TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/19 2004/09/0133

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2005
beobachten
merken

Index

25/01 Strafprozess;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

StPO 1975 §221;
VStG §51e Abs6 idF 1998/I/158;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. Eduard Wegrostek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Domgasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 25. Juni 2004, Zl. Senat-WB-02-0016, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 2004 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, drei namentlich bezeichnete ausländische Staatsangehörige (zwei ungarische Staatsangehörige und eine slowakische Staatsangehörige) zumindest am 4. Juli 2001 in W, M-Dorf Nr. X, als Hilfskräfte entgegen dem § 3 AuslBG ohne Vorliegen entsprechender arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen beschäftigt zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 726,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 56 Stunden) gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafsatz AuslBG verhängt.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht, bei den bezeichneten Ausländern habe es sich um gute Freunde der Familie gehandelt, die zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse in Österreich aufhältig gewesen seien und lediglich Hilfstätigkeiten im geringen Ausmaß aus rein freundschaftlichen und "wohltätigen" Beweggründen erbracht hätten. Die Behörde hätte angenommen, dass die Ausländer Pflegedienstleistungen für die im Haus des Beschwerdeführers lebenden Senioren erbracht hätten.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird die Nichteinvernahme der betroffenen drei Ausländer sowie weiterer beantragter Zeugen gerügt, was einer unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung gleichkomme. Die Einvernahme der drei Ausländer im fremdenpolizeilichen Verfahren sei "teilweise ohne" Beiziehung eines Dolmetschers bzw. eines gerichtlich beeideten Dolmetschers erfolgt. Darüber hinaus habe die belangte Behörde die Bestimmung des "§ 150e Abs. 4 VStG" (offenbar gemeint: § 51e Abs. 6 VStG) verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 120/1999, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 40.000,-- bis zu S 240.000,--.

Im Beschwerdefall wurden die gesetzlichen Mindeststrafen verhängt.

Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch das Vorliegen eines strafbaren Tatbestandes unter Wiederholung seiner Verantwortung, es habe sich bei den angetroffenen Ausländern um persönliche Freunde gehandelt, die keinerlei Pflegedienste für die im Wohnhaus in W M-Dorf Nr. X wohnhaften alten Personen erbracht hätten.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst die nicht wiederholte persönliche Einvernahme der drei betretenen Ausländer durch die - erst in einem späteren Verfahrensstadium zuständig gewordene - belangte Behörde (zwei der genannten Ausländer waren durch den UVS im Land Niederösterreich in einer anderen Kammerzusammensetzung bereits einvernommen worden, auf die Verwertung dieser Aussagen wurde durch die belangte Behörde aber verzichtet). Er ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde die (neuerliche) Ladung der betretenen Ausländer an ihren ausländischen Wohnorten versucht hat, zwei der Ladungen jedoch mit dem Vermerk "unbekannt" und eine Ladung als nicht behoben an die Behörde zurückgestellt wurden. Auch zur Verhandlung sind diese Zeugen nicht stellig gemacht worden. Damit aber lagen Umstände vor, die im Sinne des § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG die Verlesung der mit ihnen aufgenommenen Niederschriften rechtfertigten. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht dargetan, auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde im Rahmen des § 19 AVG ein Erscheinen dieser im Ausland aufhältigen Zeugen hätte durchsetzen können. Die auf Unterlassung der neuerlichen Vernehmung der betretenen Ausländer gestützte Verfahrensrüge ist daher nicht begründet. Ferner wird darauf verwiesen, dass die Verlesung der Verwaltungsstrafakten der Bezirksverwaltungsbehörde einschließlich der dort getätigten Aussagen der betroffenen Ausländer in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2004 mit Zustimmung auch des Beschwerdeführers erfolgte. Auch von daher war die belangte Behörde gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 und Z. 4 VStG berechtigt, ua. die niederschriftlichen Angaben der Ausländer vor der Bezirksverwaltungsbehörde zu verlesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zl. 2002/09/0115).

