TE OGH 1989/4/4 4Ob22/89

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Veröffentlicht am 04.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***-U*** Schreibwarenfabrik

Gesellschaft mbH & Co KG, Graz-Göstling, Ibererstraße 23, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und Dr. Dieter Natlacen, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "E***" Kugelschreiber-Export-Großhandel, Adalbert S***, Wien 1, Kärntnerstraße 39, vertreten durch Dr. Harry Neubauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,-), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 28. November 1988, GZ 2 R 158/88-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24. August 1988, GZ 39 Cg 267/88-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin erzeugt und vertreibt - so wie vor ihr schon die B***-U*** AG - seit 1983 Buntstifte mit besonders starker Mine und Holzummantelung unter der Bezeichnung "J*** K***" in Blech - bzw. Plastikpackungen zu 6, 10, 12, 24 und 36 Stück; diese Buntstifte werden aber auch einzeln abgegeben. Nur die Blechpackungen enthalten einen Hinweis auf die Klägerin als Erzeugerin, nämlich die Buchstaben "B + U"; sie tragen den Aufdruck "J*** K*** FARBSTIFTE MIT SUPERMINE". Auf den Plastikpackungen findet sich der Aufdruck: "Champion J*** K***". Die Buntstifte tragen - seit vier Jahren

unverändert - die goldfarbene Bezeichnung "J*** K*** B + U 3000 AUSTRIA". Dabei ist das Wort "J***" kursiv geschrieben; für den restlichen Teil der Bezeichnung werden senkrechte Blockbuchstaben verwendet. Zwischen den Wörtern "J***" und "K***" befindet sich eine kleine Darstellung der Figur des Till Eulenspiegel ("J***"). Auf den Rückseiten der Buntstifte sind die Farbbezeichnungen aufgedruckt. Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wort-Bild-Marke Nr. 59.726 "J*** K***". Seit dem Jahr 1988 vertreibt die Beklagte unter der Bezeichnung "JES K***" ebenfalls Buntstifte in besonders starker Ausführung, und zwar in Verpackungseinheiten zu 12 und zu 24 Stück. Ihre Verpackungen tragen keinen Hinweis auf den Erzeuger; die Blechschachteln tragen den Aufdruck "12 JES BUNTSTIFTE". Der ebenfalls goldfarbene Aufdruck auf den Buntstiften lautet "JES-K***" ]] Cal. Zedernholz AUSTRIA". Das Wort "JES" ist kursiv gedruckt; für die übrigen Bezeichnungen werden gerade Buchstaben verwendet, für die Wörter "Cal. Zedernholz" Druckbuchstaben. Auf den in Plastikpackungen vertriebenen Buntstiften der Beklagten befinden sich zwischen den Wort "Zedernholz" und dem Wort "AUSTRIA" eine oder zweistellige, mitunter durch Bindestrich getrennte, Zahlen. Die in Blechschachteln vertriebenen Buntstifte enthalten dagegen auf der Rückseite eine Farbangabe und die dieser zugeordnete Zahl, zB "Hellgelb = 2". In einem Schreiben vom 4. Juli 1988 erklärte der Vertreter der Beklagten der Klägerin, daß die Beklagte nicht bereit sei, die unter der Bezeichnung "JES K***" in Verkehr gebrachten Farbstifte zurückzuziehen. Am 5. Juli 1988 meldete die Beklagte