Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Warenhandels-Aktiengesellschaft, Wiener Neudorf, Industriezentrum NÖ-Süd, Straße 3, Objekt 16, vertreten durch Dr.Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. D*** Warenhandelsgesellschaft mbH & Co KG, 2. D*** Warenhandelsgesellschaft mbH, beide Dornbirn, Wallenmahd 46, beide vertreten durch DDr.Walter Barfuß ua., Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,--) infolge Revisionsrekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 16.September 1988, GZ 4 R 170/88-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.Juni 1988, GZ 37 Cg 170/88-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den Ausspruch, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- nicht übersteigt, durch den Ausspruch zu ersetzen, ob der gesamte Wert des Beschwerdegegenstandes, soweit er lit b des Sicherungsantrages betrifft - also einschließlich der Bestätigung der Abweisung dieses Sicherungsbegehrens, soweit es gegen die Erstbeklagte gerichtet war -, S 300.000,-- übersteigt oder nicht.
Text
Begründung:
Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragte die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs,
a) die herabsetzende und unrichtige Behauptung aufzustellen, die Mitbewerber der Beklagten kauften ihre Waren zwar nicht teurer ein als die Beklagten, hätten aber konsumentenfeindliche Spannen und Preise sowie
b) zu Zwecken des Wettbewerbs irreführende Preisgegenüberstellungen durchzuführen, insbesondere wenn nicht darauf hingewiesen wird, welche Preise einander gegenübergestellt werden, und insbesondere zu behaupten, daß die im Zeitraum 16.2. bis 25.2.1988 bei den Beklagten gesehenen Preise im Durchschnitt um 25,7 % unter denen lägen, die woanders hätten bezahlt werden müssen, und sich dadurch die 21.150 Teilnehmer am D***-Preisvergleich innerhalb 8 Tagen 2,5 Millionen S erspart hätten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge und erließ gegen die Zweitbeklagte eine einstweilige Verfügung im Sinne des Sicherungsantrages zu lit b (Punkt 1. der rekursgerichtlichen Entscheidung); im übrigen bestätigte es den abweisenden Beschluß des Erstgerichtes (Punkt 2. der rekursgerichtlichen Entscheidung). Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Rekurs gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung zulässig sei. Gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der Zweitbeklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben. Auf Grund des Ausspruches des Rekursgerichtes kann die Frage, wie weit die gegen die Zweitbeklagte erlassene einstweilige Verfügung angefochten werden kann, noch nicht beurteilt werden:
Das Rekursgericht hat die den Gegenstand seiner Entscheidung bildenden, in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehenden Aussprüche zu lit a und lit b des Sicherungsantrages nicht getrennt bewertet (siehe dazu Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff !201 ). Das schadet bei der Festlegung des unteren Schwellenwertes von S 15.000 deshalb nicht, weil von der Abänderung ohnedies nur der Sicherungsantrag zu lit b betroffen war. Seinem Ausspruch über den oberen Schwellenwert von S 300.000,-- wird aber das Rekursgericht nach den folgenden Grundsätzen zu berichtigen und dann auf seine Entscheidung über lit b des Sicherungsantrages zu beschränken haben.
Rechtliche Beurteilung
Während der Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000 übersteigt, der Bestimmung des § 527 Abs 1 Satz 2 ZPO entspricht, ist ein Ausspruch, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 nicht übersteigt (oder diesen Betrag übersteigt), im Gesetz nicht vorgesehen. Für die Frage, ob gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes der Vollrekurs zulässig ist, kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob der gesamte, nach den Grundsätzen der §§ 54 bis 60 JN zu berechnende Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 500 Abs 2 Satz 2 ZPO), über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000 übersteigt oder nicht. Im Hinblick auf § 528 Abs 2 Satz 1 ZPO iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ist daher der weitere Ausspruch erforderlich, ob der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteigt (4 Ob 327/84, 4 Ob 412/87 ua; vgl Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff !175 f, 203 f ). Das gilt auch für die Anfechtung von Entscheidungen des Rekursgerichtes im Exekutions- und Sicherungsverfahren (§§ 78, 402 Abs 2 EO; 4 Ob 392/83; 4 Ob 327/84; 4 Ob 412/87).
Sollte das Rekursgericht einen S 300.000 übersteigenden Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes, soweit er die Entscheidung über lit b des Sicherungsantrages hinsichtlich beider Beklagter betrifft, annehmen, dann wäre sein weiterer Ausspruch über die Zulässigkeit des Grundsatzrekurses (§ 528 Abs 2 iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 3 ZPO) ohne Bedeutung. Dieser Ausspruch schließt jedoch den Ausspruch über den Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes nicht in sich, weil ja die zweite Instanz der unrichtigen Auffassung gewesen sein könnte, es komme nur auf den von der Abänderung betroffenen Wert des Streitgegenstandes an, und bei richtiger Auffassung den gesamten Beschwerdegegenstand über S 300.000 bewertet hätte (4 Ob 327/84; 4 Ob 412/87 ua).
Dem Rekursgericht war daher in sinngemäßer Anwendung des § 419 ZPO die aus dem Spruch dieses Beschlusses ersichtliche Berichtigung seines Ausspruches über den oberen Schwellenwert seiner gesamten über lit b des Sicherungsantrages ergangenen Entscheidung aufzutragen.
Anmerkung
E16589European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00007.89.0221.000Dokumentnummer
JJT_19890221_OGH0002_0040OB00007_8900000_000