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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Tiroler Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Juni 2003, Zl. Vd-SV-1001-1-414/6/Br und Zl. Vd-SV-1001-1- 413/7/Br, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: J in O), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Der vorliegende Beschwerdefall betrifft Beitragsnachverrechnungen, welche die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse gegenüber dem Mitbeteiligten für die Zeiträume vom 1. Juni 1985 bis 30. April 1988 und vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1993 vorgenommen hat.
Zur Vorgeschichte wird zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/08/0021, und vom 20. November 2002, Zlen. 98/08/0017, 0018 und 0061, verwiesen, wobei das letztgenannte Erkenntnis vor allem die Frage der Dienstgebereigenschaft des Mitbeteiligten behandelte.
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse erließ in weiterer Folge zwei Bescheide vom 11. März 2003:
1.1 Mit dem ersten Bescheid stellte sie fest, dass der Mitbeteiligte verpflichtet sei, "für den Zeitraum vom 1. Juni 1985 bis 30. April 1988 eine Beitragsnachrechnung in der Höhe von EUR 5.170,46 (ATS 71.147,19) und Verzugszinsen in der Höhe von EUR 1.123,60 (ATS 15.461,02)" zu bezahlen.
Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe mit Bescheid vom 13. Juli 1988 die Ehefrau des Mitbeteiligten für den Beitragsnachverrechnungszeitraum vom 1. Juni 1985 bis 30. April 1988 verpflichtet, einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 18.510,22 zu bezahlen, und mit Bescheid vom 2. August 1988 für denselben Zeitraum eine Beitragsnachverrechnung in der Höhe von S 76.553,69 vorgenommen. Nach Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 13. Februar 1989 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1992 habe der Landeshauptmann von Tirol den Bescheid vom 20. Mai 1992 erlassen, womit die Einsprüche der Ehefrau des Mitbeteiligten gegen die Beitragsnachverrechnung und den Beitragszuschlag neuerlich abgewiesen worden seien. Nach Ablehnung der Behandlung und Abtretung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1992, B 800/92, habe der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Mai 1992 mit Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/08/0021, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die anzuwendenden Kollektivverträge aktenkundig zu machen seien.
Mit Ersatzbescheid vom 16. Jänner 1998 habe der Landeshauptmann von Tirol die Einsprüche neuerlich abgewiesen und den Beitragszuschlag auf S 15.721,22 herabgesetzt. Vor Abschluss dieses Verfahrens sei beim Landeshauptmann von Tirol ein gemeinsames Schreiben des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau eingegangen, in welchem unter Vorlage von Bestätigungen eines Steuerberaters und anderer Urkunden behauptet wurde, dass die Ehefrau des Mitbeteiligten das Hotel T. niemals auf eigene Rechnung und Gefahr geführt habe (dies habe vielmehr der Mitbeteiligte getan), wobei zugleich die Anschuldigung erhoben wurde, die Behörden hätten dieses Verfahren gegen die Ehefrau des Mitbeteiligten seit 13 Jahren wieder besseres Wissen betrieben. Diese Behauptungen habe der Landeshauptmann von Tirol in der Begründung des Ersatzbescheides sowohl durch die Vorgeschichte als auch durch die Anmeldung des Mitbeteiligten zur Sozialversicherung als Dienstnehmer als widerlegt angesehen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Ehefrau des Mitbeteiligten sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. November 2002, Zlen. 98/08/0017, 0018, 0061, insofern als begründet angesehen worden, als nicht die Ehefrau des Mitbeteiligten, sondern der Mitbeteiligte als Dienstgeber zu betrachten sei. In der Folge habe der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 15. Jänner 2003 die Bescheide der Beschwerdeführerin behoben.
Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 2002 sei als Dienstgeber des Betriebes Hotel T. nicht die Ehefrau des Mitbeteiligten, sondern der Mitbeteiligte anzusehen. Eine Verjährung stehe der Vorschreibung der Beitragsnachverrechnung und des Beitragszuschlages an den Mitbeteiligten nicht entgegen, weil dieser, wie dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis zu entnehmen sei, sich auf Befragen der Beschwerdeführerin zur Dienstgebereigenschaft geweigert habe, entsprechend klare Auskünfte zu erteilen. In einem gemeinsamen Schreiben der Eheleute sei unter Vorlage von Urkunden behauptet worden, die Ehefrau des Mitbeteiligten habe niemals auf eigene Rechnung und Gefahr einen Betrieb geführt, dies habe vielmehr der Mitbeteiligte getan. Im Gegensatz dazu sei aber eine falsche Anmeldung des Mitbeteiligten als Dienstnehmer zur Sozialversicherung erstattet worden, was letztlich dazu geführt habe, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass das Verhalten des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau allenfalls tatbildlich im Sinne des § 146 StGB sein könnte.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffen die Beitragsnachverrechnung.
1.2. Mit dem zweiten Bescheid vom 11. März 2003 verpflichtete die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten "für den Beitragsnachrechnungszeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1993 an Beitragsnachrechnung einen Betrag in der Höhe von EUR 6.909,04 (ATS 95.070,40) und an Verzugszinsen einen Betrag in der Höhe von EUR 1.746,16 (ATS 24.027,70) zu bezahlen".
Begründend führte sie dazu aus, dass sie mit Bescheid vom 17. November 1994 der Ehefrau des Mitbeteiligten für den Beitragsnachverrechnungszeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1993 eine Beitragsnachverrechnung in der Höhe von S 95.070,40 zur Zahlung vorgeschrieben habe. Mit Beitragsnachverrechnung vom 5. Oktober 1994 sei der Ehefrau des Mitbeteiligten an Verzugszinsen für die gegenständliche Beitragsnachverrechnung ein Betrag in der Höhe von S 24.027,70 zur Zahlung vorgeschrieben worden.
Im Einspruch gegen den Bescheid vom 17. November 1994 habe sich die Ehefrau des Mitbeteiligten unter anderem darauf bezogen, dass der Betrieb zur Gänze ihrem Ehemann gehöre und sie daran nicht beteiligt gewesen sei. Tatsächlich sei der Mitbeteiligte aber vom 1. März 1987 bis 1. Oktober 1989 als Angestellter zur Sozialversicherung gemeldet gewesen. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1987 (gemeint wohl 1997) habe der Landeshauptmann von Tirol den Einspruch der Ehefrau des Mitbeteiligten gegen die Vorschreibung von Verzugszinsen als unzulässig zurück- und den übrigen Einspruch als unbegründet abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof habe mit seiner Entscheidung vom 20. November 2002, Zlen. 98/08/0017, 0018, 0061, der Beschwerde der Ehefrau des Mitbeteiligten stattgegeben und festgestellt, dass nicht die Ehefrau des Mitbeteiligten, sondern dieser als Dienstgeber zu betrachten sei. Auf Grund dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes habe der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 27. Jänner 2003 den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 17. November 1994 behoben.
Damit stehe fest, dass sowohl die Beitragsnachverrechnung als auch die daraus resultierenden Verzugszinsen dem Mitbeteiligten als Dienstgeber vorzuschreiben seien. Eine Verjährung sei nicht eingetreten, weil Grundlage des bisherigen Verfahrens gewesen sei, wer als Dienstgeber zu betrachten sei, und der Mitbeteiligte bzw. seine Ehefrau maßgeblich dazu beigetragen haben, dass der Bescheid an den falschen Bescheidadressaten gerichtet gewesen sei.
Die weiteren Ausführungen betreffen die Beitragsnachverrechnung im Einzelnen.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Einsprüchen des Mitbeteiligten Folge, behob die Bescheide der Beschwerdeführerin und stellte fest, dass der Mitbeteiligte "die ihm vorgeschriebenen Nachrechnungsbeträge und Verzugszinsen nicht zu bezahlen" habe.
