TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/19 2003/08/0186

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Veröffentlicht am 19.10.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §914;
ASVG §322 Abs1;
ASVG §416;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Dr. Eva-Maria Bachmann und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 1. August 2003, Zl. 220.685/2-3/03, betreffend eine Streitigkeit zwischen Versicherungsträgern gemäß § 416 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in einer Streitigkeit zwischen der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt gemäß § 416 ASVG entschieden, dass die Beschwerdeführerin zur Tragung der für ihre Versicherte Gabriele F. während des Aufenthalts in einem Rehabilitationszentrum der Mitbeteiligten in der Zeit vom 6. Februar bis zum 6. März 2001 aufgelaufenen Kosten für ein näher bezeichnetes Heilmittel verpflichtet sei. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerin ihrer Versicherten Gabriele F. ein Heilverfahren bewilligt habe, das diese vom 6. Februar 2001 bis 6. März 2001 in einem Rehabilitationszentrum (einer Sonderkrankenanstalt) der Mitbeteiligten absolviert habe. Auf Grund verschiedener chronischer Krankheitszustände benötige Gabriele F. eine Dauermedikation mit einem näher genannten Heilmittel. Die Beschwerdeführerin habe die Kosten für dieses Medikament übernommen und die Versicherte sei auch während ihres Aufenthalts im Rehabilitationszentrum der Mitbeteiligten mit dem "von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft am 28.2.2001 neuerlich bewilligten Medikament" versorgt worden. Für den Aufenthalt von Gabriele F. im Rehabilitationszentrum habe die Beschwerdeführerin an die Mitbeteiligte "auf Grund einer Vereinbarung über die Verpflegskosten einen täglichen Pauschalsatz von S 2.650,--, insgesamt S 76.850,-- geleistet". Die für die Zeit des Aufenthalts von Gabriele F. im Rehabilitationszentrum angefallenen Kosten für den Bezug des Heilmittels in Höhe von S 365.817,60 seien von der Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten in Rechnung gestellt worden; diese habe eine Übernahme dieser Kosten abgelehnt.

Nach Darlegung des Antragsvorbringens der Beschwerdeführerin sowie der Stellungnahme der Mitbeteiligten gibt die belangte Behörde die Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger wieder, der "im Hinblick auf seine subsidiäre Zuständigkeit nach § 302 (gemeint: § 322) Abs. 2 ASVG mit der Frage der Festsetzung des Verpflegskostensatzes" befasst worden sei. Demnach erfolge die Festlegung der Verpflegskostensätze auf Grund einer Empfehlung des Hauptverbandes über die prozentuelle Erhöhung des Betrages gegenüber dem Vorjahr. Diese festgelegten Werte würden von der Pensionsversicherungsanstalt dem Hauptverband sowie allen Sozialversicherungsträgern bekannt gegeben, wobei den Versicherungsträgern Gelegenheit zur Stellungnahme bis zu einem bestimmten Termin gegeben werde. Wenn keine Reaktion auf diese Bekanntgabe stattfinde, werde das Einverständnis angenommen. Ab dem Jahr 2002 sei folgender Satz in die Vereinbarung aufgenommen worden:

"Mit diesen Tagsätzen sind jedoch nicht jene Medikationen abgegolten, die nicht im unmittelbaren und ursächlichen Zusammenhang mit der Einweisungsindikation stehen."

Dies diene der Klarstellung des Umfanges der Abgeltung von Leistungen durch Zahlung des Pauschalsatzes im Hinblick auf die Definition der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation gemäß § 302 Abs. 1 ASVG.

In der Folge führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin zur Frage der Festsetzung des Verpflegskostensatzes mitgeteilt habe, dass mit der Mitbeteiligten eine Vereinbarung gemäß § 322 ASVG bestehe; sie habe die entsprechende Korrespondenz mit der Mitbeteiligten für die Jahre 2001 und 2002 in Kopie beigeschlossen. Demnach habe die Mitbeteiligte der Beschwerdeführerin mit einem am 31. August 2001 bei dieser eingelangten Schreiben die Verrechnungssätze ab 1. Jänner 2001 bekannt gegeben und festgehalten, dass das Einverständnis angenommen werde, wenn bis 28. September 2001 keine Stellungnahme abgegeben werde. Eine diesbezügliche Reaktion der Beschwerdeführerin sei nicht ersichtlich.

Die Mitteilung der Mitbeteiligten über die Verrechnungssätze ab 1. Jänner 2002 enthalte den bereits zitierten Satz, dass die nicht im unmittelbaren und ursächlichen Zusammenhang mit der Einweisungsindikation stehenden Medikationen mit den Tagsätzen nicht abgegolten seien. Die Beschwerdeführerin habe auf diese Mitteilung geantwortet, dass eine Vereinbarung gemäß § 322 Abs. 1 ASVG mit diesem Beisatz nicht abgeschlossen werden könne und ein Medikamentenbezug auf Rechnung der Beschwerdeführerin während eines Aufenthalts in einer Sonderkrankenanstalt auch künftighin nicht akzeptiert werden könne.

Die Mitbeteiligte habe ergänzend ihre ursprüngliche Mitteilung über die Verrechnungssätze für Fremdkostenträger im Jahr 2001, die Anfang des Jahres 2001 als Rundschreiben u.a. auch der Beschwerdeführerin übermittelt worden sei, vorgelegt.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass die Pensionsversicherungsträger gemäß § 300 ASVG bzw. der entsprechenden analogen Bestimmungen der anderen Sozialversicherungsgesetze Vorsorge für die Rehabilitation von Versicherten und Beziehern einer Pensionsleistung treffen müssten. Nach § 302 Abs. 1 ASVG bzw. § 160 GSVG umfassten die medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation u.a. die Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen, und die Gewährung ärztlicher Hilfe sowie die Versorgung mit Heilmitteln und Heilbehelfen, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluss an eine oder im Zusammenhang mit einer derartigen Unterbringung erforderlich seien. Gemäß § 116 ASVG bzw. § 78 GSVG treffe die Krankenversicherung u.a. Vorsorge für den Versicherungsfall der Krankheit. Nach § 117 ASVG bzw. § 79 GSVG würden aus dem Versicherungsfall der Krankheit Krankenbehandlung und erforderlichenfalls medizinische Hauskrankenpflege oder Anstaltspflege gewährt. Die Krankenbehandlung umfasse gemäß § 133 Abs. 1 ASVG bzw. § 90 GSVG ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Sie müsse nach Abs. 2 leg. cit. ausreichend und zweckmäßig sein, dürfe jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Die Bestimmungen der §§ 300 ff ASVG seien in ihrem wesentlichen Inhalt mit der 32. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 704/1976, und den entsprechenden Parallelnovellen geschaffen worden. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle sollte mit der Einführung der von den Pensionsversicherungsträgern zu erbringenden Leistung der Rehabilitation eine neuartige Leistungsart konzipiert werden, die sich von den im Rahmen des Versicherungsfalles der Krankheit vorgesehenen Maßnahmen abhebe und über diese hinausgehe. Als Ansätze dieser Leistung der Rehabilitation seien Maßnahmen der erweiterten Heilfürsorge bzw. der Festigung der Gesundheit angeführt worden, wobei eine klare Abgrenzung zu den Aufgaben der Krankenversicherung intendiert gewesen sei. So sei auch wörtlich zum Ausdruck gebracht worden, "dass die entsprechenden Leistungen neben der oder im Anschluss an die Krankenbehandlung gewährt werden." Im Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung sei wörtlich festgehalten worden, dass die Ergänzungen des § 302 Abs. 2 ASVG deutlich machten, dass der Pensionsversicherungsträger, der die medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen selbst erbringe, nur solche Leistungen zu erbringen habe, die direkt mit der Rehabilitation im Zusammenhang stünden, und beispielsweise nicht für Versicherungsfälle der Krankheit, die während der Rehabilitation auftreten, aufkommen müsse. Aus diesen Erläuterungen sei die Absicht des Gesetzgebers klar ersichtlich, mit den Maßnahmen der Rehabilitation eine spezifische Leistung zu schaffen, die von den Leistungen der Krankenbehandlung verschieden und von dieser abzugrenzen sei und die neben den Leistungen der Krankenbehandlung erbracht werde. Darüber hinaus könne auch der Wille des Gesetzgebers erschlossen werden, dass der nach § 302 Abs. 1 Z. 3 ASVG für die Gewährung von Leistungen der ärztlichen Hilfe und Heilmittel gesetzlich geforderte Zusammenhang mit dem Rehabilitationsaufenthalt nicht bloß in zeitlicher Hinsicht zu verstehen, sondern im Sinne eines ursächlichen Zusammenhanges zu interpretieren sei. Dem gesetzgeberischen Konzept entsprechend sei auch eine organisatorische Zuweisung der Rehabilitationsmaßnahmen an die Pensionsversicherungsträger erfolgt. An dieser unterschiedlichen Definition von Leistungen der Krankenbehandlung einerseits und Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation andererseits habe auch die mit der 50. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 676/1991, und den entsprechenden Parallelnovellen erfolgte Einführung der Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung (§ 154a ASVG und Parallelbestimmungen) nichts geändert.

Zwar sei es zutreffend, dass medizinische Maßnahmen der Rehabilitation in Krankenanstalten im Sinne des Krankenanstaltenrechtes erbracht würden und den diesbezüglichen Regelungen unterworfen seien, doch stelle die Rehabilitationsleistung keine Anstaltspflege im Sinne der §§ 144 ff ASVG bzw. der gleich lautenden Bestimmungen der anderen Sozialversicherungsgesetze dar. Die aus dem Versicherungsfall der Krankheit zu erbringende Leistung der Anstaltspflege verfolge nämlich einen anderen Zweck und setze Anstaltsbedürftigkeit voraus. § 144 Abs. 4 ASVG normiere ausdrücklich, dass u.a. die Unterbringung in einer vorwiegend der Rehabilitation dienenden Sonderkrankenanstalt nicht als Anstaltspflege gelte. Es sei somit systematisch verfehlt, die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen über die Anstaltspflege auf die Behandlung in Rehabilitationsanstalten anwenden zu wollen. Insbesondere für die analoge Heranziehung der Finanzierungsgrundsätze der Anstaltspflege auf die Rehabilitationsaufenthalte fehle es an jeder sachlichen Rechtfertigung.

Die Finanzierung der Rehabilitationsleistungen sei an eigener Stelle geregelt. Zunächst gehe der Gesetzgeber von der Erbringung der Rehabilitation als Sachleistung aus (abgesehen von der mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführten Zuzahlung der in einer Rehabilitationseinrichtung Untergebrachten). Die Pensionsversicherungsträger seien daher gemäß § 25 Abs. 2 ASVG und den entsprechenden Parallelbestimmungen berechtigt, Rehabilitationseinrichtungen zu errichten, zu erwerben und zu betreiben. Darüber hinaus könnten Maßnahmen der Rehabilitation auch durch Unterbringung in entsprechenden Einrichtungen anderer Sozialversicherungsträger oder privater Rechtsträger erbracht werden. Für die Abgeltung der Unterbringung in Einrichtungen anderer Versicherungsträger normiere § 322 Abs. 1 ASVG, dass die Versicherungsträger, die derartige Einrichtungen betreiben, mit anderen Versicherungsträgern, die diese Einrichtungen für ihre Versicherten in Anspruch nehmen, über die zu ersetzenden Verpflegskosten Vereinbarungen treffen sollen. Komme eine derartige Vereinbarung nicht zu Stande, so habe nach § 322 Abs. 2 ASVG der Hauptverband die Verpflegskosten mit verbindlicher Wirkung festzusetzen.

Für den Umfang der mit diesen Verpflegskosten abgegoltenen Leistungen sei in erster Linie die gesetzlich vorgegebene Definition der Leistung maßgeblich. Darüber hinaus könne allenfalls eine den Leistungsumfang im Einvernehmen der Vertragspartner klarstellende Vereinbarung als Interpretationshilfe in Betracht kommen. Im vorliegenden Fall habe eine jahrelange Übung der Festsetzung bestimmter Tagsätze für Fremdkostenträger für die einzelnen Einrichtungen bestanden, die eine jährliche Valorisierung von Verpflegskostensätzen nach bestimmten einheitlichen Parametern entsprechend einer Empfehlung des Hauptverbandes vorgesehen habe.

Die jeweiligen aktuellen Werte würden jeweils den in Betracht kommenden Versicherungsträgern zur Kenntnis gebracht und bei Nichtäußerung als vereinbart angenommen. Den von der Mitbeteiligten der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten Verpflegskostenersätze für das Jahr 2001, in dem der streitgegenständliche Rehabilitationsaufenthalt stattgefunden habe, sei seitens der Beschwerdeführerin nicht widersprochen worden. Für dieses Jahr liege somit unzweifelhaft eine rechtsgültige Vereinbarung über die Verpflegskostensätze vor. Erst im Folgejahr seien die Verpflegskostensätze zwischen der Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin zwar der Höhe nach außer Streit gestellt, jedoch hinsichtlich der Kosten einer Dauermedikation unterschiedlich interpretiert worden.

Nach § 416 ASVG entscheide die belangte Behörde Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern in Verwaltungssachen, die nicht die Versicherungs-(Leistungs-)Zugehörigkeit oder die Versicherungs-(Leistungs-)Zuständigkeit beträfen, unter Ausschluss eines Bescheidrechtes der beteiligten Versicherungsträger. Die Mitbeteiligte und die Beschwerdeführerin hätten eine unterschiedliche Auffassung über den Umfang der auf Kosten des Pensionsversicherungsträgers zu erbringenden Maßnahmen der Rehabilitation in Abgrenzung zu den auf Kosten des Krankenversicherungsträgers zu erbringenden Leistungen der Krankenbehandlung in einem bestimmten Fall; der diesbezügliche "Schlichtungsantrag" der Beschwerdeführerin beinhalte eine nach § 416 ASVG zu beurteilende Angelegenheit und sei damit zulässig.

Der Antrag der Beschwerdeführerin sei jedoch materiell nicht berechtigt. Die Rehabilitationsleistung umfasse nicht die Kostentragung für jede während eines Rehabilitationsaufenthaltes anfallende ärztliche Leistung samt Heilmitteln und Heilbehelfen, sondern sei auf die rehabilitationsspezifischen Leistungen beschränkt. Für die unter den Versicherungsfall der Krankheit fallenden Leistungen der Krankenbehandlung bleibe auch während des Rehabilitationsaufenthaltes der Träger der Krankenversicherung zuständig und habe dementsprechend die Verpflichtung zur diesbezüglichen Kostentragung. In diesem Sinne seien auch die Vereinbarungen über die pauschalierende Festlegung eines Verpflegskostensatzes zu verstehen. Für das verfahrensgegenständliche Jahr 2001 bestehe jedenfalls eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen im Sinne des § 302 Abs. 1 ASVG (gemeint wohl: § 322 Abs. 1 ASVG), die auch keine von diesem Grundkonzept abweichende Regelung enthalte. Im Übrigen müsste eine dem gesetzlichen Konzept widersprechende Vereinbarung gesetzeskonform im Sinne einer Teilnichtigkeit uminterpretiert werden. Als Konsequenz aus dieser Abgrenzung zwischen Rehabilitationsleistung und Krankenbehandlung würden auch Verträge "mit privaten Rehabilitationsleistungen" eine die gesetzlich grundgelegte Regelung zum Ausdruck bringende Bestimmung vorsehen. Somit sei die nicht im ursächlichem Zusammenhang mit dem Rehabilitationsaufenthalt stehende Versorgung von Gabriele F. mit dem Dauermedikament nicht durch den mit der Mitbeteiligten vereinbarten Verpflegskostensatz abgedeckt und auch nicht von der Mitbeteiligten als Rechtsträgerin des Rehabilitationszentrums zu tragen, sondern als Leistung der Krankenbehandlung auf Kosten der Beschwerdeführerin als zuständigem Krankenversicherungsträger der Versicherten zu erbringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 416 ASVG entschiedene Streitigkeit zwischen Versicherungsträgern bezieht sich auf die Kostentragung für eine Dauermedikation während der Unterbringung einer bei der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt Versicherten in einer Sonderkrankenanstalt der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt im Rahmen von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation.

Die Verpflichtung der mitbeteiligten Partei als Trägerin der Sonderkrankenanstalt, die bei der Beschwerdeführerin Versicherte während der Dauer ihrer Unterbringung in dieser Krankenanstalt entsprechend den Vorschriften des Krankenanstaltenrechts ärztlich zu behandeln und dazu auch die bereits vor Beginn der Anstaltsunterbringung begonnene Dauermedikation fortzusetzen, steht nicht in Zweifel: Die mitbeteiligte Partei hat im Verwaltungsverfahren ausdrücklich erklärt, "die Bereitstellung der erforderlichen Medikation sowie die Pflicht der Versorgung aufgenommener Patienten mit den erforderlichen Medikamenten durch (ihre) jeweiligen Einrichtungen im Sinne des Krankenanstaltenrechts" nicht zu bestreiten.

Ebenfalls unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin, die ihre Versicherte zur Durchführung medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation in die Sonderkrankenanstalt eingewiesen und eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat, der Mitbeteiligten als Trägerin dieser Krankenanstalt Verpflegskostenersatz zu leisten hat.

Zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens bestehen jedoch unterschiedliche Auffassungen, ob durch den - nach diesbezüglich übereinstimmender Ansicht für das Jahr 2001 vereinbarten - pauschalen Tagessatz für Verpflegskosten auch die Kosten der mit den konkreten Maßnahmen der Rehabilitation nicht in kausalem Zusammenhang stehenden Dauermedikation abgegolten oder gesondert von der Beschwerdeführerin zu tragen sind.

2. Die Verpflichtung zum Ersatz der Verpflegskosten - also der Kosten für die Leistungen der Krankenanstalt in der stationären Pflege - im Verhältnis der Sozialversicherungsträger zueinander ist in § 322 ASVG folgendermaßen geregelt:

"Verpflegskosten in den Einrichtungen der Sozialversicherungsträger

§ 322. (1) Die Versicherungsträger, die Krankenanstalten, Heil(Kur)anstalten, Erholungs- und Genesungsheime sowie ähnliche Einrichtungen betreiben, sollen mit anderen Versicherungsträgern, die diese Einrichtungen für ihre Versicherten in Anspruch nehmen, über die zu ersetzenden Verpflegskosten Vereinbarungen treffen.

(2) Kommt eine Vereinbarung im Sinne des Abs. 1 nicht zustande, setzt der Hauptverband die Verpflegskosten mit verbindlicher Wirkung fest."

3. Der angefochtene Bescheid geht davon aus, dass für das Jahr 2001, in welches der streitgegenständliche Rehabilitationsaufenthalt fällt, eine Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Mitbeteiligten im Sinne des § 322 Abs. 1 ASVG über die Verpflegskostensätze besteht. Dies entspricht auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei im Verwaltungsverfahren.

