Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Februar 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Burianek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinrich Dietmar S*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 23.November 1988, GZ 26 Vr 2988/88-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Bazil jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Feber 1967 geborene Heinrich Dietmar S*** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 19.Oktober 1988 in Telfs Verfügungsberechtigten der Marktgemeinde Telfs fremde bewegliche Sachen, nämlich 1.400 S Bargeld, durch Öffnen eines Aktenschranks mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus der Aussage der Zeugin Helga P*** für den Obersten Gerichtshof - nach eingehender Prüfung der vorgebrachten Einwände und des sonstigen Akteninhalts - keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen. Die Möglichkeit, daß die Zeugin P*** in Ansehung des Umstands, ob der Angeklagte - den sie auf dem Balkon ihrer Wohnung entdeckt und auf Grund mehrerer charakteristischer Merkmale wiedererkannt hatte (US 5 iVm S 19, 108 f) - damals eine Brille getragen habe, einem Irrtum unterlegen sein konnte, hat das Schöffengericht ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen und (gemäß § 258 Abs 2 StPO) zum Ausdruck gebracht, daß dadurch die Aussage der genannten Zeugin "im Kern, nämlich der zweifelsfreien Identifizierung" des Angeklagten, nicht in Frage gestellt wird (US 5 f). Auch was sonst noch unter diesem Nichtigkeitsgrund vorgebracht wird, erschöpft sich in einer - nach wie vor - unzulässigen und damit unbeachtlichen Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Es versagt aber auch die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher sich der Angeklagte gegen die Annahme der Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 2 zweiter Fall StGB mit dem Hinweis wendet, daß das Auffinden des zum Öffnen des Aktenschranks verwendeten Schlüssels in einer unversperrten Schublade ein besonderes Naheverhältnis des Schlüssels zu dem in Rede stehenden Schloß darstelle. Denn das Gesetz stellt ausschließlich auf die widerrechtliche Erlangung des Gewahrsams an dem zum Diebstahl verwendeten Schlüssel ab. Widerrechtlich erlangt ist demnach ein Schlüssel, wenn ihn der Täter eigenmächtig an sich gebracht hat, indem er ihn dem Berechtigten (allenfalls nach Auffinden in einem Versteck) weggenommen, abgenötigt oder herausgelockt hat. Dabei kommt es, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, für die Qualifikation nach § 129 Z 1 - 3 StGB nicht darauf an, ob der vom Täter durch Auffinden in einem Versteck widerrechtlich erlangte Schlüssel gut oder schlecht versteckt war (ÖJZ-LSK 1983/40 = RZ 1983/50, ÖJZ-LSK 1977/282 = SSt. 48/56 ua). Vorliegend hat der Angeklagte den Schlüssel nach den Urteilsfeststellungen in einer Schachtel im hinteren Bereich der Schublade eines Schreibtisches im selben Büroraum oder in einer Schublade eines unversperrten Pultes in einem anderen Büroraum gefunden (US 4). Die von der Beschwerde bekämpfte Qualifikation läge indes nur dann nicht vor, wenn der Berechtigte den Schlüssel - allgemein sichtbar - in ein besonderes Naheverhältnis zum Schloß gebracht hätte, wovon aber im gegenständlichen Fall keine Rede sein kann (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2 § 129 RN 19). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es den raschen Rückfall und die Begehung des Diebstahls während eines - im Rahmen des Vollzugs einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe gewährten - Ausgangs (§ 147 StVG) sowie die zahlreichen einschlägigen - die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall erfüllenden - Vorstrafen als erschwerend, hingegen "in einem geringen Ausmaß" den Umstand, daß der Angeklagte keine weiteren Sachen (die in der Geldkassette befindlichen Sparbücher) mitgenommen hat, als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die bedingte Nachsicht eines Teiles derselben an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Daß sich der Angeklagte durch Zurücklassen des Kleingeldes (Münzen) und der - den Angaben des Zeugen P*** (S 71) zufolge allerdings bereits entwerteten - Sparbücher der Zufügung eines größeren Schadens freiwillig enthalten hat, wurde vom Erstgericht ohnedies als Milderungsgrund berücksichtigt. Da der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben zu ausgedehntem Alkoholkonsum neigt (vgl. insbesondere S 137, 263, 494 in Band I des Vorstrafaktes AZ 26 Vr 2030/87 des Landesgerichtes Innsbruck) und unter Alkoholeinwirkung auch schon in der Vergangenheit einen Einbruchsdiebstahl begangen hat (vgl. S 91 im Akt 38 Vr 3699/85 des zuvor genannten Gerichtshofes), kann seine Alkoholisierung zur Tatzeit nicht als strafmildernd gewertet werden (§ 35 StGB). Von einer besonders verlockenden Gelegenheit schließlich kann angesichts des - von einer über den Balkon der Familie P*** erreichten Terrasse aus erfolgten - Eindringens in die Betriebsräume des "E-Werkes" keine Rede sein.
Ausgehend von den sohin im wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen hat das Schöffengericht die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld mit fünfzehn Monaten keineswegs zu hoch ausgemessen.
Die Gewährung bedingter Nachsicht (selbst) eines Teiles der verhängten Freiheitsstrafe (§ 43 a StGB) scheitert daran, daß es beim Angeklagten angesichts seines Vorlebens und der Wirkungslosigkeit bisheriger Abstrafungen des Vollzuges der gesamten Freiheitsstrafe bedarf, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E16505European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00003.89.0208.000Dokumentnummer
JJT_19890208_OGH0002_0140OS00003_8900000_000