Aber auch in der Nichteinvernahme der weiteren vom Beschwerdeführer erst in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung beantragten Zeugen zum Beweis dafür, dass es sich im vorliegenden Fall um eine "Familien- bzw. Wohngemeinschaft" mit den auf dem bezeichneten Anwesen wohnhaften alten Personen und nicht um eine Sozialhilfeeinrichtung im Sinne des NÖ Sozialhilfegesetzes gehandelt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen hat, dass dieses Thema nicht Gegenstand des Verfahrens und der Entscheidung gewesen sei, sondern lediglich die Frage der erlaubten oder unerlaubten Beschäftigung von Ausländern. Ebenso irrelevant war die von den beantragten Zeugen zu beweisende Frage, ob "Geldbeträge an die Familie A überwiesen wurden" (Anmerkung: nämlich von den Angehörigen der Senioren) oder nicht, weil es nicht auf die Geldflüsse an den Beschwerdeführer, sondern allenfalls um entgelthafte Leistungen von diesem an die betretenen Ausländer ankommt. Da auch das Gutachten des im Verfahren nach dem NÖ SHG beigezogenen Sachverständigen S vom 19. November 2001 lediglich die Frage betraf, ob die vorliegende Konstruktion als Pflegeeinrichtung im Sinne des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes anzusehen sei oder nicht, diese Frage aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz war, ist auch kein Verfahrensmangel darin zu erkennen, dass die belangte Behörde den zu diesem Thema beantragten Zeugen P nicht zur Verhandlung geladen hat.

Insoweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren neuerlich die Behauptung aufstellt, die in erster Instanz den Vernehmungen der betretenen Ausländer beigezogenen Dolmetscherin sei nicht beeidet und damit nicht qualifiziert gewesen, ist auf den gemäß § 39a AVG auch auf Dolmetscher anzuwendenden § 52 Abs. 2 AVG zu verweisen, wonach dann, wenn Amtsdolmetscher nicht zur Verfügung stehen, auch andere "geeignete" Personen als Dolmetscher von der Behörde beizuziehen sind. Auf eine Beeidigung kommt es dabei nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 2001/09/0018).

Ausgehend von dem somit nicht ergänzungsbedürftig gebliebenen Ermittlungsverfahren vermag der Verwaltungsgerichtshof die umfangreiche und detaillierte Beweiswürdigung der belangten Behörde auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen nicht als unschlüssig zu erkennen. Dass der Beschwerdeführer diese Beweiswürdigung für unrichtig hält, zeigt jedenfalls noch keine relevanten, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel der Beweiswürdigung auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 97/09/0374 und die dort wiedergegebene Judikatur).

Der Beschwerdeführer rügt zudem eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 51e Abs. 6 VStG. Nach dieser Bestimmung sind die Parteien so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen. Im Beschwerdefall ist jedoch davon auszugehen, dass anlässlich der am 26. Mai 2004 vor der belangten Behörde abgehaltenen (fortgesetzten) Verhandlung bereits der neue Termin (4. Juni 2004) bekannt gegeben und von den anwesenden Parteienvertretern unter Ladungsverzicht zur Kenntnis genommen wurde. Nach einem weiteren Vermerk im Protokoll über diese Verhandlung (vom 26. Mai 2004) wurde eine Kopie der Vollschrift des Verhandlungsprotokolls von den Parteien "spätestens in der nächsten Verhandlung am 4. Juni 2005" verlangt. Das VStG enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob die Anordnung des § 51e Abs. 6 sich lediglich auf die erstmalige Ladung zur Verhandlung bezieht oder ob diese Frist auch bei jeder Vertagung eingehalten werden muss. Der OGH hat in ständiger Rechtsprechung zu § 221 StPO, der eine vergleichbare Vorbereitungsfrist vorsieht, ausgesprochen, dass diese nur für die erste Hauptverhandlung zwingend vorgeschrieben ist, weil eine neuerliche Vorbereitung im Falle der Vertagung der Hauptverhandlung nicht abermals eingehalten werden müsse. Diese Überlegungen treffen auch auf die Vorbereitungsfrist des § 51e Abs. 6 VStG zu, wobei es Fälle geben mag, in denen der Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens auch für die fortgesetzte Verhandlung einer entsprechenden Vorbereitung bedarf, so dass zwischen Ladung zur fortgesetzten Verhandlung und deren Durchführung ein entsprechender Zeitraum zu liegen hat. Derartige Umstände, die zwingend eine neuerliche Vorbereitung erforderlich gemacht hätten, werden aber vom Beschwerdeführer gar nicht ins Treffen geführt. Die Behauptung, letztendlich sei es dem Beschwerdeführer "nicht möglich" gewesen, seine "Vorbereitung mit meiner Gattin bzw. deren Rechtsvertreter und meinem Rechtsvertreter zu koordinieren", stellt solche besonderen Umstände im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung nicht dar (zu allem vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 99/07/0070).

Aus all diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Oktober 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090133.X00

Im RIS seit

11.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten