TE OGH 1989/2/22 3Ob169/88

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Veröffentlicht am 22.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichthshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*** D***, vertreten durch die R*** Ö***,

diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die verpflichtete Partei Elfriede R***, St.Koloman, Taugl 46, vertreten durch Dr.Johannes Neumann, Rechtsanwalt in Schärding, wegen S 8,200.954,--, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 5.September 1988, GZ 1 R 204/88-8, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 5.Dezember 1985, GZ Nc 106/85-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund einer Arrestanordnung des Finanzamtes Traunstein zur Sicherung der Forderung von S 8,200.954,-- die Exekution zur Sicherstellung durch Vormerkung eines Pfandrechtes auf zwei Liegenschaftsanteilen der Verpflichteten zu bewilligen. Der Schriftsatz wurde als "Grundbuchseingabe" bezeichnet und es war ihm eine Ablichtung der angeführten Arrestordnung angeschlossen. Daraus ergibt sich, daß zur Sicherung der Ansprüche des Freistaates Bayern auf Einkommensteuer, Lohn- und Kirchensteuer, Umsatzsteuer und Hinterziehungszinsen in der Höhe von zusammen DM 1,164.958,-- der Arrest angeordnet wurde. Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und ersuchte das Exekutionsgericht um den Vollzug der bewilligten Eintragung, der auch durchgeführt wurde. Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses der Verpflichteten ab. Die Bewilligung der Exekution wäre zwar an sich auf Grund des Vertrages vom 4.10.1954, BGBl.1955/249, zwischen der Republik Österreich und der B*** D*** über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen und - soweit es sich um die Umsatz- und Kirchensteuer handelt, die durch diesen Vertrag nicht erfaßt seien - auf Grund des Vertrages vom 11.9.1970, BGBl.1971/430, zwischen der Republik Österreich und der B*** D*** über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchssteuer- und Monopolangelegenheiten möglich gewesen. Hiezu hätte aber der Exekutionstitel in Urschrift vorgelegt werden müssen. Das Fehlen der Urschrift bilde ein Formgebrechen, das im Verfahren zur zwangsweisen Begründung einer Pfandrechtsvormerkung nicht verbessert werden könne und daher die Bewilligung der Exekution hindere.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Die betreibende Partei bekämpft die Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht, meint aber, daß ihr Antrag auf Grund des § 38 lit c GBG hätte bewilligt werden müssen, weil nach dieser Bestimmung Grundlage für die Vormerkung allein das Ansuchen der Behörde sei. Die Bewilligung der Vormerkung gemäß § 38 lit c GBG setzt den Antrag einer öffentlichen Behörde voraus, die nach ihrem Wirkungskreis berufen ist, von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes zu verfügen. Wenn sich aus einem zwischenstaatlichen Vertrag nichts anders ergibt, bezieht sich der Wirkungskreis eines Finanzamtes der Republik Österreich nur auf Ansprüche der Republik Österreich und von deren Bundesländer. Auf Ansprüche anderer Staaten oder deren Länder kann § 38 lit c GBG daher nur angewendet werden, wenn sich die Möglichkeit hiefür aus einem zwischenstaatlichen Vertrag ergibt. Hier kommt nur der schon vom Rekursgericht erwähnte Vertrag vom 4. Oktober 1954, BGBl.1955/249, in Betracht, während der Vertrag vom 11. September 1970, BGBl.1971/430, nicht anzuwenden ist. Darunter fallen neben den Zöllen und Monopolen nämlich nur Verbrauchssteuern, wozu die Umsatzsteuer in der B*** D*** ebenso wie

in Österreich nicht gezählt wird (vgl für die BRD Lückebaum-Malitzky, UStG10 Einl.B/3 Rz 2 und für Österreich Doralt-Ruppe, Grundriß I3 262 und II2 128). Sie fällt als öffentliche Abgabe aber unter den Vertrag vom 4.Oktober 1954, BGBl.1955/249 (vgl die EB zu diesem Vertrag 418 BlgNR VII.GP 5). Die Kirchensteuer wird entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes von keinem zwischenstaatlichen Vertrag erfaßt. In der B*** D*** dürfen zwar die als Körperschaften des öffentlichen Rechtes anerkannten Religionsgesellschaften auf Grund des Art.140 GG iVm Art 137, Abs 6 und der Weimarer Verfassung von ihren Mitgliedern Steuern erheben, wobei die näheren Vorschriften in den Kirchensteuergesetzen der einzelnen Bundesländer enthalten sind. Nach dem demnach hier maßgebenden Kirchensteuergesetz des Freistaates Bayern vom 15.3.1967, GVBl.1967, S.317, ist die Kirchensteuer mit der Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen (Art.13 Abs 2 des Gesetzes). Gläubiger der Kirchensteuer sind aber gemäß Art 3 die gemeinschaftlichen Steuerverbände. Es sind dies gemäß Art 4 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 des Gesetzes die Kirchen- und Religionsgemeinschaften sowie weltanschauliche Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Gegenstand des Vertrages BGBl.1955/249 sind aber gemäß dessen Art 1 die öffentlichen Abgaben, soweit sie in den Vertragsstaaten für den Bund, die Länder, die Gemeinden oder die Gemeindeverbände erhoben werde. Der Vertrag BGBl.1971/430 ist nach seinem Art 1 wiederum nur auf Zölle sowie auf Verbrauchssteuern und Monopole, deren Verwaltung jeweils dem Bund obliegt, anzuwenden. Keine dieser Tatbestandsmerkmale trifft auf die Kirchensteuer zu. Gemäß Art 12 des demnach allein in Betracht kommenden Vertrages BGBl.1955/249 kann auf Grund von vollstreckbaren, jedoch noch nicht unanfechtbaren Verfügungen einschließlich der Sicherstellungsanordnungen (Arrestanordnungen) nur um die Vornahme von Sicherungsmaßnahmen ersucht werden. Ihre Durchführung erfolgt in der B*** D*** nach den Vorschriften über die Vollziehung des dinglichen Arrestes, in der Rebublik Österreich nach den Vorschriften über die Exekution zur Sicherstellung, wobei Art 11 des Vertrages sinngemäß Anwendung findet.

