Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 25.September 1988 verstorbenen Pensionisten Josef L***, zuletzt in Gurk, Hauptstraße 30, wohnhaft gewesen, infolge Revisionsrekurses der erbl. Tochter Josefine F***, Angetellte, Klagenfurt, Baumbachplatz 23, vertreten durch Dr. Joachim Sonnleitner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 25. Jänner 1989, GZ 3 R 25/89-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 5.Dezember 1988, GZ A 445/88-19, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der am 25.9.1988 verstorbene Erblasser hat ein eheliches und drei uneheliche Kinder hinterlassen. In einem mit Maschine geschriebenen, mit 23.9.1988 datierten, von ihm, dem erbl. Neffen Siegfried L***, von Katharina W***, Florian W***
und Erwald M*** unterfertigten und mit "Josef L***, Hauptstraße 30, 9342 Gurk" sowie: "Betrifft: Übergabe aller meiner Besitz- und Vermögensteile an meinen Neffen Siegfried L***" überschriebenen Aufsatz traf der Erblasser nachstehende Anordnungen:
"Hiermit übergebe ich meinen Besitzanteil an der Liegenschaft Hauptstraße Nr.30, EZ 140 der KG Gurk und alle auf dieser Liegenschaft befindlichen, sowie alle mir gehörenden Inventar- und sonstigen Besitzteile mit allen Rechten und Pflichten, soweit diese nicht im folgenden ausdrücklich beschränkt werden, an meinen Neffen Siegfried L***, zur Zeit wohnhaft in Laakirchen, Oberösterreich.
.....
Ich behalte mir das uneingeschränkte persönliche Benützungsrecht der von mir bisher benützten Wohnung und der Schmiede bis zu meinem Ableben vor.
Der meiner ehelichen Tochter Josephine gesetzlich zustehende Anteil an meinen Vermögensteilen ist von Siegfried L*** an diese, wenn von mir nicht inzwischen andere Maßnahmen getroffen werden, auszuzahlen.
Sollte aus irgendwelchen Gründen die hiermit beabsichtigte Übergabe bzw. Übernahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sein, so gilt dieses Schreiben als meine letztwillige Verfügung im Sinne des Erbrechts.
....."
Zum Nachlaß des Josef L*** gaben seine eheliche Tochter Josefine F*** auf Grund des Gesetzes und der erbl. Neffe Siegfried L*** sowohl auf Grund des schriftlichen Testamentes vom 23.9.1988 als auch auf Grund des mündlichen Testamentes vom selben Tag bedingte Erbserklärungen ab.
Mit dem angefochtenen Beschluß nahm das Erstgericht, nachdem es Erwald M***, Florian W*** und Katharina W*** als
Zeugen beeidet vernommen hatte, die bedingten Erbserklärungen der Josefine F*** auf Grund des Gesetzes (Punkt 1) und des Siegfried Lager auf Grund des mündlichen Testamentes vom 23.9.1988 (Punkt 2) an, verwies Josefine F*** mit ihren Erbansprüchen auf den Rechtsweg (Punkt 3), trug ihr auf, binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses eine Klage gegen den erbl. Neffen Josef (richtig: Siegfried) L*** einzubringen bzw. die Einbringung der Klage dem Gericht binnen dieser Frist nachzuweisen, widrigenfalls mit der Verlassenschaftsabhandlung ohne Berücksichtigung der auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprüche vorgegangen werden würde (Punkt 4), und wies die von Siegfried L*** auf Grund des schriftlichen Testamentes vom 23.9.1988 abgegebene bedingte Erbserklärung zurück (Punkt 5). Nach den bisherigen Abhandlungsergebnissen liege ein im Sinne der §§ 585 f ABGB formgültiges mündliches Testament vom 23.9.1988 vor. Daher müsse der gesetzlichen Erbin Josefine F*** nach § 126 AußStrG die Klägerrolle zugewiesen werden.
