TE OGH 1989/3/30 8Ob524/89

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Veröffentlicht am 30.03.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Zehetner und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Walter S***, Kaufmann, 1030 Wien, Kölblgasse 9, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot Firma B*** & Co. Ges.m.b.H., 1195 Wien Greinergasse 45, vertreten durch Dr. Herwig Kubac und Dr. Harald Svoboda, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 501.898,30 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Juli 1988, GZ 48 R 249/88-34, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 10. März 1988, GZ 3 C 4/88-27, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.225,45 (einschließlich S 565,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei - nach dem Stand des Verfahrens am Schluß der mündlichen Streitverhandlung und soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - nach der am 30. Juni 1985 erfolgten Beendigung des mit Vertrag vom 11. September 1978 begründeten Mietverhältnisses über Räume im Haus Wien 11, Leberstraße 108-110, die Zahlung von S 501.898,30 (ON 1, 4 und 7).

In diesem Betrag sind enthalten:

a) S 92.400,- an Mietzins für die Zeit von Jänner 1983 bis August 1984 für von der beklagten Partei zusätzlich zu den im Bestandvertrag angeführten Räumen benützten Lagerfläche von 70 m2; die beklagte Partei habe diese Fläche im Jahre 1983 eigenmächtig in Bestand genommen.

b) S 3.282,40 an Umsatzsteuer aus S 16.412,- gleichfalls eingeklagten Verzugszinsen aus einem Mietzinsrückstand von

S 389.803,90.

Die beklagte Partei begehrt die Abweisung der Klage und wendet ein, ein Mietzinsrückstand bestehe nicht. Die im Lagerraum gelegene Fläche von 70 m2 sei von der beklagten Partei mit Zustimmung des Klägers unentgeltlich seit Beginn des Bestandverhältnisses benützt worden (ON 3 und 7).

Überdies wendet die beklagte Partei - zusätzlich zu den bereits vom Kläger bei Errechnung des eingeklagten Betrages berücksichtigten Gegenforderungen - S 280.531,80 an Gegenforderungen aufrechnungsweise ein (ON 3 und 7); dazu gehören

a) S 182.002,80 als Ersatz für den von der beklagten Partei eingebauten Lastenaufzug, der vertragsgemäß bei Beendigung des Mietverhältnisses zu Buch- oder Zeitwert vom Kläger aufgekauft werden müsse, und

b) S 16.929,- für die Mitbenützung einer gemieteten Rampenfläche von 81 m2 durch den Kläger von September 1984 bis Juni 1985, wobei pro Monat S 38,-, das sei der halbe Mietpreis pro m2, in Rechnung gestellt würde.

Der Kläger wendete gegen die Gegenforderungen ein, der Lastenaufzug sei für ihn wertlos; er begehre vielmehr die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Die Rampe sei nur zu einem geringen Teil durch den Kläger benützt worden, weil die beklagte Partei dort Materialien gelagert gehabt habe. Zum Ausgleich für die geringfügige Benützung der Rampe habe die beklagte Partei ihr nichtzustehende Flächen als Lager verwendet (ON 4). Überdies werde bezüglich aller Gegenforderungen Verjährung bzw. Verschweigung eingewendet (ON 19, AS 83).

Das Erstgericht erkannte die eingeklagte Forderung als mit S 389.803,90 zu Recht bestehend, mit S 112.094,40 (einschließlich S 92.400,- Mietzins von Jänner 1983 bis August 1984 für 70 m2 Lagerfläche und S 3.282,40 Umsatzsteuer aus Verzugszinsen) als nicht zu Recht bestehend, die eingewendeten Gegenforderungen nur mit S 124.180,- (S 120.000,- für Lastenaufzug und S 4.180,- für Mitbenützung der Rampe) als zu Recht bestehend, und gab demnach dem Klagebegehren mit S 265.623,90 s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 236.274,40 ab.

