TE OGH 1989/3/16 6Ob508/89

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Veröffentlicht am 16.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sylvia C***, Angestellte, 1020 Wien, Novaragasse 40/23, vertreten durch Dr.Gerhard Trenker, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Jovan C***, Installateurmeister, 1020 Wien, Tandelmarktgasse 5, vertreten durch Dr.Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert: 310.968 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28.September 1988, GZ 43 R 1060, 1062/88-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 28.März 1988, GZ 1 C 8/86-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Streitteile haben am 22.Februar 1969 vor dem Standesamt Wien Brigittenau die Ehe geschlossen. Ihr entstammt der am 16.August 1969 geborene Sohn Heinz, welcher derzeit eine Industriekaufmannslehre absolviert.

Während die Ehe in den Anfangsjahren gut verlief, begann der Beklagte ab dem Jahre 1984 damit, in kaum einer Nacht vor 3.00 Uhr oder 4.00 Uhr früh nach Hause zu kommen. Der Grund hiefür lag nicht nur in einem erhöhten Zeitaufwand wegen seiner Tätigkeit als Landtagsabgeordneter, sondern auch darin, daß er damals ein ehewidriges Verhältnis mit Maria M*** begonnen hatte. Hievon hörte die Klägerin von Bekannten erstmals am 10.Juli 1985. In der darauffolgenden Nacht fuhr sie in die Wohngegend der Maria M*** und sah dort um etwa 1.00 Uhr früh den vor deren Wohnung geparkten PKW des Beklagten. Daraufhin zog die Klägerin endgültig aus der ehelichen Wohnung aus.

Die Klägerin arbeitete bis dahin im Betrieb des Beklagten als Buchhaltungskraft mit einem monatlichen Nettoverdienst von 8.500 S, der aber lediglich buchhaltungsmäßig als ihr Lohn verbucht wurde. Tatsächlich entnahm die Klägerin je nach dem Haushaltsbedarf aus der Firmenkasse monatlich Beträge in der Größenordnung von ca. 20.000 S. Damit bezahlte sie alle Haushaltsaufwendungen inklusive Miete, Strom und Gas für die Ehewohnung.

Seit Juli 1985 hat der Beklagte an die Klägerin keinerlei Unterhaltsbeiträge mehr geleistet.

Am 17.Juli 1985 sprach der Beklagte die fristlose Entlassung der Klägerin aus, weil sie aus der Firmenkasse einen Betrag von 158.000 S entnommen habe. Die Klägerin zahlte diesen von ihr tatsächlich entnommenen Betrag binnen einer Woche wieder in die Firmenkasse zurück und führte gegen ihre Entlassung einen in allen drei Instanzen erfolgreichen arbeitsgerichtlichen Prozeß. Ab dem 17.Juli 1985 bezog die Klägerin eine Arbeitslosenunterstützung von monatlich ca. 4.500 S bis 5.000 S. Ihr sechs Monate danach gestellter Antrag auf Notstandshilfe wurde im Hinblick auf die aufrechte Ehe abgewiesen. Vom 2.Mai 1986 bis 30. November 1986 war die Klägerin bei der Firma R*** teilzeitbeschäftigt und verdiente dort monatlich ca. 4.000 S. Von Dezember 1986 bis Juni 1987 arbeitete sie bei der V*** Gesellschaft mbH & Co. KG und verdiente dort ca. 4.200 S monatlich; hinzu kamen für den gesamten Zeitraum 4.945,50 S brutto für geleistete Überstunden. Seither bezieht die Klägerin wiederum eine Arbeitslosenunterstützung von monatlich 2.800 S. Sie ist beim Arbeitsamt zur Vermittlung gemeldet, doch konnte für sie wegen ihrer mangelnden Spezialausbildung noch keine Arbeitsmöglichkeit vermittelt werden.

Der Beklagte betreibt ein Installationsunternehmen und ist daneben auch noch Abgeordneter zum Wiener Landtag. Aus beiden Tätigkeiten erzielte er im Jahre 1986 ein anrechenbares monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 31.471 S und für das Jahr 1987 ein solches von 32.787 S.

Die Klägerin begehrte als Ehegattin des Beklagten mit der am 28. März 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage von diesem die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von letztlich 8.638 S seit Klagstag (ON 35, AS 245 f). Sie brachte vor, sie sei, nachdem der Beklagte die Ehewohnung grundlos verlassen und sie selbst entlassen habe, nicht mehr berufstätig, sondern sorge für den mj. Sohn Heinz und führe den Haushalt.

Der Beklagte hielt dem entgegen, daß nicht er, sondern die Klägerin mit dem Sohn die Ehewohnung grundlos verlassen habe. Ihre Entlassung sei berechtigt gewesen. Die Klägerin hätte sich längst eine andere Beschäftigung suchen können und müssen, ihre berufliche Untätigkeit gehe lediglich auf ihre Bequemlichkeit zurück. Sie wohne derzeit bei ihrer Mutter, die ihr auch den Haushalt führe. Der Sohn sei mittlerweile nahezu 17 Jahre alt und benötige kaum mehr eine intensive Pflege und Betreuung.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 8.434 S für den Zeitraum vom 28. März 1986 bis 30.November 1986, von 8.219 S für den Zeitraum vom 1. Dezember 1986 bis 30.Juni 1987 und von 8.638 S ab 1.Juni 1987. Das Mehrbegehren der Klägerin für den Zeitraum bis 30.Juni 1987 wurde (mittlerweile rechtskräftig) abgewiesen. Das Erstgericht stellte im wesentlichen den eingangs geschilderten Sachverhalt fest und folgerte daraus rechtlich, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei gemäß § 94 Abs 2 ABGB grundsätzlich berechtigt; in seiner Geltendmachung liege auch kein Rechtsmißbrauch. Dessen Höhe ergebe sich aus der von der Judikatur entwickelten Berechnungsmethode. Danach seien die jeweiligen Einkommen der Parteien für die jeweiligen Zeiträume zusammengezählt, der entsprechende Prozentsatz unter Berücksichtigung der Sorgepflicht des Beklagten für seinen minderjährigen Sohn berechnet und das jeweilige Eigeneinkommen der Klägerin in Abzug gebracht worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Rechtlich billigte das Gericht zweiter Instanz die Ansicht des Erstgerichtes, wonach die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt habe. Im übrigen sei sie ihrer Verpflichtung zur Beitragsleistung durch die festgestellten Bemühungen zwecks eigener Berufsausübung ausreichend nachgekommen. Für die Anwendung des Anspannungsgrundsatzes zur Ermittlung eines höheren als des festgestellten Einkommens der Klägerin biete die vorliegende Sachverhaltsgrundlage keine Veranlassung. Zu der vom Beklagten erhobenen Beweisrüge, es seien bei der Feststellung seines Durchschnittseinkommens die von ihm eingegangenen Kreditverbindlichkeiten nicht berücksichtigt worden, verwies das Berufungsgericht darauf, daß solche Verbindlichkeiten schon deshalb hätten außer Betracht bleiben müssen, weil der Beklagte in dieser Richtung nicht das geringste erstinstanzliche Sachvorbringen erstattet habe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich das vom Beklagten als "außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Der Beklagte macht lediglich geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht auf die von ihm als selbständiger Gewerbetreibender eingegangenen Kreditverbindlichkeiten nicht Bedacht genommen und es habe auch die Frage, ob die Klägerin nicht doch unter dem Gesichtspunkt der Anspannungstheorie zur Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit bei einem familienfremden Arbeitgeber verpflichtet wäre, unrichtig gelöst.

Gemäß § 502 Abs 2 Z 1 ZPO ist jeder weitere Rechtszug gegen Entscheidungen des Berufungsgerichtes über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes unzulässig. Ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung die Unterhaltsbemessung betrifft, ist dem Inhalt der Entscheidung zu entnehmen; aus dem Inhalt des Rechtsmittels ist hingegen abzuleiten, inwieweit zum Unterhaltskomplex gehörige Fragen bekämpft werden

(EFSlg 44.074 ua). Bejahendenfalls ist die Revision absolut unzulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1864).

Nach dem Judikat 60 neu (SZ 27/177) gehört zur Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes die Beurteilung der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind, sowie der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Um eine bloße Unterhaltsbemessungsfrage handelt es sich demnach, wenn bei Streit nur das Ausmaß, das Mehr oder Weniger einer Unterhaltsverpflichtung, betroffen wird (SZ 51/110; EFSlg 49.370 uva). Auch der Hinweis, daß nicht alle für die Bemessung maßgebenden Umstände berücksichtigt worden sind, betrifft den irrevisiblen Unterhaltsbemessungskomplex (EFSlg 49.866 ua), desgleichen die Frage, ob und allenfalls welche Kreditrückzahlungen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind oder nicht (EFSlg 44.588, 49.882). Dasselbe gilt für Fragen der Anspannungstheorie (EFSlg 37.315, 46.688 ua), weil auch die Beurteilung, ob und welche Berufsausübung der nach § 94 ABGB unterhaltsberechtigten Ehegattin allenfalls zumutbar wäre, den Komplex der zur Deckung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind, berührt.

Nur derartige Bemessungsfragen betrifft aber die Revision des Beklagten. Sie war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E16827

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00508.89.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19890316_OGH0002_0060OB00508_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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