2.1. Der Mitbeteiligte habe seine Einsprüche insbesondere damit begründet, dass die von der Beschwerdeführerin nunmehr gegen ihn als Dienstgeber erhobenen Forderungen verjährt seien. Die Beschwerdeführerin habe am 13. September 1993 bei der Ehefrau des Mitbeteiligten eine Beitragsprüfung durchgeführt. Diese habe damals erklärt, dass sie über keinerlei Prüfungsunterlagen für das Hotel T. verfüge, keine Steuererklärungen abzugeben brauche und auch keine Betriebssteuern bezahlen müsse, da sie nicht Unternehmerin sei; Unternehmer sei der Mitbeteiligte. Trotzdem habe die Beschwerdeführerin einen Bescheid erlassen, der unzulässigerweise auf einer Schätzung beruhe. Nachdem dieser Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei, versuche nun die Beschwerdeführerin, die Nachrechnungssumme ohne weitere Prüfung ihm vorzuschreiben, obwohl er niemals aufgefordert worden sei, sich einer Beitragsprüfung zu unterziehen und Prüfungsunterlagen vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe seine Klarstellung, dass nicht seine Ehefrau, sondern er der Betriebsinhaber sei, nicht zur Kenntnis nehmen wollen, sodass nunmehr Verjährung eingetreten sei.
2.2. Begründend führte die belangte Behörde weiters aus, dass das im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Februar 2000 angeführte Schreiben der Beschwerdeführerin vom 4. Jänner 1994 an den Mitbeteiligten den Prüfzeitraum 1988 bis 1994 betroffen habe, wobei damals der Landeshauptmann dieses Schreiben als Maßnahme bezeichnet habe, die geeignet gewesen sei, die Verjährung des Feststellungsrechtes zu unterbrechen. Der Landeshauptmann habe aber in der Folge darauf hingewiesen, dass entgegen diesem Schreiben eine Beitragsprüfung nicht beim Mitbeteiligten, sondern bei seiner Ehefrau vorgenommen worden sei. Eine unterbrochene Verjährung beginne mit dem Wegfall des Unterbrechungsgrundes neu. Auf Grund des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 4. Jänner 1994 an den Mitbeteiligten habe daher mit 4. Jänner 1997 (bzw. 5. Jänner 1997) die Verjährungsunterbrechung geendet. Mit Schreiben vom 3. Mai 1999 habe die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten als Dienstgeber aufgefordert, die Unterlagen vorzulegen, und ihm gleichzeitig mitgeteilt, dass die ursprünglich geführten Dienstgeberkonten seiner Ehefrau nunmehr auf ihn übertragen worden seien. Von diesem Schreiben vom 3. Mai 1999 die dreijährige Verjährungsfrist zurückgerechnet ergebe, dass die Beiträge vor dem 3. Mai 1996 als verjährt zu betrachten seien. Ausdrücklich habe der Landeshauptmann darauf hingewiesen, dass eine fünfjährige Verjährungsfrist nicht angewendet werden könne, da die Anmeldung der Dienstnehmer bei der Beschwerdeführerin mit "W." firmiert worden seien, was eine nähere Prüfung verlangt hätte, wem diese Unterschrift zuzurechnen wäre, was die Beschwerdeführerin jedoch nicht getan habe.
Der Beschwerdeführerin sei insofern Recht zu geben, wenn sie darauf hinweise, dass dieser Bescheid des Landeshauptmannes derzeit beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werde. Das ändere allerdings nichts daran, dass er derzeit dem Rechtsbestand angehöre und die belangte Behörde zumindest bis zu seiner allfälligen Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof an ihren eigenen Bescheid gebunden sei. Schon aus diesem Grund müssten auch der nunmehr vorgeschriebene Nachrechnungsbetrag und die Verzugszinsen für diesen gleichen Zeitraum als verjährt betrachtet werden. Nur der Vollständigkeit halber sei anzumerken, dass man zu diesem Ergebnis auch dann gelange, wenn man nicht die dreijährige, sondern die fünfjährige Verjährungsfrist anwende, was sich auf Grund der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002 anbiete, aber im Hinblick auf die Selbstbindung der Behörde an ihren eigenen Bescheid unzulässig erscheine.
