebe sich daraus, daß sie in ihrer Werbung das Wort "iranische" mit kleinem Anfangsbuchstaben schrieben und darüber hinaus den Firmenbestandteil "m.b.H." wegließen. Im Hinblick darauf erscheine auch die Urteilsveröffentlichung geboten. Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Der Firmenwortlaut der Erstbeklagten sei nicht geeignet, das in Frage kommende Publikum über einen wesentlichen Umstand in Irrtum zu führen; er weise bloß auf die Herkunft der Waren hin. Da die Klägerin schon seit mehr als einem halben Jahr von diesem Firmenwortlaut Kenntnis habe, sei die Klage verfristet bzw. verjährt. Das Wort "iranische" sei nur einmal irrtümlich mit einem kleinen Anfangsbuchstaben geschrieben worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, ohne Feststellungen zu treffen, aus rechtlichen Erwägungen ab. Die Firma der Erstbeklagten sei nicht irreführend, weil es häufig vorkomme, daß die den Gegenstand des Unternehmens bildende Ware, in der Firma genannt werde. Selbst wenn man aber meinen wollte, daß die Firma der Erstbeklagten Irrtümer hervorzurufen geeignet sei, müßte doch, um hierin einen Wettbewerbsverstoß erblicken zu können, dieser Irrtum geeignet sein, das Geschäft der Erstbeklagten zu fördern. Dazu habe die Klägerin nichts vorgebracht; es sei auch nicht einzusehen, warum das durchschnittliche Käuferpublikum lieber bei (der Tochtergesellschaft) einer iranischen Gesellschaft als bei einer österreichischen Gesellschaft einkaufen sollte. Dazu komme noch, daß die Erstbeklagte eine Änderung ihrer Firma nicht durchführen könne, weil dies eine Änderung ihres Gesellschaftsvertrages erforderte; diesen könnten aber nur die Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst ändern. Sollte sich die Erstbeklagte im geschäftlichen Verkehr nur einer ihrer bisherigen Firma mehr oder weniger ähnlichen Bezeichnung bedienen, so könnte dies nur ein Begehren auf Unterlassung eines solchen Zeichengebrauches, nicht aber auch auf Änderung der Firma rechtfertigen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab; es sprach aus, daß der Wert des gesamten Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Aus der Wortfolge der Firma der Erstbeklagten ergebe sich - sowohl bei grammatikalisch richtiger Auslegung als auch bei der im Wettbewerbsrecht maßgeblichen flüchtigen Wahrnehmung durch den Durchschnittsinteressenten - daß das Wort "Iranische" auf das Unternehmen Bezug nehme. Für den überwiegenden Teil des angesprochenen Publikums müsse somit der Eindruck entstehen, daß es sich dabei um eine "iranische Gesellschaft" handle. Selbst wenn man unterstelle, daß das Wort "Iranische" auch auf das Warenangebot der Erstbeklagten bezogen werden könnte, wäre für die Beklagten nichts gewonnen, müsse doch nach ständiger Rechtsprechung der Werbende bei Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Das Wort "Iranische" sei demnach im vorliegenden Zusammenhang als ein auf das Unternehmen der Erstbeklagten bezogener geographischer Zusatz zu werten. Solche Zusätze seien dann irreführend im Sinne des § 2 UWG, wenn ihnen von einem wenigstens nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine nicht den Tatsachen ensprechende Aussage über eine besondere Bedeutung, einen besonderen Umfang des Geschäftes oder eine besondere Eigenart der angebotenen Ware entnommen werden könne. Welche Vorstellung der Geschäftsverkehr mit einer bestimmten Bezeichnung verbindet, hänge dabei immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Firma der Erstbeklagten erwecke den Eindruck einer besonderen Beziehung zu einem Unternehmen, dem im Iran eine besondere Stellung im Teppichhandel zukomme. Daß der Iran auf dem Gebiet der Erzeugung von Teppichen und des Handels mit ihnen eine besondere, von den aktuellen politischen und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnissen unabhängige Bedeutung habe, könne als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Erwecke der beanstandete Firmenwortlaut somit den Eindruck einer Beziehung der Erstbeklagten zu einem im Iran besonders bedeutenden Teppichhandelsunternehmen, so vermittle er die Vorstellung einer durch Einkaufsmöglichkeiten in großem Umfang im Ursprungsland und somit direkt von den Herstellern unter Ausschaltung des Zwischenhandels bedingten Preisgünstigkeit des Angebotes sowie einer besonderen Kontinuität, die bei Unternehmen von großer Wirtschaftkraft eher erwartet werde als bei Kleinunternehmen. Die beanstandete Wortverbindung erscheine somit geeignet, den Entschluß der angesprochenen Interessenten wesentlich zu beeinflussen, dem Unternehmen der Erstbeklagten den Vorzug vor anderen Teppichhandelsunternehmen zu geben. Da nicht behauptet worden sei, daß tatsächlich ein wirtschaftlicher oder rechtlicher Zusammenhang der Erstbeklagten mit einem Unternehmen bestünde, dem eine besondere Bedeutung im aufgezeigten Sinne zukäme, sei die Rechtssache schon auf Grund des feststehenden Firmenwortlautes spruchreif. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei unberechtigt, weil der rechtswidrige Zustand noch andauere.

