TE OGH 1989/3/16 6Ob559/89

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Veröffentlicht am 16.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz E***, Landwirt, 5723 Uttendorf, Quettensberg 6, vertreten durch Dr. Gerhard Zanier, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Maria E***, Pensionistin, 5723 Uttendorf, Quettensberg 24, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwilligung und Unterfertigung (Streitwert 221.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17.Oktober 1988, GZ 1 R 125/88-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Feber 1988, GZ 10 Cg 280/87-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Die Beklagte ist die Mutter des Klägers. Dieser führt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit der Hofstelle in Quettensberg Nr. 6. Im Grundbuch ist das Alleineigentumsrecht des Klägers ob den dazugehörigen Liegenschaften EZ 4, 8, 11 und 17, je KG Uttendorf, einverleibt. Auf sämtlichen Liegenschaften ist unter anderem auch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der Beklagten einverleibt.

Zu C 325/83 des Bezirksgerichtes Mittersill machte die Beklagte gegen den Kläger Ausgedingsforderungen geltend. Dieser Rechtsstreit wurde am 27. Jänner 1984 durch den Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches beendet, dessen Punkt 4) wie folgt lautete:

"Die klagende Partei" (= jetzige Beklagte) "erteilt ihre ausdrückliche Einwilligung in die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von S 300.000 ob der EZ 4, 17, 8 und 11 je KG Uttendorf im Range vor dem zu COZ 64 in EZ 4, zu COZ 39 in EZ 8, zu COZ 32 in EZ 11 und zu COZ 38 in EZ 17, je KG Uttendorf, zugunsten der Klägerin intabulierten Veräußerungs- und Belastungsverbot.

Der Kredit oder das Darlehen ist zweckgebunden zur Sanierung des Hofgebäudes Quettensberg Nr. 6 zu verwenden.

Die Klägerin verpflichtet sich, im Falle der Errichtung einer Darlehensurkunde eine grundbuchsfähige Vorrangseinräumungserklärung nach Vorlage zu unterfertigen."

Unter Bezugnahme auf diesen Vergleichspunkt begehrte der Kläger mit der am 13.Juli 1987 beim Erstgericht eingelangten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von 300.000 S ob den vier genannten Liegenschaften im Range vor den darauf zu ihren Gunsten einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverboten durch Unterfertigung der in Beilage 1 (gemeint offenbar: Beilage A) errichteten Pfandbestellungsurkunde samt grundbuchsfähiger Vorrangseinräumungserklärung einzuwilligen. Der Kläger brachte vor, er müsse den Rechtsweg beschreiten, weil sich die Beklagte weigere, die ihr vorgelegte Original-Pfandbestellungsurkunde zu unterfertigen. Nach dem Vergleich sei sie aber dazu verpflichtet, weil der Kläger - diesem Vergleich folgend - bereits vor Klagseinbringung Geld zweckgebunden zur Sanierung des Hofgebäudes Quettensberg Nr. 6 verwendet habe. Er habe im Sinne einer ordnungsgemäßen Instandhaltung der Hofstelle zahlreiche Investitionen getätigt, darunter auch solche in bezug auf das Gebäude (Bauernhaus).

