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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 12. August 2002, Zl. A 3 - K 5516/1998-15, betreffend Bordellbewilligung nach dem Steiermärkischen Prostitutionsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 29. Oktober 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Z 1 und 3 des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes (im folgenden: Stmk PrG), LGBl. Nr. 16/1998, die Bewilligung zum Betrieb eines Bordells am Standort Graz, Kstraße, "nicht erteilt".
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Erledigung der Vorsitzenden der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 7. Juni 1999 keine Folge gegeben und damit der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen diese Erledigung erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 18. Februar 2002, Zl. 99/10/0171, mit der Begründung zurückgewiesen, dass die der Vorsitzenden der Berufungskommission zuzurechnende Erledigung vom 7. Juni 1999 - ungeachtet ihrer Bezeichnung - kein Bescheid sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. August 2002 hat die belangte Behörde (die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz) gemäß § 66 Abs. 4 AVG über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den namens des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz ergangenen Bescheid vom 29. Oktober 1998 wie folgt entschieden:
"Die eingebrachte Berufung wird als
unbegründet abgewiesen.
Der bekämpfte Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass in dessen Spruch anstelle der Wortfolge '§ 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 Ziff 1 und 3' die Wortfolge '§ 4 Abs. 5 Ziff 5' zu treten hat. Im Übrigen wird der bekämpfte Bescheid bestätigt."
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, es sei ein neuerliches Ermittlungsverfahren in II. Instanz durchgeführt worden. In diesem sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Mai 2002 ersucht worden, gemäß § 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG "die baubehördliche Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes von 'Wohnen' auf 'Bordell' bezüglich des Gebäudes Kgasse, Graz, Grundstück Nr., EZ GB L, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens vorzulegen oder ebenfalls binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens den Nachweis der Beantragung eines diesbezüglichen baubehördlichen Verfahrens zu erbringen".
Dazu habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Juni 2002 mitgeteilt, die Vorlage einer baubehördlichen Bewilligung sei nicht erforderlich, weil "eine Bewilligungspflicht für die Änderung des Verwendungszweckes nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung für das gegenständliche Gebäude nicht gegeben, bzw. eine Änderung des Verwendungszweckes nicht erforderlich sei".
Diesen Schriftsatz habe die belangte Behörde dem Baupolizeiamt der Stadt Graz mit der Anfrage übermittelt, ob für den beantragten Bordellbetrieb eine baubehördliche Bewilligung, insbesondere hinsichtlich der Änderung des Verwendungszweckes von 'Wohnen' auf 'Bordell' erforderlich sei oder nicht. Das angefragte Baupolizeiamt habe in seiner Stellungnahme vom 17. Juni 2002 ausgeführt, dass "Bewilligungspflicht gemäß § 19 Z 2 des Steiermärkischen Baugesetzes vorliege". Diese "Rechtsmeinung" sei dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt worden; dieser habe daraufhin sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Die belangte Behörde führte danach aus, es sei für den beantragten Bordellbetrieb am Standort Graz, Kstraße eine Baubewilligung hinsichtlich der Nutzungsänderung von "Wohnen" auf "Bordell" gemäß § 19 Z 2 des Steiermärkischen Baugesetzes (im folgenden: Stmk BauG) erforderlich und gemäß § 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG vom Beschwerdeführer nachzuweisen. Da der Beschwerdeführer trotz Aufforderung weder ein Ansuchen an das Baupolizeiamt gerichtet habe, noch ein rechtskräftiger Bescheid über die baubehördliche Bewilligung hinsichtlich der Nutzungsänderung von "Wohnen" auf "Bordell" vorgelegt worden sei, sei spruchgemäß entschieden worden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer wiederholt das in seinen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen und macht geltend, die belangte Behörde habe keinen Sachverhalt festgestellt, der eine Beurteilung darüber zulasse, ob eine Bewilligung nach dem Stmk BauG erforderlich sei. Die belangte Behörde sei daher ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen.
Die belangte Behörde hatte in ihrem Rechtsmittelverfahren zufolge Art. II Abs. 2 A Z 3 EGVG das AVG anzuwenden.