Das Erstgericht stellte folgenden für die oben jeweils unter a) und b) angeführten Forderungen und Gegenforderungen bedeutsamen Sachverhalt fest:

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 1322 KG Simmering und des darauf befindlichen, im Jahr 1978 fertiggestellten sechsgeschoßigen Büro- und Lagergebäudes in der Leberstraße 108-110 im 11. Wiener Gemeindebezirk.

Am 11. September 1978 unterfertigten der Kläger als Vermieter und der allein vertretungsbefugte Geschäftsführer Heinz Karl E*** für die beklagte Partei als Mieterin einen vom damaligen Rechtsvertreter der beklagten Partei verfaßten Mietvertrag. Gegenstand der Vermietung waren das komplette zweite, dritte und vierte Stockwerk als Büroräume, ein Großteil des Erdgeschosses (im hinteren Bereich), wegen des Geländeanstieges als 1. Erdgeschoß bezeichnet) und knapp die Hälfte des Kellergeschosses (im hinteren Teil als 2. Kellergeschoß bezeichnet) als Lagerräume. Im Erdgeschoß war ein schmaler Gang im Ausmaß von knapp 20 m2 und im Keller ein solcher von ca. 11 m2 sowie ein Kellerraum im Ausmaß von rund 30 m2 der gemeinsamen Benützung durch beide Parteien vorbehalten. In § 1 des Mietvertrages wird auf einen Bestandplan, in welchem die Bestandflächen färbig eingezeichnet sind, verwiesen. In natura gab es keine Abgrenzung zwischen dem der beklagten Partei vermieteten Lagerraum im Erdgeschoß (1. Kellergeschoß) und dem nicht vermieteten hinteren Teil.

Der monatliche Mietzins wurde mit S 82.880,-, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976, zuzüglich der auf das Mietobjekt entfallenden anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben plus Mehrwertsteuer festgelegt (§§ 2 und 3 des Mietvertrages).

Im übrigen lautet der Mietvertrag auszugsweise wie folgt:

"§ 5 Instandhaltung und bauliche Veränderung:

1. Die Mieterin übernimmt das Bestandobjekt als Neubau komplett schlüsselfertig. ...

2. Die Büroräume sind weiß ausgemalt, sämtliche

Elektroinstallationen ... sind vorhanden, ebenso

die ... Beleuchtungskörper. Die Räume sind zentralbeheizt

(Fernheizwerk mit eigenem Zähler für die Mieterin), das Mietobjekt

hat einen eigenen Stromzähler. Es werden ... Telefon- und Telex zur

Verfügung gestellt.

3. Darüberhinausgehende zusätzliche Einbauten, wie eine Hebebühne und eine Rohrpostanlage (Fabrikat Telekon Fa. S***) gehen zu Lasten der Mieterin, wobei sämtliche Kosten später bei Auflösung des Mietvertrages zum Buchwert oder entsprechenden Zeitwert von der Vermieterin aufgekauft werden müssen.

§ 6 Abtretung der Mietrechte und Untervermietung:

5. Investitionen der Mieterin werden zum Zeitpunkt der Auflösung des Mietverhältnisses insofern abgelöst, als sich dadurch eine Werterhöhung des Gebäudes ergibt; und zwar auch dann eine Werterhöhung, wenn das Objekt zu einem andren als dem bisherigen Zweck verwendet wird. Als Wert gilt der Buch- oder niedrigere Zeitwert, jedoch max. 60 % der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten.

§ 8 Dauer des Mietverhältnisses:

1. Das Mietverhältnis beginnt am 1. August 1978 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. ...

§ 10 Formvorschriften:

1. Abänderungen und Ergänzungen dieses Mietvertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform und verzichten die Parteien darauf, von diesem Vorbehalt der Schriftform in vereinfachter Form abzugehen."

Während der Vertragsverhandlungen und bei Errichtung und Unterfertigung des Mietvertrages lag der Bestandplan, in dem die in Bestand gegebenen Flächen und Räumlichkeiten sowie die der gemeinsamen Nutzung dienenden Flächen und Räume färbig eingezeichnet wurden, bereits vor.

Es konnte nicht festgestellt werden, daß vor oder anläßlich der Unterzeichnung des Mietvertrages über die Auslegung der Bestimmungen des § 5 Abs 3 und des § 6 Abs 5 des Mietvertrages gesprochen bzw. deren Verhältnis zueinander erörtert wurde. Im Zuge der Vertragsverhandlungen wurde die vom Vermieter herzustellende Ausstattung des Bestandobjektes erörtert, wobei die beklagte Partei erreichen wollte, daß auch eine Hebebühne zwischen Keller und Erdgeschoß und eine Rohrpostanlage vom Kläger eingebaut wird. Die beklagte Partei nahm unmittelbar nach Abschluß des Mietvertrages ihren Betrieb im Bestandobjekt auf und es wurden die gemieteten Lagerräume sukzessive mit Waren aufgefüllt. Als ein bis zwei Jahre nach Betriebsbeginn die Kapazität dieser Lagerräume ausgeschöpft war, belegte die beklagte Partei auch den laut Mietvertrag und Bestandplan der klagenden Partei vorbehaltenen hinteren Teil des Erdgeschosses (1. Kellergeschosses) vollständig mit ihren Waren.

Der Kläger zog mit seinem Elektroinstallationsunternehmen erst 1979 oder 1980 in das Objekt Leberstraße 108-110 ein. Spätestens 1981-1982, als er im hinteren Teil des Erdgeschosses (1. Kellergeschosses) das geplante Rohrlager einrichten wollte, bemerkte der Kläger erstmals, daß diese Lagerfläche im Ausmaß von 70 m2 von der beklagten Partei bereits vollständig in Anspruch genommen war. Er sprach Heinz Karl E*** auf diesen Umstand mehrfach an und verlangte die Bezahlung von Mietzins oder Benützungsentgelt für die zusätzlich in Anspruch genommene Lagerfläche. Auf dieses Thema kam der Kläger bei verschiedenen Anlässen - und zwar durch einen Zeitraum von etwa einem Jahr hindurch - zu sprechen, insbesondere anläßlich von Indexerhöhungen des Mietzinses, Heizkostenabrechnungen oder dergleichen. E*** lehnte aber die geforderten Zahlungen unter Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Lage der beklagten Partei und die seiner Meinung nach ohnehin hohen Mietzinszahlungen für das Bestandobjekt ab. Der Kläger forderte als Alternative zu einer Mietzinszahlung für die zusätzlich in Anspruch genommenen Lagerflächen deren Räumung durch die beklagte Partei. Auch dies lehnte E*** ab. Der Kläger schrieb der beklagten Partei während des ganzen Zeitraums aber weder Mietzins noch Benützungsentgelt für die zusätzlich in Anspruch genommenen Lagerräumlichkeiten vor.

Ende 1981 oder Anfang 1982 stellte die beklagte Partei dem Kläger die im ersten und zweiten Stock gelegenen Büroräume, die Ausstellungsräume im 4. Stock und die Lagerräume im untersten Kellergeschoß zurück; dabei wurde eine verhältnismäßige Minderung des Mietzinses vereinbart. Auch nach dieser Teilkündigung des Mietverhältnisses durch die beklagte Partei forderte der Kläger von der durch Heinz Karl E*** vertretenen beklagten Partei die Zahlung von Mietzins für die 70 m2 Lagerfläche im hinteren Teil des Erdgeschosses (1. Kellergeschosses) bzw. deren Räumung. Heinz Karl E*** beendete sein Dienstverhältnis mit der beklagten Partei im August oder September 1982. Damals trat Otto G*** als Geschäftsführer in die beklagte Partei ein. Er hatte zunächst kein Kenntnis davon, daß der hintere Teil des Lagers im Erdgeschoß (1. Kellergeschoß) laut Mietvertrag und Bestandplan nicht an die beklagte Partei vermietet war. Der Kläger trat auch zunächst nicht mit Mietzins- oder Räumungsforderungen diesbezüglich an Otto G*** heran.