Für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung war daher zu klären, welchen Inhalt diese Vereinbarung zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens über die zu ersetzenden Verpflegskosten hatte und ob diese Vereinbarung dahingehend auszulegen war, dass damit - wie die Beschwerdeführerin meint - auch eine allenfalls erforderliche Dauermedikation während des Aufenthalts in der Anstalt des Versicherungsträgers abgegolten ist, oder ob - wie dies die Mitbeteiligte im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat - die Verpflegskostenersätze lediglich die unmittelbar mit der Rehabilitation zusammenhängenden Leistungen, jedoch unter Ausschluss von Dauermedikationen, betroffen hat.

Die belangte Behörde bezieht sich ausschließlich auf das Vorbringen der Vertragsparteien über das Zustandekommen der Vereinbarung und hält fest, dass für das Jahr 2001 "unzweifelhaft eine rechtsgültige Vereinbarung über die Verpflegskostensätze" vorliege, unterlässt jedoch Feststellungen über den konkreten Inhalt dieser Vereinbarung. Auch soweit im angefochtenen Bescheid ausgeführt wird, dass für das Jahr 2001 jedenfalls eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen bestehe, die "keine von diesem Grundkonzept (gemeint: der Verpflichtung des Pensionsversicherungsträgers ausschließlich zur Erbringung von rehabilitationsspezifischen Leistungen) abweichende Regelung" enthalte, bleibt offen, worauf diese Behauptung gestützt wird.

Die belangte Behörde geht offenkundig davon aus, dass die Vereinbarung - wohl entsprechend mehrjähriger Übung - schlüssig zu Stande gekommen ist. Die dazu im Verwaltungsakt enthaltenen, von den Parteien des Verwaltungsverfahrens vorgelegten schriftlichen Unterlagen beziehen sich ausschließlich auf die Valorisierung der Verpflegskostensätze und bauen damit auf einer bereits bestehenden Vereinbarung auf, über deren Inhalt - insbesondere im Hinblick auf die mit den Verpflegskostensätzen abgedeckten Leistungen - auch der Verwaltungsakt keinen näheren Aufschluss zulässt.

Zwar wurden von den Parteien des Verwaltungsverfahrens Umstände vorgebracht, die für die - allenfalls auch ergänzende - Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung von Bedeutung sein können (insbesondere Hinweise auf die bis zum streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2001 geübte Vertragspraxis, auf Arbeitsgruppen und Rahmenvereinbarungen von Sozialversicherungsträgern und auf die gesetzlichen Bestimmungen, auf die bei der Vertragsgestaltung im konkreten Zusammenhang betreffend Rehabilitationsmaßnahmen allenfalls Bedacht genommen worden sein könnte), doch hat die belangte Behörde weder den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung festgestellt, noch hat sie diese Vereinbarung nach den Regeln über die Vertragsauslegung gemäß § 914 ABGB ausgelegt. Sie hat vielmehr darzulegen versucht, wer nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Tragung der streitgegenständlichen Kosten verpflichtet ist, und geht damit an dem von ihr im angefochtenen Bescheid ausdrücklich festgestellten Bestehen einer Vereinbarung zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens betreffend die wechselseitigen Ersatzansprüche vorbei. Auch lässt sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht erschließen, weshalb eine "dem gesetzlichen Konzept widersprechende Vereinbarung" - die jedoch nicht festgestellt ist -

"im Sinne einer Teilnichtigkeit" gesetzeskonform "uminterpretiert" werden müsste, zumal eine zwingende gesetzliche Norm, wonach eine - nach dem Konzept des § 322 ASVG zwangsläufig pauschalierende - Vereinbarung über die zu ersetzenden Verpflegskosten, welche auch allfällige Dauermedikationen berücksichtigt, unzulässig und (teil)nichtig wäre, nicht besteht.

Da die belangte Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Hinblick auf den Inhalt der gemäß § 322 ASVG zwischen den Parteien des Verwaltungsverfahrens abgeschlossenen Vereinbarung nicht ausreichend festgestellt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 19. Oktober 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080186.X00

Im RIS seit

01.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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