Die Beklagte hielt dem entgegen, die vom Kläger am Haus durchgeführten Investitionen hätten nur "wenige tausend Schilling" betragen. Er wolle mit der klagsgegenständlichen Darlehensaufnahme auch keine weiteren Sanierungsmaßnahmen am Hofgebäude durchführen, sondern damit lediglich eine Umschuldung alter notleidender Kredite vornehmen. Es sei auch rechtlich unmöglich, sie zur Unterfertigung einer "Pfandbestellungsurkunde" zu verhalten. Im übrigen habe der Kläger nach dem Vergleichsabschluß ohne ihre Zustimmung die "zur Liegenschaft gehörige Alpe" um mindestens eine Million Schilling an eine dritte Person verkauft. Den Verkaufserlös hätte er ohne weiteres zur Finanzierung der angeblich notwendigen Investitionen verwenden können und auch müssen. Durch den "Alpverkauf" sei jedenfalls die Verpflichtung der Beklagten aus dem Vergleich vom 27. Jänner 1984 wegen geänderter Verhältnisse aufgehoben. Eine Verpflichtung zur Unterfertigung der Darlehensurkunde bestehe auf ihrer Seite auch deswegen nicht, weil der Kläger den Vergleich hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Leistungen nicht eingehalten habe. Außerdem habe er eine den Vergleich abändernde Vereinbarung vom 16. März 1984 durch den Verkauf bzw. die Verpachtung der Viertalalm an Josef A*** verletzt. Am 16. März 1984 sei nämlich zwischen den Streitteilen vereinbart worden, daß die Beklagte die Viertalalm uneingeschränkt bewirtschaften und das Stallgebäude zur Hälfte benützen könne.

Darauf replizierte der Kläger, daß er zwischen 1975 und 1985 von Josef A*** insgesamt fast eine Million Schilling an Darlehen erhalten habe. Hievon habe er mehr als 900.000 S bereits vor Abschluß des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 für die Bewirtschaftung des Hofes und für Renovierungsarbeiten verwendet. Diese Darlehensbeträge seien dann "als Abgeltung für die Viertalalm verrechnet" worden. Er habe auch noch im Jahre 1985 zwecks Anschaffung von zur Hoferhaltung notwendigen Arbeitsgeräten bei der R*** L*** und bei der "R*** S***" Geld

ausleihen müssen. Vom Geld des Josef A*** sei nichts mehr übrig. Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, sie habe binnen 14 Tagen "in die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von 300.000 S ob den klagsgegenständlichen Liegenschaften im Range vor den darauf zu ihren Gunsten einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverboten einzuwilligen und eine dementsprechende grundbuchsfähige Vorrangseinräumungserklärung nach Vorlage zu unterfertigen". Es traf über den eingangs geschilderten Sachverhalt hinaus noch folgende Tatsachenfeststellungen:

Bei dem Hofgebäude Quettensberg Nr. 6 handelt es sich um ein altes Haus. Im Hinblick auf den Zustand des Gebäudes sind Maßnahmen zu seiner Instandhaltung sowie zur Verbesserung der Wohnbedingungen, vor allem der Einbau von sanitären Einrichtungen, vorzunehmen. Für die Durchführung dieser Arbeiten am Gebäude besteht ein finanzieller Bedarf von mehreren 100.000 S. Die Aufbringung eines solchen Betrages ist dem Kläger nur im Wege einer Darlehensaufnahme möglich, weil er über keine entsprechenden Eigenmittel verfügt. Von Josef A*** hat der Kläger im Laufe der Jahre Darlehensbeträge von insgesamt an die eine Million Schilling erhalten. Diese verwendete er für die Instandhaltung des Hofes und auch für Prozeßkosten (Rechtsstreitigkeiten zwischen den Streitteilen). Da der Kläger diese Darlehen nicht zurückzahlen konnte, "übereignete" er dem Josef A*** als Darlehensrückerstattung die zur Landwirtschaft gehörige Viertalalm. Aus dieser "Liegenschaftsübereignung" ist dem Kläger kein weiterer Erlös zugekommen.

Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, die Verpflichtung der Beklagten zur Unterfertigung einer entsprechenden Vorrangseinräumungserklärung ergebe sich aus dem Wortlaut des Vergleiches vom 27. Jänner 1984. Danach habe die Beklagte sich bereits bedingungslos und ohne jegliche Einschränkung zur Einwilligung in die Einverleibung des Pfandrechtes verpflichtet. Dem Kläger sei lediglich auferlegt worden, die hiedurch erlangten Darlehensbeträge in bestimmter Weise zu verwenden. Dazu sei er aber nach den Verfahrensergebnissen ohnedies gewillt. Eine Rechtsunwirksamkeit des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 habe die Beklagte selbst nicht darlegen können. Durch den Verkauf der Viertalalm an Josef A*** hätten sich die Verhältnisse nicht geändert, weil der Kläger daraus keinen (weiteren) Erlös erhalten habe; damit seien nur dessen frühere Darlehen abgedeckt worden. Wenn der Kläger allenfalls seinerseits bestimmte Verpflichtungen aus dem Vergleich oder aus einer späteren Vereinbarung vom 16. März 1984 nicht erfüllt habe, so ziehe dies keinen Wegfall der die Beklagte treffenden Verpflichtungen nach sich. Die geänderte Spruchfassung begründete das Erstgericht damit, daß eine "Modifizierung des Begehrens durch Angleichung an den Inhalt des maßgeblichen Vergleichstextes" erforderlich gewesen sei, weil die Beklagte nach diesem nicht zur Unterfertigung einer Pfandbestellungsurkunde, sondern lediglich einer Vorrangseinräumungserklärung verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar 60.000 S, nicht aber den Betrag von 300.000 S übersteige. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. Das Gericht zweiter Instanz verneinte das Vorliegen der von der Beklagten geltend gemachten Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens und übernahm auch die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Ebenso billigte es dessen Rechtsansicht, wonach die Beklagte aufgrund des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 in die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von 300.000 S vor den zu ihren Gunsten einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverboten einzuwilligen und eine entsprechende Vorrangseinräumungserklärung zu unterfertigen habe. Punkt 4) des Vergleiches sei nämlich ausreichend bestimmt und könne nur so verstanden werden, daß die Beklagte der Vorrangseinräumung auch ohne besondere Sicherstellung für eine widmungsgemäße Verwendung des Darlehens- oder Kreditbetrages zustimme. Der Kläger sei zwar verpflichtet, den Betrag auch tatsächlich widmungsgemäß zu verwenden, doch ziehe eine Verletzung dieser Verpflichtung allenfalls Schadenersatzpflichten nach sich. Durch den Verkauf der Viertalalm seien die wesentlichen Voraussetzungen des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 nicht weggefallen. Selbst wenn der Kläger einzelne mit der Beklagten vereinbarte Leistungen nicht erbringe, so falle damit nicht der gesamte Vertrag weg. Auch ein Leistungsverweigerungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, weil es am erforderlichen Austauschverhältnis zwischen der Leistung nach Punkt 4) und jenen nach den übrigen Bestimmungen des Vergleiches bzw. der Vereinbarung vom 16. März 1984 fehle.

Die Nichtzulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Entscheidung im wesentlichen von der Auslegung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vergleiches, also von Umständen des Einzelfalles, abhängig gewesen sei. Im übrigen sei zu den grundsätzlichen Fragen die dazu vorliegende einhellige Rechtsprechung beachtet worden.

Die von der Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene außerordentliche Revision wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erachtet sie deshalb nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig, weil das Gericht zweiter Instanz den von ihr geltend gemachten Verstoß des Erstgerichtes gegen § 405 ZPO unzutreffend verneint und dabei auch fälschlich einen Verstoß der Berufungswerberin gegen das Neuerungsverbot angenommen habe; überdies stehe das Berufungsurteil in einem unlösbaren Widerspruch zu zwingenden grundbuchs- und zivilrechtlichen Vorschriften. Die Beklagte stellt den Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung. Der Kläger beantragt in seiner gemäß den §§ 507 Abs 2, 508 a Abs 2 ZPO freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der außerordentlichen Revision als unzulässig, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung eine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Frage des Verfahrensrechtes unrichtig gelöst hat, indem es einen durch die "Modifizierung" des Klagebegehrens begangenen Verstoß des Erstgerichtes gegen § 405 ZPO verneint und in diesem Zusammenhang auch den von der Beklagten in der Berufung erhobenen Einwand des mangelnden Rechtsschutzinteresses des Klägers als unzulässige Neuerung abgetan hat.