Erst mit Schreiben vom 29. August 1984 - eine Antwort auf eine Vorsprache G*** bezüglich Mietzinssenkung - teilte der Kläger der beklagten Partei folgendes mit:

"Weiters werden wir jenen Teil im Bereich Kellerlager, welchen Herr E*** vorerst im Mietvertrag nicht einbezogen hatte (siehe Plan zum Mietvertrag) und von uns zur Verfügung gestellt wurde für unser eigenes Lager wieder abtrennen."

In weiterer Folge gab Otto G*** dem Kläger die Absicht der beklagten Partei bekannt, das Bestandverhältnis aufzukündigen. Der Kläger forderte Otto G*** in weiterer Folge mehrfach zur Räumung der gegenständlichen 70 m2 Lagerfläche auf; Otto G*** lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, daß die beklagte Partei keine Ausweichmöglichkeit habe und die Lagerfläche benötige. Er vertrat im übrigen den Standpunkt, diese Räume gelten seit der Teilkündigung und Neufestsetzung des Mietzinses als mitvermietet bzw. es habe die beklagte Partei ein "Gewohnheitsrecht" daran erworben; im übrigen werde sie das Bestandobjekt ohnehin in absehbarer Zeit verlassen.

Mit Schreiben vom 15. April 1985 (Beilage C) schrieb der Kläger der beklagten Partei für die Benützung der zusätzlichen Lagerraumflächen von 70 m2 "anteilige Mietkosten" von S 60,- pro m2 für die Monate September 1984 bis April 1985 vor, nämlich S 33.600,-

zuzüglich 10 % Umsatzsteuer, zusammen daher S 36.960. Im Rahmen des Elektroinstallationsunternehmens des Klägers wurden ab September 1984 Paletten mit verschiedenen Gegenständen auf den laut Mietvertrag und Bestandplan der beklagten Partei vermieteten Rampen abgestellt bzw. gelagert. Die Rampen haben ein Ausmaß von 81 m2. Die Ablagerungen aus dem Betrieb des Klägers nahmen 10 m2 dieser Rampenfläche in Anspruch und stellten keine nennenswerte Behinderung im Betrieb der beklagten Partei dar. Mit Schreiben vom 12. Juni 1985 stellte die beklagte Partei dem Kläger für die Mitbenützung der Rampenfläche den halben darauf entfallenden Mietzins in Rechnung, und zwar für 40,5 m2 zu je S 38,-, das sind S 1.539,- pro Monat für die Monate September 1984 bis Juni 1985, zusammen inklusive 10 % Umsatzsteuer S 16.929,-

(Beilagen 5 und 6).

Mit Rechnung vom 28. Juni 1985 schrieb der Kläger der beklagten Partei für die zusätzlich benützte Lagerraumfläche von 70 m2 für die Monate Mai und Juni 1985 S 9.240,- inklusive Umsatzsteuer zur Zahlung vor (Beilage R).

Mit Schreiben vom 17. Juli 1985 schickte die beklagte Partei dem Kläger den Brief vom 15. April 1985 und die Rechnung vom 28. Juni 1985 mit der Bemerkung zurück, diese nicht anzuerkennen, weil die erwähnte Fläche seit Beginn des Bestandverhältnisses in die Bestandsfläche miteinbezogen worden sei; diese Tatsache sei ihm seit 11. September 1978 bekannt gewesen und dagegen habe er sich niemals ausgesprochen, so daß daraus eine konkludente Zustimmung zur Benützung abgeleitet werden könne.

Mit Schreiben vom 25. Juli 1985 entgegnete dazu der Kläger, diese Argumente nicht anzuerkennen, weil er die beklagte Partei schriftlich zur Räumung des Lagers aufgefordert habe, so daß diese selbstverständlich für die Mietkosten aufzukommen habe; er forderte die beklagte Partei zur Bezahlung der offenen Rechnungen bis 30. Juli 1985 auf.

Mit Schreiben vom 29. Juli 1985 wies die beklagte Partei die Belastung des Mietzinses für die gegenständlichen 70 m2 Lagerflächen neuerlich zurück.

Mit Rechnung vom 29. November 1985 schrieb der Kläger der beklagten Partei für die Monate Jänner 1983 bis einschließlich August 1984, also für 20 Monate, Mietzins für die zusätzlich benützte Lagerraumfläche von 70 m2 zu je S 60,-, sohin S 4.200,-

monatlich, vor, nämlich einen Betrag von S 92.400,- inklusive 10 % Umsatzsteuer (Beilage U).

Mit 30. Juni 1985 wurde das Bestandverhältnis zwischen den Parteien einvernehmlich aufgelöst und das Bestandobjekt von der beklagten Partei geräumt.

Noch im Jahr 1978 ließ die beklagte Partei zwischen Keller und Erdgeschoß, den beiden untersten Geschossen, einen hydraulischen Personen- und Lastenaufzug mit Zustimmung des Klägers, der die Einreichpläne unterfertigte, einbauen. Der Neupreis der Aufzugsanlage inklusive Montage betrug S 200.000,-. Der Neupreis einer derartigen Aufzugsanlage im Jahr 1985 betrug S 280.000,-. Ausgehend von einer voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer von 20 Jahren und einer kontinuierlichen linearen Abschreibung ergibt sich im Zeitpunkt der Auflösung des Bestandverhältnisses ein Zeitwert der Aufzugsanlage von S 130.000,-. Die Aufzugsanlage stellt einen wesentlichen Vorteil für jede Lagerwirtschaft dar, weil Waren bei Umschichtung innerhalb der beiden Etagen nicht über den Umweg der Rampen, allenfalls unter Einsatz kraftbetriebener Transportmittel, verlagert werden müssen. Die Anlage ist damit grundsätzlich für das Gebäude werterhöhend. Der Aufzug befand sich im Zeitpunkt der Auflösung des Bestandverhältnisses und Rückstellung des Bestandobjektes an den Kläger in einwandfreiem Zustand. Anläßlich der Teilkündigung und Rückstellung der entsprechenden Bestandräume stellte die beklagte Partei keine Ersatzansprüche für Aufzugsanlage. Vor Beendigung des Bestandverhältnisses teilte Otto G*** dem Kläger mit, die beklagte Partei begehre Ersatz für die von ihr im Bestandobjekt getätigten Investitionen. Aufgrund eines am 29. April 1985 von Ing. Heinrich T*** erstellten Schätzungsgutachten stellte die beklagte Partei dem Kläger am 8. Juli 1985 für den Aufzug einen Betrag von S 151.669,-

zuzüglich 20 % Umsatzsteuer in Rechnung.

In seiner rechtlichen Beurteilung verneinte das Erstgericht zwar eine Erweiterung des Bestandverhältnisses auf die bereits mehrfach genannte 70 m2 umfassende Lagerfläche im hinteren Teil des Erdgeschosses (ersten Kellergeschosses), leitete aber aus dem festgestellten Verhalten des Klägers und seinen Erklärungen einen konkludenten Verzicht im Sinne des § 863 Abs 1 ABGB auf Benützungsentgelt für diese Räume für die Zeit vor September 1984 ab. Erst ab der Aufforderung auf Rückstellung dieser nicht mitgemieteten Lagerflächen durch Schreiben vom 29. August 1984 sei die beklagte Partei gemäß § 1041 ABGB zur Bezahlung eines angemessenen Benützungsentgeltes entsprechend dem Mietzins pro m2 für die gemieteten Lagerflächen verpflichtet.

Für die Gegenforderungen aus dem Titel des Investitionsersatzes sei § 6 Abs 5 des Mietvertrages maßgebend. Danach würden Investitionen des Mieters zum Zeitpunkt der Auflösung des Mietverhältnisses abgelöst, wenn sich aus der Investition eine Werterhöhung des Gebäudes ergebe. § 5 Abs 3 des Mietvertrages sei nicht als Spezialbestimmung des § 6 Abs 5 zu beurteilen und stelle keine Ausnahme von den dort normierten Erfordernissen der Werterhöhung des Gebäudes dar. Der Kläger sei daher gemäß § 6 Abs 5 des Mietvertrages zur Ersatzleistung für den Aufzug verpflichtet. Da der Zeitwert des Aufzuges im Zeitpunkt der Auflösung des Bestandverhältnisses 60 % der Anschaffungskosten von S 200.000,-

übersteige, sei letzterer für die Bemessung des Ersatzbetrages maßgeblich.