Im Unterlassungsprozeß sei derjenige passiv legitimiert, der sich tatbestandsmäßig verhalte. Das sei zunächst die Erstbeklagte, die ihre Firma im Geschäftsverkehr verwende, als unmittelbare Täterin. Die Organe einer juristischen Person - wie der Zweit- und Drittbeklagte - hafteten für deren Wettbewerbsverstöße dann, wenn sie diese selbst begangen hätten oder zumindest daran beteiligt gewesen seien, weil sie dann selbst die Störer seien; sie würden aber auch durch Unterlassung verantwortlich, wenn ihnen der Wettbewerbsverstoß bekannt geworden sei und sie ihn, obwohl sie dazu infolge ihrer Organstellung in der Lage gewesen wären, nicht verhindert hätten. Schließlich sei ihre Verantwortlichkeit auch dann zu bejahen, wenn sie bei Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten von einem im Betrieb begangenen Wettbewerbsverstoß Kenntnis haben müßten, weil demjenigen, der eine Pflicht nicht erfülle, für seine Unkenntnis keine Prämie gewährt werden dürfe. Es liege auf der Hand, daß der Zweit- und die Drittbeklagte als Gesellschafter-Geschäftsführer der Erstbeklagten in der Lage gewesen wären, deren Wettbewerbsverstoß durch Unterlassung der Verwendung des irreführenden Firmenbestandteils hintanzuhalten. Diese beiden Beklagten hätten ihre passive Klagelegitimation nicht bestritten und auch keinen Sachverhalt behauptet, aus dem sich ihre mangelnde Verantwortlichkeit für den Verstoß ableiten ließe.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch umfasse nach § 15 UWG auch den Anspruch auf Beseitigung des durch die Eintragung der Firma der Erstbeklagten in das Handelsregister geschaffenen gesetzwidrigen Zustandes. Zur Erfüllung der Verbindlichkeiten auf Änderung der Firma und damit auf Unterlassung der derzeitigen Firmenbezeichnung sei eine Frist von 4 Wochen nicht ausreichend; hiefür sei nach § 409 Abs 2 ZPO eine Frist von 3 Monaten festzusetzen gewesen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Den Beklagten ist darin beizupflichten, daß das Attribut "iranische" bei grammatikalisch richtiger Auslegung nur mit dem folgenden Wort "Orientteppiche" und nicht mit dem Wort "Handelsgesellschaft" in Verbindung gebracht werden kann; nur dann, wenn die Firma der Erstbeklagten "Iranische Orientteppichhandelsgesellschaft mbH" hieße, müßte nach den Regeln der deutschen Grammatik das Attribut dem Grundwort - "(Handels) Gesellschaft" - und nicht dem Bestimmungswort -

"Orientteppich" - zugeordnet werden. So aber besteht die Firma der Erstbeklagten aus der vom Gegenstand des Unternehmens entlehnten Wortverbindung "Iranische Orientteppiche" und der durch das Bestimmungswort "Handels-" ergänzten Bezeichnung der Gesellschaftsform ("Gesellschaft mbH"); eine solche Aneinanderreihung entspricht zwar nicht der allgemeinen Sprachübung, ist aber für Firmenwortlaute durchaus gebräuchlich. Zwischen den Wörtern "Orientteppiche" und "Handelsgesellschaft" besteht keine Verbindung. Der deutschen Sprache ist auch der Begriff einer "Teppichehandelsgesellschaft" fremd; nur die Wortzusammensetzung "Teppichhandelsgesellschaft" kommt vor.