Umso mehr gelte die Einrede der Verjährung für Nachrechnungsbetrag und Verzugszinsen für den Nachrechnungszeitraum 1. Jänner (gemeint wohl Juni) 1985 bis 30. April 1988, da bezüglich dieses Zeitraumes überhaupt keine die Verjährung unterbrechende Handlung durch die Beschwerdeführerin gegen den Mitbeteiligten gesetzt worden sei.
Der Beschwerdeführerin sei zwar zweifellos Recht zu geben, wenn sie darauf hinweise, dass dem Mitbeteiligten die versuchten Beitragsprüfungen gegen seine Ehefrau nicht nur bekannt sein mussten, sondern auch tatsächlich bekannt gewesen seien, doch reiche dies angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes nicht zur Unterbrechung der Verjährung gegenüber dem Mitbeteiligten aus. Ausdrücklich verlange der Gesetzgeber für die Verjährung des Feststellungsrechtes eine zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme, von der der Zahlungspflichtige in Kenntnis gesetzt werde. Das bedeute unzweifelhaft, dass die Maßnahme gegen den Zahlungspflichtigen selbst gesetzt werden müsse und dass es nicht ausreiche, wenn er nur davon Kenntnis habe oder haben musste. Hätte der Gesetzgeber es für die Unterbrechung der Verjährung als ausreichend bezeichnen wollen, dass die Maßnahmen des Versicherungsträgers dem Beitragsschuldner bekannt waren oder zumindest bekannt sein mussten, so hätte er dies zweifelsfrei durch eine andere Formulierung, etwa wie im § 67 Abs. 6 ASVG, angeordnet.
Außer Streit stehe, dass jede nach außen hin in Erscheinung tretende und den Beitragsschuldnern zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des zuständigen Versicherungsträgers, die der rechtswirksamen Feststellung der Beitragsschuld diene, die Verjährung des Feststellungsrechtes gemäß § 68 Abs. 1 ASVG unterbreche. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Beitragsprüfung bzw. die Aufforderung an den Beitragsschuldner, für einen bestimmten Prüfungstermin die Unterlagen bereit zu halten, als solche geeignete Maßnahmen zu bezeichnen. Da innerhalb der Verjährungsfrist, gerechnet ab dem Schreiben vom 4. Jänner 1994, jedoch beim Mitbeteiligten keine Beitragsprüfung vorgenommen worden sei, seien die nunmehr vorgeschriebenen Beiträge und Verzugszinsen zweifelsfrei als verjährt zu betrachten.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, diesen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in einer Gegenschrift - ebenso wie der Mitbeteiligte - die Abweisung der Beschwerde.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Die Dienstgebereigenschaft des Mitbeteiligten für die gegenständlichen Beitragszeiträume im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG steht fest. Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens ist lediglich die Frage, ob bzw. inwieweit bezüglich der vorgeschriebenen Beiträge eine Feststellungsverjährung im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG eingetreten ist.
4.2. § 68 Abs. 1 ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 530/1979 lautete:
"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird."
Mit der 49. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 294/1990), die am 1. Juli 1990 in Kraft trat, wurde dieser Bestimmung folgender Satz angefügt:
"Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist."
Mit der 50. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 676/1997) wurde der erste Satz der Bestimmung geändert, sodass er ab 1. Jänner 1992 lautet:
"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge."
§ 58 Abs. 1 ASVG lautete in der Fassung BGBl. Nr. 17/1969:
"Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tage des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt. Die Satzung kann, sofern sie einen anderen als den im § 44 Abs. 2 erster Satz bezeichneten Beitragszeitraum bestimmt und für den Fall, dass durch Vereinbarung mit dem Dienstgeber ein abweichender Beitragszeitraum festgelegt wird, vorsehen, dass die Beiträge am letzten Tag des Beitragszeitraumes fällig werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt."