Für die eingeklagten Verzugszinsen von S 16.412,- bietet der festgestellte Sachverhalt keine Grundlage (dies gilt offenbar auch für die den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Umsatzsteuer von S 3.282,40 aus diesen Verzugszinsen, ohne daß dies bezüglich der Umsatzsteuer im erstgerichtlichen Urteil ausdrücklich gesagt worden wäre).

Schließlich schulde der Kläger der beklagten Partei für die Zeit von September 1984 bis Juni 1985 gemäß § 1041 ABGB Benützungsentgelt, weil er eine Fläche von 10 m2 in den an die beklagte Partei vermieteten Lagerräumen benützt habe. S 38,- pro m2 und Monat ergäben für diesen Zeitraum S 4.180,-.

Über Berufung beider Parteien hob das Gericht zweiter Instanz das erstgerichtliche Urteil, das bezüglich eines Zuspruches von

S 186.423,90 s.A. unangefochten geblieben war, teilweise auf und bestätigte es im übrigen als Teilurteil, in dem es aussprach, daß

1. die eingeklagte Forderung (einschließlich des unangefochten gebliebenen Zuspruches) nur mit S 389.803,90 zu Recht bestehe (und nicht mit weiteren S 95.682,40, nämlich S 3.282,40 Umsatzsteuer aus Verzugszinsen und S 92.400,- Benützungsentgelt für 70 m2 Lagerfläche von Jänner 1983 bis August 1984),

2. die eingeklagte Gegenforderung nur mit S 64.180,- zu Recht bestehe (S 60.000,- an halben Investitionskosten für den Aufzug und S 4.180,- für die Mitbenützung der Rampe durch den Kläger),

3. die beklagte Partei daher zur Zahlung von S 232.623,90 s.A. verpflichtet sei, und

4. ein Mehrbegehren von S 159.862,40 s.A. abgewiesen werde. Zu den einleitend für das Revisionsverfahren noch maßgebenden, jeweils unter a) und b) angeführten Teilbeträgen führte das Berufungsgericht zur Bestätigung der Abweisung von S 3.282,40 (Umsatzsteuer aus Verzugszinsen) und S 4.180,- (Gegenforderung wegen Mitbenützung der Rampe durch den Kläger) ebensowenig etwas aus wie der Kläger in den Berufungsgründen und vertrat im übrigen folgende Rechtsansicht:

Zur Rechtsrüge des Klägers hinsichtlich der Annahme eines konkludenten Verzichtes auf die Bezahlung eines Benützungsentgeltes für die nicht mitgemieteten Lagerflächen bis Ende August 1984 sei auf die unbekämpften Feststellungen zu verweisen, wonach dem Kläger spätestens seit dem Zeitpunkt der Teilkündigung zur Jahreswende 1981/1982 die Inanspruchnahme von nicht in Bestand gegebenen Lagerflächen durch die Beklagte bekannt war. Wenn der Kläger den damaligen Geschäftsführer Heinz Karl E*** auch mehrfach aufforderte, entweder diese Lagerflächen zu räumen oder dafür Mietzins zu bezahlen, so habe er es doch bei dessen Ablehnung, begründet mit dem Hinweis auf die schlechte wirtschaftliche Lage der beklagten Partei, den ohnehin hohen Mietzins oder sonstige Ausreden, bewenden lassen und auch in der Folge bis zum 15. April 1985 keinen "Mietzins" oder ein Benützungsentgelt für diese Lagerflächen vorgeschrieben. Erst aus Anlaß der Vorsprache des Geschäftsführers G*** wegen einer Mietzinsreduzierung auf S 53.000,-

