TE OGH 1989/2/23 6Ob708/88

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Veröffentlicht am 23.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Anton S***, Tischlermeister, 2.) Gertrud S***, Hausfrau,

beide in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 8, beide vertreten durch Dr. Hans-Peter Just, Rechtsanwalt in Eferding, wider die beklagte Partei Josef R***, Kraftfahrzeugmechanikermeister, 4722 Peuerbach, Steegenstraße 9, vertreten durch Dr. Klaus Holter, Rechtsanwalt in Grieskirchen, wegen Unterlassung (Streitwert: 40.000,-- S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9. Juni 1988, GZ 5 R 25/88-67, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 2. Dezember 1987, GZ 6 Cg 198/85-59, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 3.112,72 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 282,97 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 119 KG Peuerbach. Das darauf errichtete Gebäude dient vorwiegend Wohn-, Ausstellungs- und Bürozwecken.

Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 888 KG Peuerbach. Er betreibt dort eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstätte. Die beiden Liegenschaften liegen einander schräg gegenüber. Sie werden durch die Steegenstraße - eine stark frequentierte Gemeindestraße - voneinander getrennt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15.4.1958, Ge (II)-88-1958, wurde dem Beklagten die gewerbepolizeiliche Genehmigung für die Errichtung einer Kraftfahrzeugreparaturhalle und eines Wagenwaschplatzes auf seiner Liegenschaft in Peuerbach erteilt. Als Auflage wurde unter anderem vorgeschrieben, der Betrieb sei so zu führen, daß die Anrainerschaft nicht in einer das ortsübliche Maß übersteigenden Weise durch Lärm, Geruch usw. beeinträchtigt wird, bzw. daß diese das zumutbare Maß nicht übersteigen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23.3.1962, Ge (II)-88-1958, wurde die Benützung dieser Betriebsanlage genehmigt.

Mit Bescheid vom 6.8.1969, Ge 445-1969, erfolgte die Bewilligung einer Änderung und Erweiterung der Betriebsanlage durch Errichtung eines Zubaues zur Unterbringung eines Lagerraumes, einer Heizanlage sowie eines Werkstätten- und Spritzraumes. Mit Bescheid vom 18.4.1972, Ge 445-1969, wurde hiezu die Benützungsbewilligung erteilt, wobei aber in der der Bewilligung zugrundeliegenden Niederschrift vom 6.3.1972 festgehalten ist, daß der Spritzraum nicht zur Ausführung kam.

Mit Bescheid vom 27.6.1978, Ge 717/1978, wurde dem Beklagten die Genehmigung für eine Betriebsanlagenerweiterung durch Errichtung und Benützung eines Zubaues mit einer Lackier- und Trockenbox, einem Raum für die Lagerung von Lacken und Verdünnungsmitteln, einem Werkstättenraum und diversen Nebenräumen erteilt.

Die Kläger begehrten mit ihrer am 24.7.1985 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung "jeder Verursachung von das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigenden Lärm- und Geruchsimmissionen, insbesondere durch Hämmern, Flex- und Kreissägeschneiden, Arbeiten mit Druckluft, Durchführung von Lackier- und Spritzarbeiten, sowie Inbetriebnahme von Dieselverbrennungsmotoren, vom Hofbereich der Liegenschaft EZ 888 KG Peuerbach auf die Liegenschaft EZ 119 KG Peuerbach." Sie brachten vor, der Beklagte verrichte die im Klagebegehren angeführten, äußerst lärm- und geruchsintensiven Arbeiten außerhalb der hiefür genehmigten Räumlichkeiten, nämlich im Hofbereich seines Anwesens vor der Werkstättenhalle. Der Beklagte hielt dem die baubehördliche und gewerberechtliche Genehmigung und Kollaudierung seiner gesamten Betriebsanlage entgegen. Er behauptete, es liege auch eine gewerberechtliche Genehmigung für Tätigkeiten vor, die auf dem Werkstättenvorplatz verrichtet werden müßten. Außerdem werde durch die Lärm- und Geruchsimmissionen nicht das gewöhnliche, mit dem Betrieb einer Kraftfahrzeugwerkstätte verbundene Maß überschritten. Alle anderen Anrainer fühlten sich nicht belästigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es ging dabei - in der Fassung seiner vom Berufungsgericht nach durchgeführter Beweisergänzung übernommenen Tatsachenfeststellungen - von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beklagte hat in den letzten Jahren in zunehmendem Maße die Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen bzw. LKW-Zügen einer großen Transportfirma (der Firma S***) übernommen. Während er zunächst nur eine kleine Werkstätte betrieben hatte, wurden allein im Jahre 1985 554mal Fahrzeuge der Firma S*** beim Beklagten repariert bzw. gewartet.

