Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Telfser als Schriftführer, in der Strafsache gegen Harald M*** und einen anderen wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Reinhard H*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 19. September 1988, GZ 11 Vr 104/88-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, und des Verteidigers Dr. Reif-Breitwieser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Reinhard H*** aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Reinhard H*** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe am 30.November 1987 in Klagenfurt im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken mit Harald M*** als unmittelbarer Täter dadurch, daß er vier PKW der Firma G*** mit Lack besprühte und mehrere Scheinwerfer einschlug, fremde Sachen beschädigt und einen Schaden im Betrag von ca 20.000 S herbeigeführt, er habe hiedurch das Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Der gemäß § 494 a Abs. 1 Z 1 StPO gefaßte Beschluß wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Juli 1971 geborene jugendliche Reinhard H*** (abweichend von der gegen ihn wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB, begangen im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit Harald M***, erhobenen Anklage) des Vergehens der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (zu ergänzen: nach § 286 Abs. 1 StGB) schuldig erkannt. Darnach hat er am 30.November 1987 in Klagenfurt mit dem Vorsatz, daß vorsätzlich eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen werde, es unterlassen, die schon begonnene Ausführung und unmittelbar bevorstehende schwere Sachbeschädigung zu verhindern, indem er dem Mitangeklagten Harald M*** eine gefundene Lackspraydose zur Aufbewahrung übergab, sah, daß M***, anstatt sie aufzubewahren, damit PKW zu besprühen begann und nichts dagegen unternahm. Harald M*** wurde seinerseits vom Jugendschöffengericht (rechtskräftig) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt, weil er bei dieser Gelegenheit vier PKW der Firma G*** mit Lack besprühte und mehrere Scheinwerfer einschlug, dadurch fremde Sachen beschädigt und einen Schaden von 12.204 S herbeigeführt hat.
Rechtliche Beurteilung
Reinhard H*** bekämpft den Schuldspruch mit einer allein auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.
Das Jugendschöffengericht hat bei seiner Urteilsfällung (am 19. September 1988) in Ansehung des Harald M*** zwar die Änderung der Rechtslage durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 berücksichtigt und diesen (entgegen der am 7.Jänner 1987 erhobenen Anklage) dem mit 12.204 S festgestellten Schaden entsprechend lediglich wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (und nicht wegen schwerer Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7; siehe Art I Z 15, XIX Abs. 1, XX Abs. 1 StRÄG 1987) schuldig gesprochen. Im Falle des nunmehr bekämpften Schuldspruchs des Angeklagten Reinhard H*** hat es aber den Umstand nicht beachtet, daß damit eine der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit des Vergehens nach § 286 Abs. 1 StGB weggefallen ist, setzt doch dieser Tatbestand ua (neben den sonstigen Tatbestandserfordernissen sowie der weiteren objektiven Bedingung, daß die nicht verhinderte Vorsatztat zumindest versucht wurde) voraus, daß die Vorsatztat, die zu verhindern unterlassen wird, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. Das Harald M*** angelastete Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB ist jedoch, infolge Wegfallens der Qualifikation nach § 126 Abs. 1 Z 7 StGB, (nunmehr) nur mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen pönalisiert. Die Reinhard H*** zur Last gelegte Unterlassung war daher im Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht (mehr) strafbar.
Zwar kommt es, wenn das Gesetz die Strafbarkeit an eie objektive Bedingung knüpft, grundsätzlich (allein) darauf an, daß diese Bedingung im Tatzeitpunkt gegeben ist. Hängt deren Erfüllung aber, wie im Fall des § 286 Abs. 1 StGB, von der strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens ab, so sind in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des § 61 StGB jene Rechtsvorschriften maßgebend, die diesbezüglich im Zeitpunkt der Urteilsfällung gelten; ist darnach die objektive Bedingung nicht (mehr) erfüllt, entfällt die Strafbarkeit.
Die Subsumtion der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat als Vergehen der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 286 Abs. 1 StGB beruht somit auf einer unrichtigen Gesetzesanwendung, weshalb das bekämpfte Urteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben und mit Freispruch vorzugehen war. Der dadurch seiner Grundlage beraubte Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 1 StPO in Ansehung des Urteils des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 19.Oktober 1987, GZ 11 Vr 1237/87-27, war aufzuheben.
Anmerkung
E16734European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00005.89.0308.000Dokumentnummer
JJT_19890308_OGH0002_0140OS00005_8900000_000