Das Rekursgericht bestätigte den von der erbl. Tochter in dessen Punkten 2 bis 4 angefochtenen erstinstanzlichen Beschluß mit der Maßgabe, daß es im Punkt 4 anstatt Josef Siegfried L*** heißen müsse. Nach § 122 AußStrG sei jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung vom Gericht anzunehmen. Diese Bestimmung werde dahin ausgelegt, daß eine Erbserklärung nur dann zurückzuweisen sei, wenn von vornherein feststehe, daß das Erbrecht des Erbansprechers zu verneinen sei; bei letztwilligen Anordnungen habe der Abhandlungsrichter nur zu prüfen, ob die äußere Form der letztwilligen Erklärung eingehalten wurde, eine Prüfung der materiellen Berechtigung habe dagegen nicht stattzufinden. Für die Annahme einer Erbserklärung genüge die Berufung auf eine der äußeren Form nach entsprechende letztwillige Anordnung selbst dann, wenn es wenig wahrscheinlich sei, daß das behauptete Erbrecht materiell wirksam sei. Das Abhandlungsgericht habe nicht zu prüfen, wie der Erblasser seine letztwillige Verfügung verstanden wissen wollte und wie sie auszulegen sei. Es genüge vielmehr, wenn sich aus ihr die Möglichkeit der Erbseinsetzung ergebe. Bei der Entscheidung über die Annahme einer Erbserklärung komme es ebenso wie bei der Zuteilung der Klägerrolle (§§ 126 f AußStrG) lediglich auf die Einhaltung der äußeren Form der letztwilligen Erklärung an. Das sei bei einem außergerichtlichen mündlichen Testament schon anzunehmen, wenn der Erblasser vor drei gleichzeitig anwesenden fähigen Testamentszeugen seine Erbserklärung abgegeben habe, die seinen letzten Willen darstellen könne. Die erbl. Tochter bestreite zwar nicht, daß im maßgeblichen Zeitpunkt drei fähige Zeugen gleichzeitig anwesend waren, wende aber ein, daß ihnen ihre Eigenschaft als Zeugen eines Testamentes nicht bewußt gewesen sei, eine ausdrückliche Erklärung des Erblassers gemäß § 565 ABGB nicht vorliege, dieser nie beabsichtigt habe, eine letztwillige Verfügung zu treffen, und die Aussagen der Testamentszeugen nicht übereinstimmten. Dem sei entgegenzuhalten, daß die Frage, ob die Äußerung in Testierabsicht erfolgt sei und die Zeugen bewußt als Testamentszeugen zugegen gewesen seien, nicht die äußere Form, sondern die Gültigkeit und Auslegung des Testaments (als die innere Form) betreffe; die Klärung dieser Umstände sei dem Erbrechtsstreit vorbehalten. Ob die Übereinstimmung der Zeugenaussagen über den Inhalt der mündlichen letztwilligen Verfügung zur äußeren Form gehöre, werde in der Rechtsprechung unterschiedlich entschieden. Ein Teil der Judikatur rechne die Feststellung, ob die Aussagen der Zeugen hinreichend übereinstimmten, zu den vom Prozeßgericht zu entscheidenden Fragen, nach anderen Entscheidungen betreffe es die äußere Form des Testaments, wenn die Zeugenaussagen über dessen Inhalt nicht übereinstimmten. In der Entscheidung SZ 47/129 sei die Auffassung vertreten worden, die Übereinstimmung der Zeugenaussagen gehöre zur äußeren Form des Testaments; es sei gemäß § 126 Abs 1 AußStrG keine in gehöriger Form errichtete letztwillige Willenserklärung anzunehmen, wenn die Aussagen der Zeugen über die Erbseinsetzung nicht übereinstimmten; da aber Über die Gültigkeit des Testamentes letzten Endes der Streitrichter zu entscheiden habe, begründe nicht schon jeder Widerspruch unter den Zeugenaussagen einen bei der Verteilung der Parteirollen zu berücksichtigenden Mangel der äußeren Form. Nur wenn die Aussagen über den wesentlichen Punkt der Erbseinsetzung nicht übereinstimmten und auch die Auslegung der Zeugenaussagen nach dem im Verlassenschaftsverfahren hiefür allein maßgeblichen Inhalt des Protokolls über deren Vernehmung die vom Gesetz geforderte Übereinstimmung nicht ohne weiteres ergebe, liege keine in gehöriger Form errichtete letzte Willenserklärung vor. Dieser vom Obersten Gerichtshof auch in jüngster Zeit vertretenen Auffassung trete auch das Rekursgericht bei. Nach den übereinstimmenden Aussagen der drei gleichzeitig anwesenden Zeugen Erwald M***, Florian W*** und Katharina W***
habe Florian W*** den schriftlichen Aufsatz vom 23.9.1988 vor allen Anwesenden verlesen. Auf die Frage des Erwald M***, ob damit auch das Barvermögen gemeint sei, habe der Erblasser gesagt:
"Alles was i hab" (Zeuge Erwald M***), "Alles was mir gehört" (Zeuge Florian W***) und "Alles was mir gehört, gehört ihm, da gehört auch das Geld dazu" (Zeugin Katharina W***). Die Aussagen der Testamentszeugen stimmten in den wesentlichen Belangen somit überein. Nach § 585 ABGB müsse ferner unter allen Umständen eine mündliche Erklärung des Erblassers gefordert werden. Die Rechtsprechung lege bei der Konversion eines gültigen schriftlichen Testamentes in ein mündliches Testament keinen allzu strengen Maßstab an. Eine der äußeren Form eines mündlichen Testaments gemäß § 585 ABGB entsprechende mündliche Erklärung des Erblassers liege nach den Verfahrensergegbnissen zweifellos vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der erbl. Tochter Josefine F*** ist unzulässig.
