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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Köller und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde 1. des Dipl. Vw. Dr. R, und
2. der B, beide in I, beide vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 4. Juli 2003, Zl. 222.262/3- 3/03, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2-4, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, 3. Arbeitsmarktservice Tirol in 6010 Innsbruck, Schöpfstraße 5,
4. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1),
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 2., 3. und 4. des angefochtenen Bescheides richtet, als unzulässig zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der Erstmitbeteiligten wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 26. August 2002 hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse festgestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin als Dienstnehmerin des Erstbeschwerdeführers "ab 1.1.2000 bis laufend" der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG unterliegt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführer betreffend die gegen diesen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erhobenen Einsprüche stattgegeben und in Bestätigung des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse festgestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin "ab dem 1.1.2000 bis laufend" beim Erstbeschwerdeführer als Dienstgeber gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 i. V.m. Abs. 2 ASVG der Vollversicherungspflicht unterliegt (Spruchpunkt 1.). In Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführer betreffend die Rückerstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen ab dem 1. Oktober 2000 wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen, mit Spruchpunkt 3. wurde der (nach Einbringung des Devolutionsantrages ergangene) Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Mai 2003 wegen Unzuständigkeit behoben und mit Spruchpunkt 4. wurde die Berufung der Beschwerdeführer (gemeint wohl: gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Mai 2003) als unzulässig zurückgewiesen.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 1., soweit er die Vollversicherungspflicht der Zweitbeschwerdeführerin betrifft, stellte die belangte Behörde fest, dass die Zweitbeschwerdeführerin eine Eigenpension beziehe und gleichzeitig seit dem 1. Jänner 2000 als Dienstnehmerin beim Erstbeschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG beschäftigt sei, wobei das Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze liege. In rechtlicher Hinsicht hielt die belangte Behörde fest, dass das ASVG für Pensionisten keine Ausnahme von der Entrichtung von Pensionsversicherungsbeiträgen vorsehe.
Gegen Punkt 1 dieses Bescheides erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit dem Antrag, "den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Bestätigung der Vollversicherungspflicht in Spruchpunkt 1. aufzuheben". Ausdrücklich festgehalten wurde in dieser Beschwerde, dass gegen die ebenfalls in Spruchpunkt 1. erfolgte Entscheidung über den Devolutionsantrag sowie gegen die weiteren Spruchpunkte keine Beschwerde erhoben werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 23. September 2003, B 1133/03, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer "im Recht auf Sachentscheidung über eine zulässige Berufung verletzt, ferner im Recht auf eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Entscheidungsbegründung und auf eine ausreichende Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen".
Die Beschwerdeführer stellen die Anträge, den angefochtenen Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Spruchpunkte 3. und 4.) und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Spruchpunkte 1. und 2.)" aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde; die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt verzichtete ausdrücklich auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die weiteren Mitbeteiligten haben sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Bei der vorliegenden Beschwerde handelt es sich um eine vom Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde. Für den Fall einer nur teilweisen Bekämpfung eines Bescheides mit zwei oder mehreren trennbaren Absprüchen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist damit auch der Umfang des allfälligen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt. Eine Ausdehnung des Streitgegenstandes vor dem Verwaltungsgerichtshof nach Beschwerdeabtretung ist auch auf Grund eines Auftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG unzulässig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0238). Wie sich aus der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ergibt, haben die Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof innerhalb der Beschwerdefrist ausschließlich die in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung der Vollversicherungspflicht der Zweitbeschwerdeführerin bekämpft (durch die ebenfalls in Spruchpunkt 1. enthaltene Stattgebung des Devolutionsantrags der Beschwerdeführer konnten diese nicht in ihren Rechten verletzt sein).
Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ist von den weiteren Spruchpunkten, in denen über einen nicht die Frage der Versicherungspflicht betreffenden Antrag des Beschwerdeführers, sowie über den nach Zuständigkeitsübergang erlassenen Bescheid des Landeshauptmannes und die dagegen gerichtete Berufung entschieden wurde, trennbar. Die in der nunmehrigen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Ausdehnung des Streitgegenstandes auf die Spruchpunkte 2. bis 4. des angefochtenen Bescheides ist, weil außerhalb der Beschwerdefrist erfolgt, verspätet, sodass die Beschwerde, soweit sie sich gegen diese Spruchpunkte richtet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen war.
2. Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Bescheides stellt lediglich darauf ab, dass die Begründung nicht dem in § 60 AVG geforderten Kriterien entspreche. Der in der Begründung enthaltene Hinweis der belangten Behörde, dass die Zweitbeschwerdeführerin bereits mit einem Schreiben der belangten Behörde vom 6. November 2002 "ausführlich über die geltende Rechtslage bzw. über den Rechtsstandpunkt des Verfassungsgerichtshofes" informiert worden sei und sie diesen Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen habe, stelle keine dem § 60 AVG entsprechende Bescheidbegründung dar.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der angefochtene Bescheid die Rechtsgrundlagen der Versicherungspflicht der Zweitbeschwerdeführerin, die Sachverhaltsfeststellungen - wonach die Zweitbeschwerdeführerin als Dienstnehmerin mit einem über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Entgelt beschäftigt ist - und die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes enthält. Die Beschwerdeführer haben in ihrem Einspruch gegen den erstinstanzlichen Bescheid - über den auf Grund der Säumnis des Landeshauptmannes die belangte Behörde zu entscheiden hatte - auch lediglich ausgeführt, dass sie sich in ihrem "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz" verletzt erachten, darüber hinaus aber kein weiteres Vorbringen erstattet, mit dem eine Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet worden wäre. Auch in der Beschwerde wird nicht dargetan, dass sich die belangte Behörde mit dem Einspruchsvorbringen nicht auseinander gesetzt hätte oder dass die Beschwerdeführerin auf andere Weise durch die - auf Grund des einfachen, unstrittigen Sachverhalts - knappe Begründung an der Verfolgung ihrer Rechte gehindert gewesen wären. Dass die belangte Behörde darüber hinaus in den angefochtenen Bescheid auch einen Hinweis auf eine nähere Erläuterung der Rechtslage in einem Schreiben an die Beschwerdeführer aufgenommen hat, ändert an der schon ohne Berücksichtigung dieses Schreibens ausreichenden Begründung nichts.
Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet, war sie daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war abzuweisen, da diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
Wien, am 19. Oktober 2005
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080194.X00Im RIS seit
24.11.2005