Die Revision ist auch im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Allerdings begründet ein Verstoß gegen § 405 ZPO nach nunmehr einheitlicher Rechtsprechung keine Nichtigkeit, sondern lediglich einen Verfahrensmangel, der - wie hier - im Rechtsmittel gerügt werden muß (SZ 42/138; ÖBl 1982, 132 uva, zuletzt etwa 4 Ob 42/88; vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1452). Der Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 1 ZPO liegt daher nicht vor.

Der Grundsatz, daß angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche erkannt worden sind, nicht auch noch in dritter Instanz geltend gemacht werden können (ständige Rechtsprechung; siehe MietSlg 38.792, 38.793 uva), ist dann unanwendbar, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Mängelrüge mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat. In einem solchen Fall liegt ein Mangel des Berufungsverfahrens selbst vor, der gemäß § 503 Abs 1 Z 2 ZPO bekämpft werden kann (EFSlg 52.239 ua).

Es entspricht der Lehre und Rechtsprechung, daß das Gericht - auch noch in höherer Instanz - befugt und sogar verpflichtet ist, dem Urteilsspruch - abweichend vom gestellten Begehren - eine klarere und deutlichere Fassung zu geben, soferne diese in den Sachbehauptungen des Klägers ihre eindeutige Grundlage findet und inhaltlich nicht über das hinausgeht, was der Kläger tatsächlich gewollt hat. Das Begehren ist immer so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit dem Vorbringen tatsächlicher Art von der Partei gemeint war (Fasching, aaO, Rz 1448; ÖBl 1972, 152;

ÖBl 1975, 33 und 110; ÖBl 1980, 73 und 128; MietSlg 32.693;

ÖBl 1981, 159; ÖBl 1982, 66; ÖBl 1983, 46; 1 Ob 615/87;

4 Ob 18/88; 4 Ob 51/88 uva). Liegen diese Voraussetzungen vor, dann kann und muß das Gericht einem nur versehentlich unrichtig und zu weit formulierten Begehren die richtige Fassung geben (MietSlg 32.693; ÖBl 1983, 46; 1 Ob 615/87; 4 Ob 51/88 ua). Es darf dabei aber weder ein plus noch ein aliud zusprechen (Fasching, aaO, 4 Ob 51/88). Ob ein aliud oder ein plus bzw. minus anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen für berechtigt erachteten Anspruch (MietSlg 32.696).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger unter Berufung auf Punkt 4) des gerichtlichen Vergleiches vom 27. Jänner 1984 das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung einer Höchstbetragshypothek von 300.000 S ob bestimmten Liegenschaften im Range vor den darauf zu ihren Gunsten intabulierten Veräußerungs- und Belastungsverboten "durch Unterfertigung der in der Beilage 1" (gemeint offensichtlich: Beilage A) "errichteten Pfandbestellungsurkunde samt grundbuchsfähiger Vorrangseinräumungserklärung" gestellt. Es wurde daher von ihm die Unterfertigung der konkreten Vorrangseinräumungserklärung gemäß Punkt 15. der Beilage A begehrt. Diese im Original vorgelegte Urkunde ist ein mit Schreibmaschine ausgefüllter Vordruck einer "Pfandbestellungsurkunde und Vorrangseinräumungserklärung" mit notariell beglaubigter Unterschrift lediglich des Klägers. Gemäß deren Punkt 1. "hat der R*** S*** registrierte Genossenschaft mbH" dem Beklagten und seiner Ehegattin "Kredit eingeräumt". Der Beklagte verpfändet der genannten Kreditgeberin gemäß Punkt 2. "zur Sicherstellung aller Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten", die der Kreditgeberin "aus im Inland beurkundeten, bereits gewährten und künftig zu gewährenden Geld-, Haftungs- oder Garantiekrediten erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden", bis zum Höchstbetrag von 221.000 S die ihm gehörigen Liegenschaften EZ 4, 8, 11 und 17 je KG Uttendorf; zugleich gibt der Kreditnehmer die entsprechende Aufsandungserklärung für die Einverleibung des Simultanpfandrechtes bis zum Höchstbetrag von 221.000 S ob der EZ 4 KG Uttendorf als Haupteinlage und ob den drei anderen Liegenschaften als Nebeneinlagen.

Punkt 15. lautet in Ansehung der Beklagten wie folgt:

"Vorrangseinräumungserklärung

Ob der Liegenschaft EZ 4 KG Uttendorf BG Mittersill haftet unter TZ 704/74 zugunsten der Maria E*** geb. A*** ...... die Reallast des Ausgedinges. Darüber hinaus ist ob den Liegenschaften EZlen 4, 8, 11 und 17 je KG Uttendorf BG Mittersill unter TZ 1350/75 das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Maria E*** geb. A*** einverleibt.

Frau Maria E*** geb. A*** und .... räumen hiermit

hinsichtlich der zu ihren Gunsten ob der EZ 4 KG Uttendorf BG Mittersill unter TZ 704/84 haftenden Reallast des Ausgedinges für das unter Punkt 2. dieser Urkunde genau bezeichnete Pfandrecht zugunsten des R*** S*** registrierte

Genossenschaft mit beschränkter Haftung den Vorrang ein. Ebenso räumt Frau Maria E*** geb. A*** hiermit hinsichtlich des zu ihren Gunsten ob den EZlen 4, 8, 11 und 17 je KG Uttendorf BG Mittersill unter TZ 1350/75 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes für das unter Punkt 2. dieser Urkunde genau bezeichnete Pfandrecht des R*** S*** registrierte

Genossenschaft mit beschränkter Haftung den Vorrang ein. Frau Maria E*** geb. A*** und .... erteilen hiermit ihre ausdrückliche Einwilligung, daß aufgrund dieser Urkunde jederzeit, jedoch nicht auf ihre Kosten, ob den im Alleineigentum des Franz E***, geb. 29.3.1944, stehenden Liegenschaften EZlen 4, 8, 11 und 17 je KG Uttendorf BG Mittersill für das Pfandrecht des R*** S*** registrierte Genossenschaft mit

beschränkter Haftung im Höchstbetrag von S 221.000 (in Worten: Schilling zweihunderteinundzwanzigtausend) der Vorrang vor der zu ihren Gunsten unter TZ 204/74 einverleibten Reallast des Ausgedinges bzw. vor dem zu ihren Gunsten unter TZ 1350/75 haftenden Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt werden kann."

Da somit Punkt 15. der Urkunde Beilage A einen integrierenden Bestandteil des vom Kläger gestellten Leistungsbegehrens bildet (vgl. MietSlg 31.678/19), hat ihm das Erstgericht dadurch, daß es die Beklagte schuldig erkannte, "eine dementsprechende grundbuchsfähige Vorrangseinräumungserklärung" (= für eine Höchstbetragshypothek von 300.000 S) zu unterfertigen, schon mehr zugesprochen, als er begehrt hat. Darüber hinaus wurde dem Kläger durch diese Spruchfassung auch ein aliud zuerkannt. Danach soll nämlich die Beklagte - wie aber bereits im Vergleich vom 27. Jänner 1984 festgehalten - eine grundbuchsfähige Vorrangseinräumungserklärung erst nach Vorlage, nicht jedoch die tatsächlich begehrte und bereits vorgelegte Vorrangseinräumungserklärung gemäß Punkt 15. von Beilage A, unterfertigen.