beim Österreichischen Patentamt die Marke "JES K***" für die Warenklasse 16 (Schreibwaren, Farbstifte, Buntstifte, Bleistifte) an. Anläßlich einer Befragung von 252 Kindern im Alter zwischen 8 und 14 Jahren durch das Gallup-Institut im Juli 1988 nannten 72 % auf die Frage: "Welcher Name bzw. Erzeuger von Buntstiften fällt Dir im Zusammenhang mit dem Wort 'Kinderfest' ein?" spontan die Marke "J***". Keiner der Befragten gab die Marke "JES" an. Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Buntstifte mit einer Bezeichnung, die dem von der Klägerin verwendeten Kennzeichen "J*** K***" verwechselbar ähnlich ist, insbesondere unter der Bezeichnung "JES K***", in Verkehr zu bringen. Die Produkte der Klägerin seien auf dem österreichischen Markt als Qualitätsprodukte eingeführt. Das Wort "K***" sei in Österreich bisher nur von der Klägerin zur Kennzeichnung von Buntstiften mit besonders starker Mine verwendet worden. Die Marke der Klägerin sei nur wegen Säumnis bei der Zahlung der Erneuerungsgebühr gelöscht worden. Dennoch komme den Worten "J*** K***" Kennzeichenschutz nach § 9 Abs 3 UWG zu: Der Zeichenbestandteil "K***" enthalte keine bloße beschreibende und daher dem Zeichenschutz nicht zugängliche Angabe; er genieße als Bezeichnung von Buntstiften überragende Verkehrsgeltung für die Klägerin. Durch die gänzliche Übernahme dieses Zeichenbestandteiles führe die Beklagte bewußt die Gefahr von Verwechslungen in der Absicht herbei, vom guten Ruf der Klägerin zu profitieren; diese Gefahr werde durch die weiteren Zusätze nicht beseitigt. Das Verhalten der Beklagten verstoße daher auch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG. Die Angabe "K***" auf den Buntstiften der Beklagten sei aber auch irreführend, weil deren Buntstifte den Erzeugnissen der Klägerin qualitativ unterlegen seien. Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die von ihr unter der Bezeichnung "JES BUNTSTIFT Cal. Zedernholz AUSTRIA" vertriebenen Buntstifte mit normal starker Mine entsprächen in der Qualität jenen der Klägerin, zumal die Beklagte diese Buntstifte von der Klägerin erzeugen lasse. Die nunmehr von ihr seit Anfang des Jahres 1988 unter der Bezeichnung "JES-K*** ]] Cal. Zedernholz AUSTRIA" vertriebenen Buntstifte mit stärkerer Mine und stärkerer Holzummantelung würden hingegen von der Firma "KOH-I-NOOR" erzeugt. Das Wort "K***" sei im Hinblick auf die stärkere Ausführung der Buntstifte nur eine reine Qualitätsangabe ohne jede Kennzeichnungskraft; dieses Wort könne die Klägerin daher nicht für sich allein beanspruchen. Auf Grund der Unterschiede der gesamten Ausstattung der Buntstifte (einschließlich ihrer Verpackung) sei aber auch die Gefahr von Verwechslungen nicht gegeben. Das Ergebnis einer Befragung von 252 Kindern sage über die Verkehrsgeltung des Zeichens "K***" für die Klägerin nichts aus. Da die Beklagte die beanstandeten Buntstifte schon seit Anfang des Jahres 1988 vertreibe, sei der Sicherungsantrag der Klägerin auch "verspätet".