In der Fassung BGBl. Nr. 111/1986 lautet diese Bestimmung:
"Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 3 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die gemäß Abs. 3 vorgeschriebenen Beiträge sind mit Ablauf des zweiten Werktages nach der Aufgabe der Beitragsvorschreibung zur Post bzw. mit dem Zeitpunkt der Zustellung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung fällig. Die Satzung kann, sofern sie einen anderen als den im § 44 Abs. 2 erster Satz bezeichneten Beitragszeitraum bestimmt und für den Fall, dass durch Vereinbarung mit dem Dienstgeber ein abweichender Beitragszeitraum festgelegt wird, vorsehen, dass die Beiträge am letzten Tag des Beitragszeitraumes fällig werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt."
4.3. Zu der in der Beschwerde vertretenen Ansicht der Beschwerdeführerin, die Verjährungsfrist habe noch gar nicht zu laufen begonnen bzw. die Beschwerdeführerin habe fortgesetzt verjährungsunterbrechende Maßnahmen gegen die Ehefrau des Mitbeteiligten gesetzt, die "mittelbar" auch gegen den Mitbeteiligten selbst zu gelten hätten, wird zunächst auf das - ebenfalls dieselben Parteien betreffende - hg. Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2000/08/0042, verwiesen, welches den Beitragszeitraum vom 1. September 1993 bis 31. August 1995 betraf.
In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof u. a. ausgeführt, dass der Lauf der Verjährungsfristen gegebenenfalls für jedes einzelne Dienstverhältnis, für jeden Beitragszeitraum, für jede erstattete bzw. unterlassene Meldung und für jeden Unterbrechungsgrund gesondert zu beurteilen sei. Bei rechtzeitiger und korrekter Meldung u.a. darüber, dass sich der Mitbeteiligte hinsichtlich bestimmter Dienstverhältnisse als Dienstgeber betrachte, würde der Lauf der Verjährungsfrist mit dem Tag der Fälligkeit, sohin mit dem Ende des Beitragszeitraumes beginnen (§ 58 Abs. 1 ASVG). Bei nicht zeitgerechter (verspäteter) Meldung würde die Verjährungsfrist mit dem Tag der erstatteten Meldung beginnen. Eine Meldung nach Ablauf des ab Fälligkeit laufenden Verjährungszeitraumes hätte keinen Einfluss mehr.
Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof aus:
"Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurden in den strittigen Beitragszeiträumen Meldungen für Dienstnehmer erstattet, wobei als Dienstgeber ‚Hotel T' bzw. die Stampiglie ‚Hotel T Besitzer W' aufscheint. Soweit diese Meldungen daher die Bezeichnung jenes Rechtssubjektes, auf dessen Rechnung und Gefahr tatsächlich der Betrieb geführt wird, in welchem die gemeldeten Dienstnehmer beschäftigt sind, im Unklaren lässt, liegt jedenfalls eine ordnungsgemäße Meldung dieser Dienstnehmer nicht vor. Im Hinblick darauf, dass diese Meldungen dem Erstmitbeteiligten (als dem Dienstgeber und damit dem entsprechend Dispositions- und Verfügungsberechtigten) ebenso zuzurechnen sind wie die Gestaltung der verwendeten Stampiglie, kann an einem Verschulden des Mitbeteiligten an der Unklarheit der Meldungen insoweit kein Zweifel bestehen. Hinsichtlich der aus solchen Meldungen resultierenden Beitragsforderungen ist daher jedenfalls die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden.
Soweit der Beitragszeitraum vom 1. Februar 1994 bis 31. August 1995 in Rede steht, sind jedenfalls die Beitragsforderungen ab dem Beitragszeitraum Mai 1994 auf Grund des Aufforderungsschreibens der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 3. Mai 1999 sowie der darauf folgenden Beitragsprüfung und -vorschreibung nicht verjährt. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Hinsichtlich der davor liegenden Beitragszeiträume ist derzeit nur ein Aufforderungsschreiben der Gebietskrankenkasse vom 4. Jänner 1994 aktenkundig (...), nicht aber weitere Betreibungshandlungen der Gebietskrankenkasse. Diesbezüglich wird die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren zu ergänzen haben. Wären solche Betreibungshandlungen in der Folge nur gegen die Tochter des Mitbeteiligten geführt worden, - in der irrigen Meinung, der Hotelbetrieb würde auf deren Rechnung und Gefahr geführt werden - dann wären die Beitragsforderungen bis einschließlich April 1994 von der verjährungsunterbrechenden Wirkung des Schreibens vom 3. Mai 1999 nicht mehr erfasst worden und daher verjährt."
