TE OGH 1989/3/14 4Ob4/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien

1. D*** Warenhandelsgesellschaft mbH & Co KG, Brunn am Gebirge, Johann Steinböckstraße 7a, 2. D*** Warenhandelsgesellschaft mbH, Dornbirn, Wallenmahd 46, beide vertreten durch Dr. Viktor

A. Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 100.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. November 1988, GZ 4 R 197/88-15, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5. August 1988, GZ 37 Cg 182/88-11, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß er wie folgt zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung wettbewerbsfremder Handlungen und/oder Ankündigungen wird den beklagten Parteien für die Dauer dieses Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr verboten, die in § 3 a Abs 1 NVG idF BGBl 1980/121 genannten Waren zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstiger Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten.

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig, die beklagten Parteien haben diese Kosten endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Rekurskosten vorläufig, die beklagten Parteien haben die Kosten der Rekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen."

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig, die beklagten Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Erstbeklagte betreibt in Brunn/Gebirge einen Verbrauchergroßmarkt; die Zweitbeklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten und Inhaberin der Gewerberechte. In einem am 29. April 1988 in der "Neuen Kronen-Zeitung" erschienenen Inserat kündigte die Beklagte 1/4 Liter frisches Schlagobers und 1/4 kg Erdbeeren um zusammen S 19,50 an. In einem am selben Tag abgewickelten Geschäftsfall wurden auf dem Kassabon der Beklagten der Kaufpreis für das Schlagobers mit S 15,-- und der Kaufpreis für die Erdbeeren mit S 4,50 angegeben. Am 5. Mai 1988 boten die Beklagten in einem weiteren Zeitungsinserat 1/4 Liter frisches Schlagobers um S 15,50 an; sie verkauften diese Ware auch zu diesem Preis. Der Einstandspreis für 1/4 Liter frisches Schlagobers im Kunststoffbecher für den Einzelhandel betrug vor dem 2. Mai 1988 einschließlich Umsatzsteuer S 17,86; seit 2. Mai 1988 betrug er im Rahmen einer Schlagobersaktion einschließlich Umsatzsteuer S 15,93.

Am 12. Februar und am 14. Februar 1988 warben die Beklagten in Zeitungsinseraten mit Preisen für Schnitzelfleisch im Ganzen von S 35,90/kg und für Faschiertes gemischt von S 25,90/kg; am 15. Februar 1988 boten sie in einem weiteren Zeitungsinserat Karree lang und Schopfbraten um S 29,90/kg und Karree kurz um S 39,90/kg an. Die Beklagten bezogen diese Fleischwaren bei der FM Zumtobel Fleischindustrie AG.

Auf Grund der Angaben in einem Prospekt für einen Finanzierungsfonds planten die Beklagten für das Geschäftsjahr 1988 einen Gesamtumsatz von 650 Millionen S, einen Cash-Flow von 62 Millionen S und einen Verlust von 86 Millionen S; das Gesamtkapital der Erstbeklagten beträgt 1,1 Millionen S. Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragte der Kläger, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, Waren im Sinne des § 3 a Abs 1 NVG, insbesondere Schlagobers oder vorverpacktes Fleisch, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten; in eventu, Waren, auf die durch VO des BM f Handel, Gewerbe und Industrie gemäß § 3 b NVG der § 3 a NVG anzuwenden ist, insbesondere Frischfleisch, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten; in eventu, als Wiederverkäufer von Lieferanten bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedliche Bedingungen, insbesondere Rabatte oder Sonderkonditionen ohne entsprechende Gegenleistungen zu fordern oder anzunehmen.

Die Beklagten hätten Schlagobers und Fleisch unter ihrem Einstandspreis angeboten und verkauft und damit nicht nur gegen § 3 a Abs 1 NVG, sondern auch gegen § 1 UWG verstoßen. Mit der Ankündigung derartiger Preise würden in sittenwidriger Weise Käufer angelockt und Konkurrenten verdrängt.