monatlich habe sich der Kläger im Schreiben vom 29. August 1984 dazu unter der Bedingung bereiterklärt, daß "jener Teil im Bereich Kellerlager, welchen Herr E*** vorerst im Mietvertrag nicht einbezogen hatte und von ihm zur Verfügung gestellt wurde, für sein eigenes Lager wieder abgetrennt" werde. Von einer rückwirkenden Geltendmachung von "Mietzins" bzw. Benützungsentgelt für diese Lagerflächen sei aber selbst in diesem Schreiben nicht die Rede gewesen. Daß der Kläger jahrelang auch gar nicht die Absicht hatte, für diese nicht mitgemieteten Lagerflächen rückwirkend ein Benützungsentgelt zu verlangen, ergebe sich auch aus der Parteienaussage des Klägers, er habe erst nach Zustellung der Aufkündigung des Mietverhältnisses durch die beklagte Partei erstmals Nutzungsentgelt vorgeschrieben und dies auch nur deshalb, weil Herr G*** sich trotz mehrmaliger Aufforderung zur Räumung geweigert hätte (PV des Klägers vom 13. März 1987, AS 77). Bei Beurteilung eines Verhaltens gemäß § 863 ABGB komme es grundsätzlich nicht darauf an, was der sich in einer bestimmten Weise Verhaltende allenfalls wollte, sondern vielmehr darauf, welche Schlüsse der Partner daraus nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war. Ließ es der Vermieter nach seiner Aufforderung, die nicht mitgemieteten Lagerflächen zu räumen oder dafür einen "Mietzins" zu bezahlen, in der Folge rund 2 1/2 Jahre bei der ausdrücklichen Weigerung des Mieters bewenden, ohne tatsächlich ein Benützungsentgelt vorzuschreiben, so habe die beklagte Partei unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und unter Berücksichtigung aller Umstände den zweifelsfreien Schluß ziehen können, daß der Kläger für die Vergangenheit auf die Vorschreibung eines Benützungsentgeltes für diese Lagerflächen verzichte. Das Verhalten des Klägers ab der ausdrücklichen Verweigerung der Räumung oder Bezahlung eines Benützungsentgeltes für diese Flächen durch die Beklagte im Jahr 1982 bis zum Schreiben vom 29. August 1984 sei daher als ein Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung eines Benützungsentgeltes für diesen Zeitraum zu werten.

Der Einwand der Verjährung oder Verfristung der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen, also auch der bezüglich Investitionskostenersatzes für den Aufzug, sei nicht berechtigt. Diese Ansprüche des Beklagten leiteten sich nämlich nicht aus § 1097 ABGB ab und unterlägen daher auch nicht der dort normierten sechsmonatigen Präklusionsfrist. Es handle sich vielmehr um einen auf eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung

(§ 5 Abs 3 Mietvertrag) gestützten Anspruch, der der allgemeinen Verjährungsfrist des § 1478 ABGB unterliege. Da sich aber die Höhe des Investitionskostenersatzes für den Lastenaufzug nach § 6 Abs 5 des Mietvertrages zu richten habe und demnach als Wert der Ablöse der Buch- oder niedrigere Zeitwert, maximal jedoch 60 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gelten, müsse der primär maßgebende Buchwert festgestellt werden. Nach dem eigenen Standpunkt des Klägers in der Berufung betrage dieser Buchwert S 60.000,-, so daß das erstgerichtliche Urteil zunächst nur bezüglich dieses Teilbetrages bestätigt werden könnte, hinsichtlich des für den Lastenaufzug zugesprochenen weiteren darüber hinausgehenden Betrages von S 60.000,- aber aufgehoben werden müsse, weil das Erstgericht über den Buchwert keine Feststellungen getroffen habe. Gegen den klageabweisenden Teil des berufungsgerichtlichen Teilurteiles richtet sich die Revision des Klägers mit dem Hauptantrag, es insoweit in klagestattgebendem Sinn abzuändern, und dem Eventualbegehren, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerliche Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger nach dem Inhalt der Revisionserklärung und des Revisionsantrages zwar den gesamten abweisenden Teil (S 159.862,40) des berufungsgerichtlichen Teilurteiles anficht, also bezüglich der einleitend jeweils unter a) und b) genannten Beträge, jedoch tatsächlich die Revisionsgründe nur bezüglich der Klagsteilforderung von S 92.400,- (Mietzins bzw. Benützungsentgelt für Jänner 1983 bis August 1984) und der einredeweise geltend gemachten Gegenforderung von S 60.000,- (halbe Investitionskosten des Lastenaufzuges) ausführt, nicht jedoch bezüglich der beiden anderen Teilforderungsbeträge (S 3.282,40 und S 4.180,-). Auf die beiden letztgenannten Beträge ist daher vom Revisionsgericht nicht weiter einzugehen. Werden nämlich mehrere Ansprüche erhoben und beziehen sich die Rechtsmittelausführungen nur auf einige von diesen, so sind die anderen nicht auf ihre gesetzliche Berechtigung zu überprüfen (4 Ob 520/76; siehe auch JBl 1958, 182).