Die Irreführungseignung einer Angabe ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung nach dem Eindruck zu beurteilen, den sie bei flüchtiger Wahrnehmung auf den Durchschnittsinteressenten mach (ÖBl 1981, 159, ÖBl 1984, 70 uva); dieser pflegt eine geschäftliche Ankündigung weder genau, vollständig und kritisch zu würdigen noch grammatikalische und philologische Überlegungen anzustellen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1072 Rz 33 zu § 3 dUWG).

Daraus ist aber für die Klägerin nichts zu gewinnen: Dem flüchtigen Betrachter des beanstandeten Firmenwortlautes wird nämlich nur die prägende Wortgruppe "Iranische Orientteppiche" ins Auge fallen; der auch in unzähligen anderen Firmen enthaltenen, völlig farblosen Wortverbindung "Handelsgesellschaft mbH" wird er hingegen ebensowenig Aufmerksamkeit schenken wie anderen das Gesellschaftsverhältnis angebenden Zusätzen, wie z.B. OHG, KG oder AG. Ein solcher Betrachter wird schließlich, daß das bezeichnete Unternehmen mit Orientteppichen handle, die aus dem Iran stammen; er wird also in dem genannten Firmenbestandteil einen Hinweis auf das Herkunftsland der unter dieser Bezeichnung vertriebenen Waren sehen (vgl. ÖBl 1970, 151 - Teppichhaus Iran). Daß eine Angabe dieses Inhaltes nicht zur Irreführung geeignet ist (§ 2 UWG), sondern der Wahrheit entspricht, hat die Klägerin selbst zugegeben. Nur wer den Firmenwortlaut genauer betrachtet und bis zum Ende liest, nimmt auch den Begriff "Handelsgesellschaft mbH" wahr; für einen solchen Leser ist aber die Trennung zwischen den Wörtern "Orientteppiche" und "Handelsgesellschaft" deutlich erkennbar. Daß beim Aussprechen des Firmenwortlautes allenfalls das "e" leicht überhört werden kann, fällt nicht ins Gewicht, spielt doch in aller Regel nur der schriftliche, nicht aber auch der mündliche Gebrauch einer Firma durch ihren Inhaber eine Rolle. Meldet sich etwa der Firmeninhaber unter dem vollen Firmenwortlaut am Telefon, dann kommt einer ungenauen Sprechweise deshalb keine Bedeutung zu, weil einem Anruf regelmäßig ein Blick in das Telefonbuch, auf eine Visitenkarte, auf eine Rechnung oder dgl. vorangeht, die den vollen Firmenwortlaut samt Telefonnummer aufweisen.

Ist somit der beanstandete Firmenwortlaut nur als Hinweis auf die iranische Herkunft der Teppiche und nicht auf die Gesellschaft selbst als eine "iranische" aufzufassen, dann liegt keine mehrdeutige Angabe vor; der Grundsatz, daß der Werbende bei Mehrdeutigkeit einer Angabe immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß, kann daher hier nicht angewendet werden.

Selbst wenn die Beklagten das Wort "iranische" klein schreiben sollten, könnte dies nichts an der Zuordnung dieses Eigenschaftswortes zu dem Hauptwort "Orientteppiche" ändern; im übrigen wäre - wie schon der Erstrichter zutreffend hervorgehoben hat - ein solcher Gebrauch der Firma vom Klagebegehren nicht erfaßt. Aus diesen Erwägungen war der Revision der Beklagten Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16804

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00123.88.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19890207_OGH0002_0040OB00123_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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