Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*** Fahrzeuge Gesellschaft mbH, Steinbrunn, vertreten durch Dr. Georg Stenitzer, Rechtsanwalt in Laa a.d. Thaya, wider die beklagte Partei Helmut O*** Gesellschaft mbH, Straß bei Krems, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 919.752 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23.Juni 1988, GZ 5 R 64/88-67, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 18.Februar 1988, GZ 16 Cg 108/87-62, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 16.914,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.537,65 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei begehrt das Entgelt für 27 gelieferte Weintanks und Thermometer von 919.752 S sA.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß die Weintanks unbrauchbar seien, weil im Bereich des Mannloches Rillen und Eindellungen vorhanden seien, die eine Reinigung unmöglich machten, Schweißnähte nicht abgeschliffen oder abgebeizt und poliert, die Mannlöcher innen nicht verschweißt und Kugelrinnen undicht seien. Die gelieferten Thermometer paßten nicht zu den Fässern. Die Mängel seien behebbar (der Standpunkt, daß das Recht zur Wandlung bestehe, wurde in der Tagsatzung vom 11. November 1987 aufgegeben), vor Verbesserung der Mängel müsse die beklagte Partei nicht zahlen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang (im ersten Rechtsgang wurde das Urteil des Erstgrichtes aufgehoben um die unterlassene Parteienvernehmung des Geschäftsführers der beklagten Partei nachzuholen) statt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, ausgenommen eine in Rechtskraft erwachsene Teilabänderung beim Zinsenbegehren.
Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Der Geschäftsführer der beklagten Partei besichtigte auf einer Messe von der klagenden Partei ausgestellte Weintanks und ersuchte um Kontaktaufnahme zwecks Auftragserteilung. Im August 1984 besuchte der Geschäftsführer der klagenden Partei die Weinkellerei der beklagten Partei und besprach dort mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei den Ankauf von 27 Weintanks. Bei einem Rundgang von 15 bis 30 Minuten durch den Kellereibetrieb der beklagten Partei wurden verschiedene Anschlüsse erörtert und besprochen, daß die Tanks nicht so verschweißt sein sollten wie die schon vorhandenen. Über das Aussehen der Mannlöcher (Öffnungen der Tanks zum Reinigen) wurde nichts besprochen. Mit der Auftragsbestätigung vom 23. August 1984 sagte die klagende Partei eine 1 A-Verarbeitung zu. Ohne daß dies vereinbart gewesen wäre, fertigte die klagende Partei zu ihrer Absicherung einen Mustertank an und lieferte ihn der beklagten Partei zur Besichtigung. Die beklagte Partei beanstandete mit Telex unter anderem, daß das Einstiegstürchen nicht schwenkbar und ohne Plastikgriff sei. Hingegen wurde die Art der Verschweißung nicht gerügt, obwohl die klagende Partei den Mustertank genau so verschweißt hatte wie später alle übrigen Tanks. Über Änderungswünsche wurde in der Folge vereinbart, daß die Mannlöcher so wie bei den bei der beklagten Partei schon vorhandenen Weintanks angefertigt würden.
Am 15. und 16.Oktober 1984 lieferte die klagende Partei 27 Weintanks (der Mustertank, der bis 15.Oktober 1984 bei der beklagten Partei verblieben war, wurde von der klagenden Partei an diesem Tag mitgenommen und am 16.Oktober 1984 mit der vereinbarten Art des Einstiegstürchens wieder ausgeliefert).
Mit Telex vom 18.Oktober 1984 beanstandete die beklagte Partei, daß 1) wesentliche Teile der Schweißnähte innen nicht abgeschliffen und poliert seien, 2) verschiedene Schweißstellen von Armaturen außen nicht ausreichend abgebeizt und poliert seien, 3) die Schweißnähte nicht beidseitig, sondern nur einseitig durchgeführt seien, 4) die Mannlöcher innen nicht verschweißt seien, es gebe tiefe schmale Fugen bei den Blechstößen, die man aus Gründen der Sauberkeit und bakteriologischen Belastung so nicht belassen könne. Die klagende Partei veranlaßte in der Folge das Abschleifen der Schweißnähte, wies aber darauf hin, daß danach die Tanks neuerlich auf ihre Dichtheit geprüft werden müßten. Die beklagte Partei übernahm diese Prüfung selbst. Nach dem Auswaschen kam es zu einer Undichtheit bei den Kugelhähnen. Die klagende Partei führte über Wunsch der beklagten Partei noch die Zerlegung und Reinigung der Kugelhähne durch.
Im übrigen anerkannte die klagende Partei die Mängelrüge der beklagten Partei nicht.