Aus dieser Regelung ist für die Republik Österreich abzuleiten, daß sich nicht nur der Vollzug, sondern auch die Exekutionsbewilligung nach den Vorschriften über die Exekution zur Sicherstellung richtet. Dem steht nicht entgegen, daß im Vertrag das Wort "Durchführung" verwendet wird, weil dies der Eigenheit der Zwangsvollstreckung in der B*** D*** entspricht.

Dort ist eine gesonderte Bewilligung der Vollstreckung nicht vorgesehen. In Österreich setzt der Vollzug von Sicherungsmaßnahmen aber deren Bewilligung voraus, und es ist daher anzunehmen, daß auch sie unter die im Vertrag erwähnte "Durchführung" von Sicherungsmaßnahmen fällt.

Schon diese Überlegungen schließen es aus, daß über den Antrag der betreibenden Partei auf Grund des § 38 lit c GBG entschieden wird. Diese Vorschrift gehört nämlich nicht zu den Vorschriften über die Exekution zur Sicherstellung (SZ 49/141). Daran ändert nichts, daß sie zur Sicherstellung von Ansprüchen auf Bezahlung von öffentlichen Abgaben dient.

Das Rekursgericht hat daher zutreffend die Vorschriften der EO über die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung angewendet. Es ist ferner zutreffend und unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dem Ergebnis gekommen, daß demnach der Exekutionstitel in Urschrift hätte vorgelegt werden müssen, weil in diesem Punkt kein Unterschied zur Befriedigungsexekution besteht (vgl SZ 55/42; RZ 1985/79 ua), und daß die Vorlage der Urschrift bei einem Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung (wozu auch die Vormerkung gehört) nicht nachgeholt werden kann (SZ 58/35; RZ 1985/79; RdW 1986, 82 ua). Die Kritik von Hoyer an dieser Rechtsprechung (in ZfRV 1986, 136 f), der ein Verbesserungsverfahren auch bei zwangsweiser Pfandrechtsbegründung für zulässig und erforderlich hält, wenn dies ohne Einfluß auf den Rang ist, muß hier nicht erörtert werden. Seiner außerdem vertretenen Auffassung, der Verbesserungsauftrag könne und müsse auch noch erteilt werden, wenn die Eintragung auf Grund der Exekutionsbewilligung des Gerichtes erster Instanz schon vollzogen wurde, kann nämlich nicht gefolgt werden. Langt das Ersuchen um den Vollzug der bewilligten Eintragung beim Grundbuchsgericht ein, wird hiedurch gemäß § 29 Abs 1 GBG ein Rang für die vorzunehmende Eintragung begründet und der Löschung der Eintragung steht § 129 Abs 2 BGB entgegen, der gemäß § 88 Abs 2 EO auch für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung gilt. Demnach kann das eingetragene Recht weder bei einer abändernden und noch weniger bei der von Hoyer vorgeschlagenen aufhebenden Entscheidung gelöscht werden. Würde die Pfandrechtseintragung nach Durchführung des Verbesserungsverfahrens in einem zweiten Rechtsgang neuerlich bewilligt, käme ihr daher der ursprüngliche Rang zu, was zu einer ungerechtfertigten Rangverschiebung zugunsten des betreibenden Gläubigers, dessen Antrag fehlerhaft war, führen würde. Daß in einem solchen Fall eine Verbesserung nicht zulässig ist, wird aber auch von Hoyer angenommen.

Der Bewilligung der beantragten Exekution stand außerdem entgegen, daß sich aus dem vorgelegten Exekutionstitel ein Anspruch des Freistaates Bayern, nicht aber der die Exekution betreibenden B*** D*** ergibt. Ferner hätte Art 11 Abs 2 des Vertrages BGBl.1955/249 beachtet werden müssen, der gemäß Art 12 dieses Vertrages für Sicherungsmaßnahmen sinngemäß gilt, und es wäre daher die Erklärung der zuständigen Finanzlandesdirektion über die Anerkennung und Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels oder zumindest gemäß Art 13 des Vertrages die entsprechende Erklärung des österreichischen Finanzamtes vorzulegen gewesen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm § 40 und § 50 ZPO.

Anmerkung

E17010

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00169.88.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19890222_OGH0002_0030OB00169_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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