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass auch in den von diesem Verfahren betroffenen Zeiträumen die für die Dienstnehmer des Hotelbetriebes erstatteten Meldungen bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in derselben Weise erstattet wurden, wie in den vom soeben wiedergegebenen Vorerkenntnis behandelten Zeiträumen, nämlich mit der Bezeichnung des Dienstgebers als "Hotel T." und unter Verwendung einer Stampiglie "Hotel W. Besitzer W.", d.h. ohne einen den "Besitzer" individualisierenden Vornamen. Aus den im erwähnten Erkenntnis genannten Gründen ist daher auch in den hier zu behandelnden Zeiträumen die fünfjährige Verjährungsfrist heranzuziehen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist folglich für die beschwerdegegenständlichen Zeiträume zu untersuchen, wann die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse zur Vermeidung des Eintrittes der Verjährung gegenüber dem Mitbeteiligten verjährungsunterbrechende Maßnahmen hätte setzen müssen und ob sie rechtzeitig solche Maßnahmen gesetzt hat.
Unter einer Maßnahme gemäß § 68 Abs. 1 ASVG ist nach der Rechtsprechung jede nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Beitragsschuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des Versicherungsträgers zu verstehen, die der Feststellung der Beitragsschulden dient (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1985, Zl. 83/08/0095 u.a.). Der Argumentation der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse ist daher zunächst zu entgegnen, dass eine ausschließlich gegen andere Personen (insbesondere gegen eine Person, welche von der Gebietskrankenkasse fälschlich für den Dienstgeber und Beitragsschuldner gehalten wurde) gerichtete Maßnahme in Ansehung der für den Mitbeteiligten (als wahren Dienstgeber) laufenden Verjährungsfrist auch dann keine Unterbrechungswirkungen zu entfalten vermag, wenn dieser sich in Kenntnis dieser Maßnahme befunden hat, weil sich eine solche Maßnahme - anders als dies das Gesetz nach Sinn und Wortlaut verlangt - nicht an ihn als (zumindest potenziell) "Zahlungspflichtigen" bzw. Beitragschuldner richtete (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2000/08/0042).
Hingegen dient nicht nur die Durchführung einer Beitragsprüfung, sondern auch ein schriftliches Ersuchen des Krankenversicherungsträgers an den Beitragsschuldner um Bekanntgabe beitragspflichtigen Entgelts von Dienstnehmern objektiv dem Ziel, die Verpflichtung zur Beitragszahlung festzustellen, und ist somit - dem Regelungszweck des § 68 Abs. 1 ASVG entsprechend - eine Maßnahme im Sinne des vorletzten Satzes dieser Bestimmung (vgl. das Erkenntnis vom 5. März 1991, Slg. Nr. 13398/A).
Nach der Aktenlage wurde an den Mitbeteiligten als Dienstgeber eine "Prüfungsverständigung" vom 4. Jänner 1994 mit Rückschein übermittelt. Diese "Prüfungsverständigung", die der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2000/08/0042, implizit als verjährungsunterbrechende Maßnahme im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG qualifiziert hat, findet sich zwar nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten, wohl aber das Antwortschreiben des Mitbeteiligten vom 12. Jänner 1994, gerichtet an den Beitragsprüfer, in welchem der Mitbeteiligte einräumt, das Schreiben vom 4. Jänner 1994, "das mit 'Sehr geehrter Dienstgeber' " übertitelt gewesen sei, erhalten zu haben und in welchem er einen "rechtsgestaltenden Bescheid" verlangt.
