TE OGH 1989/3/31 5Ob533/89

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Veröffentlicht am 31.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 10.November 1984 verstorbenen, zuletzt in 1120 Wien, Hetzendorferstraße 37, wohnhaft gewesenen Pensionisten Alfred Josef L***, infolge Rekurses des erbserklärten erblasserischen Bruders Richard L***, Pensionist, Zöppelgasse 8, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Ernst Kassal, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 15.Dezember 1988, GZ 47 R 870/88-116, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7.November 1988, GZ 2 A 863/84-110, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Nachlaß des am 10.November 1984 unter Hinterlassung zweier Testamente verstorbenen Pensionisten Alfred Josef L*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom 3.November 1988, 2 A 863/84-107, auf Grund des Testamentes vom 20.Juni 1983 den nachgenannten bedingt erbserklärten Erben, und zwar der Elfriede K***, dem erblasserischen Bruder Richard L*** und dem erblasserischen Schwiegersohn Friedrich G*** als Erbe nach der erblasserischen Tochter Johanna G*** zu je einem Drittel eingeantwortet. Nach den Ergebnissen der Verlassenschaftsabhandlung wird dieser Einantwortungsurkunde zufolge ob den dem Erblasser je zur Gänze gehörenden Liegenschaften EZ 81 und EZ 1067 je KG Altmannsdorf die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die drei genannten Erben je zu einem Drittel vorzunehmen sein. Noch vor der am 14.November 1988 erfolgten Zustellung dieser Einantwortungsurkunde an die Beteiligten beantragte Elfriede K*** unter Hinweis auf ihre Stellung als zu einem Drittel berufene Erbin und Nachlaßgläubigerin die Absonderung des Nachlasses und die Bestellung eines Separationskurators. Sie habe in den Jahren 1972 bis 1982 umfangreiche Leistungen für den Erblasser in dessen Handel mit Altmetallen sowie in dessen Haushalt erbracht. Da der Verstorbene nicht imstande gewesen sei, ihre Tätigkeit jeweils sofort zu honorieren, habe sie ihm auf sein Ersuchen die Befriedigung ihre Ansprüche gestundet und mit ihm vereinbart, daß ihre Ansprüche bzw. die jeweils aushaftenden Beträge erst nach seinem Ableben an sie auszuzahlen seien. Darüber seien vom Erblasser selbst insgesamt 6 Schuldscheine verfaßt und eigenhändig unterfertigt worden. Die beiden anderen Erben, die vom Beginn der Verlassenschaft an ihr gegenüber ein besonders feindliches Verhalten an den Tag gelegt hätten, hätten grundlos bzw. böswillig diese Forderungen nicht anerkannt, sodaß sie zur Klage gezwungen gewesen sei. Schließlich hätten die beiden Erben ihr gegenüber noch erklärt, sie hätten die Absicht, jeder für sich oder auch gemeinsam ihre Anteile an den geerbten Liegenschaften zu verkaufen. In diesem Fall bestünde aber für sie, Elfriede K***, die große, durch das feindliche Benehmen der Erben ihr gegenüber begründete Gefahr, daß diese den Erlös aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaften ihrem Zugriff auf Grund des zu erwartenden stattgebenden Urteiles entziehen und damit den Befriedigungsfonds schmälern würden, um die Befriedigung ihrer Ansprüche zu vereiteln.

