TE OGH 1989/3/15 3Ob559/88

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Veröffentlicht am 15.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hildegard D***, Private, Wien 13., Jagdschloßgasse 24, vertreten durch Dr. Andreas Puletz und Dr. Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Grete P***, 2.) Charlotte H***,

3.) Dr. Johannes F***, 4.) Eva Marlene T***, 5.) Dr. Emma W***, 6.) Anna W***, alle Wien 13., Jagdschloßgasse 24a,

7.) Dipl.Ing. Paul G*** und 8.) Dipl.Ing. Hanna G***, beide Weiz, Burgring 10, die fünftbeklagte Partei vertreten durch Dr. Hans Werner Tarabochia, Rechtsanwalt in Bregenz, alle anderen beklagten Parteien vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Verlegung eines Grenzzaunes und S 250.000,-- s.A. infolge Revisionsrekurses, richtig Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1988, GZ 14 R 64/88-60, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Dezember 1987, GZ 23 Cg 119/87-54, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den erst- bis viert- und sechst- bis achtbeklagten Parteien die mit S 13.195,65 (darin S 1.112,33 an Umsatzsteuer und S 960,-- an Barauslagen) und der fünftbeklagten Partei die mit S 9.063,45 (darin S 823,95 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Jahr 1961 war Zita B*** Eigentümerin der aneinandergrenzenden Liegenschaften EZ 267 (Jagdschloßgasse 24a) und EZ 280 (Jagdschloßgasse 24) der KG Lainz. Um auf der bis dahin zu kleinen Liegenschaft EZ 267 ein Wohnhaus errichten zu können, ließ sie einen Teilungsplan behördlich genehmigen, wonach die im vorliegenden Verfahren umstrittene Fläche von rund 77 m2 von der EZ 280 ab- und der EZ 267 zugeschrieben werden sollte. Noch auf Antrag von Zita B*** wurde - mit Bescheid vom 21. Dezember 1961 - für die EZ 267 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses erteilt, die Erteilung der Benützungsbewilligung jedoch von der grundbücherlichen Durchführung der Grundabtretung abhängig gemacht. Der Rohbau des jetzt auf der EZ 267 befindlichen Wohnhauses, der mit rund 7 m2 seiner Grundfläche in die EZ 280 hineinragt, wurde noch von Zita B*** errichtet. Die grundbücherliche Durchführung des Teilungsplanes unterblieb in der Folge, weil beide Liegenschaften zwangsversteigert wurden. Beide Liegenschaften wurden am 17. Juni 1964 je zur Hälfte Ernestine B*** und Norbert S*** zugeschlagen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein provisiorischer Zaun vorhanden, der an der im Teilungsverfahren vorgesehenen Grundstücksgrenze verlief. Mit Teilungsvertrag vom 9. September 1964 vereinbarten die neuen Miteigentümer, daß Norbert S*** alleiniger Eigentümer der EZ 267 mit dem Rohbau und Ernestine B*** alleinige Eigentümerin der EZ 280 mit dem Haus Jagdschloßgasse 24 sein sollte. Dieser Vertrag wurde grundbücherlich ohne Berücksichtigung der in der Natur bereits erfolgten Abteilung des Grenzstreifens durchgeführt. Mit Kaufvertrag vom 2./4. März 1966 verkaufte Norbert S*** die EZ 267 an die F*** Treuhandgesellschaft mbH, die das im Rohbau vorhandene Haus fertigstellte. An der Liegenschaft wurde später Wohnungseigentum begründet und die entsprechenden Liegenschaftsanteile an die Beklagten verkauft. Bei der grundbücherlichen Übertragung der EZ 267 auf die F*** Treuhandgesellschaft mbH kam es zu Schwierigkeiten, weil diese die Zahlung der letzten beiden Kaufpreisraten von der Abtretung des Grundstreifens abhängig machte. Im Verfahren 25 Cg 19/69 des Handelsgerichtes Wien verpflichtete sich Norbert S*** mit Vergleich vom 5. Februar 1969, Zug um Zug gegen Zahlung des offenen Kaufpreisrestes von S 300.000,-- die Abtretungserklärung für den Grenzstreifen von Ernestine B*** als der Eigentümerin der EZ 280 beizubringen.

Mit Abtretungserklärung vom 15. September 1969 erteilte Ernestine B*** ihre ausdrückliche Zustimmung zur Abschreibung des 77 m2 großen Grundstreifens laut Teilungsplan von der EZ 280 und Zuschreibung zur EZ 267.

Mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Abtretung wartete der von der F*** Treuhandgesellschaft mbH beauftragte Rechtsanwalt zu, weil die EZ 280 zahlreiche Belastungen aufwies, ein Versteigerungsverfahren bevorstand und er hoffte, die Lastenfreistellung des abzutrennenden Teilstückes nach der Versteigerung leichter erreichen zu können.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1972 wurde auf Antrag der F*** Treuhandgesellschaft mbH die Benützungsbewilligung für das Haus Jagdschloßgasse 24a auf der EZ 267 erteilt, wobei neuerlich die grundbücherliche Durchführung der Grundabtretung hinsichtlich der Grenzstreifens binnen 6 Monaten aufgetragen wurde. Trotz Nichterfüllung dieser Auflage wurde die Rechtskraft der Benützungsbewilligung bestätigt.

Mit Vertrag vom 27. April/29. Mai 1972 veräußerte Ernestine B*** die Liegenschaft EZ 280 je zur Hälfte an Zita (die frühere Eigentümerin) und Friedrich B***, gegen die bereits 1973 das neue Zwangsversteigerungsverfahren 5 E 54/73 des BG Hietzing eingeleitet wurde. Die neuerliche Versteigerung der Liegenschaft erfolgte am 26. Jänner 1981, der Zuschlag wurde der Klägerin erteilt. Die im Versteigerungsverfahren eingeholten Schätzungsgutachten führen als Fläche der EZ 280 ein Ausmaß von 463 m2 an, das sich aus der Auskunft des Vermessungsamtes Wien vom 14. Februar 1974 ergab, obwohl in der Natur der streitige Grenzstreifen seit mehr als 10 Jahren von der EZ 280 abgetrennt und dies durch einen Zaun in der Natur deutlich erkennbar war. Die Gutachten verweisen zwar darauf, daß nur eine geringe Gartenfläche vorhanden und der Baugrund nicht sehr vorteilhaft zu nutzen ist; das gegenüber den Katasterdaten geringere Ausmaß wurde aber von keinem Sachverständigen festgestellt.

In den Versteigerungsbedingungen heißt es u.a.:

"1. Den Gegenstand der Versteigerung bildet die Liegenschaft EZ 280 KG Lainz mit dem Haus KNr. 167 in 1130 Wien, Jagdschloßgasse 24, bestehend aus den Grundstücken Nr. 344/17 Garten und 344/23 Baufläche laut des Beschreibungs- und Schätzungsprotokolls vom ......

2. Der Schätzwert dieser Liegenschaft samt Zubehör beträgt

S 1,565.000,--. Für das im Schätzungsprotokoll angegebene Flächenausmaß der zu versteigernden Liegenschaft sowie für die Vollständigkeit des im Beschreibungs- und Schätzungsprotokoll angegebenen Zubehörs wird keine Haftung übernommen."

Weder die EZ 267 noch die EZ 280 der KG Lainz sind mit ihren Grundstücken im Grenzkataster einverleibt.

Vor der Versteigerung hatte die Klägerin die Liegenschaft nur von der Straße aus gesehen und nicht näher besichtigt. Die in der Natur seit etwa 20 Jahren bestehende Abgrenzung zwischen den Liegenschaften EZ 267 und 280 war für die Klägerin jederzeit erkennbar.

Erst im Zuge von Vermessungen bemerkte die Klägerin, daß das tatsächliche Ausmaß der Liegenschaft EZ 280 nicht mit jenem laut Katasterangaben übereinstimmte.

Zita und Friedrich B*** war immer klar, daß sie die Liegenschaft EZ 280 nur in dem in der Natur vorhandenen (erkennbaren) Ausmaß besaßen.

Die Klägerin stellt das Begehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, den strittigen Grundstücksstreifen herauszugeben, den bestehenden Zaun entsprechend dem Grenzverlauf laut Lageplan zu versetzen und der Klägerin als Abgeltung für den überbauten Teil der Liegenschaft EZ 280 eine einmalige Entschädigung von S 250.000,-- zu bezahlen. Mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren habe die Klägerin die Liegenschaft EZ 280 im Umfang der Katastergrenzen erworben.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die strittige Teilfläche sei bereits an ihre Rechtsvorgängerin veräußert worden. Die Rechtsvorgänger der Klägerin hätten daher keine Berechtigung gehabt, das Trennstück zu besitzen. Die Klägerin habe die EZ 280 im Umfang der in der Natur erkennbaren Grenze erworben; sie würde für die von ihr gewünschte Verschiebung der Naturgrenze auch keine Genehmigung erhalten.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab; das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes insgesamt S 300.000,-- übersteigt. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, für den Umfang des Eigentumserwerbes sei in erster Linie der Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsediktes maßgebend. Die Versteigerungsbedingungen hätten auf das Beschreibungs- und Schätzungsprotokoll verwiesen, das als Flächenausmaß die vom Vermessungsamt mitgeteilten Katasterdaten anführe. Eine Beschreibung der (natürlichen) Grenzen des zu versteigernden Grundstückes enthalte das Schätzungsprotokoll nicht, ausgenommen den Hinweis auf die geringe Gartenfläche. Das Versteigerungsedikt enthalte kein Flächenausmaß; nach den Versteigerungsbedingungen werde für das im Schätzungsprotokoll angegebene Flächenmaß der zu versteigernden Liegenschaft keine Haftung übernommen. die Auffassung der Klägerin, das Grundstück sei im Umfang der Katasterdaten und nicht seiner natürlichen Grenzen versteigert worden, sie habe daher durch den Zuschlag bei Gutgläubikeit Eigentum in diesem Umfang erworben, sei durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsediktes nicht gedeckt. Die Grundbuchsmappe veranschauliche nur die Lage der Liegenschaft, sie mache keinen Beweis über deren Größe und Grenzen. Der Stand der Grundbuchsmappe könne daher guten Glauben der Klägerin im Sinne des § 1500 ABGB nicht begründen. Für den rechtsgeschäftlichen Verkehr sei ausgesprochen worden, daß für den Umfang des Eigentumserwerbes an Grundstücken der Umfang, in dem das Grundstück nach dem Willen der Parteien übertragen werde, maßgebend sei. Dieser Grundsatz sei auch auf die exekutive Veräußerung im Rahmen einer Zwangsversteigerung anzuwenden. Der Ersteher erwerbe demnach die ihm zugeschlagene Liegenschaft nach der bestehenden natürlichen Grenze, wenn diese, wie hier, von der Mappengrenze abweiche. Die Klägerin habe Eigentum nur in jenem Umfang erwerben können, in dem die Verpflichteten das Grundstück besaßen. Den Verpflichteten sei klar gewesen, daß ihre Berechtigung nur den in der Natur erkennbar begrenzten Teil der Liegenschaft umfasse.

Rechtliche Beurteilung

Die irrtümlich als Revisionsrekurs bezeichnete Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Aktenwidrigkeit iS des § 503 Abs. 1 Z 3 ZPO liegt vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage gezogen werden, also auf einem bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum, auf einem Formverstoß, der aus den Streitakten selbst erkennbar und behebbar ist, beruhen. Haben die Vorinstanzen eine bestimmte Feststellung aus dem im Verfahren 5 E 54/73 des BG Hietzing errichteten Schätzungsprotokoll nicht getroffen, könnte dies zwar als Feststellungmangel den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung herstellen (vgl. Fasching IV 326). Der Umstand, daß in der Niederschrift über die Schätzung der Liegenschaft nicht nur deren Ausmaß mit 463 m2, sondern auch angegeben wird, es handle sich um ein - in offener oder gekoppelter Weise verbaubares - Rechteck, hat aber auf die noch darzulegende rechtliche Beurteilung auch keinen Einfluß.

Die in der Entscheidung JBl. 1987, 308, vertretene Rechtsansicht, die das Berufungsgericht dem angefochtenen Urteil zugrundegelegt hat, ist allerdings auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Nach dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt besaßen die Verpflichteten zum Zeitpunkt der Versteigerung und des Zuschlages die strittige Grundstücksfläche nicht, sie waren dazu aber zufolge Ersitzung durch den Eigentümer des Nachbargrundstückes auch nicht berechtigt. Durch die Ersitzung hatte der Eigentümer des Nachbargrundstückes außerbücherliches Eigentum an der strittigen Grundstücksfläche erworben (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 431, Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1455). Einen solchen Erwerbsgrund machen die Beklagten nicht geltend.

