TE OGH 1989/3/14 4Ob18/89

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Veröffentlicht am 14.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich G***, Kaufmann, Graz, Wienerstraße 331, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Ing. Hans F***, Kaufmann, Köflach, Bahnhofstraße 2, vertreten durch DDr. Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 371.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3.November 1988, GZ 3 R 182/88-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 20.Juni 1988, GZ 7 Cg 307/87-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.602,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.267,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt in Graz den Einzelhandel mit Elektrowaren aller Art. Zu seinem Einzugsgebiet gehört die gesamte Steiermark; auch aus dem Raum Köflach kommen Kunden zu ihm.

Der Beklagte betreibt in Köflach ein Installationsgeschäft samt Elektroeinzelhandel in einem bescheidenen Umfang; sein Unternehmen hat nur lokalen Charakter für das Gebiet Köflach-Voitsberg. Der Beklagte hat zusammen mit drei anderen Elektrohändlern unter der Bezeichnung "Funkberater" eine Großanzeige in der "Kleinen Zeitung" vom 11.September 1987 einschalten lassen, in der eine Bauknecht Gefrierkühltruhe 215 l zum "unglaublichen Tiefpreis" von 2.590 S angeboten wurde.

Im Jahre 1986 hatte der Beklagte 7 Gefrierkühltruhen verkauft, im Jahr 1987 bis zu der beanstandeten Werbeaktion - einschließlich der dabei abgesetzten Stücke - 11 solcher Truhen. Vor dem Erscheinen des Inserates hatte der Beklagte 4 Tiefkühltruhen zum Preis von je 2.050 S eingekauft. Am Tag des Erscheinens der Anzeige verkaufte er drei dieser Truhen; die vierte Truhe wies einen Transportschaden auf und wurde deshalb am 16.September 1987 von der Firma Bauknecht zurückgeholt.

Der Kläger verkauft diese Kühltruhen um 2.750 S. Er setzt jährlich rund 1000 Tiefkühltruhen ab. Hätte er sich an einer entsprechenden Werbeaktion beteiligt, dann hätte er einen Vorrat von 150 Stück für ausreichend erachtet.

Am 12. September 1987 erschienen beim Beklagten zwei vom Kläger beauftragte Testkäufer, um eine der angepriesenen Truhen zu kaufen. Diesen Wunsch konnte der Beklagte nicht erfüllen. Außer diesen Testkäufern erschienen im Geschäft des Beklagten keine weiteren Interessenten für die angekündigten Truhen.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte diese Truhen zu einem besonders günstigen, offenbar unter seinen Gestehungskosten gelegenen Preis angeboten, aber nicht in ausreichender Menge zur Verfügung gehabt habe, beantragt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr das Ankündigen besonders preisgünstiger Elektrowaren, insbesondere der Bauknecht Gefriertruhe 215 l zum Preis von 2.590 S sofort zu unterlassen, wenn die Elektrowaren am Tag nach der Kundmachung nicht zum Verkauf angeboten würden; außerdem stellt er ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe sich schon früher an ähnlichen Werbeaktionen beteiligt und sei daher in der Lage gewesen, die erfahrungsgemäß zu erwartende Absatzmenge zu berechnen. Er habe seinen Bedarf auch diesmal richtig eingeschätzt; wäre die vierte Truhe mangelfrei gewesen, dann hätte er tatsächlich die gesamte Nachfrage decken können. Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte habe nach seinen geschäftlichen Erfahrungen davon ausgehen können, daß er mit den vier angeschafften Tiefkühltruhen eine ausreichende Menge im Rahmen der Werbeaktion zur Verfügung habe. Sein Geschäft habe einen bescheidenen Umfang und liege in einem kaufkraftarmen Gebiet; vier Kühltruhen entsprächen dem halben Jahresumsatz des Beklagten. Demgegenüber hätte der Kläger bei eigener Beteiligung an einer ähnlichen Aktion nur 150 Tiefkühltruhen, also bloß 15 % seines Jahresumsatzes, eingelagert. Für die Angemessenheit des Vorrates von vier Truhen spreche auch, daß der Beklagte, wäre die vierte Truhe nicht schadhaft gewesen, tatsächlich die gesamte Nachfrage hätte befriedigen können. Ein Verstoß gegen § 2 UWG liege daher nicht vor. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes "in Ansehung des Unterlassungsbegehrens 300.000 S, in Ansehung des Veröffentlichungsbegehrens 60.000 S, aber nicht 300.000 S" übersteige und daß "diesbezüglich" die Revision zulässig sei. Mit Rücksicht auf den Umfang und die Lage seines Geschäftes sowie seine Erfahrungen bei ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit habe die Bestellung des Beklagten den von der Rechtsprechung für solche Aktionen aufgestellten Grundsätzen entsprochen. Eine größere Menge hätte er nicht absetzen können. Daß die vierte Truhe schadhaft war, habe er nicht voraussehen können; dies könne ihm daher auch nicht zum Nachteil gereichen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Werden im geschäftlichen Verkehr Waren zu besonders günstigen Bedingungen angeboten, dann müssen sie - von zufälligen Lieferschwierigkeiten oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen im Einzelfall abgesehen - für eine gewisse Zeitdauer in ausreichender Menge vorhanden und zu haben sein, so daß die üblicherweise zu erwartende Nachfrage auch tatsächlich gedeckt werden kann (ÖBl. 1979, 129; ÖBl. 1980, 43; ÖBl. 1983, 136 u.a.; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1222 Rz 281 zu § 3 dUWG). Wird nämlich im Einzelhandel der Verkauf bestimmter Waren werbemäßig angekündigt, dann erwartet der Kunde, daß sie für eine gewisse Zeitdauer in einer ausreichenden Menge vorhanden sind und die Nachfrage gedeckt ist; andernfalls wird er über die Vorratsmenge irregeführt und damit verleitet, andere Waren zu kaufen, die vorrätig sind (ÖBl. 1979, 129; Baumbach-Hefermehl aaO 1221 f Rz 279 f zu § 3 dUWG).