§ 13 AVG lautet:
" 3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten Anbringen
§ 13. (1) ...
(2) ...
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
..."
§ 4 Stmk PrG (LGBl. Nr. 16/1998) lautet:
"§ 4
Bewilligung von Bordellen und bordellähnlichen Einrichtungen
(1) Ein Bordell darf nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden. Jede Änderung des Betriebes eines Bordells bedarf vor ihrer Ausführung ebenfalls der Bewilligung.
(2) Die Bestimmungen über die Bordellbewilligung und die daraus für den Bewilligungsinhaber entstehenden Rechte und Pflichten sowie über die Schließung solcher Betriebe finden auf bordellähnliche Einrichtungen sinngemäß Anwendung.
(3) Die Erteilung einer Bordellbewilligung und die Änderung dazu sind schriftlich bei der Behörde zu beantragen.
(4) Der Antrag hat folgende Angaben zu enthalten:
1. ...
(5) Dem Antrag sind anzuschließen:
1.
...
5.
allfällige nach dem Steiermärkischen Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, in der jeweils geltenden Fassung, erforderliche Bewilligungen zur Verwendung des Gebäudes oder des Gebäudeteiles,
..."
§ 5 Stmk PrG lautet:
"§ 5 Bewilligungsverfahren und Bewilligung
(1) Über einen Antrag gemäß § 4 ist, soweit sich nicht die Unzulässigkeit des Vorhabens schon aus dem Antrag oder den ihm angeschlossenen Unterlagen ergibt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in deren Rahmen ein Ortsaugenschein stattzufinden hat.
(2) Vor Erteilung der Bewilligung ist der zur Ahndung von Verwaltungsübertretungen zuständigen Behörde (§ 12 Abs. 2) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Behörde ist auch von der Erteilung, dem Erlöschen und der Entziehung einer Bordellbewilligung zu verständigen.
(3) Die Bordellbewilligung ist zu erteilen, wenn die persönlichen (§ 6) und sachlichen (§ 7) Voraussetzungen erfüllt sind. Sie ist befristet oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies zur Wahrung der im § 7 Z. 1, 3 und 5 angeführten Interessen erforderlich ist.
(4) Die Behörde (§ 12 Abs. 1) hat in Abständen von längstens drei Jahren, beginnend mit dem Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung, das Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen zu überprüfen."
§ 19 Stmk BauG (LGBl. Nr. 59/1959) lautet (auszugsweise):
"§ 19
Baubewilligungspflichtige Vorhaben Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus
den §§ 20 und 21 (Anmerkung: § 20 regelt, welche Vorhaben anzeigepflichtig sind; § 21 bestimmt die baubewilligungsfreien Vorhaben) nichts anderes ergibt:
1.
...;
2.
Nutzungsänderungen, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Hygiene, die Sicherheit von baulichen Anlagen oder deren Teilen von Einfluß sein können oder die Nachbarrechte berühren oder wenn Bestimmungen des jeweils geltenden Raumordnungsgesetzes, des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes oder der Bebauungsrichtlinien berührt werden können;
3.
...;
4.
...;
5.
...;
6.
...;
7.
... ."
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
...
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
..."
§ 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG sieht vor, dass dem Antrag auf Erteilung einer Bordellbewilligung eine nach dem Stmk BauG erforderliche Bewilligung anzuschließen ist. Nach den bezughabenden Erläuternden Bemerkungen zum Stmk PrG sei diese Regelung sinnvoll, weil eine Bordellbewilligung nicht auszunützen wäre, wenn "die allenfalls erforderliche Baubewilligung nicht vorliegt". § 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG ist aber nicht zu entnehmen, dass ausnahmslos jedem Antrag auf Erteilung einer Bordellbewilligung eine Baubewilligung anzuschließen wäre, stellt diese Regelung doch darauf ab, dass "allfällige" bzw. "erforderliche" Bewilligungen nach dem stmk BauG anzuschließen sind.