Darin, daß das Erstgericht dem Begehren eine Fassung wie im Vergleich gegeben hat, liegt somit ein Verstoß gegen § 405 ZPO. Erst dieser Verstoß ermöglichte es der Beklagten auch, und zwar ohne jegliche Verletzung des Neuerungsverbotes, im Berufungsverfahren die materiellrechtliche Einwendung der verglichenen Streitsache (SZ 22/52; EvBl 1952/377; EvBl 1959/115; SZ 40/115) bzw. des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses (SZ 21/124; ÖBl 1979, 81 ua) zu erheben (Fasching, aaO, 1358, 1359; derselbe Kommentar III, 171, 697; 3 Ob 615/85). Denn erst mit dieser Spruchfassung des Erstgerichtes ist die Beklagte in Wahrheit zu nicht mehr oder weniger verhalten worden, als sie ohnedies bereits durch Punkt 4) des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 verpflichtet war. Da somit das angefochtene Urteil aus diesen Gründen jedenfalls aufzuheben wäre, ist auch in die meritorische Rechtsfolgenprüfung einzugehen, ob dem gestellten Leistungsbegehren nicht dennoch bereits an Hand der getroffenen Tatsachenfeststellungen Folge zu geben war oder ob es sich nicht schon aus rechtlichen Gründen als unberechtigt erweist.

Zutreffend macht die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, daß das Leistungsbegehren jedenfalls unschlüssig ist, soweit es sich auch auf ihre Verurteilung zur Unterfertigung einer Vorrangseinräumungserklärung gemäß Punkt 15. der Beilage A in Ansehung der zu ihren Gunsten auf der Liegenschaft EZ 4 KG Uttendorf einverleibten Reallast des Ausgedinges richtet. Darüber hinaus ist sie gemäß Punkt 4) des Vergleiches vom 27. Jänner 1984 nur zur Unterfertigung einer Vorrangseinräumungserklärung für eine solche Höchstbetragshypothek verpflichtet, die der Sicherstellung eines bestimmten, vom Beklagten aufgenommenen Kredites (Darlehens) dient. Ihre Verpflichtung erstreckt sich aber nicht auch schlechthin auf Höchstbetragshypotheken, die darüber hinaus - wie hier in Verbindung mit Punkt 2. der Beilage A - gleichzeitig und gleichermaßen zur Sicherstellung von weiteren, erst "künftig zu gewährenden Geld-, Haftungs- oder Garantiekrediten" eingeräumt wurden. Beides kann aber im Gegensatz zur Meinung der Beklagten noch nicht zu einer gänzlichen Klagsabweisung führen, weil insoweit durchaus quantifizierbare und daher auch jeweils einer Teilabweisung fähige Teile der begehrten Leistungsverpflichtung vorliegen (vgl. MietSlg 30.741; JBl. 1979, 153; SZ 56/104; JBl. 1986, 38; NZ 1988, 101). Die Erlassung eines diesbezüglichen Teilurteiles erscheint aber noch nicht zweckmäßig, weil im Ergebnis wegen Vorliegens von Feststellungsmängeln jedenfalls eine Urteilsaufhebung und Rückverweisung der Rechtssache in die erste Instanz erforderlich ist:

Seit dem Gutachten des Obersten Gerichtshofes vom 24.Jänner 1933 (Plenarbeschluß SZ 15/17) ist klargestellt, daß auch eine mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belastete Liegenschaft mit Zustimmung des Verbotsberechtigten belastet und veräußert werden kann (Koziol-Welser, Grundriß8, II, 45; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 364 c; JBl. 1970, 476). Die Zustimmung muß vom Verbotsberechtigten stets freiwillig erteilt werden. Mit ihr soll vor allem - soweit es die Belastung betrifft - für den Liegenschaftseigentümer die Erlangung eines Kredites erleichtert werden (vgl. JBl. 1970, 476). In einem solchen Fall ist nach Lehre und Rechtsprechung auch die Einräumung des Vorranges vor dem für den Verbotsberechtigten bestellten Belastungs- und Veräußerungsverbotes durch den Verbotsberechtigten zulässig (Klang in Klang2, II, 507; Feil, Grundbuchsgesetz, 172; SZ 15/17 ua; zuletzt BankArch 1987, 842; vgl. auch Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 464 ganz allgemein hinsichtlich Buchberechtigter).