Der Kläger hält auch in dritter Instanz daran fest, daß der Beklagte im Zusammenhang mit seiner Werbeaktion nur einen ungenügenden Vorrat angelegt habe. Erfahrungsgemäß werde eine solche Anzeige nicht nur am Tag des Erscheinens der Zeitung gelesen; sie wirke vielmehr eine gewisse Zeit hindurch. Sei - wie hier - schon am Tag nach dem Erscheinen der Anzeige der Vorrat erschöpft, dann habe er eben nicht ausgereicht. Auch wenn das Geschäft des Beklagten in der Regel nur lokalen Charakter habe, gelte dies doch im vorliegenden Fall nicht, weil eine Großanzeige mit einem derart günstigen Preis nicht nur von den Bewohnern der Orte Köflach und Voitsberg, sondern in der ganzen Weststeiermark und möglicherweise darüber hinaus als besonders günstige Verkaufsankündigung registriert werde, so daß Käufer zumindest aus der ganzen Weststeiermark zu erwarten gewesen seien. Dem kann nicht gefolgt werden.

Mit welcher Nachfrage infolge einer Werbeaktion zu rechnen ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab (ÖBl. 1979, 129). Maßgebend sind die Verhältnisse des jeweiligen Händlers, der mit einer besonders preisgünstigen Ware wirbt. Mit Recht haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß der Beklagte der Meinung sein mußte, er werde mit vier Tiefkühltruhen die durch seine Ankündigung hervorgerufene gestiegene Nachfrage befriedigen können. Auch wenn das in der "Kleinen Zeitung" vom 11.September 1987 erschienene Inserat nicht nur im üblichen Einzugsgebiet des Beklagten gelesen wurde, mußte er doch nicht erwarten, daß Kunden aus entfernter gelegenen Gegenden zu ihm anreisen würden. Einerseits hatte er ja nicht allein, sondern gemeinsam mit drei anderen Unternehmern den "unglaublichen Tiefpreis" für die Bauknecht-Gefriertruhe angekündigt; andererseits war - wie schon der Erstrichter zutreffend hervorgehoben hat - der Preisunterschied etwa gegenüber dem Kläger (160 S) so gering, daß sich eine weitere Anreise und ein entsprechend längerer Transport nicht ausgezahlt hätten. Der Beklagte konnte daher damit rechnen, daß auch von diesem günstigen Angebot im wesentlichen nur Kunden aus der näheren Umgebung Gebrauch machen würden. Die Frage, ob nicht nur das Gebiet um Köflach, sondern die gesamte Weststeiermark

als - kaufkraftschwache - "Krisenregion" bezeichnet werden kann, ist daher ohne Bedeutung. Dazu kommt, daß Inserate in Tageszeitungen in aller Regel nur am Tag ihres Erscheinens gelesen werden, eine länger anhaltende Wirkung solcher Werbeankündigungen demnach nicht zu erwarten ist.

Auch im Hinblick auf seinen Jahresumsatz an Gefriertruhen mußte dem Beklagten ein Vorrat von 4 Truhen ausreichend erscheinen. Ob er schon an einer gleichartigen Werbeaktion - also mit Einschaltung einer Großanzeige - beteiligt war, ist rechtlich unerheblich; selbst wenn er - wie der Kläger meint - noch keine einschlägigen Erfahrungen gesammelt lhaben sollte, wäre ihm diesmal kein Vorwurf zu machen. Seine Erwartung, er werde unmittelbar nach der Veröffentlichung der Werbeankündigung vier Tiefkühltruhen absetzen, kann nicht als unrichtig und leichtsinnig bezeichnet werden; sie hat sich vielmehr als durchaus richtig erwiesen: Nach den Feststellungen wurden im Gefolge der Werbeaktion beim Beklagten zunächst tatsächlich nur drei Tiefkühltruhen verlangt. Daß er die Nachfrage der Testkäufer des Klägers nach einer vierten Truhe nicht befriedigen konnte, kann ihm nicht zur Last gelegt werden, weil das nur Folge eines Transportschadens an dem Gerät war. Dem Beklagten ist daher der - ihm obliegende (vgl. ÖBl. 1980, 43; ÖBl. 1983

136) - Beweis gelungen, daß die von ihm mit Rücksicht auf die Werbeaktion angeschaffte Menge von vier Truhen als ausreichend anzusehen war.

Die Revision mußte somit erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00018.89.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19890314_OGH0002_0040OB00018_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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