Das Fehlen der in § 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG genannte - nach einem konkreten Antrag erforderlichen - (baubehördlichen) Bewilligung zur Verwendung eines für den Bordellbetrieb bestimmten Gebäudes (Gebäudeteiles) stellt ein Formgebrechen dar, das - wird es nicht behoben - der Sachentscheidung über den Antrag entgegensteht.
Die belangte Behörde erteilte dem Beschwerdeführer zweimal (mit den Schreiben vom 7. Mai 2002 und vom 19. Juni 2002) den Auftrag, seinem Antrag im Sinne des § 4 Abs. 5 Z 5 Stmk PrG die baubehördliche Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes von "Wohnen" auf "Bordell" anzuschließen; diese Aufforderungen erfolgten jeweils unter Fristsetzung. Der zuletzt ergangene Verbesserungsauftrag stützte sich (auch) darauf, dass das zuständige Baupolizeiamt die (noch) fehlende Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes für erforderlich erachtet hatte.
Der Beschwerdeführer lehnte in seinen Stellungnahmen (vom 7. Juni 2002 bzw. 28. Juni 2002) die ihm aufgetragene Vorlage einer baubehördlichen Bewilligung als nicht notwendig ab.
Den zu seiner Rechtfertigung dazu vorgetragenen (und in seiner Beschwerde wiederholten) Argumenten des Beschwerdeführers ist zu erwidern, dass die belangte Behörde (als Bewilligungsbehörde nach dem Stmk PrG) das Bestehen einer baubehördlichen Bewilligungspflicht als Vorfrage zu beurteilen hatte. Sie durfte ihrem Verbesserungsauftrag zu Recht die Einschätzung (Auskunft) der nach dem Stmk BauG zuständigen Behörde zugrundelegen. Durch den beabsichtigten Bordellbetrieb soll ein bisher zur Wohnen bestimmtes Gebäude künftig als Bordell verwendet werden, womit aber eine unumgängliche Änderung der Nutzung von "Wohnen" auf "Bordell" verbunden ist; durch diese Nutzungsänderung werden notwendigerweise Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes berührt. Schon aus diesem Grund war vorliegend eine Baubewilligung nach § 19 Z 2 Stmk BauG erforderlich.
Des weiteren wird im Hinblick auf ein durch den Bordellbetrieb bewirktes erhöhtes Lärmaufkommen eine Baubewilligung auch im Grunde der §§ 19 Z 2 und 26 Abs. 1 Z 1 und 3 Stmk BauG erforderlich sein, wobei sich das Maß des zulässigen Lärms auch nach der Widmung des Bauplatzes richtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, Zl. 2002/06/0075, und das hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, Zl. 2002/06/0091, betreffend die baubehördliche Genehmigung eines Bordells im allgemeinen Wohngebiet gemäß § 23 Abs. 5 lit. b ROG).
Ist durch seine (negativen) Stellungnahmen hinreichend dokumentiert, dass der Beschwerdeführer die aufgetragene Verbesserung ablehnt und ihr nicht nachkommen wird, dann war es im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn im vorliegenden Fall von einem (weiteren) förmlichen Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG abgesehen wurde (vgl. aber die EB zu § 4 Stmk PrG, wonach - im allgemeinen - nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen sein wird, wenn Belege nicht oder nicht vollständig beigebracht werden).
Die belangte Behörde hätte im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist (ihn ablehnte) und somit das Formgebrechen seines Antrages nicht behoben hat, seinen Antrag mit Bescheid zurückweisen müssen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nach dem Wortlaut seines Spruches zwar die Berufung "als unbegründet abgewiesen", die gleichzeitig ausgesprochene Abänderung der im erstinstanzlichen Bescheid als Abweisungsgrund herangezogenen rechtlichen Grundlage auf "§ 4 Abs. 5 Ziff 5" in Verbindung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides lassen aber erkennen, dass die belangte Behörde keine Sachentscheidung treffen wollte. Die sprachlich missglückte Spruchfassung des angefochtenen Bescheides ist daher als Zurückweisung des gestellten Antrages zu verstehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. Oktober 2005
Schlagworte
Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002090155.X00Im RIS seit
25.11.2005