Die 27 Weintanks sind zur Lagerung von Qualitäts- und Prädikatsweinen geeignet. Sie können trotz der nicht bündigen Verschweißung der Mannlöcher und der dadurch zwischen Tankwand und Mannlochinnenkante vorhandenen zwei bis acht Millimeter tiefen Rille ordnungsgemäß und in herkömmlicher Weise gereinigt werden. Ein zweiseitiges Verschweißen wurde zwischen den Streitteilen nicht vereinbart. Von den Hähnen stammende Undichtheiten oder undichte Schweißnahtstellen sind nicht erwiesen. Die bei einem einzigen Tank vorhandenen Eindellungen beim Mannloch entstanden, als die klagende Partei auf Wunsch der beklagten Partei wenige Tage nach der Lieferung der Tanks eine weitere Schweißnaht anbrachte. Diese Eindellungen wurden erstmals mit Schreiben vom 14.Februar 1985 gerügt (ergänzende Feststellung des Berufungsgerichtes). Mit Telex vom 20.September 1984 bot die klagende Partei die strittigen Thermometer an. Die beklagte Partei bestellte sie mit Telex vom 21.September 1984. Obwohl ein Musterthermometer genehmigt worden war, lehnte die beklagte Partei in der Folge die Übernahme der Thermometer mit dem Hinweis ab, sie entsprächen optisch nicht. In rechtlicher Hinsicht vertraten die Vorinstanzen die Ansicht, daß die Lieferung der Weintanks den getroffenen Vereinbarungen entsprochen habe. Ein Teil der geltend gemachten Mängel sei behoben worden, ein Teil sei unerheblich und ein Teil sei nicht rechtzeitig gerügt worden. Auch die Thermometer wiesen die vereinbarten Eigenschaften auf. Das von der beklagten Partei im Verfahren nicht ausdrücklich vorgebrachte (nur in Zeugenaussagen und Urkunden ist davon die Rede) Fehlen von Einfüllstutzen sei der beklagten Partei selbst anzulasten, weil diese alle Lieferanbote der klagenden Partei (zB keine Äußerung zu einer Musteranfertigung) abgelehnt habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Eine Feststellung, was im Handel mit Weintanks unter einer "1-A-Qualität" zu verstehen sei, ist entbehrlich, weil nach den getroffenen Feststellungen die Lieferung genau der Qualität des Musterstücks entsprach, worauf noch zurückzukommen ist. Eine Feststellung über die technische Qualität der Schweißnähte ist entbehrlich, weil bei diesen keine undichte Stelle oder sonstige Mängel erwiesen sind. Soweit die beklagte Partei in der Revision die Beweiskraft des Sachverständigengutachtens in Zweifel zieht, wird der in dritter Instanz unzulässige Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen unternommen.
Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen versagt die Rechtsrüge.
Beide Parteien sind Muß-Kaufleute. Sie haben einen Kauf nach Probe oder nach Muster abgeschlossen. Mag es sich bei der Besichtigung der Probestücke auf der Messe noch um die Ermöglichung einer bloß ungefähren Orientierung über die Beschaffenheit der in Betracht kommenden Ware gehandelt haben, so wurde mit der Übergabe und Prüfung des ersten Probestücks schlüssig die Vereinbarung abgeschlossen, daß die Probe als Qualitätskriterium gelte. Gemäß Art 8 Nr 17 EVHGB sind daher die Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen. Die Qualitätsanforderung richtete sich nicht mehr nach § 360 HGB oder der vereinbarten 1 A-Qualität, sondern nach der Qualität der Probe. Der Verkäufer brauchte nichts Besseres liefern als diese. Der Käufer hätte schon bei Prüfung der Probe erkennbare Mängel sofort und nicht erst nach der Hauptlieferung beanständen müssen (RZ 1956, 61; Mayer-Maly in Klang2 IV/2, 899 f). Nur bei einem versteckten Mangel könnte sich der Verkäufer nicht darauf berufen, daß die Hauptlieferung dieselben (mangelhaften) Eigenschaften habe wie das unbeanständet gebliebene Probestück (HS VII/3; Kramer in Straube, HGB, Rz 8 zu Art 8 Nr 17 EVHGB). Diese Regeln sind gemäß § 381 Abs 2 HGB auch auf einen Werklieferungsvertrag der vorliegenden Art anzuwenden. Diese rechtzeitige Rüge hat die beklagte Partei aber im vorliegenden Fall bei dem einzig wichtigen Mangel der nicht optimalen Verschweißung der Mannlöcher versäumt. Die durch einen von der klagenden Partei nicht geschuldeten, sondern von der beklagten Partei ausdrücklich gewünschten Verbesserungsversuch an einem Tank entstandenen zusätzlichen Mängel (die Eindellungen) wurden, wenn die klagende Partei hiefür überhaupt einzustehen hätte, nicht unverzüglich gerügt (siehe die ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes), sodaß die klagende Partei schon deshalb nicht haftet.
Die fehlende Lieferung der Füllstandsarmaturen hat auf die Gültigkeit des Werklieferungsvertrages keinen Einfluß, weil die hier unterbliebene Einigung eine zusätzliche Leistung betroffen hätte, ohne die die erbrachte Leistung vollständig und brauchbar ist. Zu den Thermometern wird nichts mehr vorgebracht, sodaß auch hier von der ordnungsgemäßen Erfüllung der Verpflichtungen der klagenden Partei auszugehen ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E16555European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00549.88.0222.000Dokumentnummer
JJT_19890222_OGH0002_0030OB00549_8800000_000