Im Gegensatz zur Meinung der Beklagten kann daher in der Vereinbarung gemäß Punkt 4) des Vergleiches vom 27. Jänner 1984, deren Auslegung mangels einer behaupteten oder festgestellten, vom Wortlaut abweichenden Parteienabsicht, rechtliche Beurteilung ist (vgl. MietSlg 34.777), schon deshalb kein Vorvertrag liegen, weil die Beklagte als Verbotsberechtigte dem Kläger als Grundeigentümer bereits die genannte Zustimmung für eine betragsmäßig begrenzte Belastung der Liegenschaft zu einem ganz bestimmten Zweck erteilt hat. Der von den Parteien mit dieser Vereinbarung verfolgte übereinstimmende Zweck lag demnach ganz offensichtlich darin, dem Beklagten eine Kredit- oder Darlehensaufnahme ausschließlich zur Sanierung des Hofgebäudes Quettensberg Nr. 6 zu ermöglichen. Schon auf Grund dieser Zustimmungserklärung allein wäre die Beklagte daher zur Abgabe der bei Kredit- oder Darlehensaufnahme und Pfandrechtseinräumung durch den Kläger zur Durchführung des Vertrages erforderlichen grundbuchsrechtlichen Erklärungen verpflichtet gewesen (Schwimann/Pimmer, ABGB, II, § 364 c Rz 20). Sie hat diese Verpflichtung darüber hinaus für den Fall der Errichtung einer Darlehensurkunde auch noch ausdrücklich im Vergleich übernommen.

Die Beklagte verweist zwar zutreffend darauf, daß die Vorrangseinräumung im Wege eines Vertrages zwischen den beteiligten bücherlich Berechtigten erfolgt (Koziol-Welser, Grundriß8, II, 105; Petrasch, aaO), doch ist damit für sie noch nichts gewonnen. Daß die von ihr abverlangte Vorrangseinräumungserklärung noch der Annahme durch den Kreditgeber als Pfandgläubiger bedarf, vermag an ihrer dem Beklagten gegenüber eingegangenen Verpflichtung zur Unterfertigung einer ihr vorgelegten und - wie hier - bestimmten grundbuchsfähigen diesbezüglichen Erklärung nichts zu ändern.

Gerade weil sich aber die im Vergleich vom 27.Jänner 1984 abgegebene Zustimmung der Beklagten als der aus den intabulierten Veräußerungs- und Belastungsverboten Berechtigten zur vorrangigen Einverleibung einer Höchstbetragshypothek nach dem bisher Gesagten auf ein solches Pfandrecht beschränkte, welches der Kläger zur Erlangung eines in ganz bestimmter Richtung zweckgebundenen Kredites oder Darlehens einräumen muß, ist die Sache im Gegensatz zur Meinung der Vorinstanzen noch nicht spruchreif. Aus der Feststellung, zur Sanierung des Hofgebäudes Quettensberg Nr. 6 bestehe immer noch ein finanzieller Bedarf von mehreren einhunderttausend Schilling, läßt sich nämlich aus diesem Grund keineswegs schon zwingend die rechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Unterfertigung der konkreten Vorrangseinräumungserklärung gemäß Beilage A ableiten. Hiezu sind vielmehr noch weitere Feststellungen über den Zweck des vom Kläger bei der R*** S*** registrierte

Genossenschaft mbH aufgenommenen Kredites und - falls er die Kreditvaluta bereits ausbezahlt erhalten hat - über deren Verwendung durch ihn erforderlich; dies insbesondere auch im Hinblick auf das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten, wonach gerade die klagsgegenständliche Kreditaufnahme nicht zu Zwecken der Sanierung des Hofgebäudes, sondern lediglich zu einer Umschuldung von alten und notleidenden Krediten dienen solle. Schon nach den bisherigen Ausführungen durfte auch dieses Vorbringen keineswegs ungeprüft bleiben.

Es liegen somit Feststellungsmängel vor, die noch eine Erörterung und Verfahrensergänzung in erster Instanz erforderlich machen.

In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Die Rechtssache mußte zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E17063

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00559.89.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19890316_OGH0002_0060OB00559_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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