Die Beklagten sprachen sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Ihre Preise für Schlagobers hätten sie, um nicht Kunden zu verlieren, an die vom "Merkur-Markt" offenbar zulässigerweise geforderten Preise angepaßt; diese Preiserstellung sei daher nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung gerechtfertigt gewesen (§ 3 a Abs 2 Z 4 NVG). Die in weiteren Preisankündigungen genannten Fleischsorten hätten sie nicht unter den Einstandspreisen verkauft. Bei ihren Preisen habe es sich um Eröffnungspreise gehandelt; das Verkaufen unter den Einstandspreisen sei aber nach den sich aus § 3 a Abs 2 NVG ergebenden Grundsätzen einer ordentlichen "kaufmännischen Gebarung" bei einzelnen "Lockartikeln", bei gelegentlichen Verkäufen zu "Verlustpreisen", grundsätzlich aber auch bei einer Geschäftseröffnung durchaus erlaubt. Im übrigen begründe ein Verstoß gegen § 3 a NVG nicht ohne weiteres auch einen Verstoß gegen § 1 UWG. Das Erstgericht wies den Sicherungshauptantrag und die Sicherungseventualanträge ab. Es traf neben den eingangs wiedergegebenen Feststellungen die weitere Feststellung, daß die Beklagten Fleisch nicht unter dem Einstandspreis an die Letztverbraucher verkauft hätten. Die Berechtigung des Sicherungshaupt- und des ersten Sicherungseventualantrages verneinte das Erstgericht mit der Begründung, daß nicht jeder Verstoß gegen das NVG auch einen Verstoß gegen § 1 UWG begründe; besondere Unlauterkeitskriterien lägen aber hier nicht vor. Auch der zweite Sicherungseventualantrag sei nicht begründet: Ein Verkauf unter den Selbstkosten sei nach dem UWG grundsätzlich zulässig; er allein bewirke noch keinen sittenwidrigen Anlockeffekt. Soweit aber der zweite Sicherungseventualantrag auf einen "leistungsfremden Verdrängungseffekt" gestützt werde, habe der Kläger nicht konkret behauptet, daß den Beklagten in sittenwidriger Weise Sonderkonditionen eingeräumt worden wären.

Das Rekursgericht erließ eine einstweilige Verfügung im Sinne des Sicherungshauptantrages und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. In tatsächlicher Hinsicht ersetzte das Rekursgericht die Feststellung, daß die Beklagten Fleisch nicht unter dem Einstandspreis an Letztverbraucher verkauft hätten, durch die Feststellung, daß sie Fleisch "jedenfalls zum Einstandspreis" (einschließlich aller Abgaben) "verkauft und zum Verkauf angeboten" haben. In rechtlicher Hinsicht führte es folgendes aus:

Mit dem Verkauf von Schlagobers unter ihren Einstandspreisen hätten die Beklagten gegen § 3 a Abs 1 NVG verstoßen; auf § 3 a Abs 2 Z 4 NVG könnten sie sich dabei schon deshalb nicht berufen, weil sie die Schlagobers-Preise jener Konkurrentin, an die sie ihre Preise "angepaßt" hätten, zufolge der öffentlich bekanntgemachten Festlegung der Einstandspreise durch die Paritätische Kommission nicht für "offenbar zulässigerweise geforderte Preise" hätten halten dürfen. Aber auch der Verkauf von Fleisch zum Einstandspreis habe gegen § 3 a Abs 1 NVG verstoßen. Die Preiserstellung der Beklagten sei nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung nicht gerechtfertigt gewesen. Unter Beachtung dieser Grundsätze wäre zwar ein bloß zeitweiliges oder gelegentliches Unterbieten mit unter den Selbstkosten oder dem Einstandspreis liegenden Preisen in der Regel nicht zu beanstanden; das - ohne sachlich gerechtfertigten Grund vorgenommene - ständige oder wiederholte Verkaufen von Waren unter dem Einstandspreis sei jedoch ein starkes Indiz für sittenwidrige Vernichtungsunterbietung. Die Beklagten hätten für das erste Geschäftsjahr einen hohen Verlust geplant; daraus folge aber, daß sie systematisch Verluste in Kauf nähmen, um für den eigenen Absatz freie Bahn zu gewinnen und später die Preise allein diktieren zu können. Auch darin liege eine sittenwidrige Vernichtungsunterbietung. Von einer Preiserstellung auf Grund ordentlicher kaufmännischer Kalkulation könne unter diesen Umständen keine Rede sein.

