TE OGH 1989/3/14 5Ob524/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Margit F***, geboren am 6.September 1975, Heidelinde F***, geboren am 28.Mai 1978, und Richard F***, geboren am 3. Mai 1980, alle vertreten durch die eheliche Mutter Brunhilde F***, sämtliche wohnhaft in 3911 Kirchbach 53, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters Leopold F***, Gendarmeriebeamter, 3541 Senftenberg, Priel 28, vertreten durch Peter G***, 3400 Klosterneuburg, Wienerstraße 104, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems/D. als Rekursgericht vom 18. November 1988, GZ R 339/88-177, womit der Rekurs des ehelichen Vaters gegen die Punkte 1 und 3 des Beschlusses des Bezirksgerichtes Groß-Gerungs vom 18.Juli 1988, GZ P 40/80-156, zurückgewiesen wurde und dem Rekurs des ehelichen Vaters gegen Punkt 2 des vorgenannten Beschlusses nicht Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs, der, soweit er sich gegen die rekursgerichtliche Bestätigung des Punktes 2 des erstgerichtlichen Beschlusses (Abweisung des Antrages des Vaters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) richtet, zurückgewiesen wird, wird im übrigen, d. h., soweit er sich gegen die rekursgerichtliche Zurückweisung des Rekurses des Vaters gegen die Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Beschlusses (Abweisung der Anträge des Vaters auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Einräumung eines Ferienbesuchsrechtes) richtet, nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Vaters, der Oberste Gerichtshof möge eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes darüber herbeiführen, ob § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG (Unzulässigkeit von Rekursen gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche) und § 140 Abs 2 Satz 1 ABGB (der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag) mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren seien, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die mj. Kinder Margit, Heidelinde und Richard F***

entstammen der Ehe des Leopold und der Brunhilde F***. Die Ehe der Eltern wurde im Jahre 1982 geschieden. Die elterlichen Rechte und Pflichten im Sinne des § 144 ABGB stehen bezüglich aller Kinder der Mutter zu, in deren Haushalt sie betreut werden. Am 5.November 1987 schlossen die Eltern vor dem Erstgericht einen Vergleich, demzufolge dem Vater hinsichtlich der drei Kinder ein Besuchsrecht zusteht, das am 15.November 1987 von 10 Uhr bis 15 Uhr, am 28.November 1987 von 14 Uhr bis 19 Uhr, am 8. Dezember 1987, am 20.Dezember 1987, am 3.Jänner 1988, am 17. Jänner 1988 und am 31.Jänner 1988 jeweils von 10 Uhr bis 15 Uhr ausgeübt werden sollte. Neben näheren Bestimmungen über die Ausübung des Besuchsrechtes wurde abschließend vereinbart, sollte sich nach Ablauf des Zeitraumes, für den der Vergleich geschlossen wird, die Notwendigkeit einer gerichtlichen Regelung ergeben, werde ein neuer Antrag gestellt werden (ON 123).

Am 17.Dezember 1987 stellte der Vater unter Hinweis auf die Rechtskraft des Vergleiches vom 5.November 1987 den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhaltes, die Abnahme der Kinder durch hiezu besonders geeignete Organe des Gerichtes oder Jugendamtes und deren Verbringung durch diese an den vereinbarten Besuchsort zu den im Vergleich vom 5.November 1987 vereinbarten Terminen sei zulässig (ON 137).

Am 15.Juni 1988 stellte der Vater den Antrag, ihm im vorliegenden Pflegschaftsverfahren die Verfahrenshilfe im Umfang des "§ 64/3 ZPO" zu bewilligen (ON 148).

Am 17.Juni 1988 beantragte der Vater, ihm hinsichtlich der drei Kinder ein Ferienbesuchsrecht in der Zeit vom 5.August 1988 bis 7. August 1988, allenfalls in der Zeit vom 26.August 1988 bis 28. August 1988 zu bewilligen (ON 149).

Das Erstgericht wies die drei Anträge ab. Die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Punkt 1) wurde damit begründet, daß der letzte vom im Antrag angeführten Vergleich erfaßte Besuchstermin am 31.Jänner 1988 hätte stattfinden sollen. Die Abweisung des Antrages des Vaters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (Punkt 2) wurde damit begründet, daß im vorliegenden Pflegschaftsverfahren die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich sei. Die Unterhaltsbemessung erfolge im wesentlichen aufgrund objektivierbarer Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Vaters; bei der Besuchsrechtsregelung stünden psychologische Erwägungen im Vordergrund. Die Abweisung des Antrages auf Einräumung eines Ferienbesuchsrechtes (Punkt 3) wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Kinder dem Vater gegenüber eine völlig ablehnende Haltung einnähmen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters, soweit er sich gegen die Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Beschlusses richtete, zurück und gab ihm, soweit er sich gegen den Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses richtete, nicht Folge. Zur Zurückweisung des Rekurses führte das Rekursgericht aus:

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels im Verfahren außer Streitsachen sei das Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers, das auch noch im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber gegeben sein müsse. Dieses Rechtsschutzinteresse des Vaters sei, soweit sich sein Rekurs gegen die Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Beschlusses richte, zu verneinen, weil sowohl sämtliche Besuchstermine laut Vergleich vom 5.November 1987, auf den sich sein in Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses abgewiesener Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beziehe, als auch die für das Ferienbesuchsrecht in Aussicht genommenen Termine (5. bis 7. August 1988, subsidiär 26. bis 28.August 1988), welches Ferienbesuchsrecht vom Erstgericht nicht bewilligt worden sei, verstrichen seien.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auszusprechen, daß 1.) der Beschluß des Erstgerichtes, mit dem ihm die Kindesabnahme verweigert wird, unbeschadet der verstrichenen Besuchsrechtszeiträume gesetzwidrig sei, wobei dem Erstgericht ausdrücklich aufgetragen werden möge, künftighin rechtzeitig zu entscheiden; 2.) ihm die Verfahrenshilfe im gegenständlichen Pflegschaftsverfahren im beantragten Ausmaß gewährt werde; 3.) die Abweisung seines Ferienbesuchsrechtsantrages ohne Wahrung seines rechtlichen Gehörs und zu einem verspäteten Zeitpunkt unbeschadet seiner erforderlichen Rechtsmittel ungesetzlich sei. Dieser Revisionsrekurs enthält den weiteren Antrag, der Oberste Gerichtshof möge eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes darüber herbeiführen, ob § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG und § 140 Abs 2 Satz 1 ABGB mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit er sich gegen die rekursgerichtliche Bestätigung des Punktes 2 des erstgerichtlichen Beschlusses (Abweisung des Antrages des Vaters auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im gegenständlichen Pflegschaftsverfahren) richtet, unzulässig, weil § 528 Abs 1 Z 3 ZPO im Verfahren außer Streitsachen sinngemäß anzuwenden ist (Art. VIII § 3 Abs 1 Verfahrenshilfegesetz BGBl. 1973/569; Fasching, Kommentar, Erg.Bd. 59; Fasching, Lehrbuch Rz 494 und 498; EFSlg 44.570, 49.714 ua, zuletzt etwa 1 Ob 660/87).

Im übrigen, d.h., soweit er sich gegen die rekursgerichtliche Zurückweisung des Rekurses des Vaters gegen die Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Beschlusses (Abweisung der Anträge des Vaters auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Einräumung eines Ferienbesuchsrechtes) richtet, ist der Revisionsrekurs nicht berechtigt. Das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß auch im Außerstreitverfahren eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels, die zur Zeit der Entscheidung darüber fortbesteht, Voraussetzung der Rechtsmittelzulässigkeit ist. Eine solche Beschwer fehlt, wenn der Entscheidung des Rechtsmittelgerichtes nur mehr eine theoretisch-abstrakte Bedeutung zukäme; es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanz, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (SZ 39/179; RZ 1974/21 uva, zuletzt etwa 7 Ob 717/88). Dies gilt im besonderen für ein zeitlich überholtes Besuchsrecht (6 Ob 655/76, 7 Ob 696/77 ua). Darauf, daß Besuchsrechtsentscheidungen rechtzeitig getroffen werden können, haben sowohl die Gerichte und Jugendämter als auch die Verfahrensbeteiligten hinzuwirken; zu einer ausdrücklichen diesbezüglichen Auftragserteilung ist der Oberste Gerichtshof jedoch nicht berufen.

Der Antrag des Vaters, der Oberste Gerichtshof möge eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs 2 Fall 2 AußStrG und des § 140 Abs 2 Satz 1 ABGB herbeiführen, ist deshalb zurückzuweisen, weil dem Revisionsrekurswerber ein diesbezügliches Antragsrecht nicht zusteht (EvBl 1983/114 ua). Eine amtswegige Antragstellung des Obersten Gerichtshofes beim Verfassungsgerichtshof kommt schon mit Rücksicht darauf nicht in Betracht, daß der Oberste Gerichtshof diese gesetzlichen Bestimmungen bei der Entscheidung über den vorliegenden Revisionsrekurs nicht anzuwenden hatte, dieser Umstand aber Voraussetzung eines Antragsrechtes des Obersten Gerichtshofes wäre (Art. 89 Abs 2 Satz 2 B-VG; vgl. Walter Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6 Rz 1158). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E16820

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00524.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0050OB00524_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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