Ferner findet sich im Akt ein Schreiben der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 6. Dezember 1993, worin der Mitbeteiligte befragt worden ist, wer als Dienstgeber im Hotel T. tatsächlich fungiere, und das ihm ausweislich des aktenkundigen Rückscheins am 7. Dezember 1993 zugestellt wurde. Sowohl dieses Schreiben als auch die nachfolgende Ankündigung einer Beitragsprüfung sind als Maßnahmen zum Zwecke der Feststellung der Beitragsschuld gegenüber dem Mitbeteiligten anzusehen. Sie haben daher jeweils die Verjährungsfrist im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG unterbrochen und zwar hinsichtlich aller Beiträge, die innerhalb von fünf Jahren vor dem 7. Dezember 1993 fällig geworden sind.
Weiters findet sich in den Verwaltungsakten eine Niederschrift der Beschwerdeführerin vom 26. Mai 1997, die mit dem Mitbeteiligten aufgenommen wurde und mit "Erhebung Dienstgeber" bezeichnet ist. Diese Niederschrift wurde vom Mitbeteiligten unterfertigt und trägt auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Von der Sommersaison 1993 bis 31.8.95 steht der Dienstgeber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Lt.
Bezirksverwaltungsbehörde L. ist das Hotel T. in O. ein Schwarzbetrieb. Lt. Landesregierung/Verwaltungssenat bin ich Dienstgeber des o.a. Hotel. Momentan liegt der ganze Akt beim Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung. Ab 1.9.95 ist meine Tochter W. Susanna, Dienstgeberin. Bis zur endgültigen Klärung der Dienstgebereigenschaft werden von mir keine Unterlagen für den Zeitraum Sommer 1993 bis 31.8.95 vorgelegt. Arbeitsaufzeichnungen bzw. Urlaubsaufzeichnungen werden wegen Zeitmangels nicht geführt."
Dieser Niederschrift kommt aus denselben Gründen wie dem Schreiben vom 6. Dezember 1993 verjährungsunterbrechende Wirkung zu. Die ebenfalls verjährungsunterbrechende Wirkung des Schreibens vom 3. Mai 1999 (betreffend die "Übertragung der Dienstgeberkonten" von der Ehefrau des Mitbeteiligten auf diesen) ergibt sich bereits aus dem mehrfach zitierten Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2000/08/0042.
Im Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide vom 11. März 2003, welcher verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt, waren daher zumindest die Beiträge für Beitragszeiträume ab Dezember 1988 nicht verjährt.
Im Übrigen, also betreffend den Beitragszeitraum vom 1. Juni 1985 bis 30. April 1988, sind frühere (insbesondere zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 30. April 1993 liegende) zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahmen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse gegen den Mitbeteiligten weder den Verwaltungsakten zu entnehmen, noch wird die Setzung solcher Maßnahmen von ihr behauptet. Hinsichtlich dieser Beitragszeiträume ist die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Beitragsschuld des Mitbeteiligten verjährt ist.
Soweit die belangte Behörde für den gesamten Beitragszeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 31. August 1993 Verjährung angenommen und den diesen Zeitraum betreffenden erstinstanzlichen Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse behoben hat, ist der angefochtene Bescheid daher inhaltlich rechtswidrig.
Die belangte Behörde hat die beiden erstinstanzlichen Bescheide der Gebietskrankenkasse nur im Vorspruch getrennt angeführt und sie im Spruch nicht nur behoben, sondern darüber hinaus festgestellt, dass der Mitbeteiligte "die ihm vorgeschriebenen Nachrechnungsbeträge und Verzugszinsen nicht zu bezahlen hat", wodurch die Erledigung der beiden Einsprüche des Mitbeteiligten auf eine Weise rechtlich verklammert wurde, die eine Teilaufhebung des angefochtenen Bescheides nicht zulässt. Da somit die Herstellung eines der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes (§ 63 Abs. 1 VwGG) eine Neuformulierung des Spruches des Einspruchsbescheides voraussetzt, war der angefochtene Bescheid zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Oktober 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080140.X00Im RIS seit
01.12.2005