Ein Verstoß gegen § 3 a NVG begründe auch einen Verstoß gegen § 1 UWG, wenn er - zumindest fahrlässig - in der Absicht, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, begangen werde; davon sei aber im vorliegenden Fall auszugehen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Ausführungen im Revisionsrekurs lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Beklagten hätten annehmen dürfen, daß das Anpassen ihrer Preise an die Preise von Mitbewerbern (beim Schlagobers) und das Weiterverkaufen zu den gleichen Preisen, um die sie die Ware von einem Konzernbetrieb gekauft hätten (beim Fleisch), nicht gegen die guten Sitten verstößt. Ein Anpassen an die von Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise im Sinne des § 3 a Abs 2 Z 4 NVG liege auch dann vor, wenn die Preise der Mitbewerber geringfügig unterboten würden; der Einstandspreis sei aber beim Schlagobers nur geringfügig unterschritten worden. Bei der Weitergabe im Konzern genüge es, wenn der "wirtschaftliche Einkäufer" (hier die ZM Zumtobel Fleischindustrie AG) nicht zum oder unter dem Einstandspreis verkauft habe. Der Verkauf zum oder unter dem Einstandspreis in einer bestimmten Zeitspanne nach einer Geschäftseröffnung entspreche den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung; Planerfolgsrechnungen, die ein Dritter für die Ermittlung von Verlustbeteiligungen erstellt habe, gäben keinen Aufschluß darüber, ob der Verkauf zum oder unter dem Einstandspreis nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung gerechtfertigt war. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:

Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 4 Ob 359/86 (mittlerweile veröffentlicht in MR 1988, 164, in Ernährung 1988, 740 und !mit einem Leitsatz in RdW 1988, 424) sowie 4 Ob 77/88 entschieden hat, kann eine Verletzung des NVG schon im Hinblick auf das in §§ 6 f dieses Gesetzes vorgesehene besondere Verfahren vor dem Kartellgericht nicht "ohne weiteres" auch dem § 1 UWG unterstellt werden; ist sie aber dem Beklagten subjektiv vorwerfbar und in der Absicht begangen worden, im Wettbewerb einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, dann verstößt sie auch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG. Das Vorliegen dieser "Unlauterkeitskriterien" wurde in beiden Entscheidungen damit begründet, daß die Beklagten wegen des klaren und unmißverständlichen Wortlautes des § 3 a Abs 1 NVG zumindest eine fahrlässige Übertretung dieser Gesetzesstelle zu verantworten hätten; die Absicht, sich durch den Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, sei jedoch wegen des objektiven Charakters eines solchen Verhaltens zu vermuten. Davon abzugehen, bieten die Ausführungen im Revisionsrekurs keinen Anlaß.

Gemäß § 3 a Abs 1 Satz 1 NVG idF vor der Novelle 1988 BGBl 424 konnte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr bestimmte, hier taxativ aufgezählte Lebensmittel zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, verkauft oder zum Verkauf anbietet. Dieses Verbot des Verkaufes um den oder unter dem Einstandspreis ist jetzt durch die mit 30. Juli 1988 in Kraft getretene Neufassung des § 3 a Abs 1 NVG durch Art I Z 1 der Novelle BGBl 1988/424 auf "Waren" schlechthin ausgedehnt worden. Gemäß § 3 a Abs 2 NVG sind die Bestimmungen des Abs 1 nicht anzuwenden, wenn die Preiserstellung nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung gerechtfertigt ist; das ist inbesondere dann der Fall, wenn

1. der Verkauf nach den Vorschriften über Ausverkäufe und ausverkaufsähnliche Veranstaltungen angekündigt oder durchgeführt wird oder

2.

das Verderben der Ware droht oder

3.

beschädigte oder veraltete Waren abverkauft werden; als veraltet sind dabei vor allem Waren anzusehen, deren Handelswert durch die technische Entwicklung wesentlich verringert worden ist, oder

              4.              die Preiserstellung in Anpassung an die von Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise oder in Befolgung von Rechtsvorschriften erfolgt ist.

Ob der Verkauf zum oder unter dem Einstandspreis entsprechend der in § 3 a Abs 2 NVG enthaltenen Generalklausel "nach den Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung gerechtfertigt" ist, ist an Hand der dort in Z 1 bis Z 4 angeführten Beispiele und der sich daraus ergebenden Wertung zu prüfen. Dabei können jene Umstände, unter denen vor dem Inkrafttreten des § 3 a NVG Preisherabsetzungen unter dem eigenen Einstandspreis als nicht den guten Sitten widersprechend erkannt wurden (vgl. etwa ÖBl 1958, 43; ÖBl 1966, 12; ÖBl 1980, 67; SZ 30/85), nicht ohne weiteres der in § 3 a Abs 2 NVG angeführten "Grundsätzen einer ordentlichen kaufmännischen Gebarung" gleichgesetzt werden. Die Beklagten haben die Behauptungen des Klägers, sie hätten Schlagobers unter dem Einstandspreis verkauft, nicht bestritten; auch einen Beweis dafür, daß sie ihre Preise für Schlagobers nicht in der Absicht, vor gesetzestreuen Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, unter den eigenen Einstandspreis herabgesetzt hätten, haben sie nicht angetreten. Die Beklagten haben lediglich vorgetragen, daß sie ihre Preise nur an die offenbar zulässigen Preise einer Mitbewerberin angepaßt hätten; sie haben sich also nur auf den Ausnahmetatbestand nach § 3 a Abs 2 Z 4 NVG berufen. Von einer "Anpassung" an die Preise von Mitbewerbern kann aber schon begrifflich nur dann gesprochen werden, wenn der eigene Preis auf die Höhe des Preises des Mitbewerbers reduziert wird, nicht aber auch dann, wenn - wie hier - der Preis des Mitbewerbers darüber hinaus auch noch unterboten wird, andernfalls hätte ja dieser Mitbewerber dann die Möglichkeit, seinen eigenen Preis unter denjenigen des "Anpassenden" herabzusetzen, was aber bedeuten würde, daß er dann - erlaubterweise - einen unter dem eigenen Einstandspreis liegenden Preis verlangen könnte (und in weiterer Folge zu einem fortgesetzten gegenseitigen Unterbieten der Preise führen könnte). Daraus folgt aber, daß die Beklagten durch den Verkauf von Schlagobers unter dem Einstandspreis einen Verstoß gegen

§ 3 a Abs 1 NVG begangen haben. Da im vorliegenden Fall auch die eingangs dargelegten "Sittenwidrigkeitskriterien" gegeben sind, sind auch die Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen

§ 1 UWG erfüllt.

Haben jedoch die Beklagten schon durch den Verkauf eines bestimmten Artikels gegen § 3 a Abs 1 NVG idF vor der Novelle 1988 BGBl 424 verstoßen, dann kann gemäß §§ 1, 14, 24 UWG ein Verbot erlassen werden, welches das Verkaufen und das Ankündigen des Verkaufes unter dem Einstandspreis hinsichtlich aller in dieser Gesetzesstelle taxativ aufgezählt gewesenen Lebensmittel umfaßt. Das entspricht dem Grundsatz, daß eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes in Verbindung mit konkreten Einzelverboten in der Regel schon deshalb notwendig ist, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen, wobei sich das Unterlassungsgebot allerdings immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren hat und nicht zu unbestimmt sein darf (ÖBl 1983, 134 uva). Da es sich bei den in § 3 a NVG (alt) angeführten Waren durchwegs um Grundnahrungsmittel handelt, die üblicherweise alle von Verbrauchermärkten vertrieben werden, fällt auch der Verkauf der weiteren in § 3 a Abs 1 NVG (alt) genannten Lebensmittel in den Rahmen der Geschäftstätigkeit der Beklagten (vgl. ÖBl 1971, 14). Der Tatbestand des § 3 a Abs 1 NVG

(alt) war durch die Worte "Wer ... zum oder unter dem Einstandspreis ... verkauft oder zum Verkauf anbietet" im Zusammenhalt mit den darin einzeln aufgezählten Lebensmitteln schon so weit konkretisiert, daß es einer weiteren Konkretisierung durch das beispielsweise Anführen ("insbesondere...") einzelner Lebensmittel nicht mehr bedurfte, sofern nicht von Anfang an eine Beschränkung auf einen oder mehrere Artikel beabsichtigt war; eine solche Einschränkung des Sicherungsantrages hat aber der Kläger nicht vorgenommen. Wegen der Erweiterung dieser Bestimmung auf alle Waren durch die Novelle BGBl 1988/424, auf welche der schon vorher erhobene Sicherungsantrag noch nicht gerichtet war, mußte jedoch im Spruch der EV auf die in § 3 a Abs 1 NVG idF vor der Novelle 1988 BGBl 424 genannten Lebensmittel Bezug genommen werden, um das Verbot auf diese Weise gegenüber der nunmehr bestehenden Gesetzeslage abzugrenzen. Daß die Beklagten alle dort genannten Waren zum oder unter dem Einstandspreis angeboten haben, ist nach dem Gesagten nicht erforderlich; es braucht daher nicht weiter geprüft zu werden, ob sie auch mit ihren Preisen für vorverpacktes Fleisch gegen § 3 a Abs 1 NVG verstoßen haben.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E16591

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00004.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0040OB00004_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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