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Bezeichnung "K***" sei für jedermann, der Umgang mit Kindern habe, nur dahin zu deuten, daß das Produkt besonders stabil und daher für den Gebrauch durch Kinder besonders geeignet sei; es handle sich dabei - ebenso wie bei anderen Wortzusammensetzungen mit der Endung "-fest", etwa "bruch-", "feuer-", "säure-", "wasser-", "wetter-", "kratz-", "reiß-" und "rutschfest" - eindeutig um eine bloß beschreibende Angabe. Allgemein übliche Ausdrücke dürften aber nicht für einen Betrieb monopolisiert werden. Auch die Gefahr von Verwechslungen sei nicht gegeben, weil die von den Parteien zusammen mit dem Wort "K***" verwendeten weiteren Zeichenbestandteile "J***" bzw. "JES" genügend Unterscheidungskraft aufwiesen. Einen Verkehrsgeltungsnachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Von einer "verspäteten Einbringung" des Sicherungsantrages könne allerdings im Hinblick auf § 20 Abs 2 UWG keine Rede sein.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteige. Die Klägerin habe den Sicherungsantrag infolge der offensichtlich irrigen Annahme einer Löschung ihrer österreichischen Marke Nr. 59.726 "J*** K***" nicht auf diese Marke gestützt. Um den Schutz für ein "sonstiges Geschäftsabzeichen" im Sinne des § 9 Abs 3 UWG zu erlangen, hätte es aber des Nachweises der Verkehrsgeltung des Zeichens für die Klägerin bedurft. Dieser sei aber durch eine bei bloß 252 Wiener Kindern durchgeführte "Blitzumfrage" nicht erbracht worden; die Klägerin habe vielmehr "gerade noch einen gewissen Bekanntheitsgrad" ihres Zeichens bescheinigt. Beim Fehlen eines Verkehrsgeltungsnachweises könne aber die Nachahmung des fremden Kennzeichens auch gegen § 1 UWG verstoßen, wenn sie zugleich eine zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommene sittenwidrige Handlung sei; auch darauf habe die Klägerin den Sicherungsantrag gestützt. Wer ein fremdes Kennzeichen, mit dem der Verkehr eine betriebliche Herkunftsvorstellung verbinde, (bewußt) nachahme und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorrufe, handle wettbewerbswidrig, wenn ihm die Wahl einer anderen Bezeichnung möglich und zumutbar gewesen wäre. Ebenso wie bei der Nachahmung fremder Erzeugnisse, komme es demnach auf die Schutzwürdigkeit des fremden Kennzeichens, auf die Herbeiführung der Verwechslungsgefahr sowie darauf an, welche Maßnahmen dem Nachahmer zur Verhinderung der Gefahr einer betrieblichen Herkunftsverwechslung zuzumuten waren. Wettbewerbsrechtlichen Schutz verdiene eine Bezeichnung aber nur, wenn sie ihrer Natur nach geeignet sei, als betriebliches Herkunftszeichen zu wirken, und einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht habe. Der das Kennzeichen "J*** K***" erheblich mitbestimmende Bestandteil

"K***", den die Klägerin seit 1983 für ihre Buntstifte in besonders starker Ausführung verwende, sei für sich allein geeignet, als individualisierende Herkunftsbezeichnung aufgefaßt zu werden. An diesem Zeichen bestehe kein Freihaltebedürfnis, weil es sich keinesfalls um einen allgemein gebräuchlichen Ausdruck handle. Die Kennzeichenbestandteile "J***" und "K***" seien jeder für sich durchaus unterscheidungskräftig. Das Wort "K***" werde - ohne Rücksicht auf die verwendeten Großbuchstaben - in erster Linie als Eigenschaftswort verstanden. Diese sprachliche Neuschöpfung mit dem Hinweis, daß die damit bezeichneten Buntstifte zum Gebrauch durch Kinder besonders geeignet, also robust, haltbar und bruchfest seien, entbehre trotz eines beschreibenden Einschlages nicht einer gewissen Originalität; dasselbe gelte auch für die Bedeutung dieses Wortes als Hauptwort. Dem Zeichen "J*** K***" könne daher Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Das von der Beklagten verwendete Kennzeichen "JES K***" sei aber auch geeignet, Verwechslungen mit dem Zeichen der Klägerin hervorzurufen. Bei beiden Zeichen liege das Hauptgewicht gerade auf dem zweiten Wort "K***"; dieser übereinstimmende Zeichenbestandteil sei noch dazu jeweils mit aufrechten Blockbuchstaben geschrieben. Die weiteren Bestandteile der von den Streitteilen verwendeten Zeichen seien nicht mehr zur Unterscheidung geeignet. Zur Anpreisung der besonderen Eignung ihrer Buntstifte für die Verwendung durch Kinder sei die Beklagte nicht allein auf das Wort "K***" angewiesen gewesen, weshalb ihr ein Ausweichen auf andere Bezeichnungen durchaus zumutbar gewesen wäre. Auch könne kein Zweifel daran bestehen, daß die branchenkundige Beklagte das bekannte Zeichen der Klägerin bewußt, also in Kenntnis der objektiven Sittenwidrigkeit ihres Verhaltens, nachgeahmt habe. Damit sei aber ein Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG bescheinigt. Der sich daraus ergebende Unterlassungsanspruch sei noch nicht verjährt. Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Ausführungen im Revisionsrekurs lassen sich wie folgt zusammenfassen: Mit dem Zeichen "J*** K***" verbinde der Verkehr keine betrieblichen Herkunftsvorstellungen; die Beklagte habe das Kennzeichen der Klägerin nicht nachgeahmt, weil sich die gesamte Ausstattung und das äußere Erscheinungsbild der Buntstifte der Streitteile unterschieden; das Wort "K***" sei allgemein gebräuchlich, weshalb daran ein Freihaltebedürfnis bestehe; wegen der festgestellten Unterschiede der Kennzeichnung der Produkte der Streitteile bestehe auch keine Verwechslungsgefahr. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch sei im Hinblick auf den Beginn des Inverkehrbringens der Buntstifte durch die Beklagte bereits verjährt. Im übrigen verweist die Beklagte auch auf ihre eigene Markenanmeldung. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:

Im Zuge der allseitigen Prüfung der Lösung der Rechtsfrage durch das Rekursgericht hatte der Oberste Gerichtshof auch zu prüfen, ob die Auffassung des Rekursgerichtes zutrifft, wonach sich aus den bescheinigten Ergebnissen der bei 252 Wiener Kindern durchgeführten "Blitzumfrage" eine Verkehrsgeltung des Ausdrucks "Kinderfest" als Kennzeichen für die Buntstifte der Klägerin nicht ableiten lasse. Während nämlich die Feststellung der Ergebnisse solcher Umfragen dem Tatsachenbereich angehört, betrifft die Frage, ob sich daraus eine Verkehrsgeltung des betreffenden Zeichens im Sinne des § 9 Abs 3 UWG ergibt, eine Frage der rechtlichen Beurteilung (ÖBl 1971, 101; ÖBl 1978, 40). Auch die Klägerin hat ihren Sicherungsantrag in erster Linie auf den Schutz des Wortes "Kinderfest" als eines nicht registrierten Unternehmenskennzeichens im Sinne des § 9 Abs 3 UWG gestützt.

Nicht registrierte Kennzeichen dieser Art können unter den Begriff der "sonstigen Einrichtungen" im Sinne des § 9 Abs 3 UWG fallen; sie werden, sofern sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten, den besonderen Unternehmensbezeichnungen im Sinne des § 9 Abs 1 UWG gleichgestellt (vgl SZ 55/43). Verkehrsgeltung liegt dann vor, wenn ein Zeichen "in beteiligten Verkehrskreisen" als Hinweis auf ein Unternehmen oder dessen Waren oder Dienstleistungen bekannt ist. Sie braucht durchaus nicht in allen beteiligten Kreisen - Großhändler, Einzelhändler, Verbraucher - zu bestehen; vielmehr genügt es, wenn auch nur ein nicht unbeträchtlicher Teil einer der im konkreten Fall angesprochenen Gruppen in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (ÖBl 1986, 27 mwN). Der Bekanntheitsgrad des Zeichens also die Angabe, wie weit die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen überhaupt kennen - sagt über die Verkehrsgeltung eines Zeichens noch nichts aus. Entscheidend ist vielmehr (in erster Linie der Kennzeichnungsgrad; er gibt an, wie weit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, eine bestimmte Ware oder Leistung angesehen wird. Das Unternehmen selbst muß dabei nicht bekannt sein; es genügt, wenn an die Waren oder Leistungen des Zeichenträgers, nicht aber an diesen selbst, gedacht wird. Der Zuordnungsgrad selbst - also die Angabe, wie weit auch das Unternehmen, mit dem das Zeichen in Zusammenhang gebracht wird, namentlich bekannt ist - ist keine notwendige Voraussetzung für die Verkehrsgeltung; nach ihm muß nur dann gefragt werden, wenn die Frage nach dem Kennzeichnungsgrad zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat (Schönherr-Kucsko, Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht3, 63; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 150). Umfragen, die zum Nachweis der Verkehrsgeltung eines Unternehmenskennzeichens durchgeführt werden, brauchen demnach den Bekanntheitsgrad nicht zu umfassen; es genügt vielmehr, wenn nach dem Kennzeichnungsgrad und - sofern dies noch zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat, auch nach dem Zuordnungsgrad gefragt wird. Dabei ist zu beachten, daß durch die Fragestellung keinerlei Hinweis auf das konkret beworbene Produkt oder dessen Hersteller gegeben wird (ÖBl 1987, 24). Der bloße Hinweis auf eine bestimmte Warengattung - hier Buntstifte - macht allerdings die Fragestellung noch nicht zu