Dennoch ist der Entscheidung der zweiten Instanz im Ergebnis

beizustimmen:

Als Zita B*** auf Grund der ihr mit Bescheid vom 21. Dezember 1961 erteilten Baubewilligung auf der EZ 267 mit der Errichtung eines Wohnhauses begann, baute sie als Eigentümerin beider Liegenschaften noch auf eigenem Grund. Die rechtlichen Schwierigkeiten entstanden erst dadurch, daß beide Liegenschaften (EZ 267 und EZ 280) im Jahr 1964 versteigert wurden, ohne daß die in dem 1961 genehmigten Teilungsplan vorgesehene Grundabtretung grundbücherlich durchgeführt worden war, und Norbert S***, der auf Grund Zuschlagserteilung und Teilungsvertrages Alleineigentümer der EZ 267 war, diese Liegenschaft an die F*** veräußerte, die das Gebäude fertigstellten. Die Fortsetzung und Beendigung der Bauführung geschah nur zum Teil auf fremdem Grund, aber im Einvernehmen mit der damaligen Eigentümerin der Nachbarliegenschaft EZ 280, Ernestine B***; sie gab in der Folge auch ausdrücklich ihre Zustimmung zur Abschreibung des 77 m2 großen Grundstreifens laut Teilungsplan und Zuschreibung zur EZ 267, um dem Eigentümer der EZ 267 die Erwirkung der Erteilung der Benützungsbewilligung für das Haus Jagdschloßgasse 24a, die von der Baubehörde von der grundbücherlichen Durchführung dieser Grundabtretung abhängig gemacht worden war, zu ermöglichen. Zwar veräußerte Ernestine B*** später die Liegenschaft EZ 280 mit Vertrag vom 27. April/29. Mai 1972 je zur Hälfte an Zita B*** (die frühere Eigentümerin) und Friedrich B***, ohne daß die Grundabtretung grundbücherlich durchgeführt worden war; doch war auch diesen Personen (schon auf Grund der dargestellten Vorgeschichte) immer klar, daß sie die Liegenschaft nur in dem in der Natur vorhandenen, durch den Zaun, den Zita B*** noch selbst errichtet hatte, leicht erkennbaren Ausmaß besaßen.

Die Voreigentümer der EZ 267 haben daher auf dieser Liegenschaft - nachdem zunächst die Eigentümerin selbst mit dem Bau begonnen hatte - zwar mit eigenen Materialien, aber - da die grundbücherliche Durchführung der Grundabtretung ungeachtet der Abtretungserklärung der Ernestine B*** vom 15. September 1969 bis heute unterblieben ist - zum Teil auch auf fremdem Grund ein Gebäude aufgeführt. Sie waren einerseits in Kenntnis, auf zum Teil fremdem Grund zu bauen, und wußten andererseits, daß dies mit Wissen und Willen des Grundeigentümers (der EZ 280) geschah, und es entsprach der Vereinbarung zwischen Bauführer und Grundeigentümer, daß der Bauführer (bücherliches) Eigentum an jenem Teil der Liegenschaft EZ 280 erwirbt, der zur Erwirkung der Erteilung der Benützungsbewilligung für das auf der Liegenschaft EZ 267 errichtete Haus erforderlich ist. Die Veräußerung der EZ 280 einschließlich des strittigen Grundstreifens an Zita und Friedrich B*** erfolgte entgegen dieser Vereinbarung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind die Regeln über den Eigentumserwerb des Bauführers nach § 418 dritter Satz ABGB im Fall eines vorherigen (wirksamen) Übereinkommens zwischen Bauführer und Grundeigentümer nicht anzuwenden (SZ 50/123 ua). Wenn aber nach einem solchen Übereinkommen der Grund dem Bauführer zufallen soll und sich der Grundeigentümer in der Folge nicht an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorläge. Das rechtlich entscheidende Moment für den Eigentumserwerb durch den redlichen Bauführer ist die Unredlichkeit des Grundeigentümers, der den Bauführer bauen läßt, obwohl er weiß, daß dieser auf fremdem Grund baut. § 418 dritter Satz ABGB ist in diesem Sinn vor allem als Sanktion gegen ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gedacht. Für die Verwirkung des Eigentumsrechtes am Grund ist also das Verhalten des Grundeigentümers wesentlich, der in Kenntnis seines eigenen Rechtes zusieht, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechtes Vermögensnachteile zu erwachsen drohen. Von der Wertung her nicht anders ist das Verhalten des Grundeigentümers zu beurteilen, der den "Irrtum" des Bauführers, er werde einmal Eigentümer des Hauses samt Grund sein, dadurch herbeiführt, daß er dem Bauführer zuerst einen Erwerb des Grundes zusagt, diesen Erwerb aber in der Folge vereitelt. Auch in diesem Fall sind daher eine Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes und der Eigentumserwerb ohne bücherliche Eintragung anzunehmen. Die Redlichkeit des Bauführers ist nicht nur zu bejahen, wenn er nicht weiß oder wissen mußte, daß der Grund, auf dem er baut, nicht in seinem Eigentum steht, sondern auch dann anzunehmen, wenn er zwar nicht über die Eigentumsverhältnisse irrt, wohl aber mit Grund darauf vertraut, dort bauen zu dürfen, wo er baut. Redlich ist daher auch ein Bauführer, der mit dem ihm bekannten Grundeigentümer eine Vereinbarung über den (späteren) Erwerb des Grundes abgeschlossen hatte, deren Erfüllung dieser dann aber unmöglich macht (SZ 59/38 mwN).

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin haben daher durch die Bauführung ausnahmsweise ohne bücherliche Eintragung Eigentum an dem strittigen Grundstreifen erworben, weil der Grundeigentümer die Erfüllung der Vereinbarung, ihnen (ihrer Rechtsvorgängerin) den für die Bauführung erforderlichen Grundstreifen zu übereignen, vereitelt hat; der Eigentumserwerb ist mit dem Zeitpunkt der Vereitelung (Veräußerung der nun versteigerten Liegenschaft laut Vertrag vom 27. April/ 29. Mai 1972) eingetreten (SZ 59/38).

Der Eigentumserwerb erfaßt in diesem wie nach § 418 dritter Satz ABGB zu beurteilenden Fall nicht nur die verbaute, sondern auch die für die Benützung des Gebäudes unentbehrliche Grundfläche (Klang in Klang2 II 291, SZ 29/60, EvBl. 1961/244) im vorliegenden Fall entsprechend der getroffenen Vereinbarung daher jenen schon längst abgeteilten strittigen Grundstreifen, der nach der Bauordnung erforderlich ist, um der in der Benützungsbewilligung vom 8. Februar 1972 erteilten Auflage zu entsprechen.

Zwar muß der Bauführer, solange sein Eigentum nicht im Grundbuch einverleibt ist, den Erwerb eines gutgläubigen bücherlichen Rechtsnachfolgers des Grundeigentümers gegen sich gelten lassen (EvBl. 1961/244). Die Klägerin kann aber nicht als gutgläubig angesehen werden. Es steht fest, daß sie die Liegenschaft vor der Versteigerung besichtigt hat. Sie konnte dabei besonders auch die Abgrenzung zwischen den Liegenschaften EZ 267 und EZ 280 erkennen und durfte danach keineswegs der Meinung sein, die Grundfläche der EZ 280 erstrecke sich auch auf einen Teil der Nachbarliegenschaft, noch dazu auf einen Teil, der teilweise durch ein Wohhaus verbaut ist. Eine Gegenleistung war für die Abtretung des Grundstreifens in der dieser zugrundeliegenden Vereinbarung nicht vorgesehen. Auch das Begehren der Klägerin nach einer derartigen Leistung ist daher nicht berechtigt.

Dahingestellt bleiben kann bei diesem Ergebnis, ob dem Klagebegehren auch nach den Bestimmungen des § 170 Z 5 EO und des § 372 ABGB ein Erfolg zu versagen gewesen wäre.

Mit Recht sind daher die Vorinstanzen zum Ergebnis gekommen, daß die Klägerin die Liegenschaft EZ 280 der KG Lainz (nur) mit ihren in der Natur ersichtlichen Grenzen und also ohne den Grundstreifen gegen die Nachbarliegenschaft EZ 267 ersteigert hat. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00559.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19890315_OGH0002_0030OB00559_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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