Der Beklagte hat (gemeint offenbar: nach Auffassung der Gewerbebehörde erster Instanz) keine gewerberechtliche Genehmigung für die Durchführung von Reparatur- und Servicearbeiten im Hofbereich, also auf dem Vorplatz seiner Reparaturwerkstätte. Mit dem - allerdings noch nicht rechtskräftigen bzw. nicht mehr rechtswirksamen - Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25.6.1986 wurde ihm sogar die Vornahme von Reparaturen und Servicearbeiten an Lastkraftwagen auf dem Vorplatz der Kraftfahrzeugwerkstätte untersagt. Zuvor war dem Beklagten nachstehendes Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28.8.1981 zugestellt worden:

"Beiliegend wird Ihnen eine Abschrift mit der Einladung zur Verfügung gestellt, die im Gutachten des technischen Amtssachverständigen festgelegten Auflagen einzuhalten. Die Behörde behält sich die Vorschreibung weiterer Auflagen und Maßnahmen im Falle weiterer Beschwerden vor."

Die mitübersandte Niederschrift von dem am 3.8.1981 durchgeführten Lokalaugenschein enthält unter anderem das folgende Gutachten des technischen Amtssachverständigen:

"Ohne daß im Gegenstand eine Grundgeräuschpegelmessung erfolgte, wären nachstehende Maßnahmen dem Betriebsinhaber aufzutragen:

1) Stark lärmende Arbeiten dürfen am Vorplatz im allgemeinen nicht durchgeführt werden. Ausgenommen sind hier nur Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten an Großfahrzeugen, die in der Halle nicht untergebracht werden können. Stark lärmende Arbeiten sind bei geschlossenen Toren durchzuführen. Dies gilt auch für Arbeiten, die in der Summe der täglichen Arbeitszeit einen längeren Zeitraum erfassen. Unter Beachtung der ÖAL - Richtlinie Nr. 3 wird festgehalten, daß die Grenze der zumutbaren Störung beim Privatgehsteig des Nachbarn S*** tagsüber bei 60 dB(A) liegt bzw. 10 dB(A) über dem Geräuschpegel.

2) Spritzarbeiten sind grundsätzlich in der genehmigten Spritzbox des Betriebes durchzuführen. Ausnahmen können für Großgeräte oder Teile von Großgeräten gestattet werden, soferne diese nicht ein übermäßiges Maß überschreiten. Hiebei wird auf die Festlegung im Befund der heutigen Verhandlungsschrift verwiesen."

Dieser Vorgang war (gemeint offenbar: nach Auffassung der Gewerbebehörde erster Instanz) nicht als bescheidmäßige Erledigung zu sehen. Außerdem hat sich seither der Umfang (Art und Häufigkeit) der im Hofbereich durchgeführten (lauten) Arbeiten deutlich vergrößert. Frühere Bescheide im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb des Beklagten (zB der aus 1958) stellen ebenso (gemeint offenbar: nach Auffassung der Gewerbebehörde erster Instanz) keine behördliche Genehmigung der (klagsgegenständlichen) Arbeiten im Hofbereich dar. In der Nachbarschaft der Liegenschaften der Streitteile befinden sich unter anderem das Haus eines Rechtsanwaltes, in dem dieser seine Kanzlei hat, die Volksschule Peuerbach und mehrere (weitere) Wohnhäuser. Andere Anrainer haben sich durch den Betriebslärm des Beklagten noch nicht gestört gefühlt. Die Lage der Liegenschaft der Kläger ist aber bezüglich Lärm- und Geruchseinwirkung besonders exponiert, weil die Umbauung des gegenüberliegenden Hofbereiches wie ein Schalltrichter wirkt.

Der energieäquivalente Dauerschallpegel im hier maßgeblichen Bereich beträgt ca. 61 dB. Tatsächlich war (beispielsweise) am Morgen des 18.6.1985 aufgrund von Motoren- und Arbeitsgeräuschen (unter anderem Hämmern, Flex- und Kreissägeschneiden, Arbeiten mit Druckluft, Durchführen von Lackier- und Spritzarbeiten sowie Inbetriebnahme von Dieselverbrennungsmotoren) vom Hofbereich der Werkstätte des Beklagten ein (durchschnittlicher) Beurteilungspegel von 68,5 dB gegeben. Eine Überschreitung des Schallpegels um 10 dB würde bereits "eine doppelte Lautheit" bedeuten. Allerdings haben die Lärmspitzen nie einen Wert von 91 dB erreicht.

Seit dem Jahre 1981 finden häufig gleiche oder ähnlich lärmintensive Arbeiten im Hofbereich des Beklagten (insbesondere an Lastkraftwagen der Firma S***) statt. Eine (bauliche) Abhilfe war zwar (zuletzt) geplant, sie wurde aber noch nicht geschaffen. Außerdem ist es wiederholt - wenn auch nicht am 18.6.1985 - durch das Anstarten und vor allem durch das Laufenlassen von Dieselmotoren zur Bildung von starken Rauchschwaden gekommen, die vor allem auf das Grundstück der Kläger verweht wurden.

Daraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, den Klägern sei der Beweis gelungen, daß es zu Lärm- und Geruchsimmissionen vom Hofbereich der Werkstätte des Beklagten aus gekommen sei, welche das ortsübliche Maß überschritten und die entsprechende Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt hätten. Demgegenüber habe der Beklagte ein Sonderrecht in Form einer behördlichen Genehmigung zur Durchführung der klagsgegenständlichen Arbeiten im Hofbereich nicht erweisen können, weil insbesondere in der Zusendung des Schreibens vom 28.8.1981 samt Niederschrift vom 3.8.1981 keine bescheidmäßige Erledigung im dargelegten Sinne liege. Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge. Es bestätigte das angefochtene Ersturteil als Teilurteil, soweit dieses den Beklagten schuldig erkannt hatte, "jede Verursachung von das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigenden Lärmimmissionen durch Hämmern, Flex- und Kreissägeschneiden, Arbeiten mit Druckluft, sowie von das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigenden Lärm- und Geruchsimmissionen durch Inbetriebnahme von Dieselverbrennungsmotoren - außer zu Zwecken des Zu- und Abfahrens -, vom Hofbereich der Liegenschaft EZ 888 der KG Peuerbach auf die Liegenschaft EZ 119 der KG Peuerbach zu unterlassen". Das Mehrbegehren "auf unbeschränkte Unterlassung von Lärm- und Geruchsimmissionen durch Inbetriebnahme von Dieselverbrennungsmotoren vom Hofbereich der Liegenschaft EZ 888 KG Peuerbach auf die Liegenschaft EZ 119 der KG Peuerbach" wurde (mittlerweile rechtskräftig) abgewiesen. Im übrigen - also hinsichtlich der Unterlassung von Lärm- und Geruchsimmissionen durch Durchführung von Lackier- und Spritzarbeiten - hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf. Es sprach - soweit für die vorliegende Revision noch von Interesse - aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es durch Teilurteil entschieden habe, im bestätigenden Teil zwar 60.000 S, insgesamt aber den Betrag von 300.000 S nicht übersteige und die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm unter ausdrücklicher Verneinung des Vorliegens der vom Beklagten geltend gemachten Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens nach teilweiser Beweisergänzung die Feststellungen des Erstgerichtes im oben angeführten Umfang als unbedenklich und ergänzte diese im Sinne des eingangs geschilderten Sachverhaltes. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach für die klagsgegenständlichen Arbeiten im Hofbereich keine behördliche Anlagengenehmigung vorliege, und führte aus: Im übrigen habe bei einer Eigentumsfreiheitsklage auf Unterlassung von Immissionen der Kläger lediglich sein Eigentum und den Eingriff des Beklagten zu beweisen. Dem Beklagten obliege hingegen der Beweis dafür, daß der Eingriff die gesetzlichen Grenzen nicht überschritten habe oder daß er auf einem besonderen Rechtstitel (Eingriffsrecht) beruhe. Ausgehend von der festgestellten örtlichen Lage der beiden Liegenschaften und den Verhältnissen in der Nachbarschaft sowie der notorischen Tatsache, daß Hämmern, Flex- und Kreissägeschneiden, Arbeiten mit Druckluft und die Inbetriebnahme von Dieselverbrennungsmotoren lästige, aus der übrigen Geräuschkulisse hervorstechende laute Geräusche erzeugten, was sinngemäß auch für die Geruchsentwicklung durch das Laufenlassen von Dieselverbrennungsmotoren gelte, habe der Beklagte deren Ortsüblichkeit - abgesehen vom normalen Straßenverkehr - ebensowenig erwiesen wie den Umstand einer damit verbundenen nur unwesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung des Grundstückes der Kläger. Deren beantragtes Unterlassungsgebot sei im Umfang der erfolgten Bestätigung auch hinreichend bestimmt. Einer Aufnahme der in dB(A) ausgedrückten zumutbaren Belastung habe es nicht bedurft; vielmehr werde die Anführung einzelner Tätigkeiten wegen der damit verbundenen besonderen Lästigkeit der solcherart verursachten Immissionen der Sachlage eher gerecht.

Nur gegen den bestätigenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Teilurteiles im Sinne einer Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung auch in diesem Umfang. Die Kläger stellen in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, das Rechtsmittel des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen oder ihm andernfalls nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), sie ist aber nicht berechtigt.

Mit seiner Mängelrüge bringt der Beklagte allerdings keinen nach § 503 Abs 2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrund zur Darstellung. Er wiederholt nämlich lediglich die bereits in seiner Berufung ohne Erfolg geltend gemachten angeblichen Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens. Hat aber das Berufungsgericht - wie hier - das Vorliegen solcher angeblich in erster Instanz unterlaufener Verfahrensmängel verneint, dann können diese nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Revisionsverfahren nicht mehr neuerlich geltend gemacht werden (EFSlg. 49.387; MietSlg 38.792, 38.793 uva). Soweit der Beklagte in seiner Rechtsrüge die Ansicht des Berufungsgerichtes über die Beweislastverteilung und die mangelnde Bescheidqualität des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28.8.1981 als unrichtig bekämpft, so werden damit ebenfalls - im erstgenannten Fall auch entgegen der Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz - keine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erheblichen Fragen des materiellen Rechtes dargetan:

Es entspricht nämlich einhelliger Lehre und Rechtsprechung, daß die Beweislast für das Vorliegen einer behördlichen Genehmigung seiner Betriebsanlage gemäß § 364 a ABGB den Beklagten trifft, der diese Genehmigung durch Vorlage eines entsprechenden Bescheides nachzuweisen hat (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 364 a; Schwimann/Pimmer, ABGB, II, § 364 a Rz 6; MietSlg 23.035; SZ 48/15 und 45). Desgleichen entspricht es der ständigen, wenngleich von einem Teil der Lehre kritisierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die auf Unterlassung von Immissionen gerichtete Klage ein Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage ist (vgl. Koziol-Welser, Grundriß8, II, 41), weshalb der Kläger sein Eigentum und den Eingriff, der Beklagte aber zu beweisen hat, daß der Eingriff die vom Gesetz gezogenen Grenzen (Ortsüblichkeit der Einwirkung und nur unwesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung des Grundstückes) nicht überschritten habe oder daß der Eingriff auf einem besonderen Rechtstitel (Eingriffsrecht) beruhe (Schwimann/Pimmer, aaO, § 364 Rz 60; EvBl 1970/18; SZ 44/140; SZ 50/99; SZ 55/30 mwN aus der herrschenden Lehre).

Das Berufungsgericht hat im Gegensatz zur Meinung des Beklagten auch zutreffend erkannt, daß dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28.8.1981 keine Bescheidqualität zukommt. Dieses Schreiben läßt zunächst nicht einmal erkennen, ob es in einem aufgrund einer Beschwerde des Erstklägers eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichteinhaltung der im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 15.4.1958 vorgeschriebenen Auflage oder in einem gleichfalls von Amts wegen einzuleitenden Verfahren gemäß § 79 GewO 1973 (vgl. dazu Mache-Kinscher, GewO5, Anm.7 und 15 zu § 79; Raschauer in ÖZW 1980, 7 ff, insbesondere 12 f) ergangen ist. Dem Schreiben fehlt nicht nur die gemäß § 58 Abs 1 AVG erforderliche Bezeichnung als "Bescheid", es enthält auch keinerlei "Spruch" im Sinne dieser Gesetzesstelle und hat ebensowenig eine bindende Leistungs- oder Verpflichtungsanordnung zum Inhalt. Es verweist lediglich auf eine beiliegende Abschrift der Verhandlungsniederschrift vom 3.8.1981 und spricht nur eine "Einladung" an den Beklagten aus, die dort "im Gutachten des technischen Sachverständigen festgelegten Auflagen" einzuhalten. Zugleich behielt sich die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen die "Vorschreibung weiterer Auflagen und Maßnahmen im Falle weiterer Beschwerden" vor. Es liegt daher weder formell noch inhaltlich ein normativer Akt vor, dem Bescheidqualität zukommen könnte (Walter-Mayer, Grundriß des Verwaltungsverfahrensrechtes4 Rz 384, 387, 408 und 412 und die dort jeweils angeführte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes). Diese Frage ist aber hier gar nicht entscheidungswesentlich, weil auch die Auffassung vertreten werden könnte, der in Rede stehende Vorplatz (Hofbereich) der Liegenschaft des Beklagten sei ohnedies bereits von der ersten gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung vom 15.4.1958 umfaßt, weil ein lokaler Zusammenhang mit der bewilligten Kraftfahrzeugreparaturhalle samt Waschplatz zumindest in dem Sinne besteht, daß die Zu- und Abfahrt der zu reparierenden oder zu waschenden Fahrzeuge im Bereich des Vorplatzes zu den wesenseigenen Betriebsvorgängen zählt (vgl. die von Mache-Kinscher, aaO, in Anm.14 und 26 zu § 74 zitierte Rechtsprechung des VwGH). Damit wäre aber für den Beklagten nichts gewonnen, weil der genannte Betriebsanlagengenehmigungsbescheid ausdrücklich die Auflage enthalten hat, der Betrieb sei so zu führen, daß die Anrainerschaft nicht in einer das ortsübliche Maß übersteigenden Weise durch Lärm, Geruch usw. beeinträchtigt wird, bzw. daß diese das zumutbare Maß nicht übersteigen. Immissionen, die von einer behördlich genehmigten Anlage ausgehen, sind nämlich nur in dem von der Genehmigung umfaßten Ausmaß zu dulden (Koziol-Welser, aaO; Schwimann/Pimmer, aaO, § 364 a Rz 7; SZ 50/84; EvBl 1983/82). Der Umstand, daß in einem solchen Fall auch im Verwaltungswege Abhilfe geschaffen werden könnte, steht dann der Verfolgung des privatrechtlichen Anspruches nach § 364 Abs 2 ABGB nicht entgegen. Es besteht vielmehr auch ein Untersagungsrecht nach § 364 Abs 2 ABGB, wenn sich der Inhaber einer genehmigten Anlage nicht an die im Genehmigungsbescheid erteilten Auflagen hält (Schwimann/Pimmer, aaO, § 364 a Rz 8; MietSlg 34.031; vgl. auch SZ 56/158).

Insoweit liegen daher keine gemäß § 503 Abs 2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgründe vor.

Mit seinen weiteren Ausführungen zur Fassung des Unterlassungsbegehrens zeigt der Beklagte aber eine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf, weil nach der zum Zeitpunkt der berufungsgerichtlichen Entscheidung veröffentlichten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei Lärmeinwirkungen der dem Kläger zumutbare Geräuschpegel unter Heranziehung der Maßeinheit in den Urteilsspruch aufzunehmen war (Schwimann/Pimmer, aaO, § 364 Rz 50; SZ 50/99). Die bereits am 11.2.1988 ergangene und nunmehr in EvBl 1989/6 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, 8 Ob 651/87, konnte weder dem Berufungsgericht noch dem Rechtsmittelwerber zur Zeit der Revisionserhebung bekannt sein (vgl. Petrasch in ÖJZ 1985, 299). Sie hat aber im Sinne der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ausgesprochen, daß ein Begehren auf Unterlassung des beim Arbeitseinsatz bestimmter Maschinen oder Werkzeuge jedenfalls und unvermeidbar hervorgerufenen Lärms im Rahmen des § 364 Abs 2 ABGB auch dann noch hinreichend bestimmt ist, wenn dabei die einzelnen Lärmerzeugungsquellen konkret und deutlich bezeichnet sind. Es ist daher die Angabe des den Klägern zumutbaren Geräuschpegels nicht erforderlich, wenn die beispielsweise aufgezählten konkreten Lärmerregungsquellen - wie hier - beim Arbeitseinsatz jedenfalls und unvermeidbar Lärm hervorrufen, der wegen seiner Art und Intensität nur kurzfristig und mit deutlichem Unbehagen von den davon betroffenen Menschen ertragen werden kann. Die vom Beklagten bekämpfte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das Unterlassungsbegehren sei wegen der Anführung einzelner konkreter Lärmerzeugungsquellen und der damit verbundenen besonderen Lästigkeit des solcherart herbeigeführten Lärms hinreichend bestimmt, steht daher mit der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang.

Der Revision mußte aus diesem Grunde ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16632

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00708.88.0223.000

Dokumentnummer

JJT_19890223_OGH0002_0060OB00708_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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