TE OGH 1989/3/15 9ObA288/88

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Veröffentlicht am 15.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karoline S***, Arbeiterin, Kematen/Krems, Kiesenberg 9, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei K*** S***-Schuhfabrik Hans H*** Gesellschaft mbH, Lambach, Linzerstraße 30, vertreten durch Dr. Peter Franzmayr und Dr. Rudolf Franzmayr, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 87.596 S brutto sA (Revisionsstreitwert 84.456 S brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juli 1988, GZ 13 Ra 10/88-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. September 1987, GZ 27 Cga 1109/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 S (darin 385,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage der Berechtigung der Entlassung der Klägerin zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen, daß nach Lehre und Rechtsprechung neben Werksküchen und Kantinen, Werksläden, Kindergärten, Sport- und Fitneßeinrichtungen, Werkskinos, Erholungs- und Urlaubsheimen udgl. auch Zubringerbusse für Pendler mangels anderslautender Vereinbarungen schon ihrem Wesen nach als betriebs- und unternehmenseigene Wohlfahrtseinrichtungen anzusehen sind (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 497; Strasser, Arbeitsrecht2 II 292; ZAS 1988/23 mit zustimmender Besprechung von Stöhr-Kohlmaier), bei deren Errichtung und Zurverfügungstellung zur Benützung der Arbeitgeber, wenn überhaupt, nur einen Verpflichtungswillen gegenüber der gesamten Belegschaft bzw. jener Gruppe von Arbeitnehmern zum Ausdruck bringt, die die Benützungsvoraussetzung erfüllt. Die mit der Zurverfügungstellung verbundene Benützungsmöglichkeit ergibt sich automatisch und ohne weiteres Zutun des Arbeitgebers (Eypeltauer, BR-Mitwirkung an betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen, DRdA 1986, 201). Soweit die Revisionswerberin einwendet, daß die von ihr bisher in Anspruch genommene Sozialleistung des Zubringerdienstes Verpflichtungscharakter angenommen habe und als Entgeltbestandteil Inhalt ihres Einzelarbeitsvertrages geworden sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß sich aus dem Sachverhalt kein derartiges Erklärungsverhalten der Beklagten zu ihren Gunsten ergibt. Die Klägerin kann sich weder auf eine Einzelzusage des Arbeitgebers noch auf eine über die allgemeine Benützungsmöglichkeit hinausreichende betriebliche Übung berufen (9 Ob A 507/88 ua). Nach den Feststellungen wurden die Arbeitnehmer der Beklagten aus verschiedenen Gebieten mit vorerst vier oder fünf Zubringerbussen zur Arbeit geführt und wieder zurückgebracht, wovon zuletzt nur mehr zwei Busse im Einsatz waren. Als auch diese eingestellt wurden, wäre es, da sich die noch verbliebenen drei Arbeitnehmerinnen der Rationalisierungsmaßnahme fügten, erforderlich geworden, den Zubringerbus allein für die Klägerin fahren zu lassen. Hätte die Benützung der Werksbusse Inhalt des Einzelarbeitsvertrages werden sollen, hätte für die Klägerin kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleiben dürfen (§ 863 ABGB), daß sich die Beklagte auch den Arbeitnehmern als Einzelperson gegenüber für die Zukunft unwiderruflich verpflichten hätte wollen. Da aber, wie Eypeltauer aaO zutreffend ausführt, eine solche Einrichtung für einen Arbeitnehmer allein objektiv sinnlos und auch wohl zu kostspielig wäre und dies jeder Arbeitnehmer in seinem redlichen Verständnis erkennen muß, durfte die Klägerin von vornherein nicht darauf vertrauen, daß ihr bei Wegfall des allgemeinen Zubringerdienstes ein Bus für sie allein zur Verfügung stehen werde (vgl. Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 190). Auf den Umstand, daß sich die Beklagte ohnehin bereit erklärte, der Klägerin die Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels zu ersetzen oder daß diese allenfalls mit einer Fahrgemeinschaft fahren hätte können, ist daher nicht mehr einzugehen. Die in der Revision weiters aufgestellte Behauptung, die Benützung des Zubringerbusses sei ihre einzige Zufahrtsmöglichkeit gewesen, ist nicht erwiesen. Ihr wochenlanges Fernbleiben von der Arbeit entbehrt sohin, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, eines rechtmäßigen Hinderungsgrundes.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E16904

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00288.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19890315_OGH0002_009OBA00288_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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