Da das Rekursgericht die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt hat - die Maßgabe beschränkt sich auf die Berichtigung des Vornamens des erbl. Neffen Siegfried (statt Josef) L*** -, kann sein Beschluß bloß aus den im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründen der offenbaren Gesetz- und Aktenwidrigkeit sowie der Nullität bekämpft werden; ist das Rechtsmittel zurückzuweisen, wenn es auf keinen der im Gesetz aufgezählten tauglichen Anfechtungsgründe gestützt wird. Die erbl. Tochter beschränkt sich im Revisionsrekurs auf die Behauptung, ihrem Vater sei das von einem der Testamentszeugen verfaßte Schriftstück lediglich vorgelesen worden, der Erblasser habe hiezu eine bloß zustimmende Erklärung gegeben und es liege deshalb nicht einmal die äußere Form eines mündlichen außergerichtlichen Testamentes vor. Die Revisionsrekurswerberin nimmt bei diesen Ausführungen, denen sie lediglich anfügt, daß der Kläger vorerst mit hohen Pauschalgebühren belastet werde, so daß § 126 AußStrG "einschränkend interpretiert" werden müsse, zwar auf keinen der im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Rechtsmittelgründe Bezug, ihre Ausführungen können - wenn überhaupt - daher lediglich in Richtung einer offenbaren Gesetzwidrigkeit verstanden werden. Dieser Anfechtungsgrund liegt aber nur vor, wenn der Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß ein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers gar nicht erst aufkommen kann, und dennoch eine damit widersprüchliche Entscheidung getroffen wurde (SZ 39/103 uva). § 122 AußStrG ordnet bloß an, daß jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung vom Gericht anzunehmen ist; gemäß § 126 Abs 1 AußStrG muß jedermann, dessen Ansprüche nur auf gesetzlicher Erbfolge beruhen, gegen den Erben aus einer in der gehörigen Form errichteten letztwilligen Erklärung als Kläger auftreten. Gemäß § 585 ABGB muß, wer mündlich testiert, vor drei fähigen Zeugen, die zugleich gegenwärtig und zu bestätigen fähig sind, daß in der Person des Erblassers kein Betrug oder Irrtum unterlaufen sei, seinen letzten Willen ernstlich erklären. In welcher Weise der Erblasser seinen letzten Willen zu erklären habe, insbesondere aber auch, ob es genüge, daß der Erblasser den ihm und den Zeugen vorgelesenen, aber ohne seine Mitwirkung zustande gekommenen Aufsatz bejaht und betont habe, daß es so recht sei (dafür GlUNF 386; dagegen SZ 56/180 Welser in Rummel, ABGB, §§ 583-586 Rz 2), ist dem Gesetz jedenfalls nicht ohne jeden Zweifel zu entnehmen. Der Erblasser hat aber nach den übereinstimmenden Aussagen der drei Testamentszeugen auf die Frage des Zeugen Erwald M***, ob mit dem von Florian W*** in seinem Auftrag verfaßten Schriftstück sein gesamtes Vermögen erfaßt werde, geantwortet, alles was er habe (ON 14, S.5, 9 und 13). Da nach der Rechtsprechung die gehörige Form eines außergerichtlichen mündlichen Testamentes schon dann anzunehmen ist, wenn bei der letztwilligen Erklärung drei fähige Zeugen gleichzeitig anwesend waren, und die äußere Form davon, daß sich die Zeugen der Errichtung eines Testamentes bewußt waren (NZ 1971, 29 ua) und nicht gerade über die Erbseinsetzung widersprüchliche Aussagen machten (SZ 47/129 ua), nicht berührt wird, kann von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung, mit der die Zuweisung der Klägerrolle an die erbl. Tochter als gesetzliche Erbin bestätigt wurde, keine Rede sein.
Der Revisionsrekurs ist deshalb mangels Darstellung tauglicher Anfechtungsgründe als unzulässig zurückzuweisen. Auf die gebührenrechtlichen Einwendungen im Rechtsmittel ist nicht weiter einzugehen, weil sie die Auslegung des § 126 Abs 1 AußStrG nicht berühren können.
Anmerkung
E16981European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00547.89.0405.000Dokumentnummer
JJT_19890405_OGH0002_0010OB00547_8900000_000