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt der Kläger die Unterlassung geeigneter Fragestellungen durch das Erstgericht dazu, ob Stundung oder Verschweigung einer Forderung auf Nutzungsentgelt für die Zeit vor September 1984 anzunehmen sei. Darauf kann aber nicht eingegangen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht wurden, mittels Revision nicht mehr aufgegriffen werden können (SZ 23/352, ÖBl. 1974, 57 uva, zuletzt 3 Ob 1004, 1005/89 v. 22. Februar 1989).

Gegen die Anerkennung eines Teiles der Investitionskosten für die Errichtung des Aufzuges als Gegenforderung hält der Kläger in der Revision nur noch den Verjährungseinwand aufrecht. Diesbezüglich billigt der Oberste Gerichtshof die völlig zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Forderung nach Leistung eines vertraglich zugesagten Investitionskostenersatzes wie jedes andere Recht aus einem Vertrag (MGA ABGB32 § 1478/E 9) mangels Sonderregelung erst nach Ablauf von 30 Jahren verjährt. Die Bestimmung des § 1097 ABGB bezieht sich schon nach seinem Wortlaut nur auf solche Ausbesserungen, die der Bestandnehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag durchführt, wenn der Bestandgeber die ihm nach dem Gesetz obliegenden Ausbesserungen unterläßt. Die dort normierte sechsmonatige Präklusionsfrist kann daher auf die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung wegen des im Mietvertrag selbst zugesagten Investitionskostenersatzes nicht angewendet werden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß diese Gegenforderung innerhalb von 3 Jahren - wie der Kläger in der Revision behauptet - verjähren solle.

Nach § 863 Abs 1 ABGB kann eine Willenserklärung auch stillschweigend durch solche Handlungen erfolgen, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln übrig lassen. Zwar hat bloßes Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert (Rummel in Rummel, ABGB § 863 Rdz 15). Wie aus der oben wiedergegebenen Begründung des Berufungsgerichtes hervorgeht, leitete dieses einen Verzicht auf die Geltendmachung des Benützungsentgeltes für die Zeit vor September 1984 aber nicht aus einem bloßen Schweigen ab, sondern aus dem festgestellten jahrelangen Verhalten der Streitteile und aus der sein Verhalten auslegenden Parteienaussage des Klägers in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. März 1987 (ON 19; AS 77). Der Kläger sagte nämlich selbst im Prozeß aus, er habe Benützungsentgelt für den späteren Zeitraum (ab September 1984) nur deswegen vorgeschrieben, weil sich der Geschäftsführer der beklagten Partei trotz mehrmaliger Auffoderung geweigert hätte, das strittige Objekt zu räumen. Bei dieser Sachlage liegt kein Rechtsirrtum vor, wenn das Berufungsgericht aus dem vorangegangenen Verhalten des Klägers im Zusammehang mit dieser Erklärung den Schluß zog, daß er für die Zeit vorher auf die Geltendmachung von Benützungsentgelt verzichtet hatte und deshalb nicht nachträglich dennoch ein solches begehren kann. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Kostenbemessungsgrundlage ist der Revisionsstreitwert von S 159.862,40.

Anmerkung

E17384

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00524.89.0330.000

Dokumentnummer

JJT_19890330_OGH0002_0080OB00524_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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