einer - unzulässigerweise - "gestützten", weil er ja die Antwort über den Kennzeichnungsgrad weder erleichtert noch vorwegnimmt. Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher der in der Entscheidung des OPM vom 29. Juni 1970, Om 2/69 (ÖBl 1972, 119) vertretenen Auffassung nicht anzuschließen, wonach die Frage, um welche Waren es sich handelt, erst dann zu stellen ist, wenn die Frage, ob das betreffende Zeichen auf die Herkunft von Waren aus einem bestimmten Unternehmen hinweist, bejaht wurde.

Im vorliegenden Fall ist bescheinigt, daß 72 % der am 21. und 22. Juli 1988 befragten 252 Wiener Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren auf die Frage, mit welchem Erzeuger von Buntstiften das Wort "K***" in Zusammenhang gebracht wird, spontan die Marke der Klägerin "J***" genannt haben, damit hat ein sehr hoher Anteil eines maßgeblichen Verkehrskreises, nämlich der "Verbraucher" von Kinderbuntstiften, das Kennzeichen dem Unternehmen der Klägerin "J***" zugeordnet. Daß auch andere Verkehrskreise - also vor allem die Händler oder auch Erwachsene, die solche Buntstifte regelmäßig kaufen - in die Fragestellung einbezogen werden, war für die Ermittlung der Verkehrsgeltung nach den dargestellten Grundsätzen nicht mehr erforderlich. Die Verkehrsgeltung beruht auf der Bekanntheit der Kennzeichen eines Unternehmens auf dem Markt; mit den Ausführungen im Revisionsrekurs, es sei ganz normal, daß ein hoher Prozentsatz von Konsumenten derartige Produkte der Klägerin zugeordnet haben, weil die Klägerin bisher überwiegend dicke Buntstifte unter dieser Bezeichnung auf den Markt gebracht habe, kann die Beklagte die Ergebnisse der durchgeführten Umfrage daher nicht entkräften. Im Rahmen des Provisorialverfahrens ist aber durch diese Ergebnisse auch ausreichend bescheinigt, daß sich die festgestellte Bekanntheit der Marke der Klägerin nicht nur auf Wien, sondern auch auf das gesamte übrige Bundesgebiet erstreckt, hat doch die Beklagte nicht einmal behauptet, daß das in Wien erzielte Umfrageergebnis für das gesamte Bundesgebiet nicht repräsentativ wäre.

Genießt aber das Wort "K***" Verkehrsgeltung als

Kennzeichen der von der Klägerin erzeugten und vertriebenen Buntstifte, dann ist es auch ohne die sonst erforderliche Unterscheidungskraft schutzfähig (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 47), oder aber sein - an sich

