Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck (Arbeitgeber) und Karl Amsz (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wilhelm D*** jun., Zentastraße 3, 4061 Pasching, vertreten durch Dr. Johannes Grund, Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 12 Cgs 98/88 des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. November 1988, GZ 13 Rs 157/88-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6. September 1988, GZ 12 Cgs 290/88-2, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Juli 1988, 12 Cgs 98/88 wurde das auf Gewährung eines Hilflosenzuschusses ab 1. Jänner 1988 gerichtete Begehren des Klägers abgewiesen. Dieses Urteil ist inzwischen durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. März 1989, 10 Ob S 56/89, rechtskräftig geworden.
Mit der am 25. August 1988 überreichten Wiederaufnahmsklage macht der Kläger geltend, es sei ihm am 18. August 1988 vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung dessen Bescheid vom 2. August 1988 zugestellt worden, mit welchem das am 2. Mai 1988 zuerkannte Pflegegeld rückwirkend mit 31. Jänner 1988 eingestellt wurde. Diesen Bescheid habe der Kläger im Vorverfahren nicht vorlegen und damit nicht nachweisen können, daß er einen Pflegegeldanspruch habe, der dem Hilflosenzuschuß vergleichbar sei. Durch Vorlage des Bescheides wäre es gelungen nachzuweisen, daß zumindest die Oberösterreichische Landesregierung den Kläger als hilfslos betrachtet habe. Das Erstgericht wies diese Wiederaufnahmsklage als für die Bestimmung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung ungeeignet zurück. Weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen und Pflegegeldern in anderen Bereichen grundsätzlich von jenen für die Gewährung des Hilflosenzuschusses nach dem ASVG verschieden seien, seien die Behauptungen in der Wiederaufnahmsklage, selbst wenn man sie als richtig unterstelle, nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung im Vorprozeß herbeizuführen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers keine Folge. Der Kläger habe keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund geltend gemacht, denn daß die Oberösterreichische Landesregierung den Kläger als hilflos betrachte, habe ihm nach seinem eigenen Vorbringen bereits vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß klar sein müssen, weil er bereits mit Bescheid vom 2. Mai 1988 ein Pflegegeld zuerkannt erhalten habe. Auch die Tatsache, daß im Verwaltungsverfahren eine ärztliche Untersuchung stattgefunden habe (ein Vorbringen, das erstmals im Rekurs erhoben wurde), müsse dem Kläger schon bekannt gewesen sein. Der Bescheid über die rückwirkende Einstellung des Pflegegeldes sei daher nicht geeignet, im Vorprozeß eine andere Entscheidung herbeizuführen. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Juli 1988, 12 Cgs 98/88, aufzuheben und dem Klagebegehren im wiederaufgenommenen Rechtsstreit stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.
Die Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage ist dann gerechtfertigt, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen läßt, oder wenn der behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht (JBl. 1959, 268 ua). Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs. 1 Z 7 ZPO setzt voraus, daß die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.
Das Verfahren erster Instanz im Vorprozeß wurde am 4. Juli 1988 geschlossen. Da dem Kläger nach seinem eigenen Vorbringen schon mit Bescheid vom 2. Mai 1988 ein Pflegegeld zuerkannt wurde (aus dem der Klage beigefügten Bescheid ergibt sich, daß er für die Monate Februar 1988 bis einschließlich Juni 1988 Pflegegeld erhalten hat), mußte ihm, wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, klar sein, daß die Oberösterreichische Landesregierung die Bestimmungen des Oberösterreichischen Behindertengesetzes für die Zuerkennung eines Pflegegeldes für gegeben erachtete. Er wäre daher in der Lage gewesen, diesen Umstand und allfällige Untersuchungsergebnisse schon im Vorprozeß vorzubringen. Daß ihn der Bescheid vom 2. Mai 1988 erst nach dem 4. Juli 1988 zugestellt worden sei, wurde nicht behauptet. Da auch die ärztliche Untersuchung in jenem Verfahren jedenfalls vor dem 2. Mai 1988 erfolgt sein muß, hätte sich der Kläger auf ihre Ergebnisse schon im Vorprozeß berufen können. Der Bescheid vom 2. August 1988, mit welchem nur die rückwirkende Einstellung des Pflegegeldes und die Abstandnahme von der Rückforderung der bereits ausbezahlten Pflegegelder verfügt wurde, ist nicht geeignet, eine andere Entscheidung im Vorprozeß herbeizuführen.
Die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage schon im Vorprüfungsverfahren erfolgte daher zu Recht.
Anmerkung
E16940European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00045.89.0307.000Dokumentnummer
JJT_19890307_OGH0002_010OBS00045_8900000_000