Das Erstgericht wies - ohne den beiden anderen Erben Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben - die beiden Anträge der Elfriede K*** ab. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß Elfriede K*** als Erbschaftsgläubigerin grundsätzlich schon durch die vollzogene Inventierung des Nachlasses gegen die behaupteten Gefahren weitgehend gesichert sei. Die Besorgnis einer Gefährdung ihrer Forderungen genüge nicht; es müsse vielmehr befürchtet werden, daß die Gefahr aus der Vermengung drohe. Eine etwa bei Verschuldung der Miterben anzunehmende subjektive Besorgnis sei hier nicht gegeben. Die bloße abstrakte Möglichkeit, daß die Testamentserben Verfügungen über den Nachlaß treffen könnten, eröffne keine subjektive Besorgnis. Außerdem sei der Separationsantrag erst nach erfolgter Einantwortung gestellt worden; die Absonderung könne aber nur bis zur Verfügung der Zustellung der Einantwortungsurkunde erfolgreich begehrt werden.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem von Elfriede K*** erhobenen Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Nach der herrschenden Rechtsprechung zu § 812 ABGB sei der Antrag auf Absonderung des Nachlasses jedenfalls bis zur Rechtswirksamkeit der Einantwortungsurkunde zulässig. Vor der Zustellung der Einantwortungsurkunde könne die Einantwortung jedoch nicht rechtswirksam werden. Der am 4.November 1988 beim Erstgericht eingelangte Separationsantrag sei daher rechtzeitig gestellt worden. Einem Miterben stehe das Recht auf Nachlaßabsonderung grundsätzlich dann zu, wenn er zugleich die Stellung eines Nachlaßgläubigers habe. Die Bestimmung des § 812 ABGB wolle die Nachlaßgläubiger gegen eine Verschlechterung ihrer Befriedigungsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem Ableben des Schuldners schützen. Wer einen Separationsantrag stelle, müsse nicht nur den Bestand seiner Forderung glaubhaft machen, er habe auch seine Besorgnis, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne, zu begründen. Diese Besorgnis könne vom Gericht nur verneint werden, wenn von vornherein erkennbar sei, daß eine Gefährdung der Rechte des Nachlaßgläubigers ausgeschlossen sei. Im vorliegenden Fall könne die Bescheinigung der Forderung der Rekurswerberin durch die Vorlage der Schuldscheine in Verbindung mit der Einbringung der entsprechenden Klage als erbracht angesehen werden. Anders stehe es jedoch mit der Gefährdung. Die abstrakte Möglichkeit, die Testamentserben könnten Verfügungen über den Nachlaß treffen, sei in jedem Fall gegeben und könne daher für sich allein noch nicht die Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen der Erben rechtfertigen. Darüber hinaus wäre es Sache der Erben, zu beweisen, daß ein Grund zur Besorgnis nicht bestehe. Im vorliegenden Fall habe die Rekurswerberin vorgebracht, daß durch das feindliche Benehmen der Miterben ihr gegenüber die Gefahr bestehe, daß diese den Erlös aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaftsanteile ihrem Zugriff entzögen, um deren Befriedigung zu vereiteln. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne auf Grund dieses Vorbringens allein noch nicht davon ausgegangen werden, daß keine hinreichend motivierte Besorgnis der Rekurswerberin gegeben sei, weshalb es sich als notwendig erweise, den Miterben Gelegenheit zur Stellungnahme zum Separationsantrag zu geben. Den Miterben müsse die Möglichkeit gegeben werden, den mangelnden Grund zur Besorgnis zu beweisen, sie müßten aber auch Gelegenheit haben, eine allfällige Separation durch Sicherstellung abzuwenden.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Richard L*** mit dem Antrag, die Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (Jud. 203), aber nicht berechtigt. In seinem Rekurs wendet sich der Rechtsmittelwerber vorerst gegen die Annahme des Rekursgerichtes, die von Elfriede K*** behauptete Forderung sei bescheinigt. Es sei zwar richtig, daß 6 Schuldscheine vorgelegt worden seien, Elfriede K*** habe sich aber auch auf den Inhalt von zwei Akten bezogen. Bei richtiger rechtlicher Würdigung der in dem hinsichtlich der behaupteten Forderung anhängigen Rechtsstreit geltend gemachten - im Rekurs im einzelnen auch dargestellten - Umstände ergäbe sich, daß die erhobene Klage nicht berechtigt sein könne und damit der behauptete Anspruch nicht bescheinigt sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Rekurswerber verkennt offensichtlich das Wesen der Nachlaßabsonderung, bei der - den einstweiligen Verfügungen vergleichbar (vgl. EFSlg. 43.461) - kein voller Beweis für den behaupteten Anspruch zu verlangen ist, die Forderung vielmehr nur bescheinigt werden muß (Welser in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 812; Koziol-Welser II8 391). Dementsprechend hat auch der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die Nachlaßseparation nicht an strenge Bedingungen zu knüpfen ist (EvBl 1976/137; JBl 1978, 152; NZ 1986, 263; EFSlg. 51.420; SZ 59/210). Im übrigen schadet es auch nicht, daß der Anspruch bestritten wird (Welser, aaO, Rz 13 zu § 812). Im vorliegenden Fall hat Elfriede K*** behauptet, während einer Dauer von mehr als 10 Jahren umfangreiche Leistungen für den Erblasser erbracht und mit diesem vereinbart zu haben, die Bezahlung des ihr dafür gebührenden Entgelts erst nach seinem Tode zu begehren. Zur Bescheinigung dieser Angaben hat sie sich unter anderem auf mehrere vom Erblasser ausgestellte Schuldscheine berufen und diese auch vorgelegt. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen den behaupteten Anspruch, der im Rahmen dieses summarischen Verfahrens auch der Höhe nach nicht nachgewiesen werden muß, weil weitwendige Ermittlungen den Zweck der Absonderung vereiteln könnten (vgl. JBl 1959, 452), als bescheinigt angesehen hat, so erscheint dies unbedenklich. Der Rekurswerber bekämpft aber auch das in der Besorgnis einer Gefahr liegende weitere gesetzliche Erfordernis für die Bewilligung der Nachlaßabsonderung. Der Mangel einer begründeten Besorgnis und das Fehlen konkreter Gründe dafür wären seiner Ansicht nach schon aus dem Akteninhalt zu erschließen gewesen. Den dazu erstatteten, ins einzelne gehenden Argumenten, die in dem Schluß gipfeln, von der behaupteten Besorgnis könne keine Rede sein, die Nachlaßseparation bedeute vielmehr für die anderen Miterben eine wirtschaftliche Bedrohung, ist folgendes zu entgegnen:

Nach der Lehre und ständigen Rechtsprechung genügt zur Bewilligung der Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben jede hinreichend motivierte Besorgnis des Antragstellers, daß der Erbe den Nachlaß und damit den Befriedigungsfonds für die Nachlaßforderung schmälern könnte; der Gläubiger muß dabei jene Umstände anführen, die bei vernünftiger Auslegung eine subjektive Besorgnis rechtfertigen. Ein Nachweis oder eine Bescheinigung dieser Gefahr ist nicht erforderlich (Welser, aaO, Rz 13 und 14 zu § 812;

Koziol-Wels, aaO, 391; Kralik in Ehrenzweig3 Erbrecht 359;

JBl 1978, 152; EFSlg. 31.439, 33.689; JBl 1983, 483; SZ 59/210 ua). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin behauptet, die beiden Miterben hätten ihr von ihrer Absicht Mitteilung gemacht, die geerbten Liegenschaftsanteile zu veräußern, und die Befürchtung geäußert, sie würden deren Erlös ihrem Zugriff entziehen und damit ihren Befriedigungsfonds schmälern. Da Elfriede K*** darüber hinaus auch noch Animositäten der beiden Miterben ihr gegenüber behauptet hat und zwischen den Beteiligten - wie dem Verlassenschaftsakt zu entnehmen ist - offensichtlich ein äußerst gespanntes von besonderem Mißtrauen getragenes, wenn nicht sogar feindseliges Verhältnis herrscht, muß gesagt werden, daß unter diesen Umständen eine subjektive Besorgnis der Antragstellerin, der zur Befriedigung ihrer Forderung zur Verfügung stehende Befriedigungsfonds könnte ohne Nachlaßseparation gefährdet werden, nicht von vornherein von der Hand gewiesen werden kann. Elfriede K*** hat daher der ihr in diesem Zusammenhang obliegenden Verpflichtung zur Geltendmachung konkreter Umstände Genüge getan. Wenngleich die vorherige Einvernahme von Erben oder Miterben nicht vorgeschrieben ist (vgl. SZ 24/194), so soll doch - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - den Erben Gelegenheit zu einer Äußerung zum Vorbringen des Antragstellers eingeräumt werden (GlU 3683; ZBl. 1937/350; EvBl 1958/380), um die geäußerte Besorgnis allenfalls zerstreuen (vgl. Weiß in Klang2 III 1019;

Kralik, aaO, 359; SZ 23/299) oder doch zumindest die Separation durch Sicherheitsleistung abwenden zu können (vgl. Welser, aaO, Rz 18 zu § 812 samt Literatur- und Rechtsprechungshinweis; NZ 1971, 80; GesRZ 1983, 218; EFSlg. 45.998, 48.562 ua).

Da den beiden anderen Miterben vom Erstgericht keine Gelegenheit gegeben worden war, zu dem Separationsantrag Elfriede K*** Stellung zu nehmen, entspricht der vom Rekursgericht verfügte Aufhebungsbeschluß der Sach- und Rechtslage.

Daß der Antragstellerin allenfalls andere Rechtsbehelfe zur Sicherung des von ihr behaupteten Anspruches zur Verfügung stünden, steht der aufrechten Erledigung ihres Antrages nicht entgegen, weil es grundsätzlich dem Berechtigten obliegt, von mehreren Rechtsbehelfen den ihm am geeignetsten erscheinenden zu wählen und sogar die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, der Bewilligung des hier gestellten Antrages nicht entgegensteht, weil bei jenem Rechtsbehelf eine über die Besorgnis hinausgehende Gefahrenbescheinigung (§§ 379 Abs 2, 381 EO) erforderlich ist (vgl. Kralik, aaO, 360).

Mangels Spruchreife konnte dem Rekurs somit kein Erfolg beschieden sein.

Anmerkung

E17041

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00533.89.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19890331_OGH0002_0050OB00533_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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