beschränkter - Schutzbereich als beschreibendes und daher "schwaches Zeichen" verstärkt wird (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 149; Schönherr-Kucsko aaO 62). Entgegen der Meinung der Beklagten besteht aber an dem Ausdruck "K***" auch kein Freihaltebedürfnis: Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, ist das Eigenschaftswort "kinderfest" kein allgemein gebräuchliches Wort der Umgangssprache; ihm kommt daher wegen seiner Originalität auch für die Bezeichnung eines für Kinder wegen seiner Festigkeit besonders geeigneten Artikels durchaus Kennzeichnungskraft zu. Dazu kommt, daß das Wort "K***" im Verkehr durchaus auch als Hauptwort verstanden werden könnte; in dieser Bedeutung ist es jedoch für Buntstifte überhaupt keine beschreibende Angabe, die dem wettbewerbsrechtlichen Zeichenschutz nicht zugänglich wäre (§ 9 Abs 3 UWG; § 4 Abs 1 Z 2 MSchG; ÖBl 1987, 24).

Auch der Auffassung der Beklagten, die von den Streitteilen verwendeten Kennzeichen seien nicht verwechselbar ähnlich, kann nicht beigepflichtet werden. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist zwar nicht das zergliedernde Betrachten der einzelnen Bestandteile, sondern der Gesamteindruck eines Zeichens maßgebend (ÖBl 1985, 105; ÖBl 1986, 92 ua); in der Regel tritt jedoch bei einem aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Zeichen zumindest ein Wort beherrschend hervor. Im vorliegenden Fall wird das Kennzeichen der Klägerin entscheidend von dem Wort "K***" geprägt. Da die Beklagte diesen Zeichenbestandteil unverändert - einschließlich der dabei verwendeten Blockbuchstaben - übernommen hat, ist die Verwechslungsgefahr ungeachtet der vorliegenden Unterschiede - die überdies nur solche Angaben betreffen, mit denen der Verkehr sonst keine Herkunftsvorstellungen verbindet (etwa "Cal. Zedernholz" oder die Figur des Till Eulenspiegel) - zu bejahen. Auf die Unterschiede der Verpackungen der Streitteile kommt es dabei nicht an, weil Buntstifte von ihren Verwendern häufig auch in anderen Behältnissen aufbewahrt werden und dann so in Erscheinung treten, von der Klägerin aber auch einzeln abgegeben werden. Selbst dann aber, wenn man dem Zeichen "K***" wegen seiner deutlich erkennbaren beschreibenden Aussage nur verminderte Kennzeichnungskraft und demgemäß auch nur einen beschränkten Schutzbereich zubilligen wollte, wäre die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme durch einen Mitbewerber unzulässig (ÖBl 1980, 135; ÖBl 1984, 106; ÖBl 1987, 24). An dieser Verwechslungsgefahr kann auch die Verwendung der weiteren - unterschiedlichen - Zeichenbestandteile "J***" durch die Klägerin bzw. "JES" durch die Beklagte nichts ändern, wird doch durch sie zumindest die Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn - also die Annahme, zwischen den betreffenden Unternehmen bestehe eine besondere Nahebeziehung geschäftlicher oder organisatorischer Natur - keineswegs beseitigt. Da für den Erwerb eines Markenrechtes die Eintragung in das Markenregister erforderlich ist (§ 2 Abs 1 MSchG), muß der Hinweis der Beklagten auf ihre Anmeldung der Marke "JES K***" ins Leere gehen. Davon abgesehen, würde aber selbst die Registrierung einer solchen Marke der Beklagten gegenüber der Klägerin kein prioritätsälteres Kennzeichenrecht verschaffen.

Daß die Beklagte bereits Anfang des Jahres 1988 begonnen hat, Buntstifte mit der Bezeichnung "JES K***" zu vertreiben, die Klage aber erst am 29. Juli 1988 bei Gericht überreicht wurde, kann den Verjährungseinwand der Beklagten nicht rechtfertigen. Die Verjährung eines Unterlassungsanspruches nach dem UWG beginnt erst mit dem Ende des gesetzwidrigen Zustandes; die Beklagte vertreibt aber nach wie vor Buntstifte mit der beanstandeten Bezeichnung. Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E17034

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00022.89.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19890404_OGH0002_0040OB00022_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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